Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms durch eine Explosion ereignete sich am 6. Juni 2023 um 02:50 Uhr Ortszeit im Zuge der russischen Invasion in der Ukraine. Der Staudamm lag am Fluss Dnipro und bildete den Kachowkaer Stausee im Unterlauf des Flusses, der hier im Wesentlichen nach Südwest fließt. Durch den Dammbruch kam es zu großflächigen Überschwemmungen flussabwärts. Zum Zeitpunkt seiner Zerstörung befand sich der Staudamm – wie auch regional die Gebiete links des Stausees und Flusses – unter russischer Kontrolle; der Pegelstand im 18 Milliarden Kubikmeter Wasser fassenden Stausee lag zum Zeitpunkt der Zerstörung nur geringfügig unter seinem historischen Höchststand. Russland und die Ukraine bezichtigten sich gegenseitig, für die Explosion verantwortlich zu sein, die den Dammbruch und die folgenden Überflutungen bewirkte.
Im Zuge des russischen Rückzugs wurden die drei nordwestlichsten der 28 Teilstücke der über die Mauer geführten Straße und der Eisenbahnstrecke, die Segmente 26 bis 28 (Nummerierung von Südost nach Nordwest aufsteigend, am Krafthaus beginnend), am 11. November 2022 von der russischen Armee zerstört. Ein auf den 2. Januar 2023 datiertes Satellitenbild zeigt, dass nur wenig Wasser über die darunter befindlichen Schütze 26 bis 28 hinwegströmt. Über diesen fehlt auch die Kranbahn, so dass der Wasserdurchlauf dieser drei Schütze nicht mehr reguliert werden kann. Indes sollen die beiden auf der Mauerkrone laufenden Portalkräne, mit denen die Schütze gesenkt und gehoben werden, bei der Sprengung vom 11. November 2022 unbeschädigt geblieben sein. Die Kräne sind auf dem Satellitenbild im südöstlichen Bereich der Staumauer über den Schützen 3 und 8 zu sehen, die zwischen ihnen befindlichen Schütze 5 bis 7 sind maximal nach oben gezogen, unter ihnen fließt in vollem Strom Wasser aus dem Stausee. Auch die Schütze 1 bis 4 lassen Wasser durch, weiterhin ist auch aus den Turbinen ausströmendes Wasser zu sehen. Die Straße über die Staumauer weist auf diesem Satellitenbild im Bereich der Schütze 3 und 4 bereits Beschädigungen auf.[1] Am 1. Januar 2023 um 16:52 UTC, also am Vortag dieser Satellitenaufnahme, lag der Stauseepegel bei 15,19 m, am 6. Januar um 19:07 UTC bei 14,96 m.[2]
Der 2155 km² große Kachowkaer Stausee fasst 18,2 Mrd. m³ Wasser; er hatte am 21. Mai 2023 einen historischen Höchstpegelstand von 17,54 Metern und am Abend des 4. Juni 2023 von 17,26 Metern. Der Wasserspiegel war nach einer massiven Absenkung im Winter 2022/23 bis auf einen am 2. Februar 2023 erreichten Tiefstwert von 14,03 m im Verlauf des Frühjahres stark angestiegen[2] und lag zum Zeitpunkt der Zerstörung rund zwei Meter über dem langjährigen Mittelwert.[3] In der Ukraine gab es daher Spekulationen darüber, dass Russland – das die Ablässe kontrollierte – absichtlich Wasser zurückgehalten habe, um die Zerstörung durch die Flutwelle zu maximieren.[4] Das Satellitenbild vom 2. Januar 2023 entstand inmitten jener Phase, in welcher der Pegelstand des Sees rapide abgesenkt wurde.[2]
Am 6. Juni 2023 gegen 02:50 Uhr Ortszeit (01:50 Uhr MESZ) wurde eine Explosion am Wasserkraftwerk Kachowka registriert. Das ukrainische Energieunternehmen Ukrhydroenergo gab an, die Explosion sei auf eine Sprengung des Maschinenraums durch die russischen Streitkräfte zurückzuführen.[5] In der Folge brach der aus Beton bestehende Mittelteil des 30 Meter hohen und 3,2 Kilometer langen Staudamms.
Laut dem Nachrichtenportal RBK Ukrajina sinkt der Pegelstand im See seit der Zerstörung des Kachowka-Staudamms um 15 Zentimeter pro Stunde.[6] Am 150 km von der Staumauer entfernten Kernkraftwerk Saporischschja sank der dortige, zum Zeitpunkt des Dammbruches 16,8 m anzeigende Pegel am 6. Juni zunächst um 5 cm/Stunde. Die Absinkrate stieg dann dort bis auf 11 cm/Stunde an und ging bis zum 7. Juni 2023, 18:00 Uhr Ortszeit auf 5 bis 7 cm/Stunde zurück.[7][8] Drohnenaufnahmen zeigen, dass die Wassermassen im Verlauf des Tages immer größere Lücken in den Staudamm rissen.[4] Es fließen mehr als 30.000 m³ Wasser pro Sekunde durch die geborstene Staumauer ab.[9] Zum 9. Juni, 19:00 Ortszeit meldete die IAEA einen Rückgang des Pegelstandes am KKW Saporischschja um 5 cm/Stunde auf 11,62 m, also schon um mehr als 5 m.[10]
In den Tagen nach dem Dammbruch blieb die Ursache unklar.
Die Ukraine und Russland bezichtigen einander gegenseitig, den Staudamm gezielt zerstört zu haben. Für beide Seiten ergeben sich Vor- und Nachteile; ein größeres Interesse einer Zerstörung wird von westlichen Militärexperten bei Russland verortet.[11]
Der österreichische Generalmajor Bruno Hofbauer sagte am Abend des 9. Juni im ORF, infolge des vor allem am linken Ufer unpassierbar gewordenen Geländes habe die russische Seite bei der Verteidigung in den nächsten Monaten Vorteile. „Nachdem der Staudamm ja nicht einfach mit ein paar Kilo Sprengstoff in die Luft zu sprengen ist, sondern das entsprechend üblicherweise von innen gemacht wird, können wir schon davon ausgehen, dass das eher von der russischen Seite aus durchgeführt worden ist.“[12]
Entlang des 85 Kilometer langen Flusslaufs vom Damm bis zur Mündung des Dnipro ins Schwarze Meer wird nach Angaben der Chersoner Agrar- und Wirtschaftsuniversität voraussichtlich ein Gebiet von 100 Quadratkilometern Fläche überflutet. Am 8. Juni sprachen ukrainische Behörden von 600 Quadratkilometern Fläche, die unter Wasser stehen.[13] Der Hochwasserforscher Daniel Bachmann von der Hochschule Magdeburg-Stendal berechnete, dass von der Flutwelle die Wohnungen von bis zu 60.000 Menschen betroffen seien. Bei knapp einem Drittel davon, nämlich etwa 19.000 Menschen, könnte das Wasser so hoch steigen, dass sie in Lebensgefahr geraten.[6] In der ukrainischen Region Cherson haben die ukrainischen Behörden die Evakuierung von rund 17.000 Menschen in einer kritischen Zone eingeleitet. Für Gegenden mit insgesamt mehr als 40.000 Einwohnern bestehe nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms Überflutungsgefahr, erklärte der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin. Auf der von Russland besetzten linken Seite des Flusses Dnipro sollten weitere 25.000 Anwohner fortgebracht werden; bisher gebe es aber keine derartigen Maßnahmen.[14][15][16]
Rettungsdienste teilten der russischen Nachrichtenagentur TASS zufolge bis zum Mittag des 6. Juni mit, dass bereits 600 Häuser überflutet seien. Die am linken Ufer direkt am zerstörten Staudamm liegende Stadt Nowa Kachowka steht den Angaben zufolge – unter Bezug auf den von Russland eingesetzten Bürgermeister – unter Wasser. Der Wasserpegel sei dort um zwölf Meter angestiegen; die russischen Besatzer riefen für Nowa Kachowka den Notstand aus.[17] Die Ukraine ihrerseits ordnete eine Evakuierung der Bezirke Nowa Kachowka, Hola Prystan und Oleschky an. Insgesamt sind rund 80 Gemeinden von dem Zusammenbruch des Dammes betroffen.[18] Einsatzkräfte des ukrainischen Katastrophenschutzes haben offiziellen Angaben zufolge bis zum Nachmittag des 6. Juni etwa 1300 Menschen aus den Überschwemmungsgebieten am nordwestlichen Ufer des Dnipro evakuiert. Nach vorläufigen Informationen wurden 13 Siedlungen am rechten Ufer des Flusses überflutet.[19]
Teile der Gebietshauptstadt Cherson wurden großflächig überflutet; ganze Straßenzüge standen teilweise mehr als zwei Meter unter Wasser.[20] Im am stärksten betroffenen Stadtviertel Korabel stand das Wasser am 7. Juni bis zu 3,5 m hoch; mehr als 1000 Häuser seien überflutet.[21] Der ukrainische Militärgouverneur Olexander Prokudin nannte auch explizit den Inselbezirk Ostriw – gemeinsam mit weiteren Ortschaften in der Region. Erste Evakuierungszüge von Cherson nach Mykolajiw fuhren am 6. Juni ab.[19] Auch Oleschky am südlichen Flussufer des Dnipro ist nach Angaben des von Russland eingesetzten Statthalters Andrei Alexejenko am Abend des 6. Juni nahezu vollständig überschwemmt. Er erklärte, eine Evakuierung sei nur unter Einsatz von Spezialgerät möglich.[19] Von der Flut weggeschwemmte Landminen und nicht explodierte Bomben könnten eine weitere Gefahr gegen Zivilisten darstellen. Besonders die auf der russischen Seite des Flusses könnten davon betroffen sein, da Russland dort zahlreiche Landminen gegen eine ukrainische Offensive platziert hat. Die Flut erschwert auch Minenräumarbeiten.[22][23]
Der ukrainische Generalstab wirft den russischen Besatzern vor, in den besetzten Gebieten nur Personen mit russischen Pässen zu evakuieren.[24]
Ukrainische Behörden vermeldeten bis zum 8. Juni drei Todesopfer.[25] Die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS meldete am 8. Juni, dass in Nowa Kachowka fünf Menschen in Folge des Dammbruchs gestorben seien.[26]
Mindestens 150 Tonnen Maschinenöl sind nach ukrainischen Angaben aufgrund der Sprengung des Kachowka-Staudamms in den Fluss gelangt. Weitere 300 Tonnen Öl befinden sich noch in der Kraftwerksanlage und könnten ebenfalls ausgeschwemmt werden.[27]
Das ukrainische Agrarministerium rechnet ersten Schätzungen zufolge mit der Überschwemmung von etwa 10.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche am nördlichen Ufer des Dnipro. Im russisch besetzten Gebiet am südlichen Ufer werde ein Vielfaches dieser Fläche überflutet. Zudem werde „die von Menschen verursachte Katastrophe die Wasserversorgung von 31 Feldbewässerungssystemen in den Gebieten Dnipropetrowsk, Cherson und Saporischschja zum Erliegen bringen“, so das Ministerium. Und weiter: „Die Zerstörung des Wasserkraftwerks Kachowka wird dazu führen, dass sich die Felder im Süden der Ukraine bereits im nächsten Jahr in Wüsten verwandeln könnten.“[28][29] Das Ministerium geht von mindestens 5000 Quadratkilometern Land aus. Die Ukraine rechnet mit einem Ernteausfall von mehreren Millionen Tonnen.[30][31]
Die Auswirkungen der Überschwemmungen auf das Ökosystem des Dnipro sind noch nicht absehbar, es werden allerdings katastrophale Folgen befürchtet. Anton Heraschtschenko, Berater der ukrainischen Regierung, rechnet damit, dass tausende Tonnen Fische durch die Sprengung des Staudammes sterben werden. Ebenso sei die Vogel-Population in den umliegenden Sumpfgebieten gefährdet; ihre Nester wurden weggespült. Es sei das Ende einer „einzigartigen Biosphäre“, so Heraschtschenko. Die ukrainische Regierung sprach von einem Ökozid.[18][32] Wolodymyr Selenskyj warnte davor, die Chemikalien und Landminen könnten möglicherweise ins Schwarze Meer gespült werden und das dortige Ökosystem und die Schifffahrt beeinflussen.[22]
Der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen Martin Griffiths warnte vor weitreichenden Folgen des Bruches des Kachowka-Staudamms am 6. Juni 2023 für die Weltbevölkerung. Das ganze Gebiet, das bis zum Schwarzen Meer und zur Krim reicht, sei eine Kornkammer nicht nur für die Ukraine, sondern für die ganze Welt. Griffiths zeigte sich sicher, dass die Lebensmittelpreise steigen würden, da es durch den Dammbruch riesige Probleme bei der Ernte und Aussaat für die nächste Erntezeit geben werde. Das werde enorme Auswirkung auf die globale Ernährungssicherheit haben.[33]
Die UN-Atomaufsicht IAEO geht davon aus, dass es, sollte der Wasserstand im Stausee zu weit absinken, für die Nachkühlung des in den Kaltabschaltzustand versetzten Kernkraftwerks Saporischschja ausreichend Wasser aus anderen Quellen gibt. Bei einem Wasserstand unter 12,7 m ist die Kühlung der Reaktoren, Brennelementelager und Dieselgeneratoren mit Wasser aus dem Stausee nicht mehr möglich. Am 6. Juni um 8 Uhr lag der Wasserstand noch bei 16,4 m, von der IAEO wurde tagsüber ein Absinken um 5 cm/Stunde gemeldet und somit ein mögliches Ende der Kühlwasserentnahme aus dem Stausee in einigen Tagen erwartet. Da die letzten aktiven Reaktoren vor einigen Monaten heruntergefahren wurden und nur noch vergleichsweise wenig Wärme produzieren, sollte stattdessen ein oberhalb des Stauseespiegels liegendes Kühlwasserbecken beim AKW selbst, das laut einem Appell von IAEA-Generaldirektor Grossi unbedingt intakt bleiben müsse, für einige Monate ausreichen.[7][34] Nachdem die bislang als kritisch geltende Marke von 12,7 m am Abend des 8. Juni erreicht wurde, stellte man fest, dass die Kühlwasser-Ansaugpumpen mit deutlich niedrigeren Wasserständen als erwartet zurechtkommen und voraussichtlich sogar noch bei Pegeln bis 11 m oder etwas darunter funktionieren.[35]
Da das Stauseewasser die für den Normalbetrieb erforderlichen ca. 12 GW Kühlleistung erbrachte, ist das Werk nach Ansicht des Leiters der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit für die Stromproduktion durch das Auslaufen des Stausees quasi unbrauchbar geworden.[36]
Der Dammbruch hat zur Folge, dass die Wasserversorgung der Landwirtschaft im besetzten Süden der Ukraine sowie der Landwirtschaft auf der besetzten Krim stark beeinträchtigt wird. Durch das Absinken des Wasserpegels im Kachowkaer Stausee wird der Nord-Krim-Kanal, der 85 Prozent des Frischwasserbedarfs der Halbinsel abdeckte, nicht mehr nutzbar sein. Die Trinkwasserversorgung der Menschen auf der Halbinsel ist zwar nicht betroffen, es wird aber Bewässerungswasser für die Felder fehlen. Auch auf der von der Ukraine gehaltenen Seite des Dnipro wird die landwirtschaftliche Produktion beeinträchtigt sein.[4]
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Der österreichische Oberst und Militärexperte Markus Reisner vermutete, dass die russischen Besatzer den Staudamm gesprengt hätten, um so die geplante ukrainische Gegenoffensive zu behindern. „Die Anlandung amphibischer Kräfte ist nicht möglich“, so Reisner.[4] Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe die Zerstörung des Damms keine Auswirkungen auf die geplante Gegenoffensive seines Landes zum Zurückdrängen der russischen Armee.[28] Nach Darstellung Selenskyjs diente die Sprengung des Staudamms dazu, die ukrainische Gegenoffensive auszubremsen. „Wir werden trotzdem unser gesamtes Land befreien“, kündigte er an.[37] Der Gouverneur der russisch besetzten Gebiete der Oblast Cherson, Wolodymyr Saldo, sieht nach der Zerstörung des Staudamms einen militärischen Vorteil für die eigene Armee. „Aus militärischer Sicht hat sich die operativ-taktische Situation zugunsten der Streitkräfte der Russischen Föderation entwickelt“, sagte Saldo im russischen Staatsfernsehen.[38] Das Institute for the Study of War gibt an, die Flut habe eine russische Verteidigungslinie überschwemmt, die über Monate aufgebaut und verstärkt worden sei. Deshalb seien russische Soldaten gezwungen gewesen, die Posten zu verlassen und wahrscheinlich auch Kriegsgerät aufzugeben.[39]
Vermutlich sind etwa 15 Museen und historische Stätten direkt von der Flut betroffen.[40] Das ehemalige Wohnhaus der ukrainischen Künstlerin Polina Rajko, welches mit diversen Wandgemälden von ihr ausgestattet ist und als Museum für die Öffentlichkeit geöffnet war, wurde überschwemmt.[41] Die Tjahynka-Festung aus dem 14. und 15. Jahrhundert wurde überschwemmt. Zudem liegen diverse skythische und kosakische Kurgane (Grabhügel) im Überschwemmungsgebiet.[42]
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms war der als wichtige Exportroute für Agrarprodukte genutzte Fluss Dnipro streckenweise unpassierbar. „Er ist die Hauptverkehrsader der Flussschifffahrt in der Ukraine. Und die Kachowka-Schleuse war die letzte Dnipro-Schleuse, die alle Schiffe auf das offene Meer hinausließ“, erklärte die staatliche Schifffahrtsverwaltung der Ukraine. Nun sei das Tor für ukrainische Exporte blockiert.[43] Weggeschwemmte Landminen und Chemikalien stellen eine weitere Gefahr für die Schifffahrt dar.[22]
Durch die Zerstörung der Staumauer und das Auslaufen des Stausees sind enorme Kraftwerkskapazitäten verloren gegangen: Neben den 357 MW des Wasserkraftwerks Kachowka können auch die 5700 MW des Kernkraftwerks Saporischschja und die 3600 MW des Wärmekraftwerkes Saporischschja nicht genutzt werden, da beiden die leistungsfähige Kühlmöglichkeit durch Wasser des Stausees verloren ging.[44][36]
Der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko bat europäische Partner, größere Mengen Strom an sein Land zu liefern, insbesondere die Obergrenze für Stromimporte aus der EU von derzeit einem Gigawatt auf zwei Gigawatt zu erhöhen.[45]
Die Ukraine macht für die Zerstörung Russland verantwortlich und hat eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats und einen Ausschluss Russlands aus diesem gefordert.[46] Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärte, die ukrainische Regierung wolle „die Frage des russischen Terroraktes“ zudem vor den Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) bringen. Er forderte die EU und die G7-Staaten auf, „neue, verheerende Sanktionen gegen Russland zu verhängen.“[47] Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verglich die Zerstörung des Staudamms mit dem Einsatz einer Massenvernichtungswaffe: „Das ist die größte menschengemachte Umweltkatastrophe in Europa seit Jahrzehnten. Russland hat eine ökologische Massenvernichtungswaffe gezündet.“[48] Selenskyj erklärte auch, dass es physisch unmöglich sei, diesen Damm durch Beschuss zu zerstören.[49]
Laut Wolodymyr Selenskyj beschossen „russische Terroristen“ ukrainische Rettungskräfte. Er beschuldigte auch das Rote Kreuz, zu wenig gegen die humanitäre Katastrophe zu unternehmen. Das Rote Kreuz wies die Vorwürfe zurück; es seien hunderte Rettungskräfte im Einsatz.[50]
Der Pressesprecher des russischen Präsidenten Dimitri Peskow machte ukrainischen Beschuss für die Zerstörung des Staudamms verantwortlich.[51] Wladimir Putin nannte die Zerstörung einen „barbarischen Akt“ seitens der Ukraine.[52] Laut dem russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu wolle die Ukraine damit die russische Offensive in diesem Teil der Front aufhalten.[53] Der in der Oblast Cherson eingesetzte russische Gouverneur sagte allerdings, der zerstörte Damm würde der russischen Armee nützlich sein.[54]
Der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg verurteilte die Zerstörung des Kachowka-Staudamms: „Die heutige Zerstörung des Kachowka-Staudamms gefährdet Tausende Zivilisten und verursacht schwere Umweltschäden. Das ist eine ungeheuerliche Tat, die einmal mehr die Brutalität des russischen Krieges in der Ukraine zeigt.“[55]
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sieht in dem Angriff auf den Staudamm „eine neue Dimension“ des Krieges. Die Beschädigung sei etwas, „das zu der Art und Weise passt, wie Putin diesen Krieg führt“.[55]
Der EU-Ratspräsident Charles Michel erklärte auf Twitter, er sei „schockiert über den beispiellosen Angriff auf den Nowa-Kachowka-Staudamm.“ Und weiter: „Die Zerstörung ziviler Infrastruktur gilt eindeutig als Kriegsverbrechen – und wir werden Russland und seine Stellvertreter zur Rechenschaft ziehen.“[55]
Der tschechische Außenminister Jan Lipavský warf der Führung in Moskau vor, die Grenzen ihrer Aggression immer weiter zu verschieben. „Der Angriff auf den Staudamm von Nowa Kachowka oberhalb von bewohnten Gebieten ist vergleichbar mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen Zivilisten“, schrieb er auf Twitter.[56]
In Folge der Katastrophe kündigte Martin Griffiths, Leiter des Amts der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA), einen Drei-Stufen-Plan an, der sich zunächst der Evakuierung und Versorgung unmittelbar Betroffener widmen soll. Anschließend solle die Trinkwasserversorgung für etwa 700.000 Betroffene bereitgestellt und Folgeschocks auf die Nahrungsmittelversorgung und Ernährungssicherheit weltweit gelindert werden.[57]
Staatliche und private Hilfsorganisationen begannen Hilfsgüter und technisches Gerät zu entsenden. Europäische Staaten stellten dem ukrainischen Staatlichen Dienst für Notfallsituationen (DSNS) Güter durch den EU-Zivilschutzmechanismus bereit. Das deutsche Technische Hilfswerk (THW) lieferte Stromerzeuger, Wasserfilter und Unterkünfte.[58][59] Österreich lieferte unter anderem Tauchpumpen, IBCs und Boote (Stand: 13. Juni 2023).[60]
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