Z ist eines von mehreren Zeichen auf Militärfahrzeugen der Streitkräfte Russlands, die 2022 an dem russischen Überfall auf die Ukraine beteiligt sind. Das ursprünglich militärische Zeichen wird in der russischen Gegenwartskultur auch in inzwischen abgewandelter Form als Symbol der Unterstützung und zur Staatspropaganda für den Angriffskrieg auf das Nachbarland verwendet. Außerhalb Russlands steht das Zeigen des Symbols in der Öffentlichkeit in mehreren Staaten unter Strafe, so auch als Billigung von Straftaten in Deutschland, wenn damit eine positive Bewertung der Invasion der Ukraine zum Ausdruck gebracht wird.
Nach Angaben der ukrainischen Streitkräfte werden während der russischen Invasion in der Ukraine im Jahr 2022 folgende Zeichen von den russischen Streitkräften verwendet (siehe auch Abbildung):[1][2]
Bereits im seit 2011 geführten syrischen Bürgerkrieg wurde der Buchstabe „Z“ auf russischen Panzern gesichtet.[8]
Russland führte am 17. März Cyberangriffe auf die Ukraine aus, die auf ukrainische Medien-Websites abzielten. Auf mehreren Websites gab es technische Probleme, einige zeigten neben der russischen Flagge auch das Sankt-Georgs-Band sowie die Buchstaben „Z“ und „V“.[9]
Am 25. März trafen in dem von Russland kontrollierten Teil von Mariupol Lastwagen mit Lebensmitteln in Kartons ein, die das „Z“-Symbol trugen und von Männer in Uniformen des russischen Katastrophenschutzministeriums verteilt wurden.[10]
Einige Militärexperten vermuten, dass die Buchstaben als Erkennungszeichen den möglichen Beschuss durch eigene Truppen verhindern sollen,[11][12][13] da beide Länder ähnliche Panzer und Lastwagen einsetzen.[14] Andere Militärexperten gehen davon aus, dass die Symbole dazu dienen, verschiedene Einsatzkräfte voneinander zu unterscheiden. Michael Clarke, ehemaliger Direktor des Royal United Services Institute, sagte, dass „diese Symbole oft ortsbezogen sind: Sie zeigen an, wohin die Einheit geht.“[15] Weitere Beobachter hatten spekuliert, das „Z“ sei eigentlich die Zahl „2“, die für den 22. Februar (22/02/2022) stehe. An diesem Tag hatte Russland ein Abkommen über „Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“ mit den selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine ratifiziert.[11]
Russische Medien betitelten den Angriffskrieg gegen die Ukraine als Operation Z. Der verwendete Buchstabe ist dabei das Z des lateinischen Alphabets,[16] nicht aber der Buchstabe З des kyrillischen Alphabets (dessen Aussprache /z/ der des Buchstabens Z in der englischen Sprache ähnelt – ein stimmhaftes S wie zum Beispiel im deutschen Wort Sonne; in der deutschen Transkription geht der Unterschied zwischen stimmhaftem und stimmlosem S regelmäßig verloren). Im kyrillischen Alphabet existiert das Schriftzeichen Z nicht.[17] Das russische Verteidigungsministerium erklärte, das Zeichen „Z“ sei eine Abkürzung der russischen Wortkombination „für den Sieg“ (russisch за победу, deutsch transkribiert sa pobedu),[18] während das Zeichen „V“ im Russischen für den Ausdruck „unsere Stärke liegt in der Wahrheit“ (сила в правде sila w prawde)[Anm 1] oder „die Aufgabe wird erfüllt“ (задача будет выполнена sadatscha budet wypolnena) stehe.[19][20] Später bot das Verteidigungsministerium alternative Bedeutungen für „Z“ an, darunter „für den Frieden“ (за мир sa mir), „für die Wahrheit“ (за правду sa prawdu) sowie die Buchstaben Z in den englischen Worten demilitarization (Demilitarisierung) und denazification (Entnazifizierung), die der russische Präsident Wladimir Putin als die Ziele seiner Invasion sehe.[21][22]
Andere Interpretationen deuten die Verwendung des Zeichens „Z“ allgemein für Westen (запад sapad), entweder zur Bezeichnung des westlichen Militärbezirks, der nach Westen ausgerichteten Infanterie oder ganz allgemein zur Unterstreichung der großrussischen Ambitionen des Kremls.[23][24][25] „Sapad“ war zudem vor dem Einmarsch in die Ukraine der traditionelle Titel gemeinsamer strategischer Militärmanöver der Streitkräfte Russlands und Belarus’.[26] An anderer Stelle wurden die mit dem Symbol bemalten Fahrzeuge als „Zorro-Truppe“ bezeichnet,[27] wiederum anderswo bestand die Meinung, das „Z“ könnte für das selbsternannte „Ziel Nummer eins“ des Kremls stehen, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.[28]
Marcel Berni, Strategieexperte an der Militärakademie der ETH Zürich, meinte: „Das Z hat wahrscheinlich verschiedene Ursprünge und hat sich mittlerweile als kleinster gemeinsamer Nenner verselbständigt.“[29]
Während einer Sitzung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen am 7. März 2022 kam die Bedeutung des Symbols „Z“ in einem hitzigen Wortwechsel zwischen dem ukrainischen und dem russischen Botschafter zur Sprache. Der ukrainische Diplomat deutete an, das „Z“ stehe für zveri (englisch transkribiert, deutsch Tiere), was sein russischer Amtskollege als eine Beleidigung verstand und erwiderte, dass sein Volk wisse, „wer die Tiere wirklich“ seien.[30]
In den Straßen Kiews zeigen ukrainische Werbetafeln den Buchstaben „Z“ mit Schriftzügen wie „Neue Swastika für einen neuen Faschismus“.[31] Ukrainische Streitkräfte nutzten den Buchstaben für eigene Zwecke und malten auf unschädlich gemachte russische Fahrzeuge rund um das „Z“ in derber Sprache: „Putinu pizdez“ (englisch transkribiert), übersetzt etwa „Putin, du bist im Arsch“.[32][33][34]
Im zivilen Bereich nutzen Unterstützer der russischen Invasion (der sog. „Spezialoperation gegen Neonazis in der Ukraine“),[35] des Militärs, der Politik des Kremls und vor allem Wladimir Putins das Zeichen „Z“ als Symbol ihrer Zustimmung.[24][36] Der Buchstabe ist in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens Russlands „allgegenwärtig geworden“.[11][3]
Zahlreiche führende und Putin nahestehende Politiker werben aktiv für das Symbol „Z“,[38] einige trugen T-Shirts und Anstecker mit dem Buchstaben.[11] Die russische Duma-Abgeordnete[39] und in den Vereinigten Staaten als Verschwörerin und Agentin verurteilte Marija Walerjewna Butina zeigte in einem Video, wie sie auf das Revers ihres Jackets mit einem Permanentmarker ein weißes „Z“ aufträgt,[40] und rief zum Mitmachen auf[41] „unsere Armee und den Präsidenten zu unterstützen!“[42]
Gouverneur Sergei Ziwiljow benannte die inoffizielle Bezeichnung Kusbass der von ihm verwalteten russischen Oblast Kemerowo in Kuzbass um, indem er den kyrillischen Buchstaben З durch das lateinische Z ersetzte.[43] Der Generaldirektor der Weltraumorganisation der Russischen Föderation Roskosmos, Dmitri Rogosin, der nun seinen Nachnamen RogoZin (russisch РогоZин) schreibt,[38][44] wies die Mitarbeiter des von Russland betriebenen Kosmodroms Baikonur in Kasachstan an, die Raketenrampe[39] und die Ausrüstung vor Ort mit den Buchstaben „Z“ und „V“ zu markieren.[45] Eine Sojus-Rakete, die am 22. März vom Kosmodrom Plessezk in der Oblast Archangelsk im Nordwesten Russlands gestartet wurde, trug das „Z“ in den Farben des Sankt-Georgs-Bandes.[46] Kreml-nahe Telegram-Kanäle nahmen seit Beginn der Invasion den Buchstaben „Z“ in ihre Namen auf,[47] darunter die russische Regulierungs-, Aufsichts- und Zensurbehörde für Massenmedien, Telekommunikation und Datenschutz Roskomnadsor.[48]
Der russische staatliche Fernsehsender RT bot Merchandising-Produkte wie T-Shirts und Kapuzenpullover[49] mit dem „Z“-Symbol zur Unterstützung der russischen Streitkräfte an, deren Design sich oft an das Sankt-Georgs-Band anlehnte.[50] „Z“-Symbole in den Farben des Bandes erschienen zudem auf Großbildschirmen an Gebäuden in Russland, so unter anderem in Moskau,[30] Sankt Petersburg[51] oder Krasnodar,[52] zusammen mit der Botschaft „Wir lassen Unsere nicht zurück“.[53] Das Symbol ist als Graffiti auf Immobilien, Werbetafeln und an Bushaltestellen zu finden, manche klebten es auf ihre Autos und Lieferwagen.[11][54][55][56] Moderatoren und Propagandisten des staatlichen russischen Fernsehens präsentierten demonstrativ den Buchstaben; große Gebäude, darunter regionale Verwaltungen, wurden so beleuchtet, dass sie ein „Z“ zeigten,[11] auf anderen großen Wohnblocks aus der Sowjetzeit wurde das „Z“ aufgemalt.[50]
In mehreren Orten Russlands organisierten lokale Behörden Flashmobs zur Unterstützung der Invasion,[50] wonach Fotos kursierten, auf denen zum Beispiel Menschengruppen bestehend aus Angestellten und Patienten eines Kinderhospizes ein „Z“ bildeten[27] oder Fahrzeuge in „Z“-Formation erschienen.[11] Videos in sozialen Medien zeigten aus jugendlichen Kriegsbefürwortern bestehende Flashmobs, die schwarze Kleidung mit dem „Z“-Symbol trugen und „Für Russland, für Putin!“ riefen,[28][57] andere zeigten mit dem Symbol bemalte Fingernägel.[58] Kindergartenkinder führten Tänze in „Z“-Formationen auf[59] oder wurden mit Plakaten, die den Buchstaben „Z“ zeigen, aufgestellt und fotografiert.[60] Der Direktor der Musikschule Gnessin-Institut Moskau, Mikhail Khokhlov, veröffentlichte ein Video, in dem er ein Orchester dirigierte und dabei ein „Z“ auf seinem Pullover trug. In einem am 22. März veröffentlichten Social-Media-Beitrag verurteilten Studenten, Ehemalige und Lehrer der Schule das Video Khokhlovs und bezeichneten die politische Aktion als „abscheulich“; der Dirigent habe „minderjährige Studenten rekrutiert“, um „seine persönliche militaristische Weltanschauung zum Ausdruck zu bringen“.[61] Es gab Berichte über russische Soldaten, die aus den Dienstmarken der von ihnen getöteten ukrainischen Soldaten eine Art „Z“-Trophäe zurechtlegten.[8]
Auch in die Welt des Sports hielt das Symbol Einzug. Die Teams von Dynamo Moskau und SKA Neftyanik trafen sich am zweiten März-Wochenende zu einem Bandy-Spiel, vor dessen Beginn sich beide Teams „in einer kollektiven Geste […] zur Unterstützung Russlands“ in der Mitte der Eisfläche in einer „Z“-Formation aufstellten.[62] Der russische Turner Iwan Kuljak hatte am 5. März bei den Wettkämpfen um den Weltcup in Doha, Katar am Barren den dritten Platz belegt, der Goldmedaillengewinner Ilja Kowtum[55] kam aus der Ukraine. Bei der Siegerehrung trug Kuljak ein „Z“ aus weißem Klebeband auf seiner Brust,[63][64] in der Folge droht ihm der Ausschluss von allen internationalen Wettbewerben für ein Jahr.[65] Schwimmweltmeister Jewgeni Michailowitsch Rylow war einer von neun Sportlern, die an Putins Großkundgebung am 18. März 2022 im Moskauer Olympiastadion Luschniki teilgenommen hatten, wobei er den Buchstaben „Z“ auf seiner Kleidung getragen hatte. Der Schwimmartikelhersteller Speedo verkündete darauf, dass das Sponsoring Rylovs mit sofortiger Wirkung beendet sei. Das Unternehmen werde den Restbetrag von Rylovs Honorar an das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen spenden.[66] Daneben nahmen noch Dina und Arina Awerina (beide Rhythmische Sportgymnastik), Jewgenija Tarassowa und Wladimir Morosow (Eiskunstlauf/Paarlauf), Wiktorija Sinizina und Nikita Kazalapow (Eiskunstlauf/Eistanz), Wiktorija Listunowa (Kunstturnen) und Alexander Bolschunow (Skilanglauf) an der Großkundgebung teil,[67] von denen auch viele das „Z“ in den Landesfarben auf der Brust trugen.[68]
Häuser von freimütigen Kriegsgegnern waren Ziel von Schmierereien, die das Zeichen „Z“ enthielten.[69] Angehörige der russischen Bereitschaftspolizei, die nun im ganzen Land das „Z“-Abzeichen auf ihren schwarzen Helmen tragen,[3][70] hinterließen „Z“-Markierungen, nachdem sie das Gebäude der internationalen Menschenrechtsorganisation Memorial nach ihrer von der Regierung Ende 2021 angeordneten Schließung durchsucht hatten.[71] Auch die Türen zu den Wohnungen Rita Flores’, Mitglied des Protestkollektivs Pussy Riot, der Theaterwissenschaftlerin Marina Dawydowa und des Kinokritikers Anton Dolin wurden mit dem Symbol beschmiert.[27][71][72][Anm 3] Die studentische Online-Publikation Doxa berichtete am 16. März, dass das „Z“-Symbol und der Vorwurf des Hochverrats an die Wohnhäuser der Moskauer Studentenaktivisten Dmitri Iwanow und Olga Misik gesprüht worden seien.[3] Auch die Moskauer Stadträtin und Kritikerin der russischen Invasion in der Ukraine Lyusya Shtein berichtete von einen „Z“-förmigen Aufkleber an ihrer Wohnungstür mit der Aufschrift „Kollaborateurin. Verkaufe nicht das Vaterland“.[73] Der Oppositionsaktivist Ilja Pakhomov, ebenfalls aus Moskau, fand einen ähnlichen Aufkleber an seiner Tür.[74] Es gab weitere Berichte über die Anwendung von ähnlichen Einschüchterungstechniken gegen Kritiker in Moskau[75] und St. Petersburg.[3]
Das Symbol war in begrenztem Umfang auch außerhalb Russlands anzutreffen,[50] so zeigte Simeon Boikov, in Sydney (Australien) geborener Pro-Putin-Aktivist und Anführer der Aussie Cossacks („Australische Kosaken“), die sich selbst als militärische Einheit verstehen,[76] Ende Februar seine Unterstützung für die russische Invasion, indem er ein Schild mit dem „Z“-Zeichen an einem Holzpfosten vor dem russischen Generalkonsulat in Sydney aufhängte.[77]
Das „Z“ wurde am 4. März 2022 auch von einigen Demonstranten auf Transparenten im serbischen Belgrad bei Kundgebungen zur Unterstützung der russischen Angriffe auf die Ukraine gezeigt.[78] Am 14. März 2022 bekundeten mehrere hundert Autofahrer bei einem Autokorso in Belgrad ihre Unterstützung für die Regierung in Moskau, wobei viele neben serbischen und russischen Fahnen auch das „Z“-Symbol auf ihren Fahrzeugen zeigten.[79]
Aus Tiraspol, der Hauptstadt des De-facto-Regimes Transnistriens, wurde ebenfalls Anfang März von Demonstrationen berichtet, bei denen Befürworter Russlands das Symbol „Z“ mit Klebeband auf Jacken oder auf Autofensterscheiben aufgebracht und Fahnen geschwenkt hatten.[80]
In Armeniens Hauptstadt Jerewan zeigten am 19. März „Hunderte von Menschen“ Plakate mit den Buchstaben „Z“ und „V“. An der Veranstaltung nahmen mehrere Politiker teil, die für ihre pro-russische Haltung bekannt sind.[81]
Auch in Syrien fanden mehrere Demonstrationen zur Unterstützung der russischen Invasion in der Ukraine statt. So schwenkten „Hunderte von Einheimischen“ Ende März bei Kundgebungen in Latakia und Tartus russische und syrische Flaggen und standen in Formation des „Z“-Zeichens. Andere Demonstrationen wurden bereits früher im März in Homs, Damaskus und al-Hasaka abgehalten.[82]
In Litauen wurden an der Holocaust-Gedenkstätte in Paneriai bei Vilnius mehrere Denkmäler mit Symbolen für den russischen Angriffskrieg wie dem „Z“ beschmiert.[83]
Bei einem Autokorso mit etwa 900 Menschen in 400 Fahrzeugen am 3. April in Berlin wurde neben russischen Fahnen auch das „Z“-Symbol gezeigt. Der Umzug war mit dem Titel „Keine Propaganda in der Schule - Schutz für russischsprechende Leute, keine Diskriminierung“" angemeldet.[84]
Im dänischen Kopenhagen sprühten Unbekannte auf den Sockel der Bronzefigur Kleine Meerjungfrau in schwarzer Farbe Zeichen, die das „Z“-Symbol mit einem Hakenkreuz gleichsetzten.[85]
Einige Wahlplakate der nationalkonservativen ungarischen Partei Fidesz wurden auf Plakatwänden in Budapest von Oppositionellen mit dem Buchstaben „Z“ übersprüht, um die Wähler an die engen Beziehungen von Ministerpräsident Viktor Orbán zu Russland zu erinnern.[86]
Im Vereinigten Königreich wurde der Onlineversandhändler Amazon von britischen Medien für das Angebot und den Verkauf von T-Shirts mit dem pro-russischen „Z“-Symbol gerügt.[87]
Die Zurich Insurance Group entfernte Ende März vorübergehend ihr Logo – ein weißes „Z“ auf blauem Hintergrund – aus den sozialen Medien und erklärte, man wolle nicht als Unterstützer Russlands in dem Ukraine-Konflikt missverstanden werden. Der Schweizer Finanzdienstleister hatte bereits seit Anfang des Monats keine neuen Kunden in Russland mehr angenommen und bestehende lokale Geschäfte nicht erneuert.[88]
Daneben entfernte Samsung zur gleichen Zeit in einigen europäischen Ländern das „Z“-Branding von den faltbaren Handys des Unternehmens, dem Galaxy Z Flip3 und Galaxy Z Fold3.[89]
Die Redaktion der Hamburger Wochenzeitschrift Die Zeit, die insbesondere in ihrem Online-Angebot ein „Z“ als Favicon bzw. Tab Icon verwendet, ist sich der entsprechenden Problematik bewusst und thematisierte sie in einem Newsletter: „Das Z, das für den Krieg steht, sieht anders aus als das der ZEIT. Unsere Schrift hat der Wiener Jugendstilkünstler Carl Otto Czeschka gestaltet. Die Buchstaben haben eine ‚Seele‘, so werden die weißen Innenlinien genannt, die die ZEIT typografisch von anderen großen Zeitungen und Zeitschriften unterscheidet. […] Putin zerstört […] unsere Normalität – inklusive des Z. […] Es gehört uns allen, nicht ihm und seinem Krieg.“[90]
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte die Staatengemeinschaft auf, die Verwendung des Buchstabens „Z“ als Symbol für den russischen Krieg gegen sein Land zu verbieten.[91]
Der Rechtswissenschaftler Ulrich Stein äußerte: „Wer in Deutschland das „Z“-Symbol verwendet, macht sich in der Regel wegen Billigung eines Angriffskriegs strafbar und muss mit Strafverfolgung rechnen, wenn die Verwendung den ‚eindeutigen‘ Eindruck erweckt, es solle damit eine positive Bewertung der Ukraine-Invasion zum Ausdruck gebracht werden.“ Relevant sei Paragraf 140 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs zur öffentlichen Billigung von Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden kann.[92][Anm 4]
Der Jurist und Hochschullehrer Uwe Murmann fügte hinzu, dass die Billigung in einer Weise geschehen müsse, die geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören. Die Verwendung des „Z“ sei hierbei eine symbolisch verkürzte Meinungsäußerung, als mögliche Beispiele nannte er das Tragen eines T-Shirts mit einem „Z“ in einer Fußgängerzone oder das Hissen einer „Z“-Fahne in einer Kleingartenkolonie, jedoch müsse man jeden Fall einzeln betrachten.[93] Anlässlich einiger Vorfälle wie zum Beispiel in
wurde in zahlreichen Ländern Deutschlands ein Verbot des Zeichens „Z“ diskutiert,[96] in Ländern wie Niedersachsen,[Anm 5] Bayern und Berlin ist es mittlerweile in der Öffentlichkeit verboten.[97]
Uwe Murmann erinnerte daran, dass mit der bereits existierenden Gesetzesnorm die Staatsanwaltschaften unabhängig von ministeriellen Weisungen von Amts wegen zu ermitteln haben.[93] Zudem liefere das Strafgesetzbuch – ein Bundesgesetz – die mögliche Rechtsgrundlage, wonach die Frage der Strafbarkeit des „Z“-Zeichens in der Öffentlichkeit keine Ländersache sei, so Miriam Montag von beck-aktuell. Das Bundesinnenministerium positionierte sich so: „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist eine Straftat. Wer diesen Angriffskrieg öffentlich billigt, kann sich strafbar machen. Das gilt auch für das Zeigen des „Z“-Symbols.“[98]
„Muss bestraft werden, wer hierzulande das ‚Z‘ zeigt?“ fragte der Journalist Heribert Prantl. Das deutsche Strafrecht sollte nicht in den russischen Fehler verfallen und Gesinnungen bestrafen - auch solche nicht, die wir scheußlich finden.“[99] Auch der Jurist und Journalist Hendrik Wieduwilt sah im „Strafrecht […] kein Mittel, um Anhänger eines unliebsamen Regimes zu sanktionieren“ und warf den politischen Akteuren „Symbolpolitik“ vor. Der Rechtswissenschaftler Michael Kubiciel hielt dagegen: „Wir als Gesellschaft tolerieren es nicht, dass Straftaten öffentlich gebilligt werden, weil wir uns unserer Normen vergewissern wollen und ein öffliches Gutheißen schwerer Straftaten einen eigenen Angriff auf diese Normen darstellt.“[98]
Nach Gudula Geuther vom Deutschlandfunk unterscheide sich die Nutzung des Symbols „Z“ von der Verwendung des nationalsozialistischen Hakenkreuzes. Denn „Z“ stehe nicht für eine verbotene Partei oder Organisation und gelte somit auch nicht als verfassungsfeindliches Symbol.[100]
Das Innenministerium Tschechiens wertet das „Z“-Symbol rechtlich als Äquivalent zum Hakenkreuz.[101][102] In Kasachstan[103] und Kirgisistan[101] ist das Anbringen des „Z“-Symbols auf Fahrzeugen in der Öffentlichkeit verboten; auch in Bulgarien müssen Autofahrer mit Strafen rechnen.[104]
Das lettische Parlament Saeima beschloss ein Verbot des „Z“, des „V“ und anderer russischer Militärsymbole, die die militärische Aggression Russlands verherrlichen.[105][Anm 6] Mitglieder des litauischen Parlaments schlugen vor, das St. Georgsband und den Buchstaben Z mit nationalsozialistischen und kommunistischen Symbolen gleichzusetzen.[106] Auch Estland bereitet einen Gesetzentwurf zum Verbot von Symbolen vor, die Aggression zu legitimieren versuchen und zum Krieg aufrufen. Auf der Liste stehen neben dem Buchstaben „Z“ auch das Band des Heiligen Georg, der Sowjetstern und das Hakenkreuzsymbol.[107]
Kamil Galeev vom Forschungszentrum Woodrow Wilson International Center for Scholars sagte, dass das „vor wenigen Tagen erfundene Zeichen zu einem Symbol der neuen russischen Ideologie und nationalen Identität geworden ist“.[53] Nach Rob Walker vom Magazin Fast Company sei das „Z“ in ein De-facto-Symbol der Aggression umgewandelt worden. Laut dem Branding-Experten Paul Earle Jr. verleihe „ihm dabei sein handgezeichnetes Aussehen Authentizität, wodurch sich das Symbol ‚lebendiger‘ und sowohl echt als auch greifbar“ anfühle.[108] Emily Ferris vom Royal United Services Institute (RUSI) sah in dem Buchstaben „Z“ „ein starkes und leicht erkennbares Symbol. „In der Propaganda sind es oft die einfachsten Dinge, die am schnellsten ankommen. Es sieht ziemlich einschüchternd und schroff aus. Aus ästhetischer Sicht ist es ein sehr starkes Symbol.“[23] Dass es sich bei dem verwendeten „Z“ um einen Buchstaben handelt, der im Kyrillischen Alphabet gar nicht vorkommt, bezeichnete die New York Times als sonderbar, stehe doch das Zeichen als „Symbol für den Nationalismus Russlands“.[17]
Der Politologe und Anwalt Vladimir Pastukhov, der für die Staatsduma und das Verfassungsgericht in Russland tätig war, 2008 das Land aus politischen Gründen verließ und nun am University College London forscht und lehrt, sah in dem Buchstaben ‚Z‘ „das Symbol für diesen Krieg und die Ideologie, die ihn befeuert. […] In Moskau erinnerte man sich daran, wie wichtig Symbole bei einer Revolution sind. Als zu Beginn des Jahrtausends die Orangene Revolution in der Ukraine stattfand und auf andere Länder überschwappte, spielten Symbole eine wichtige Rolle.“ Jetzt brauche man in Moskau ein Symbol für den Krieg und die damit verbundene Konterrevolution. „Wir haben es in Russland mit der Wiedergeburt einer radikalen, ultra-rechten Ideologie zu tun. Für diese Ideologie steht das „Z“. Zur Ironie der Geschichte gehört dabei, dass dieses ‚Z‘ tatsächlich sehr an die Kennzeichnung von SS-Divisionen erinnert. Da gibt es eine erschreckende Ähnlichkeit.“[109] Auch andere Kritiker erkannten in dem „Z“ eine Ähnlichkeit mit der Symbolik der Nationalsozialisten.[23][39][110] Der ukrainische politische Kommentator Witalij Portnykow bezeichnete das „Z“-Symbol als „stilisierte Halb-Swastika“, andere Kommentatoren nannten es „Zwastika“.[3] Auch die russisch-US-amerikanische Autorin Masha Gessen ließ das „Z“ an das Hakenkreuz denken; sie sah eine „verräterische Ähnlichkeit“ zu dem Runenzeichen der Wolfsangel, dem Emblem einiger SS-Einheiten. Kerstin Holm von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung meinte dazu, es sei „das Drohzeichen des neuen russischen Totalitarismus“.[27]
Nach Patrick Gensing von tagesschau.de entsteht der Eindruck, dass die russische Bevölkerung massenhaft ihre Unterstützung für die russische „Spezialoperation“ zeige. Auf dem Nachrichtenwebportal merkte in diesem Zusammenhang der Propaganda-Analyst Ian Garner an, dass verschiedene Aufnahmen auffällig orchestriert wirkten. Gemäß diversen anderen Fachleuten stellten die Fotos und Videos eine gezielte Kampagne des Kreml dar, „um organisierte Unterstützung als eine Art Graswurzelbewegung zu tarnen“. Im Englischen stehe „dafür der Begriff Astroturfing als ein Stilmittel der Desinformation“.[11] ARD-Reporter Vassili Golod berichtete aus Russland, dass er aus Gesprächen mit Menschen im Land nicht erkennen könne, dass „das Symbol von großen Teilen der Bevölkerung getragen“ werde. Es handle sich seiner Einschätzung nach „eindeutig um einen Versuch der staatlichen Propaganda, Zustimmung zu inszenieren.“ Dabei habe Russland zwei Probleme: „Einerseits ist weiterhin gar nicht von einem Krieg die Rede – sodass es unklar erscheint, warum eine angeblich begrenzte ‚Spezialoperation‘ so großer Unterstützung bedürfe. Zum anderen zensiert Putins Regime die Sozialen Medien massiv, sodass es nicht plausibel erscheint, dass eine breite Graswurzelbewegung entsteht.“ Aber das sei ein grundsätzliches Problem der Kreml-Strategie, betonte Golod. Putin agiere wie im Kriegsfall, den es seiner Behauptung nach aber gar nicht gebe. Inwieweit das „Z“ als Symbol tatsächlich in Russland populär sei, lasse sich wegen der Zensur kaum noch im Land überprüfen. Viele Indizien sprächen jedoch dafür, dass es sich um eine staatliche Propaganda-Kampagne handele.[11] Donnacha Ó Beacháin, Professor an der Dublin City University und auf postsowjetische Politik spezialisiert, meinte, „dass die Menschen in Russland unter Druck stehen, ihre Unterstützung zu demonstrieren, indem sie das Symbol verwenden“.[111]
Ryhor Nizhnikau, Senior Research Fellow am Finnischen Institut für Internationale Angelegenheiten in Helsinki, stellte fest, dass das „Z“-Symbol „in das starke russische nationalistische Narrativ passt, das der Kreml gerne verbreitet. Russische Nationalisten haben den russischen Staat lange Zeit für seine Untätigkeit kritisiert und immer gesagt, ihr zeigt Schwäche gegenüber dem Westen, ihr seid nicht aktiv oder proaktiv genug und ihr verteidigt die Russen nicht genug. Nationalistische Gruppen fanden einen erhebenden Moment, als der russische Staat damit anfing, in die Ukraine einzumarschieren und die neue imperiale Politik umzusetzen. […] Wir sollten uns nicht wundern, wenn es eine Art ‚Kreml-PR-Berater‘ gibt, die sich das im Voraus ausgedacht haben. Sie brauchen ein Symbol des Sieges für diese Aktion in der Ukraine. Diese ‚Marketing-Leute‘ haben wahrscheinlich gesagt, je einfacher das Symbol ist, desto leichter lässt es sich verbreiten.“[111]
Der nationalistische russische Fernsehjournalist Konstantin Krochmal erklärte, das „Z“ symbolisiere den Kampf gegen eine Zombie-Welt, die durch – westliche – Falschinformationen verrückt geworden sei.[27] Der russische Filmkritiker Anton Dolin, dessen Tür mit dem Symbol „beschriftet“ worden war, verglich das „Z“ mit dem Zombie-Action-Horrorfilm World War Z (2013) und bezeichnete die russische Armee und die Kriegsbefürworter als „zombifiziert“.[69]
Frank Nienhuysen von der Süddeutschen Zeitung sah das „propagandistische Symbol ‚Z‘“ als „einen Hype“.[112]
Der in Oxford forschende Soziologe Wolodymyr Artiukh wies darauf hin, dass es am Ende völlig irrelevant sei, „welche Bedeutung die Buchstaben haben, denn sie repräsentieren keine kohärente Weltanschauung, sondern demonstrieren lediglich blanke Macht und fordern zu Gehorsam auf. Man könnte auch sagen: „Z“ und „V“ haben keine tiefere Bedeutung, sondern sind bloße Befehle. Vor diesem Hintergrund erklärt sich dann ebenso, warum russische Sicherheitskräfte so rigoros gegen jene Menschen vorgehen, die leere oder mit Sternchen beschriebene Plakate hochhalten. In einem System, das die Unterwerfung unter leere Signifikanten fordert, kommt das gespiegelte Vorführen dieser Leere einem Aufstand der Zeichen gleich.“[113]
Molly Roberts von der Washington Post fasste zusammen: „Was genau dieses Symbol genau bedeuten soll, kann niemand sagen - und deshalb ist es perfekt für ein Regime, das versucht, seinen Bürgern eine Ideologie zu verkaufen, die in sich selbst unausgereift ist. […] Es soll wie das organische Produkt einer stolzen Bevölkerung aussehen, die für ihre Nation einsteht, aber am Ende bedeutet ‚Z‘ nur das, was Beobachter von Anfang an sagten: ‚Diese Panzer gehören uns.‘ Mehr gibt es nicht zu sagen. ‚Z‘ ist lediglich ein leeres Symbol für einen leeren Krieg.“[114]
Der Artikel Z (russisches Militär- und Propagandazeichen) in der deutschen Wikipedia belegte im lokalen Ranking der Popularität folgende Plätze:
Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2022-04-09 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=12159301