Донецкая Народная Республика Donezkaja Narodnaja Respublika (russisch) Донецька Народна Республіка Donezka Narodna Respublika (ukrainisch) Volksrepublik Donezk | |||||
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De‑facto‑Regime, Gebiet ist völkerrechtlich Teil von |
Ukraine | ||||
Amtssprache | Russisch | ||||
Hauptstadt | Donezk | ||||
Regierungsform | Präsidentielles Regierungssystem | ||||
Oberhaupt | Denis Wladimirowitsch Puschilin | ||||
Regierungschef | Alexander Anantschenko | ||||
Fläche | 8.902 km² | ||||
Einwohnerzahl | 2.244.547 | ||||
Währung | Russischer Rubel | ||||
Zeitzone | UTC+3 | ||||
Telefonvorwahl | +380 62 | ||||
Das Gebiet der „Volksrepublik Donezk“ innerhalb der Ukraine |
Die Volksrepublik Donezk, auch Donezker Volksrepublik (russisch Донецкая народная республика Donezkaja narodnaja respublika, ukrainisch Донецька народна республіка Donezka narodna respublika; Abk.: ДНР, DNR), ist ein proklamiertes De-facto-Regime, das nur von Russland und Syrien anerkannt wird. Sie wurde am 7. April 2014 mit dem selbsternannten Volksgouverneur Pawel Gubarew zu Beginn des Kriegs in der Ukraine auf Teilen des Gebiets Donezk in der Ukraine ausgerufen.[1]
Der Gründung war ein Ultimatum vorausgegangen, das die gewählten Abgeordneten der Oblast aufgefordert hatte, innerhalb spätestens eines halben Tages die Entscheidungen zu treffen, die „das Volk“ von ihnen angeblich fordere. Nachdem die Abgeordneten dies nicht getan hatten, bezeichneten sich die anwesenden Besetzer des Oblastparlaments als „Volksrat“ und trafen die Entscheidung „anstelle“ der gewählten Abgeordneten.[2]
Die Regierung der Ukraine wies darauf hin, dass das Anliegen einer Föderalisierung der Region aufgrund der fehlenden verfassungsmäßigen Grundlage im Moment gar nicht verwirklicht werden könnte. Die Regierung der Ukraine bezeichnet die Volksrepublik Donezk aufgrund deren bewaffneter Kräfte, die sich selbst als Volksmiliz oder Bürgerwehr bezeichnen, als ein separatistisches terroristisches Gebilde.[3]
Bis zum 13. April 2014 hatten bewaffnete Kräfte die Kontrolle über Teile der Oblast Donezk erlangt. In Städten der Oblast Donezk besetzten die Anhänger der Republik administrative Gebäude und errichteten Kontrollpunkte auf den wichtigsten Straßen. Eine vom geschäftsführenden Innenminister der Ukraine Arsen Awakow geleitete militärische Operation der ukrainischen Streitkräfte gegen die bewaffneten Kräfte war bis 16. April ohne Erfolg geblieben.[4]
Am 28. April 2014 fand in Donezk die letzte pro-ukrainische Demonstration statt. Sie löste sich auf angesichts gewaltsamer, behelfsmäßig bewaffneter Gruppen, die durch die Stadt zogen und „Angst und Terror verbreiteten“.[5]
Nach Angaben von Igor Girkin, dem Verteidigungsminister der Volksrepublik Donezk, besaß mindestens ein Drittel der Rebellen am 12. Mai keinen ukrainischen Pass.[6] Viele Medien berichteten seither von einem Einsickern von Bewaffneten.
Am 11. Mai 2014 wurde ein von keinem Staat der Welt anerkanntes Referendum abgehalten, in dem sich nach Angaben der Organisatoren etwa 89 % der Teilnehmer im Gebiet Donezk für eine Loslösung von der Ukraine aussprachen. Gleichzeitig wurde eine Befragung mit ähnlichem Ausgang in der benachbarten Oblast Luhansk durchgeführt, wo am 28. April 2014 die Volksrepublik Lugansk ausgerufen worden war. Am 16. Mai 2014 wurde der Russe Alexander Borodai zum Regierungschef ernannt.[7]
Es herrschte zeitweise ein gewisses Ausmaß an Unklarheit: „Jeder wird für irgendwelche Posten ernannt und niemand weiß, warum.“[8] Zusätzliche Rechtsunsicherheit entstand dadurch, dass die unverändert arbeitenden Behörden auf viele ihrer Daten nicht zugreifen konnten. Ein Grund für die dennoch immer noch funktionierende Verwaltung war, dass Löhne, Kindergeld und Renten weiter von der Regierung (in Kiew) bezahlt wurden und die Unterstützung für die Separatisten wohl rasch gebröckelt wäre, wenn dieses System zusammengebrochen wäre.[9]
Vertreter der Volksrepubliken Donezk und Lugansk unterzeichneten am 24. Mai 2014 in Donezk ein Memorandum über eine Union beider Republiken zu Neurussland.[10] Außerdem beantragten die Vertreter der Donezker Volksrepublik den Beitritt zur Eurasischen Wirtschaftsunion.[11]
Bereits unter dem geschäftsführenden Präsidenten Oleksandr Turtschynow starteten die ukrainische Nationalgarde und Teile der Armee eine Anti-Terror-Operation gegen die Bewaffneten der Volksrepublik Donezk. Den ukrainischen Einheiten gelang es, die Stadt Slowjansk einzukreisen und die Versorgungslinien der Rebellen zu unterbrechen. Ende Juni brachen diese aus der Belagerung aus und vereinigten sich mit den separatistischen Einheiten in Donezk, Horliwka und anderen Städten. Schon Mitte Juni waren Kampfpanzer offensichtlich über die russische Grenze in die Ukraine gelangt. Anfang Juli griff die ukrainische Armee die übrig gebliebenen Gebiete von zwei Seiten an. Die Truppen rückten dabei entlang der Grenze zu Russland vor. Die regierungsfeindlichen Kräfte hielten anscheinend die Anhöhe von Sawur-Mohyla und blieben in der Lage, die ukrainischen Armeeverbände im großen Radius mit Artillerie zu beschießen. Ab dem 15. Juli wurden gar ukrainischen Truppenteile in einem Kessel zwischen der Volksrepublik Donezk und Russland eingeschlossen.
Am 25. Juli 2014 wurde die Volksrepublik Donezk wegen des rechtswidrigen Referendums, des Verstoßes gegen das ukrainische Verfassungsrecht und damit gegen das Völkerrecht und der weiteren Untergrabung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine auf die Sanktionsliste der Europäischen Union gesetzt[12], siehe Liste von Sanktionen in der Krimkrise.
Am 28. Juli meldete das UNHCHR den totalen Zusammenbruch von Recht und Ordnung, von einer Terrorherrschaft der bewaffneten Gruppen über die Bevölkerung der Ostukraine mit Freiheitsberaubungen, Entführungen, Folterungen und Exekutionen.[13]
Am 7. August 2014 trat Alexander Borodai von seinem Posten zurück und erklärte, diesen an Alexander Sachartschenko abzugeben.[15]
Schon zuvor wurde der russische ehemalige Geheimdienstchef in Transnistrien, Wladimir Antjufejew, gegen welchen ein internationaler Haftbefehl wegen der Tötung von Teilnehmern der lettischen Unabhängigkeitsbewegung 1991 besteht, neuer „stellvertretender Ministerpräsident“.[16][17]
Durch das Eingreifen der russischen Armee bei der Schlacht um Ilowajsk konnte eine Einkesselung der regierungsfeindlichen Kräfte abgewendet werden.
Die VRD, vertreten durch Alexander Sachartschenko, nahm an den Verhandlungen der OSZE-Kontaktgruppe teil. Am 5. September 2014 wurde in Minsk im Protokoll von Minsk ein Waffenstillstand mit der Ukraine beschlossen.[18] Bis Anfang November gab es trotzdem 600 Tote.
Die Separatisten hielten sich nicht an den Waffenstillstand und griffen in der Zweiten Schlacht um den Flughafen Donezk weiter die ukrainischen Kräfte an. Die Aufständischen setzten ihre Versuche, der Ukraine Gelände zu entreißen, unterstützt von Söldnern aus der Russischen Föderation, ohne Rücksicht auf das Waffenstillstandsabkommen mit Dutzenden von Angriffen im Oktober weiter fort.[19]
Im Oktober 2014 rühmte sich Sachartschenko, dass seine Verbände seit Abschluss des Abkommens über den Waffenstillstand 38 Ortschaften erobert hätten.[20] Wiederholt beklagten Vertreter der Volksrepublik Donezk den Bruch des Minsker Abkommens durch Artilleriebeschüsse der Stadt vom ukrainischen Territorium aus.[21][22] Die ukrainische Seite blieb mit ihren Entgegnungen bei ihrer Erklärung der Einschläge durch Selbstbeschuss[22] durch die „Terroristen“, wie sie die Freischärler nennt. So auch am 5. November, nachdem in Donezk zwei Jugendliche auf einem Fußballplatz durch Mörsergranaten getötet und vier weitere verletzt worden waren;[23] ukrainische Stellen sprachen von einem Beschuss aus der VRD-kontrollierten Stadt Makijiwka im Osten von Donezk.[24] Die OSZE gab hingegen eine Herkunft der Mörsergranaten aus nordwestlicher Richtung in „hohem Winkel“, also auf kurze Distanz an.[25]
Am 2. November fanden entgegen der Bestrebungen der OSZE-Kontaktgruppe in der Volksrepublik Donezk Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Die OSZE schloss eine Beobachtung der Wahl aus, da sie klar gegen den Friedensplan von Minsk verstoße, und nannte den Vorgang in der Folge konsequent „so genannte Wahlen“. Diese Meinung teilte UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, dessen Ansprache und Erklärungen das Wort „Wahlen“ ebenso konsequent in (bei der Rede durch Gestik dargestellte) Anführungszeichen stellten.[26][27][28][29][30][31][32] Bei der Wahl konnten gemäß Angaben des Vorsitzenden der zentralen Wahlkommission in Donezk auch ausländische Freischärler wählen.[33][34] Sachartschenko erklärte sich noch während der Auszählung zum Sieger der Wahl.[35] Die EU und die USA nannten die Wahlen illegal und illegitim und erkannten das Ergebnis, ebenso wie die Ukraine, nicht an.[36][37] Auch Russland hat die Wahl nicht anerkannt, sondern wählte die Sprachregelung, es respektiere die Wahlen.[38]
Das ukrainische Wahl-Datum vom 7. Dezember war seit Mitte September bekannt: Der Friedensplan hatte Kommunalwahlen nach ukrainischem Recht vorgesehen, keine Wahl eines „Präsidenten“.[39][40][41]
Alexander Sachartschenko kündigte im Januar 2015 die Eroberung weiterer Gebiete an – auch über die Grenzen von Donezk hinaus.[42]
Während eines internen Machtkampfes nach dem erneuerten Waffenstillstand im September 2015 wurden der Verwaltungschef und Mitbegründer der Republik Andrej Purgin mitsamt seiner Familie inhaftiert. Gemäß Einschätzungen war Purgin als Gegner des Minsk-Abkommens und Befürworter einer Eingliederung in Russland für Russland nicht mehr tragbar.[43] Auch der frühere Chef Alexander Borodai hatte Purgin Unabhängigkeit und eine eigene politische Linie attestiert.[44]
Die Machthaber der Region forderten am 24. September 2015 gemäß dem Chef der Humanitären Hilfe der UNO, Stephen O’Brien, die UNO-Organisationen sowie weitere im Gebiet tätige NGOs auf, das von regierungsfeindlichen Truppen kontrollierte Gebiet zu verlassen, darunter die Weltgesundheitsorganisation, das UNHCR sowie UNICEF. Ärzte ohne Grenzen wurde gleichzeitig vorgeworfen, sie würden psychotropische Substanzen lagern.[45] Die UNO stellte ihre Arbeit ein, forderte die Machthaber auf, die sofortige Wiederaufnahme der Hilfe sicherzustellen, und nannte das Vorgehen einen eklatanten Bruch des internationalen humanitären Rechts.[46][47]
Die gemäß dem Abkommen Minsk II im Jahre 2015 fälligen Regionalwahlen nach ukrainischem Recht wurden nach dem Treffen des Normandie-Formates im Oktober 2015 auf Februar 2016 verschoben. Die Rebellengebiete hatten vor den Verhandlungen in Paris eigene Wahlen Mitte Oktober angekündigt, ohne auf die Bestimmungen des Waffenstillstandsabkommens einzugehen.[48][49] Auch noch im Sommer 2017 hatte es keine Regionalwahlen gegeben, stattdessen verkündete Sachartschenko eine Verlängerung eines von ihm verfügten Ausnahmezustandes um weitere drei Jahre, was auch das Verbot von Aktivitäten aller Parteien bedeutete.[50]
Der frühere Kommandeur der „Landwehr“, der den Kampfnamen „Strelkow“ trägt und hinter dem sich der russische Geheimdienstoberst Igor Girkin verbarg, bestätigte, dass nicht eine „Landwehr“ aus Bürgern der Region, sondern die „reguläre Armee“ Russlands dort kämpfe.[51] Spannungen in der Region ergaben sich auch durch russische Bürger, welche teils als Idealisten in den Donbass gekommen waren und sich in einer völlig anderen Situation wiederfanden, als sie es sich vorgestellt hatten. Rückkehrer berichteten, wie selbst solche Freiwillige von den lokal Mächtigen willkürlich terrorisiert worden waren. Russland sei am Verbleib seiner Bürger innerhalb dieses Unrechtssystems nach 2015 kaum interessiert.[52] Jeder Bewohner der Region wisse, dass er ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis verschwinden könne, so die Nowaja Gaseta.[53]
Die Nowaja Gaseta schrieb, die Leitung um Sachartschenko hätte nur die „semi-kriminelle“ Wirtschaft organisieren dürfen; Fragen zu Krieg und Frieden würden in Moskau entschieden. In Donezk hätte jedoch jedes Ministerium über seinen eigenen Sicherheitsdienst verfügt, in der Bevölkerung „Spezialdienste für Eigentumsentzug“ genannt. Im Juli 2018 sollten diese Dienste alle Waffen der „Armee“ übergeben, ein Hinweis auf einen möglichen Machtverlust des (nach Einschätzung der Nowaja Gaseta) „gierigen“ Sachartschenko auch im Zusammenhang mit einem seit Mai erwarteten Rückzug seines Fürsprechers in Moskau, Wladislaw Surkow.[54] Nachdem schon ab jenem Juli die Gerüchteküche derartiges erwartet hatte,[55] wurde Alexander Sachartschenko am 31. August 2018 bei einem Attentat getötet. Bei dem danach entstehenden „Gerangel“ unter Vertretern der Sicherheitskräfte soll es laut Nowaja Gaseta weniger um den Posten des Chefs der Republik gegangen sein, sondern um die Kontrolle des einträglichen Kohlegeschäfts.[56]
Am Abend des 31. August wurde Dmitri Wiktorowitsch Trapesnikow zum „Interimspräsidenten“ der Volksrepublik ernannt,[57][58] welcher am 7. September wiederum von Denis Puschilin abgelöst wurde, dem Vorsitzenden des Volksrates.[59] Puschinlin sprach ganz im Sinne des Kremls nicht mehr von der Eroberung Mariupols, sondern von einer Wiedereingliederung in die Ukraine.[60] Im November fand eine international und von der OSZE verurteilte „Wahlfarce“ (NZZ) statt, zu welcher jedoch der russische Vertreter bei den Minsk-Verhandlungen sagte, es wären laut Minsk-Abkommen „nur Kommunalwahlen“ verboten. Um eine solche handle es sich bei der Bestimmung eines Anführers nicht, seiner Meinung nach gälte dies selbst nicht bei einer „Parlamentswahl“. Diese Aussage erfolgte, obschon Russland es selbst vermied, irgendwelchen Institutionen im Gebiet einen Anschein von Legalität durch Benennung international üblicher Funktionen zu geben.[61] Russland hatte zu Lebzeiten Sachartschenkos wenig Interesse an einer solchen „Wahl“ gezeigt, mischte sich jedoch relativ offen zugunsten Puschilins ein. Andere, beliebtere Kandidaten waren an der Teilnahme gehindert worden, und bei der Wahl des „Obersten Sowjet“, dem „Parlament“, durften nur zwei ausgesuchte Parteien teilnehmen.[62] Als „Ministerpräsident“ war von Puschilin schon zuvor „auf Anweisung seiner Kuratoren“[61] der relativ unbekannte Alexander Anantschenko ernannt worden, welcher gleichzeitig den ganzen Handel über eine südossetische Firma unter Kontrolle bringen soll.[62][61]
Am 10. Oktober 2018 dokumentierten OSZE-Beobachter erstmals auswertbar, wie in der Nacht zuvor ein Konvoi der russischen Luftabwehr auf einem Feldweg von Russland auf das Gebiet der „Volksrepublik“ fuhr.[63]
Der bekannte lettische Kommunist und engagierte Befürworter eines vereinigten Neurussland, Beness Aijo, beklagte im Oktober 2018, dass in den Sezessionsgebieten „Chaos, Korruption und die Beschneidung demokratischer Prozesse“ angewachsen seien. Er hätte früher einer „halbkriminellen Diktatur“ (in den Worten des Korrespondenten der Nowaja Gaseta) zwar zugestimmt in der Meinung, dass dies nur ein vorübergehender Zustand sein würde. Es sei aber im Donbass alles „russisch-sowjetisch“ ausgerichtet und könne unmöglich innerhalb der Ukraine verbleiben: „Die Feiertage, der russische Rubel, die russische Uhrzeit, die Lehrbücher, die Geschichte, die in den Universitäten unterrichtet wird, die Schulen, all das ist russisch-sowjetisch“.[64]
Am 15. Februar 2022 richtete die russische Duma einen Appell an den Präsidenten, die selbsternannte Volksrepublik anzuerkennen. Der EU-Außenbeauftragte verurteilte den Schritt und wies auf die Verpflichtungen des Minsker Abkommens hin.[65]
Am 21. Februar 2022 verkündete der russische Präsident Wladimir Putin die Anerkennung der Volksrepublik Donezk und der Volksrepublik Luhansk als eigenständige Staaten und ordnete eine Entsendung von Truppen in die von Separatisten kontrollierten Gebiete an.[66][67] Außerdem machte er deutlich, dass er für das Minsker Abkommen keine Zukunft sehe.[68]
Die international nicht anerkannte „Volksrepublik Donezk“ stellt seit März 2016 eigene Pässe aus. Sie ähneln russischen Pässen und basieren auf einem analogen Identifikationssystem. Dem Justizministerium der „Volksrepublik“ zufolge besitzen die Pässe und andere ausgestellte Dokumente wie z. B. Geburts- und Heiratsurkunden in Russland Gültigkeit. Von Russland werden DNR-Pässe de facto anerkannt. Besitzern eines solchen Passes ist es erlaubt, nach Russland einzureisen und sich dort aufzuhalten. Der Pass wird nach Angaben des Vorsitzenden des DNR-Volkssowjets Denis Puschilin von allen russischen Fluggesellschaften akzeptiert. Gegenüber der RBK-Redaktion bestätigte u. a. die S7 Airlines sowie der Flughafen Rostow am Don, dass Pässe der Donezker und Lugansker „Volksrepubliken“ akzeptiert werden. Mit dem Pass können darüber hinaus alle Linien der staatlichen Bahngesellschaft Rossijskije schelesnyje dorogi genutzt werden. Laut dem Rechtswissenschaftler Clif Burns ist die Anerkennung der Pässe aus den „Volksrepubliken“ ein Verstoß Russlands gegen die Souveränität der Ukraine.[69]
Am 18. Februar 2017 unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin ein Dekret, nach dem Pässe und andere Papiere der „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk offiziell als gültig anerkannt werden. Russland verstößt damit gegen das Minsker Abkommen und dessen Ziel der vollen territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine.[70] Laut Oleksandr Turtschynow bedeute Putins Dekret, dass Russland die „Volksrepubliken“ anerkenne.[71] Auch die deutsche Bundesregierung verurteilte Putins Erlass. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte, dass der Schritt die Einheit der Ukraine untergrabe. Russische Experten werteten Putins Dekret als Beginn einer Abspaltung der Gebiete von der Ukraine.[72] Der OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier sagte, dass Putins Entscheidung die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen erschwere und an die Situation in Abchasien erinnere, ein besetztes Gebiet, welches von Russland, aber nicht von der internationalen Gemeinschaft, als ein unabhängiger Staat anerkannt wird.[73]
Die militärischen Kräfte der selbsternannten Volksrepublik werden von russischen Kommandanten angeführt. Im Herbst 2015 übernahm „General Primakow“, Spitzname „Tuman“ (russisch für „Nebel“), die Führung. Wie seine Vorgänger war er russischer Staatsbürger. Nach seinem Tod im Herbst 2017 wurde bekannt, dass „General Primakow“ ein falscher Name war, um Russlands zentrale Rolle am Ukrainekrieg zu verbergen. Bei „General Primakow“ handelte es sich um den russischen General Waleri Grigorjewitsch Assapow, der in verdeckter Mission in die Ukraine entsandt worden war. Während seines geheimen Ukraineeinsatzes war Assapow offiziell in Rostow am Don stationiert. Im Sommer 2016 ernannte Präsident Putin ihn zum Generalleutnant. Russland bestritt den Einsatz russischer Truppen in der Ukraine und äußerte sich nicht zum Fall Assapows.[74]
Im Juli 2015 erklärte der damalige Präsident der selbsternannten Volksrepublik Alexander Sachartschenko, er habe in zwei Situationen Respekt gegenüber der ukrainischen rechtsextremen Partei Prawyj Sektor empfunden: "Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Respekt gegenüber ihnen empfunden. Ich habe sie in zwei Momenten respektiert: als sie die Schwulen in Kiew verprügelt haben und als sie versuchten, Poroschenko abzusetzen. Mir wurde klar, dass der Prawyj Sektor ganz normale Männer wie wir sind".[75]
Mitglieder der "Volksrepublik Donezk" stehen in enger Verbindung mit der neonazistischen Partei Russische Nationale Einheit (RNE) unter der Führung von Alexander Barkaschow. Die RNE ist insbesondere mit der Miliz "Russische Orthodoxe Armee" verknüpft und Barkaschow soll gemäß einer veröffentlichten Audioaufnahme persönlich Anweisungen an deren Kommandeur Dmitri Bojzow gegeben haben.[76]
Gemeinsam mit anderen rechtsextremen und neonazistischen Organisationen wie der Nationalen Befreiungsbewegung und Alexander Dugins Eurasischer Jugendunion unterstützt die RNE Russland im Ukraine-Krieg und wirbt Kämpfer an.[77] Ein Mitglied der RNE, Pawel Gubarew, ist als Leiter der Mobilisierungsabteilung des Verteidigungsministeriums der sogenannten "Volksrepublik Donezk" in Erscheinung getreten.[78]
Im April 2014 wurde der 19-jährige Student Jurij Poprawka, der 25-jährige Jurij Djakowskyj und der Lokalpolitiker Wolodymyr Rybak, welcher versucht hatte, die ukrainische Flagge am Stadtrat von Horliwka wieder anzubringen, entführt. Ihre Leichen wurden später im Fluss Kasennyj Torez entdeckt und wiesen mehrere Folterspuren auf. Der frühere „Verteidigungsminister“ der selbsternannten „Volksrepublik Donezk“ Igor Wsewolodowitsch Girkin bekannte sich im Mai 2020 in einem Interview dazu, den Befehl gegeben zu haben, Poprawka und Djakowskyj zu erschießen: "Ja, diese Leute wurden auf meinen Befehl erschossen. Niemand riss ihnen den Bauch auf als sie noch gelebt haben. Bedauere ich, dass sie erschossen wurden? Nein, sie waren Feinde". Zudem erklärte er an der Tötung von Rybak beteiligt gewesen zu sein: "Natürlich war Rybak als Person, die sich aktiv gegen die "Milizen" einsetzte, in meinen Augen ein Feind. Und sein Tod liegt wahrscheinlich in gewissem Maße auch in meiner Verantwortung."[79]
Seit Beginn des Krieges ereigneten sich mehrere Fälle des Verschwindenlassens in der selbstproklamierten Volksrepublik Donezk. Sachartschenko erklärte, seine Einheiten würden täglich bis zu fünf ukrainische „subversive“ Personen festnehmen. Das Centre for Release of Captives nimmt an, dass im Dezember 2014 über 632 Menschen von separatistischen Kräften illegal gefangen gehalten wurden.[80] Am 2. Juni 2017 wurde der freie Journalist Stanislaw Assjejew festgenommen. Zunächst bestritten die Behörden der sogenannten Volksrepublik Donezk vom Verbleib Asejews zu wissen, bis sie am 16. Juli bestätigten, dass er wegen Spionage festgenommen wurde. Amnesty International forderte von Sachartschenko vergeblich die Freilassung des Journalisten.[81] Am 29. Dezember 2019 wurde Assjejew im Zusammenhang eines Gefangenenaustauschs zwischen der Ukraine und den prorussischen Volksrepubliken freigelassen.[82]
Der Zustand der Rechtlosigkeit dauerte auch noch im Jahresanfang 2022 an; zum Selbstschutz löschen die Bewohner regelmäßig ihre Mobiltelefone, um im Zweifelsfall nicht willkürlichen Beschuldigungen ausgeliefert zu sein. Als die Evakuation von Frauen und Kindern angeordnet wurde, schwieg die Mehrheit der Menschen, welche der Regierung keinen Glauben schenken, „um des eigenen Wohles willen“.[83]
Der von den Rebellen eingesetzte Verwaltungschef von Donezk, Igor Martinow, sagte am 20. November 2014 in einem Interview mit der FAZ, dass Russland einsprang, als die Ukraine die Zahlungen an seine Kommune einstellte. So wurden die Kosten für Renten und Sozialtransfers, der städtischen Dienste, des Nahverkehrs, der Schulen und der Feuerwehr von Russland getragen. Donezk könne nur 20 Prozent seiner laufenden Kosten selbst aufbringen. Seinen Ausführungen zufolge wird auch die gesamte Organisation der Volksrepublik Donezk durch Russland finanziert.[84]
Im November 2015 fuhr der 46. Hilfskonvoi aus Russland in das Gebiet. Nach ukrainischer Sichtweise versorgen diese nicht nur Zivilisten.[85]
Zu den gewinnbringenden Wirtschaftszweigen im Donbass gehört die Förderung von Kokskohle und Anthrazit. Offiziell werden diese von dort nach Russland exportiert, inoffiziell jedoch wahrscheinlich in der darauf eingespielten Industrie in der Ukraine verbraucht.[54][86]
Nach Angaben einer ostukrainischen Menschenrechtsgruppe werden mit einem Netz von Arbeitslagern, die „Erinnerungen an die sowjetischen Gulags“ wecken, in den Volksrepubliken Donezk und Lugansk monatlich 300.000 bis 500.000 € erwirtschaftet. Rund 10.000 Gefängnisinsassen sollen dort unter Zwang schwere Arbeiten verrichten.[87]
Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2022-03-02 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=8188530