Ulrich Gerhard Scheurlen, nach eigener Aussage ein Nachfahre Gustav Schwabs,[1] wuchs in Westfalen, Hessen und Niedersachsen auf. Sein Vater arbeitete als Ingenieur für verschiedene Stromerzeuger.[2] Seine Mutter war Lehrerin.[3] Seine Eltern beschrieb er als „sehr spießig, bürgerlich, schwäbisch“.[4] Seine Jugend verbrachte er in der Wedemark in der Nähe von Hannover. Er machte 1977 sein Abitur am Gymnasium Großburgwedel[5] und während eines Schüleraustauschs mit dem American Field Service in Boston (USA) einen High-School-Abschluss. Dort lernte er auch seine spätere erste Frau, Amber Wood, kennen. Nach dem Wehrdienst studierte er Germanistik, Anglistik und Geschichte an der Universität Tübingen und arbeitete unter anderem als Straßenmusiker. In Tübingen ging er im Alter von 21 Jahren zum ersten Mal freiwillig in ein Theater, in eine Aufführung der Dreigroschenoper.[6] Schließlich wurde er für die Bühne entdeckt und begann 1980 an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart eine Ausbildung in Schauspiel. Nach Beendigung des Schauspielstudiums 1983 wurde er von den Städtischen Bühnen Heidelberg engagiert. Während seines Studiums in Tübingen war er Mitglied der Studentenverbindung AV Igel.
Seinen Künstlernamen Ulrich Tukur legte Ulrich Scheurlen sich nach Aufforderung von Michael Verhoeven, dem Regisseur seines ersten Kinofilms, zu Beginn seiner Karriere zu. Er leitete ihn aus einem in der Familie überlieferten Vorkommnis während der Besatzungszeit des Rheinlands durch Napoleon zu Anfang des 19. Jahrhunderts ab, als ein französischer Offizier den Namen eines Neugeborenen „Napoleon, tout court“ (für ‚Napoleon, ganz einfach‘) als Napoleon Tukur eindeutschte.[7]
Ulrich Tukur ist in zweiter Ehe mit der Fotografin Katharina John verheiratet. Von 1999 bis 2019 lebten sie in Venedig auf der Insel Giudecca sowie im toskanischen Dorf Montepiano (Stadt Vernio). Ulrich Tukurs erster Ehe entstammen die Töchter Lilli und Marlene, die beide in den USA studieren.[8] 2019 zog Ulrich Tukur in den Berliner Stadtteil Schöneberg.[9]
Er beteiligte sich im April 2021 an der kontrovers diskutierten Aktion #allesdichtmachen, bei der über 50 Schauspieler die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie in Videos ironisch-satirisch kommentierten.[10]
Noch zu Studienzeiten ermöglichte ihm Michael Verhoeven, erstmals in einem Film mitzuwirken: In Die weiße Rose spielte er 1982 den Studenten und Angehörigen des Widerstandskreises gegen die NS-Diktatur Willi Graf. Bei einem späteren Engagement in München in Ferdinand BrucknersKrankheit der Jugend wurde Peter Zadek auf ihn aufmerksam, woraus sich eine fruchtbare künstlerische Zusammenarbeit ergab, die 1984 schließlich zu Scheurlens Durchbruch am Theater führte.
1995 gründete er die Tanzkapelle Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys, mit der er viele Tourneen gespielt und verschiedene Tonträger veröffentlicht hat. Sie firmiert unter der Bezeichnung Die älteste Boygroup der Welt und spielt Eigenkompositionen und Evergreens, mit Ulrich Tukur als Sänger, Pianist und Akkordeon-Spieler. Die Rhythmus Boys sind Kalle Mews (Schlagzeug, Tierlaute), Ulrich Mayer (Gitarre, Gesang) und Günter Märtens (Kontrabass, Gitarre, Gesang). „Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys“ starteten am 24. April 2017 eine Tour als musikalische Botschafter Deutschlands in Budapest, Belgrad und Laibach.[11]
1998: Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys: Meine Sehnsucht ist die Strandbar, Metronome
2001: Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys, Wunderbar, dabei zu sein, Tacheles! (Roofmusic) (Gold im German Jazz Award)[15]
2003: Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys: Morphium, Tacheles! (Roofmusic) (Gold im German Jazz Award)
2003: Peter Lohmeyer & Fink mit Ulrich Tukur: Bagdad Blues, Trocadero (Indigo)
2006: Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys: Musik hat mich verliebt gemacht, Roofmusic
2010: Ulrich Tukur: Mezzanotte, Deutsche Grammophon
2011: Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys: Musik für schwache Stunden, Trocadero (Indigo) (Gold im German Jazz Award)
2012: Musik im Hörbuch Roger Willemsen: Das müde Glück, gelesen vom Autor, sowie Sofia Brandt und Matthias Brandt, Tacheles Verlag, Bochum; 1 CD, 47 Minuten
2014: Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys: So wird's nie wieder sein: Lebendig im Konzert, Trocadero (Indigo)
Die Seerose im Speisesaal. Venezianische Geschichten. List, Berlin 2005, ISBN 3-548-60839-6.
Wehe, wirre, wunderliche Worte. Deutsche Liebesgedichte. Ausgewählt von Ulrich Tukur. Fotografien von Katharina John. Ullstein, Berlin 2011, ISBN 978-3-550-08864-3.
Gero von Boehm: Ulrich Tukur. 14. November 2010. Interview In: Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten. Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S. 730–739.
C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 717.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 8: T – Z. David Tomlinson – Theo Zwierski. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 76 f.