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Führung | |||
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Oberbefehlshaber: | Präsident Wolodymyr Selenskyj | ||
Verteidigungsminister: | Oleksij Resnikow[1] | ||
Militärischer Befehlshaber: | Generalstabschef Walerij Saluschnyj (seit Juli 2021)[2] | ||
Sitz des Hauptquartiers: | Kiew, Ukraine | ||
Militärische Stärke | |||
Aktive Soldaten: | 209.000 (Stand: 2020) | ||
Reservisten: | 900.000 (Stand: 2020) | ||
Wehrpflicht: | 12 Monate | ||
Wehrtaugliche Bevölkerung: | 23.250.606 (Männer und Frauen; Alter 15–54) (Stand: 2020)[3] | ||
Wehrtauglichkeitsalter: | 18. Lebensjahr | ||
Paramilitärische Kräfte: | 102.000 (Stand: 2020) | ||
Haushalt | |||
Militärbudget: | 5,924 Mrd. US–$ (2020)[4] | ||
Anteil am Bruttoinlandsprodukt: | 4,1 % (2020)[5] | ||
Geschichte | |||
Gründung: | 1991 |
Die ukrainischen Streitkräfte (ukrainisch Збройні сили України/Sbrojni syly Ukrajiny) stellen das Militär der Ukraine dar, sie gliedern sich in Heer, Luftstreitkräfte und Marine mit Marineinfanteristen auf. Die Personenstärke betrug 2015 204.000 Soldaten (zuzüglich 46.000 Zivilbedienstete).[6]
Nicht zu den Streitkräften gehören die Nationalgardisten,[7] die Einheiten des Grenzschutzes und andere dem Innenministerium der Ukraine zugeordnete Einheiten.
Der Wehrdienst ist für Männer gesetzliche Pflicht, die mit dem 20. Lebensjahr einsetzt und insgesamt zwölf Monate dauert. Die Abschaffung der Wehrpflicht und der Übergang zu einer Berufsarmee sollte 2014 erfolgen.[8] Auf Grund der „Verschlechterung der Sicherheitslage im Osten und Süden des Landes“ müssen seit Mai 2014 Männer im Alter von 20 bis 27 Jahren wieder ihren Wehrdienst leisten.[3]
Seit dem Jahr 2016 dürfen Frauen bei den ukrainischen Streitkräften dienen,[9] inzwischen sind es mehrere zehntausend Soldatinnen (Stand Juli 2021).[10]
Oberbefehlshaber über die Streitkräfte der Ukraine ist laut der Verfassung der Ukraine (Artikel 106.17/19) der Präsident der Ukraine, der auch die Verhängung des Kriegsrechts sowie Ausrufung der Generalmobilmachung im Spannungs- oder Kriegsfall veranlassen kann.[11]
Stand 2022 sind die Schwachstellen des ukrainischen Militärs die Luftstreitkräfte (deren Flugzeuge veraltet und teilweise nicht mehr zu warten sind), die Marine (die mit der Krim-Annexion 70 Prozent ihrer Schiffe verlor), eine gegen Iskander-Raketen machtlose Luftabwehr und das Fehlen einer substanziellen Cyberabwehr.[12]
Am 22. Oktober 1991 beschloss der Oberste Sowjet der Ukraine ein Gesetz zur Bildung eigener ukrainischer Streitkräfte im Umfang von rund 420.000 Soldaten sowie einer Nationalgarde von 30.000 Soldaten.
Ende 1991 waren die sowjetischen Militärbezirke Kiew und Odessa mit 780.000 Soldaten an die Ukraine übergeben worden. Die Heeresverbände umfassten Einheiten der 1. Gardearmee, 6. Gardepanzerarmee, 8. Panzerarmee, 13. Armee und des 32. Armee-Korps, vier Luftflotten, einer Luftverteidigungsarmee der Sowjetarmee und der Schwarzmeerflotte der Seekriegsflotte. An Ausrüstung waren 7000 gepanzerte Fahrzeuge, 6500 Panzer, 2500 taktische Raketen, 1500 Flugzeuge, 1272 Nuklearraketen und 350 Schiffe auf dem Gebiet der Ukraine stationiert. Nach dem Unabhängigkeitsreferendum erfolgte erneut formal ein Beschluss des ukrainischen Parlaments im Jahre 1992 zur Aufstellung eigener Streitkräfte. Problematisch bei der Übernahme der früheren sowjetischen Verbände und Aufstellung von eigenen Verbänden war die Tatsache, dass es für sie keine einheitliche Befehlsstruktur bzw. keinen gemeinsamen Generalstab gab. Ferner gab es Konflikte mit Russland wegen des Kommandos über die Schwarzmeerflotte, das vorübergehend gemeinsam ausgeübt wurde. Schließlich wurde die Flotte aufgeteilt.
Am 2. Januar 1992 verfügte Präsident Leonid Krawtschuk die Unterstellung aller auf dem Territorium der Ukraine stationierten vormals sowjetischen Truppen einschließlich der Schwarzmeerflotte unter ukrainischem Oberbefehl. Ausgeschlossen wurden nur die strategischen Militäreinheiten.
Am 26. März 1992 wurde per Dekret des Präsidenten die Rückkehr aller ukrainischen Wehrpflichtigen aus Armenien, Aserbaidschan und aus der Republik Moldau bis zum 20. Mai 1992 angeordnet. Im Mai 1992 begann auch der Abtransport der in der Ukraine stationierten taktischen Atomwaffen nach Russland.
Am 3. Juli 1992 wurde auch der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine (Abkürzung RNBO) gegründet; er ist ein staatliches Gremium der Ukraine. Der Rat wurde zunächst unter der Bezeichnung Nationaler Sicherheitsrat geschaffen. Seine Aufgaben sind im Artikel 107 der Verfassung der Ukraine geregelt. Nach der ukrainischen Verfassung besteht die Aufgabe des RNBO darin, den Präsidenten des Landes bei Fragen zur inneren und äußeren Sicherheitspolitik zu beraten. Der Rat beschäftigt sich allerdings regelmäßig auch mit Angelegenheiten, die außerhalb der traditionellen Sicherheits- und Verteidigungspolitik liegen, etwa mit der Innen- und Energiepolitik.
Nach der Unabhängigkeit übernahm die Ukraine aus der Hinterlassenschaft der sowjetischen Atomstreitkräfte 130 Interkontinentalraketen UR-100N (SS-19) mit jeweils sechs nuklearen Sprengköpfen und 46 vom Typ RT-23 (NATO-Codename: SS-24) mit jeweils 10 Sprengköpfen. Sie hatte damit das drittgrößte Atomwaffenarsenal der Welt. Die UR-100N (NATO-Codename: SS-19) waren in Silos nahe Chmelnyzkyj und die RT-23 (SS-24) in Silos nahe Perwomajsk stationiert. Am 2. Juli 1993 erfolgte in einer Grundsatzerklärung offiziell der Verzicht auf die Atomwaffen, und dass die Ukraine zukünftig atomwaffenfrei sein solle. Am 15. Juli 1993 begann der Abbau der auf dem ukrainischen Territorium stationierten Interkontinentalraketen vom Typ UR-100N. Die Raketen wurden zur Verschrottung nach Russland gebracht. Die Sprengköpfe blieben anfangs noch in der Ukraine, bis der Nachfolgestatus Russlands in Bezug auf die Atomwaffen der früheren Sowjetunion international geklärt war. Die Ukraine forderte für ihren Verzicht auf Atomwaffen von den Atommächten Sicherheitsgarantien für ihr Land und finanzielle Unterstützung.
Das Budapester Memorandum wurde am 5. Dezember 1994 in Budapest im Rahmen der dort stattfindenden KSZE-Konferenz unterzeichnet. In ihm verpflichteten sich die USA, Großbritannien und Russland in drei getrennten Erklärungen jeweils gegenüber Kasachstan, Belarus und der Ukraine, als Gegenleistung für einen Nuklearwaffenverzicht die Souveränität und die bestehenden Grenzen der Länder (Art. 1) sowie deren politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu achten (Art. 2 f.) und im Falle eines nuklearen Angriffs auf die Länder unmittelbar Maßnahmen des UN-Sicherheitsrates zu veranlassen (Art. 4). Frankreich gab bezüglich der Ukraine eine eigene Erklärung ab: Statement by France on the Accession of Ukraine to the NPT.
Diese Staaten waren im Zuge der Auflösung der UdSSR in den Besitz von Nuklearwaffen gekommen. Das Budapester Memorandum war eine Vorbedingung der Unterzeichnung und Ratifizierung des Atomwaffensperrvertrags und des Atomteststoppvertrags. Bis 1996 wurden alle Kernwaffen der früheren UdSSR nach Russland gebracht, das als Nachfolgestaat der UdSSR das Recht auf den Besitz von Atomwaffen hat.
Der Vertrag wurde von allen Vertragsparteien ratifiziert und in Kraft gesetzt.[13]
Im Laufe des russisch-ukrainischen Gasstreits zum Jahreswechsel 2005/06 erwog die ukrainische Regierung unter Präsident Wiktor Juschtschenko, die Unterzeichner des rechtlich bindenden Memorandums zur Hilfe für die Ukraine in Anspruch zu nehmen. Dieses Ansinnen wurde seinerzeit von russischer Seite zurückgewiesen.
„Viele ukrainische Politiker äußern ihre Skepsis hinsichtlich der Möglichkeiten des Landes, seine Sicherheit selbständig zu gewährleisten. Sie meinen, daß heute keiner der Hauptfaktoren der nationalen Sicherheit – militärische Stärke, wirtschaftliche Macht sowie ein hoher Grad politischer und wirtschaftlicher Integration in die Weltwirtschaft vorhanden sei. Je mehr sich die Krise in der Ukraine vertieft, desto deutlicher wird sie als die größte Bedrohung der Sicherheit des Landes – von direkter außenpolitischer Relevanz – definiert. Eines der akutesten Probleme in der Ukraine besteht in ihrer fast totalen Abhängigkeit von Energie-Importen aus Russland.“
Nach gemeinsamen Manövern von US-amerikanischen und ukrainischen Truppen 1995 in der Westukraine beschloss die NATO im Juli 1997 eine Charta über besondere Partnerschaft mit der Ukraine.[14] Ukrainische Kontingente beteiligten sich an NATO-geführten militärischen Interventionen in den Jugoslawienkriegen, im Irakkrieg und in Afghanistan.[15]
Im Jahr 2000 wurde die Nationalgarde aufgelöst und im März 2014 neu aufgestellt.[16]
Am 27. Juli 2002 kam es zum Flugtagunglück von Lemberg, bei dem auf dem Militärflugplatz Sknyliw bei einer Kunstflugvorführung ein Kampfflugzeug vom Typ Suchoi SU-27UB der Luftwaffe abstürzte. 85 Menschen kamen ums Leben; mehr als 100 wurden verletzt.
Während des Irakkrieges 2003 war die Ukraine an der Koalition der Willigen beteiligt und entsandte 1.650 Soldaten mit militärischem Gerät in den Irak. Mit seinem Kontingent verfügte das Land über die sechstgrößte Truppenstärke im besetzten Irak. Es befand sich im territorialen Zuständigkeitsbereich Polens. Zurzeit befinden sich im Irak aber nur noch 34 ukrainische Offiziere, da das gesamte Kontingent, wie auch die Truppen vieler anderer Staaten, inzwischen zurückbefohlen worden war.[17]
2005 betrug der Verteidigungsetat rund 618 Millionen US-Dollar und machte 1,4 % des BIP des Staatshaushaltes aus, einen der kleinsten Militäretats in Europa, bezogen auf die Truppenstärke von 191.000 aktiven Soldaten sowie einer Million Reservisten.
2008 waren rund 300 ukrainische Soldaten und 15 Polizisten im Auslandseinsatz für die United Nations Mission in Liberia (UNIMIL).
Am 14. Juni 2009 – während eines Treffens der EU-Verteidigungsminister – wurde die Gründung einer Litauisch-Polnisch-Ukrainischen Brigade vereinbart.[18]
Im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden (PfP) erfolgte vom 25. Juli bis 5. August 2011 nahe Jaworiw das Manöver Rapid Trident 2011 mit insgesamt 1.400 Soldaten, darunter 745 ukrainische Soldaten, 362 US-Soldaten, 99 Soldaten aus Moldau, 80 britische Soldaten, 47 aus Serbien, 35 aus Polen, 34 aus Kanada und 20 Soldaten aus Belarus.
Am PfP-Manöver Rapid Trident 2012 vom 16. bis 27. Juli 2012 beteiligten sich 1.400 Soldaten aus der Ukraine und aus Aserbaidschan, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Georgien, Kanada, Mazedonien, Moldau, Norwegen, Österreich, Polen, Rumänien, Serbien, Schweden und den USA.
Bei Rapid Trident 2013 vom 8. bis 19. Juli 2013 nahmen 1.300 Soldaten teil. Neben ukrainischen Soldaten beteiligten sich Soldaten aus Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Georgien, Großbritannien, Kanada, Moldau, Norwegen, Polen, Rumänien, Serbien, Schweden, der Türkei und aus den USA.
Im Zuge der Krimkrise versetzte die ukrainische Übergangsregierung die Streitkräfte in volle Kampfbereitschaft; am 2. März 2014 berief sie ihre Reservisten ein. Es handele sich dabei nicht um eine Generalmobilmachung; die Übergangsregierung (Übergangspräsident: Oleksandr Turtschynow) versuche vielmehr, alle nötigen Maßnahmen zur Wahrung von Ruhe und Ordnung zu ergreifen.[19]
Die Ereignisse auf der Krim zeigten auch den desolaten Zustand vieler Militäreinrichtungen und Ausrüstungsgegenstände und die weitverbreitete Korruption wurde bekannt.[20] Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wollten weniger als 2.000 der über 18.000 auf der Krim stationierten ukrainischen Soldaten die Halbinsel verlassen.[21]
Am 12. März 2014 beschloss das ukrainische Parlament die Neugründung der ukrainischen Nationalgarde,[22] die dem Innenministerium untersteht.[23]
Seit 2014 wurden die Streitkräfte personell verstärkt und neu gegliedert.
Nach dem Weißbuch 2015 der ukrainischen Streitkräfte gliedert sich nunmehr das Kommando in fünf Teilstreitkräfte:
1) Heer 2) Luftwaffe 3) Marine 4) Luftbewegliche Kräfte und 5) „Special Operations Forces“
Am 24. August 2016, dem Nationalfeiertag, wurde eine neue Uniformierung vorgestellt. Diese ersetzte die veralteten Uniformen.[24]
Stand Juli 2021 dienten in den ukrainischen Streitkräften mehr als 31.000 Frauen. Laut Parlamentspräsidentin Olena Kondratiuk kämpften mehr als 13.500 ukrainische Soldatinnen seit Beginn des Kriegs in der Ukraine gegen prorussische Separatisten in der Ostukraine.[10]
Die Ukrainischen Streitkräfte haben durch Kämpfe im Donezbecken an Erfahrung gewonnen und in einigen Teilen auch an modernem Kriegsgerät. Die Armee wurde mit türkischen Drohnen vom Typ Bayraktar TB2 und Javelin-Panzerabwehrraketen aus den USA ausgestattet. Des Weiteren verfügt die Ukraine über Stinger- und Grom-MANPADS aus den USA und Polen. Trotzdem sind die ukrainischen Streitkräfte den russischen Streitkräften deutlich unterlegen, da der Großteil der Waffen aus reaktivierten, meist veralteten Systemen aus sowjetischen Beständen stammt.[25][26]
Beim Aufbau der Heeresverbände wurden die Strukturen des Kiewer Militärbezirks zum Aufbau des Heereskommandos herangezogen.
Das Heer ist gegliedert in die Heereskommandos Westliches Operationskommando (ehemaliger Militärbezirk Karpaten), Südliches Operationskommando (ehemaliger Militärbezirk Odessa), Territorialdirektion Nord.
Als Großverbände bestehen:
Nach der Heeresreform 2014–2016 gestaltet sich die Gliederung wie folgt:[27]
Die Luftstreitkräfte (ukrainisch Повітряні Сили України, Powitrjani Syly Ukrajiny) mit dem Oberkommando in Winnyzja sind in Regimenter und Brigaden gegliedert:[28]
Insgesamt verfügte die ukrainische Marine 2016 über ca. 6.500 Soldaten, davon 3.000 Marineinfanteristen (36. Marineinfanteriebrigade in Mykolajiw etc.), sowie über 40 Schiffe.[29]
2016 wurde ein Modernisierungsplan bis 2020 vorgestellt, welcher den Zukauf von knapp 30, meist kleineren Schiffen, vorsieht.[30]
Eine Nationalgarde der Ukraine bestand von 1991 bis 2000. Am 12. März 2014 beschloss das ukrainische Parlament, zur Grenzsicherung und Wahrung der inneren Sicherheit wieder eine Nationalgarde zu gründen.
Der Artikel Ukrainische Streitkräfte in der deutschen Wikipedia belegte im lokalen Ranking der Popularität folgende Plätze:
Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2022-03-15 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=3341079