Die Tötung zweier Polizisten im Landkreis Kusel in Rheinland-Pfalz geschah am 31. Januar 2022. Bei einer Fahrzeugkontrolle wurden der Polizeioberkommissar Alexander K.[1] und die Polizeikommissaranwärterin Yasmin B. erschossen.
In der Nacht zum 31. Januar 2022 fand zwischen den Orten Ulmet und Blaubach im Landkreis Kusel eine Fahndung nach einem Einbrecher statt.[2] Neben zwei Streifenwagenbesatzungen beteiligten sich zwei Polizisten der Polizeiinspektion Kusel in einem Zivilfahrzeug, in Uniform und mit beschusshemmenden Westen ausgestattet.[3] Den beiden fiel an der Kreisstraße 22 zwischen Mayweilerhof, Gemeinde Oberalben, und Ulmet ein geparkter Kastenwagen auf.[4][5][6]
Die Streife teilte der Polizeieinsatzzentrale mit, dass sie „dubiose Personen im Bereich Ulmet“ festgestellt habe; die Ladefläche des Wagens sei „voller Wildtiere“. Laut ermittelnder Staatsanwaltschaft wurde im ersten Funkspruch um Unterstützung gebeten und angekündigt, eine Personenkontrolle durchzuführen. Kurze Zeit später folgte ein zweiter Funkspruch: „Kommt schnell, die schießen, die schießen, kommt schnell!“[4][7][8] Nach Angaben der ermittelnden Staatsanwaltschaft wurde die 24-jährige Polizistin mit einem Kopfschuss aus einer Schrotflinte getötet. Ihr 29 Jahre alter Kollege sei mit vier Schüssen, darunter einem Kopfschuss, aus einem Einzellader-Jagdgewehr getroffen worden.[7][9] Die tödlichen Schüsse fielen gegen 04:20 Uhr.[10] Die Polizistin starb, ohne selbst geschossen zu haben. Der 29-jährige Polizeibeamte erwiderte das Feuer und schoss sein Magazin mit 14 Schüssen leer. Eintreffende Unterstützungskräfte und Rettungskräfte fanden den Polizisten schwer verletzt und nicht mehr ansprechbar vor. Er starb ebenfalls noch am Tatort.[9][11] Beide Opfer wohnten im Saarland: der Polizist in Freisen, die Polizistin in Homburg.[12][13] Die Studentin der Hochschule der Polizei am Campus Hahn hatte wenige Tage zuvor ihr Praktikum bei der Polizeiinspektion Kusel angetreten und in der Nacht zum zweiten Mal Dienst.[14]
Die Fahrzeuginsassen suchten vergeblich nach den an die Polizistin überreichten Ausweisdokumenten und flüchteten. Sie ließen ihr Fahrzeug abschleppen, das durch den Schusswechsel lädiert nach wenigen Kilometern stehenblieb.[14] Auf der Fahrbahn am Tatort fanden Ermittler Personalausweis und Führerschein eines 38-jährigen Verdächtigen.[14][15]
Die Polizei Rheinland-Pfalz leitete eine Großfahndung ein und wurde dabei von der Polizei im Saarland unterstützt.[16][17] Sie suchte unter anderem den bereits polizeibekannten 38-jährigen Tatverdächtigen Andreas S.[18] aus dem saarländischen Spiesen-Elversberg; ab dem frühen Nachmittag auch öffentlich.[19] Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtete, war der Mann in der Vergangenheit wegen einer Unfallflucht aufgefallen. Zudem ermittelte die saarländische Polizei gegen ihn wegen Wilderei und versuchter Körperverletzung.[20] Polizeibekannt war der Tatverdächtige auch aufgrund eines Vorfalls, bei dem Andreas S. im Jahr 2004 einen anderen Jäger bei einer Hasenjagd angeschossen hatte. Im Jahr 2006 wurde S. deshalb wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Andreas S. wurde daraufhin das Waffenbesitzrecht entzogen. Nach Ablauf einer gesetzlichen Sperrfrist für Wiedererteilungen beantragte er erneut einen Jagdschein, der ihm im Juni 2012 erteilt wurde.[21] Im Jahr 2020 war ihm zum zweiten Mal die waffenrechtliche Erlaubnis wegen Unzuverlässigkeit widerrufen worden; er hätte keine Waffen besitzen dürfen. Der Verdächtige, der einen Wildhandel und eine Bäckerei betreibt, war laut Deutschem Jagdverband zudem nicht im Besitz eines gültigen Jagdscheins.[3][22]
Am frühen Abend nahm die Polizei sowohl den Gesuchten als auch den 32-jährigen mutmaßlichen Komplizen Florian V.[18] in Sulzbach/Saar fest. Beide leisteten keinen Widerstand. Der mutmaßliche Komplize war unter anderem ins Visier der Ermittler geraten, weil er Medieninformationen zufolge nach der Tat die Ehefrau des 38-Jährigen angerufen hatte.[11][22] Bei Durchsuchungen zweier Objekte in der Sulzbacher Bahnhofstraße wurden nach Angaben der Polizei eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr sichergestellt.[23] Außerdem wurde dort nach Angaben der Polizei eine vom Tatort entwendete Taschenlampe der Polizisten entdeckt.[24] In der Straße wurde ein Kraftfahrzeug des Verdächtigen vorgefunden, das Einschusslöcher aufwies.[11][22] In seiner Wohnung fanden Ermittler fünf Kurzwaffen, ein Repetiergewehr, zehn Langwaffen, eine Armbrust sowie drei Schalldämpfer und Munition.[25]
Gegen beide Tatverdächtigen wurde Haftbefehl wegen Mordverdachts erlassen und Untersuchungshaft angeordnet.[26][27] Der 32-Jährige gab an, Handlanger bei der Wilderei gewesen zu sein und noch nie scharf geschossen zu haben.[28] Der andere Tatverdächtige schwieg zu den Vorwürfen.[29] Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern teilte am 3. Februar 2022 mit, dass im Kraftfahrzeug der mutmaßlichen Täter 22 Stück Damwild gefunden wurden. Vermutlich wollten sie Jagdwilderei vertuschen. In der Wurstküche eines Tatverdächtigen in Sulzbach wurden Tierabfälle sichergestellt.[30]
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte: „Unabhängig davon, welches Motiv der Tat zugrunde liegt: Diese Tat erinnert an eine Hinrichtung, und sie zeigt, dass Polizistinnen und Polizisten jeden Tag ihr Leben für unsere Sicherheit riskieren.“[22][31] Ministerpräsidentin Malu Dreyer bekundete ihr Mitgefühl auf Twitter.[32]
Die Kreisverwaltung Kusel bat, wegen der Einbindung der Polizei in Fahndungsmaßnahmen auf sogenannte „Montagsspaziergänge“ als Demonstrationen gegen die COVID-19-Schutzmaßnahmen zu verzichten.[33]
Bezüglich der durch die Opfer getragenen beschusshemmenden Westen SK 2 erklärte die Gewerkschaft der Polizei (GdP), dass diese nur bei vergleichsweise kleinkalibrigen Geschossen schützen würden.[3]
Am 4. Februar 2022 wurde der beiden Polizisten in einer bundesweiten Schweigeminute gedacht.[34]
In mehreren Telegram-Gruppen der Querdenker-Bewegung sowie auf einem Banner bei der Universität Bremen mit der Parole ACAB wurde die Tötung der Polizisten bejubelt.[35][36][37] Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz berichtete am 4. Februar 2022, in der vorangegangenen Nacht sei im Raum Idar-Oberstein eine Wohnung geöffnet und eine Person überwältigt worden, die im Netz dazu aufgerufen hatte, Polizeibeamte auf Feldwege zu locken und dort zu beschießen. Ein Ermittlungsverfahren sei eingeleitet worden. Malu Dreyer kündigte an, dass die Behörden keine Beleidigungen und Drohungen dulden würden. Diese würden nicht nur gelöscht, sondern auch verfolgt und bestraft.[18]
In der Woche nach der Tötung stellte eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen „Hate Speech“ 399 Fälle (davon mindestens 102 Beiträge strafrechtlich relevant) von Hassrede und Hetze im Internet im Zusammenhang mit der Tat fest.[38] In einem Fall wurde Haftbefehl wegen Fluchtgefahr erlassen.[39]
Koordinaten: 49° 34′ 43,3″ N, 7° 25′ 44,4″ O
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