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Führung | |||
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Oberbefehlshaber: | Präsident Wladimir Putin | ||
Verteidigungsminister: | Armeegeneral Sergej Schojgu | ||
Militärischer Befehlshaber: | Chef des Generalstabs Armeegeneral Walerij Gerassimow | ||
Militärische Führung: | Generalstab | ||
Sitz des Hauptquartiers: | Moskau | ||
Militärische Stärke | |||
Aktive Soldaten: | 1.014.000[1] | ||
Reservisten: | 2.000.000[1] | ||
Wehrpflicht: | ja | ||
Wehrtaugliche Bevölkerung: | 46.681.219[2] | ||
Wehrtauglichkeitsalter: | vollendetes 18. Lebensjahr | ||
Anteil der Soldaten an der Gesamtbevölkerung: | 0,60 %[2] | ||
Paramilitärische Kräfte: | 554.000[1] | ||
Haushalt | |||
Militärbudget: | 65,7 Milliarden US-Dollar (2020)[3] bzw. 207 Mrd. US-Dollar (2019, PPP)[4] | ||
Anteil am Bruttoinlandsprodukt: | 4,3 % (2020)[5] | ||
Geschichte | |||
Gründung: | 1992 |
Die Streitkräfte Russlands (russisch Вооружённые силы России Wooruschjonnyje sily Rossii), mitunter semantisch ungenau als russische[6] Streitkräfte bezeichnet, sind offiziell als Streitkräfte der Russischen Föderation benannt (Вооружённые силы Российской Федерации, inoffizielle Abkürzung ВС РФ) und bestehen aus den drei Teilstreitkräften
sowie den selbstständigen (strategischen) Truppengattungen (ru. Рода войск)
Die Streitkräfte der Russischen Föderation stehen in direkter Nachfolge zu den Streitkräften der Sowjetunion (UdSSR).[8] Sie übernahmen den zahlenmäßig größten Anteil an Personal, Waffensystemen, Ausrüstung und Institutionen und die Tradition der Sowjetarmee und der Seekriegsflotte.
Der Präsident der Russischen Föderation ist der Oberste Befehlshaber der Streitkräfte Russlands (ru. Верховный Главнокомандующий Вооружёнными силами Российской Федерации).
Russland ergänzt seine Streitkräfte unter anderem durch ein Wehrpflichtsystem, unterhält Militärbasen im Ausland und das derzeit weltweit größte Kernwaffenarsenal. Russland belegte 2020 den 8. Rang unter 151 Ländern im Globalen Militarisierungsindex (GMI).[9] Laut Global-Firepower-Index besitzt Russland die zweitstärksten Streitkräfte und das stärkste Heer weltweit.[10]
Infolge der Unabhängigkeitserklärungen verschiedener Sowjetrepubliken im Laufe des Jahres 1991 wurde vom 21. bis zum 25. Dezember 1991 die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR, russisch СССР) offiziell aufgelöst.
Die gesamte Struktur der sowjetischen Streitkräfte bis hin zur Zusammensetzung der einzelnen Truppen wurde zunächst nicht nach den neuen nationalen Kriterien getrennt. So unterstanden die Streitkräfte der ehemaligen UdSSR mit ihrem Militärpotenzial anfangs der Kontrolle durch die Militärbefehlshaber der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS).
Nach diesem Zerfall der Sowjetunion unterzeichnete am 7. Mai 1992 der Präsident Russlands, Boris Jelzin, ein Dekret über die Schaffung des Verteidigungsministeriums Russlands und stellte zugleich alle ehemaligen sowjetischen Streitkräfte auf dem Territorium der RSFSR unter die Kontrolle der Russischen Föderation.
Im Mai 1992 schuf Russland jedoch seine eigene Militärstruktur. Dies geschah als Antwort auf die Bildung eigener Streitkräfte in verschiedenen GUS-Staaten, im Besonderen in der Ukraine.
Das militärische Kommando der GUS blieb noch für ein weiteres Jahr aktiv, obwohl seine Macht schon stark eingeschränkt war. Im Juni 1993 wurde das Kommando abgeschafft; die meisten seiner Funktionen wurden auf die Streitkräfte Russlands übertragen. Bemerkenswert ist, dass nicht nur die Tradition der Sowjetarmee und Seekriegsflotte, sondern auch das militärische Zeremoniell aus den vorsowjetischen Perioden (z. B. Namensgebung, Gedenktage, Paradeuniformen), die dementsprechende Erziehung an den militärischen Lehranstalten und der Einfluss der orthodoxen Kirche Russlands wiederbelebt wurden.
Während der Jelzin-Ära (1992 bis 1999) erlebten die russischen Streitkräfte ihre bislang schwierigste Phase. Im Oktober 1993 wurden im Zuge der Verfassungskrise Teile der Streitkräfte in den Konflikt zwischen Präsident Jelzin und dem Obersten Sowjet hineingezogen. Russland befand sich am Rande eines Bürgerkrieges. Die höheren Kommandoebenen der Sicherheitsdienste und des Militärs unterstützten Jelzin. Soldaten beendeten die Krise gewaltsam, indem sie das Parlamentsgebäude belagerten und beschossen. Um den Preis von fast 200 Toten und mehreren hundert Verletzten brach der bewaffnete Widerstand gegen Jelzin zusammen. Es handelte sich um die schwersten Unruhen in Moskau seit dem Revolutionsjahr 1917.
Aufgrund „bilateraler Vereinbarungen“ verblieben seit dem Jahr 1992 Truppenkontingente der Russischen Föderation in Transnistrien und in Südossetien. In beiden Fällen stützt deren Anwesenheit die dortigen „stabilisierten De-facto-Regime“.
In den ersten 22 Monaten der staatlichen Existenz hat es keine eigenständige sicherheitspolitische Konzeption Russlands oder nationale Militärdoktrin gegeben. Stattdessen wurde nahezu dieselbe Doktrin wie zur Zeit des Kalten Krieges aufrechterhalten. Seit dem Anfang der 1990er-Jahre wurde jedoch eine Vielzahl solcher Konzeptionen ausgearbeitet und öffentlich diskutiert. Die beschlossenen Konzeptionen zur Außen- und Militärpolitik wie auch zur nationalen Sicherheit geben einen Einblick in das strategische Denken der russischen Führung.
Nach dem russischen Verfassungskonflikt von 1993 wurden auf dem Gebiet der Militärpolitik die Grundsätze der Militärdoktrin (vom 2. November 1993) vom Präsidenten erlassen.[12][13]
Diese Grundsätze bekannten, dass die Gefahr eines weltweiten Konfliktes nicht aufgehoben sei und dass innere und lokale Konflikte die größte Gefahr für die Aufrechterhaltung des Friedens darstellen. Die Doktrin stand dabei noch in der Tradition des Kalten Krieges[14] und enthielt Gründe, die den russischen Staat legitimierten, in benachbarten Ländern und Republiken militärisch zu intervenieren. Das Fehlen einer klaren Vision und Linie führte in den Folgejahren zu verschiedenen Fehlannahmen. So gingen die Ersteller dieser Doktrin von den Verhältnissen vor 1987 aus, in denen die Streitkräfte der UdSSR nahezu unbegrenzt über Ressourcen verfügen konnten.
Die Militärdoktrin der Russischen Föderation durchlief in den Folgejahren weitere Fassungen:[15] den Entwurf vom Oktober 1999, die Erlasse vom April 2000 und vom Februar 2010 sowie zuletzt im Dezember 2014.
Die militärpolitischen Richtlinien auf dem Gebiet der militärisch-maritimen Tätigkeit Russlands wurden, kurz nach der jeweiligen Militärdoktrin, in die Form einer separaten Marinedoktrin gefasst mit den Grundlagen der Politik der RF auf dem Gebiet der militärisch-maritimen Tätigkeit in der Periode bis zum Jahre 2010 als Vorläufer (März 2000)[16] sowie der Marinedoktrin der RF (Juli 2001)[17] und der Marinedoktrin der RF (Juli 2015).[18]
Daneben wurden drei Dokumente Konzeption der Außenpolitik der Russischen Föderation veröffentlicht, erstmals[19] im Juni 2000 (Präsident W. Putin), danach im Juli 2008 (Präsident D. Medwedjew)[20] sowie jüngst[21] im Dezember 2016 (Präsident W. Putin).
Ein durchgängiges Problem der russischen Streitkräfte der 1990er Jahre war das vom Vorgängerstaat übernommene Mobilisierungskonzept, das eine volle Kampfbereitschaft von Verbänden erst nach einem Mobilisierungsbefehl vorsah, durch den Reservisten eingezogen und eingelagertes Material einsatzbereit gemacht wurde. Dieses schwerfällige System war bereits in der späten Sowjetunion als Problem erkannt worden. Reformversuche scheiterten aber bis weit in die 1990er Jahre hinein. So war eine schnelle Schaffung von Verbänden für den Ersten Tschetschenienkrieg 1994 nur dadurch möglich, dass die stehenden Komponenten mehrerer teilmobilisierter Einheiten zusammengewürfelt wurden. Nach dem Ende des Krieges wurde daher das Konzept der kampfbereiten Formationen umgesetzt: Diese setzten sich ebenfalls durch Material- und Personalabgaben anderer Einheiten zusammen, blieben aber dauerhaft in dieser Aufstellung und mit hohem Bereitschaftsgrad zusammen. Kampfbereite Formationen waren zu diesem Zeitpunkt alle Luftlandedivisionen und alle strategischen Raketenregimenter sowie Flugabwehr- und Luftwaffenregimenter. Die Mannstärke dieser Einheiten war etwas kleiner als zuvor, bei den Teilen der Streitkräfte, die nicht diesen Status besaßen, löste die Zusammenziehung jedoch teils erhebliche Mängel an Personal und Material aus. Im Zweiten Tschetschenienkrieg von 1999 an experimentierte Russland mit Taktischen Bataillonsgruppen: Größere kampfbereite Formationen gingen nicht mehr in voller Stärke in den Einsatz, sondern entsendeten jeweils ein Panzer- oder mot. Schützenbataillon nebst unterstützenden Einheiten.[22]
Ein überwölbendes, staatliches strategisches Konzept, das im Interesse der nationalen Sicherheit die innen-, außen- und militärpolitischen Bereiche zusammenführt, ist in Russland wohl erst im Jahr 1996/97 entstanden. Die Konzeption der nationalen Sicherheit der Russischen Föderation war im Mai 1997 vom Sicherheitsrat der RF, ohne vorherige Veröffentlichung, verabschiedet und anders als bisher „Nur für den Dienstgebrauch“ klassifiziert worden.
Der Präsident der Russischen Föderation, Boris Jelzin (im Amt von 1991 bis 1999), bestätigte am 17. Dezember 1997 die überarbeitete Konzeption,[23] also nach Unterzeichnung der Grundsatzdokumente zwischen Russland und der NATO sowie des 1997 mit der Ukraine abgeschlossenen Vertrages über Freundschaft, Zusammenarbeit und Partnerschaft.
Angepasst an veränderte Lagebedingungen wurde im Sicherheitsrat der RF eine weitere, gleichnamige Konzeption der nationalen Sicherheit (Oktober 1999) bestätigt.[24]
Nach der Amtsübernahme und während Wladimir Putins erster Amtszeit als Präsident Russlands (ab dem 31. Dezember 1999) wurden daraus ein nochmals verändertes Sicherheitskonzept und eine neue Militärdoktrin abgeleitet. Hintergrund war die Absicht Putins, die Fähigkeiten der Landesverteidigung angesichts des immer größer gewordenen Abstands zur Waffentechnik und -technologie der US-Streitkräfte wiederherzustellen und das Militär zu modernisieren. Damit wollte er wohl auch die frühere militärische Reputation wiederherstellen, die in den 1990er Jahren verloren gegangen war.[25]
Konkrete Umstrukturierungen dieser Zeit betrafen die Unterstellung der Flugabwehrtruppe (1998) und der Heeresflieger (2003) unter die Luftstreitkräfte.[26]
Putin setzte per Erlass die Konzeption der nationalen Sicherheit der Russischen Föderation (Januar 2000) in Kraft.[27]
Danach folgte die Militärdoktrin der Russischen Föderation (April 2000).[28]
Unter der Präsidentschaft von Dmitrij Medwedjew wurde auf vorgenannter Basis eine Konzeption der Außenpolitik der Russischen Föderation (Juli 2008)[29] veröffentlicht.
In diese Zeit fielen erhebliche Strukturreformen, die vor allem die undurchsichtigen und oft im Widerspruch stehenden, vielschichtigen Kommandostrukturen bereinigen sollten. Diese organisatorische Schwachstelle war bereits seit Jahren bekannt und Anatoli Eduardowitsch Serdjukow hatte kurz nach seinem Amtsantritt als Verteidigungsminister Reformvorschläge vorgelegt. Den nötigen Schwung und eine ausreichende finanzielle Unterfütterung erhielt die Reform nach den schwachen Leistungen der russischen Streitkräfte im Kaukasuskrieg 2008. Das Reformprogramm, das Serdjukow am 14. Oktober 2008 vorstellte, umfasste eine Verkürzung der Wehrpflicht von 24 auf 12 Monate in zwei Schritten, Verbesserungen der Lebensbedingungen in den Kasernen und eine verstärkte Rekrutierung von Berufs- und Zeitsoldaten. Ziel war es, kleinere, dafür aber professionellere Streitkräfte mit schneller Einsatzbereitschaft zu entwickeln. Die Kommandostrukturen wurden insofern verschlankt, dass die Befehlshaber der Militärbezirke die Befehlsgewalt über alle Truppen in ihrem geografischen Zuständigkeitsbereich erhielten, lediglich mit Ausnahme der Luftlandetruppen und der Strategischen Raketentruppe. Zudem sollte das Heer bis 2015 von einer Divisions- auf eine Brigadestruktur umgestellt werden, was aber nie in Gänze stattfand. Auch bei den Luftstreitkräften sollten die Kommandostrukturen verschlankt werden. Dabei sollte die „Luftwaffenbasis“ zur grundlegenden Organisationseinheit werden. Allerdings blieben dort die positiven Effekte überschaubar, da die Strukturen in den folgenden Jahren immer wieder überarbeitet, die Zahl der landesweiten Basen gesenkt wurde und schließlich eine Basis aus geografisch weit verstreuten Einheiten und Stützpunkten bestand, die sich nicht effizient führen ließen. Seestreitkräfte, Luftlandetruppe und die immer vergleichsweise gut ausgestattete und finanzierte Strategische Raketentruppe waren von den Reformen Serdjukows kaum betroffen.[30]
2009 erschien das inhaltlich völlig umgestaltete nationale Sicherheitskonzept, nun betitelt als Strategie der nationalen Sicherheit der Russischen Föderation bis zum Jahr 2020 (vom Mai 2009).[31]
Dieser Neufassung der Sicherheitsstrategie folgte im Februar 2010 eine veränderte Militärdoktrin der Russischen Föderation.[32] Seit dem Jahreswechsel 2014/15 sind auch diese Militärdoktrin und ab Ende Dezember 2015 die nationale Sicherheitsstrategie durch Folgedokumente ersetzt.
Unter Serdjukows Nachfolger Sergei Kuschugetowitsch Schoigu rückte neben der in den Vorjahren verbesserten Professionalität und Gefechtsbereitschaft auch ein höheres Tempo bei der technischen Modernisierung von Waffensystemen in den Blickpunkt. Andere Elemente der vorherigen Reform wurden aufgegeben. So gaben die Luftstreitkräfte von 2013 an das Basenkonzept auf und formierten sich wieder als Luft- und Luftverteidigungsarmeen und -divisionen. 2015 legte man die Luftstreitkräfte und die Weltraumstreitkräfte zusammen.[33]
In zwei Jahrzehnten (1996–2015) hat Russland fünf nationale Sicherheitsstrategien veröffentlicht. Die jüngste „Strategie der nationalen Sicherheit der Russischen Föderation“ (2021)[34] liegt seit Anfang Juli 2021 vor.
Das Dokument lässt erkennen, dass das aktuelle strategische Denken der russischen Führung von einem erweiterten Sicherheitsbegriff bestimmt wird. Die Strategie-2021 enthält eine neue Wichtung der nationalen Interessen und neun strategischen Prioritäten bezüglich Inhalt und Reihung. Die Landesverteidigung wird an die zweite Stelle gesetzt und dem Verteidigungsinteresse wird der Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung, der Souveränität, der Unabhängigkeit, der staatlichen und territorialen Integrität der RF vorangestellt, d. h. die bisherige Dominanz des militärpolitischen Begriffs der Landesverteidigung wird zurückgenommen.
Der Publizist und Politologe Dmitrij Trenin, Direktor des Carnegie Moscow Center, verweist auf „das zentrale Charaktermerkmal der Strategie-2021 – die Fokussierung auf Russland selbst: seine Demografie, seine politische Stabilität und die Souveränität, die nationale Eintracht und Harmonie, die wirtschaftliche Entwicklung auf der Basis neuer Technologien, der Schutz der Umwelt und die Anpassung an den Klimawandel und … das geistige und moralische Klima der Nation.“[35]
Bedrohungen für die nationale Sicherheit werden in Russland an Faktoren und Bedingungen gemessen, „die direkt oder indirekt eine Möglichkeit bieten, den nationalen Interessen Schaden zuzufügen.“[36]
Mit der Unterschrift Präsident Putins trat am 25. Dezember 2014 mit Erlass Nr. 805 eine veränderte Militärdoktrin der Russischen Föderation (Präzisierte Redaktion 12/2014)[37] in Kraft, die vorgenanntes Bedrohungsverständnis widerspiegelt.
Die Auseinandersetzungen um die Ostukraine seit dem Jahr 2014 trugen zur Verschiebung der strategischen Planung bei. Hatten russische Militärplaner zuvor kurze, räumlich begrenzte Kriege im postsowjetischen Raum als wahrscheinlichstes Szenario angesehen, rückte mit zunehmenden internationalen Spannungen wegen der Ereignisse in der Ukraine die Nato als potenzieller Kriegsgegner erneut in den Blickpunkt. Angesichts der Größe des Bündnisses wurde damit ein großformatiger Krieg als wahrscheinlicher angesehen. Russland reagierte darauf unter anderem mit einer Wiedereingliederung von zuvor in die Zivilwirtschaft ausgelagerten Aufgaben in die Truppe, beispielsweise die Instandsetzung von Material. Auch wurde von 2013 an die fünf Jahre zuvor angelaufene Umstellung auf eine Brigadestruktur der Landstreitkräfte abgebrochen. Seitdem sind wieder verstärkt Divisionen in den Dienst gestellt worden, auch wenn weiterhin Brigaden existieren. Von 2015 an bot zudem der Syrienkrieg eine Gelegenheit, Waffensysteme zu erproben und vor allem das fliegende Personal der Luftwaffe im Realeinsatz zu schulen.[38]
Obwohl in der Strategie-2015 die langfristigen nationalen Interessen und strategischen nationalen Prioritäten für die russische Außen-, Sicherheits- wie auch Innenpolitik zum Schutz vor inneren und äußeren Bedrohungen ausführlich benannt werden, fand der Gesamtinhalt in westlichen Medien ein geringes und geteiltes Echo. Die deutschsprachigen Medien übernahmen im Wesentlichen nur die verkürzte Aussage einer britischen Nachrichtenagentur, dass angeblich Russland in den vorgenannten neuen strategischen Dokumenten erstmals die USA sowie deren Alliierte, die NATO und die EU als Bedrohung für Russland und seine Nachbarn benannte.[39][40]
Die Militärdoktrin (12/2014) wie auch die Strategie (2015) unterscheiden zwischen militärischen Gefahren und Bedrohungen. Sie benennen keine Staaten an sich als Feind oder Bedrohung Russlands. Jedoch werden aus dem Handeln nichtstaatlicher und staatlicher Akteure neue Bedrohungen für die nationale Sicherheit abgeleitet.[41]
Eingeschätzt wird darin, dass die USA und deren Bündnispartner die globale Dominanz anstreben und mittels politischen, ökonomischen, militärischen und informationellen Drucks eine Politik der Eindämmung Russlands betreiben. Das fände seinen Ausdruck in der Zuweisung globaler Funktionen an die NATO unter Verletzung von Völkerrechtsnormen, in dem Anwachsen des Kräftepotenzials und in der weiteren Ausdehnung der Allianz sowie in der Annäherung ihrer militärischen Infrastruktur an die russischen Grenzen. Die Stationierung von Komponenten der Raketenabwehr der USA in Europa, im Nahen Osten und in der asiatisch-pazifischen Region mindern aus russischer Sicht wesentlich die Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung der globalen und regionalen Stabilität.[42]
Der Militärdoktrin (12/2014) und dem Zerbrechen der Rüstungskontrollarchitektur folgte – international wie auch in russischen Medien und Zentren der strategischen Forschung – eine heftige Debatte von Experten und Politikwissenschaftlern über Veränderungen in der globalen und regionalen strategischen Stabilität.[43]
Zum Beginn der 2020er Jahre äußerte Präsident Putin öffentlich seine ernste Besorgnis über die Auszehrung des Rüstungskontrollsystems.[44] Nicht nur die Zerstörung des Vertrages über die Abschaffung von Mittel- und Kurzstreckenraketen INF-Vertrag durch die Vereinigten Staaten von Amerika unter einem Vorwand beunruhigt Russland, sondern auch die seit November 2019 von den USA geschaffene Unsicherheit über ihre weitere Teilnahme am Vertrag über den Offenen Himmel. Ende Januar 2021 unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin eine mit den USA ausgehandelte Vereinbarung zur Verlängerung des Vertrags über die Reduzierung strategischer Offensivwaffen (Strategic Arms Reduction Treaty New-START), des letzten großen atomaren Abrüstungsvertrags der beiden Staaten, um fünf weitere Jahre. Anfang Februar 2021 unterschrieb auch US-Präsident Joe Biden.[45]
Verteidigungsminister Schojgu verwies auf der Kollegiumstagung am 24. Dezember 2019 auf die von der NATO begonnene Umsetzung der „Bereitschaftsinitiative 4X30“ (Nato Readiness Initiative, NRI),[46] die klar gegen Russland ausgerichtet sei.[47]
Laut Mitteilung[48] der Präsidialverwaltung vom 2. Juni 2020 hat der Präsident der Russischen Föderation Wladimir Putin mit Erlass № 355 das offizielle Dokument über die „Grundlagen der staatlichen Politik der Russischen Föderation auf dem Gebiet der nuklearen Abschreckung“ bestätigt. Dieses strategische Planungsdokument ergänzt die geltende Militärdoktrin der Russischen Föderation[49] und gelangte aktuell erstmals zur Veröffentlichung.[50]
Russland verstehe demnach seine Abschreckungspolitik als Politik der Minimalabschreckung, die auf ausgewählte qualitative Bereiche fokussiert sei und vor allem auf den Erhalt der nuklearen Zweitschlagfähigkeit abziele. Russland lehne einen frühen Einsatz von Kernwaffen ab und zeige Entschlossenheit, einen Kernwaffenkrieg zu verhindern und alle potenziellen Gegner davor abzuschrecken. Russland hält die Begrenzung eines Nuklearkriegs – zumal auf seinem eigenen Territorium – für eine sehr gefährliche Illusion und plädiert für den politischen Dialog.
Schon vor Veröffentlichung des Grundlagendokuments 2020 warnten Experten immer wieder davor, dass mit militärtechnologischen Entwicklungen die Unterscheidbarkeit von konventionellen (nichtnuklearen) und nuklearen Waffen aufgehoben würde.[51] Der Diskurs zur nuklearen Abschreckungsstrategien wurde durch Aussagen aus dem Generalstab Russlands weiter belebt und hält weiter an.[52][53]
Die strategischen Ziele der Landesverteidigung sieht Russland in der Schaffung von Bedingungen für eine friedliche und dynamische sozial-ökonomische Entwicklung des Landes und die Gewährleistung seiner militärischen Sicherheit. Das soll im Rahmen der Realisierung der Militärpolitik auf dem Wege der strategischen Zügelung (Abschreckung) und der Verhütung militärischer Konflikte erreicht werden.[54]
Russland will seine Militärpolitik darauf ausrichten, ein Wettrüsten zu unterbinden, militärischen Konflikten vorzubeugen und diese zu verhindern, die Militärorganisation sowie die Streitkräfte im Interesse der Gewährleistung der Verteidigung und Sicherheit Russlands und der Interessen ihrer Verbündeten zu entwickeln.[55]
Die Verhinderung eines nuklearen militärischen Konfliktes, ebenso wie auch eines beliebigen anderen militärischen Konfliktes, bilde für Russland den Leitsatz der Militärpolitik.[56]
Die Strategie (2015) bestimmt, dass „die Festlegungen der Strategie […] pflichtgemäß durch alle Organe der Staatsmacht und Organe der örtlichen Selbstverwaltung zu erfüllen [sind].“ Bedeutsam erscheint, dass zugleich die Militärdoktrin (12/2014) eine eindeutige staatsrechtliche Einordnung erfuhr.[57]
Die Russische Föderation hält laut Militärdoktrin (12/2014) den Einsatz der Streitkräfte zur Abwehr einer gegen sie und (oder) ihre Verbündeten gerichteten Aggression sowie zur Erhaltung (Wiederherstellung) des Friedens auf Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen oder anderer Strukturen der kollektiven Sicherheit für rechtmäßig.
Ebenso rechtmäßig sei der Einsatz der Streitkräfte für die Gewährleistung des Schutzes ihrer Bürger, die sich außerhalb der Grenzen der RF aufhalten, in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrechtes und den internationalen Verträgen Russlands.
Der Einsatz der Streitkräfte erfolge in Friedenszeiten auf Entschluss des Präsidenten der Russischen Föderation gemäß der in den föderalen Gesetzgebungen festgelegten Ordnung. Dabei soll sich der Streitkräfteeinsatz entschlossen, zielgerichtet und komplex auf der Grundlage der rechtzeitigen und ständigen Analyse der sich entwickelnden militärpolitischen und militärstrategischen Lage vollziehen.[58]
In Friedenszeit übernimmt das Staatsoberhaupt die allgemeine politische Führung über die Streitkräfte.
Der Präsident der Russischen Föderation ist Oberster Befehlshaber der Streitkräfte Russlands (russisch Верховный Главнокомандующий Вооружёнными силами Российской Федерации).[59]
Im Falle einer Aggression gegen Russland oder bei unmittelbarer drohender Aggression verhängt der Präsident der RF den Kriegszustand für das Gesamtterritorium oder einzelne Gebiete Russlands, um Bedingungen zur Verhinderung oder Abwehr der Aggression zu schaffen. Darüber benachrichtigt er unverzüglich den Föderationsrat und die Staatsduma zur Bestätigung eines entsprechenden Erlasses.
Im Kriegszustand leitet er die Verteidigung des Staates und führt die Streitkräfte zur Abwehr der Aggression.
Zum möglichen Einsatz der Streitkräfte Russlands jenseits der Grenzen ist ein entsprechender Beschluss des Föderationsrates erforderlich.
Der Präsident Russlands ernennt, entbindet und leitet den Sicherheitsrat der RF; er ernennt und entbindet das Oberkommando der Streitkräfte.
Als Oberster Befehlshaber bestätigt der Präsident die Strategie der nationalen Sicherheit der RF[60] und die Militärdoktrin der RF,[61] die Konzeption zum Aufbau der Streitkräfte, die Mobilmachungspläne für die Streitkräfte und die Wirtschaft, den Plan der Zivilverteidigung und andere Dokumente zum militärischen Aufbau.
Das Staatsoberhaupt bestätigt auch die allgemeinen militärischen Vorschriften, die Bestimmungen über das Verteidigungsministerium und den Generalstab.
Der Präsident verfügt jährlich über die Einberufung zum Wehrdienst sowie über die Versetzung aus den Streitkräften in die Reserve entsprechend den Altersgrenzen.
Als Staatsoberhaupt unterzeichnet er internationale Verträge zur gemeinsamen Verteidigung und militärischen Zusammenarbeit.
Das Ministerium der Verteidigung der Russischen Föderation (russisch Министерство обороны Российской Федерации), kurz das Verteidigungsministerium (russisch Министерство обороны, Минобороны), ist das Führungsorgan für die Streitkräfte Russlands.
Zu den wichtigsten übertragenen Aufgaben gehören:
Das Verteidigungsministerium ist für die Versorgung der Streitkräfte, die Personalverwaltung und die allgemeine Aufrechterhaltung der Kampffähigkeit zuständig.
Das Verteidigungsministerium führt unmittelbar und über die Führungsorgane der Militärbezirke, über die territorialen Organe und die Militärkommissariate.[62]
Das Ministerium leitet der Verteidigungsminister der Russischen Föderation (russisch Министр обороны Российской Федерации) der auf Vorschlag des Ministerpräsidenten vom Präsidenten der RF ernannt und abberufen wird. Der Minister ist dem Präsidenten direkt unterstellt; jedoch in Fragen des Verfassungsrechts, der föderalen Gesetze und präsidialer Regierungserlasse – dem Ministerpräsidenten.
Der Minister trägt die persönliche Verantwortung für die Erfüllung der dem Ministerium und den Streitkräften übertragenen Aufgaben. Er verwirklicht das Prinzip der Einzelleitung. In Friedenszeiten ist der Verteidigungsminister zugleich der oberste militärische Befehlshaber.
Er arbeitet mit dem Kollegium des Ministeriums (russisch коллегия) im Bestand: der Minister, dessen Erste Stellvertreter und Stellvertreter, die Chefs der Dienste des Ministeriums und die Oberkommandierenden der Teilstreitkräfte.
Amtierender Verteidigungsminister ist der Held Russlands (russisch Герой Российской Федерации) Armeegeneral Sergej Schojgu. Traditionell handelte es sich bei den russischen (sowjetischen) Verteidigungsministern nicht um einen Zivilisten, sondern um einen hochrangigen General. Als eine Ausnahme war Sergei Iwanow von 2001 bis 2007 der erste Zivilist auf diesem Posten.
Zur geordneten Funktionserfüllung sind die Fachabteilungen im Verteidigungsministerium strukturell in Hauptverwaltungen, Verwaltungen, Departements (ministeriale Abteilungen), Abteilungen, Zentren und selbstständige Dienste (Dienstbereiche) gegliedert.
Aus diesen fachbezogenen Strukturelementen sind den Ersten Stellvertretern und den Stellvertretern des Verteidigungsministers im Zuge der Ressortbildung die nachfolgend aufgeführten, jeweiligen funktionsbezogenen Führungsorgane zugeordnet worden.[63]
Seit dem 19. Dezember 2014 arbeitet das Nationale Zentrum der Verteidigung und hat sich in dieser Zeit für Armee und Flotte zu einem wirksamen Führungsinstrument entwickelt und ist zu einem wichtigen Bindeglied der ressort-übergreifenden Zusammenarbeit geworden.
Das Zentrum ermöglicht mit der vorhandenen und weiter anwachsenden geschützten IT-Kapazität die Kontrolle aller Arten der Streitkräftetätigkeit, von der täglichen Führung bis hin zur Gefechtsführung. Auch ein 24-Stunden-Monitoring über den Erfüllungsstand des staatlichen Verteidigungsbedarfs ist im vollen Umfang gewährleistet.[47]
Der Generalstab der Streitkräfte der Russischen Föderation (russisch Генеральный штаб Вооружённых сил Российской Федерации) ist das zentrale Organ der Militärführung des Ministeriums und das grundlegende operative Führungsorgan der Streitkräfte.[64]
Die Tätigkeit des Generalstabes wird vom Verteidigungsminister angeleitet. Der Generalstab ist Bestandteil der Struktur des Verteidigungsministeriums.
Der Generalstab koordiniert die Tätigkeit der Grenztruppen (russisch пограничные войска), der Organe des Föderalen Sicherheitsdienstes der RF, der Truppen der Nationalgarde, der Eisenbahntruppen, der föderalen Organe für Spezialnachrichtenverbindungen und Information, der Truppen der Zivilverteidigung, der ingenieur-technischen und Militärformationen für den Straßenbau, die Dienste der Auslandsaufklärung der RF (SWR), die föderalen Organe des Staatsschutzes, die föderalen Organe der Mobilmachungsvorbereitung der Staatsorgane, den Aufbau und die Entwicklung der Streitkräfte sowie deren Einsatz.
Zu den Hauptfunktionen des Generalstabes laut Statut (2014) gehören:[65]
Den Generalstab führt der Chef des Generalstabes der Streitkräfte der RF (russisch начальник Генерального штаба Вооружённых сил Российской Федерации); er ist zugleich Erster Stellvertreter des Verteidigungsministers der RF (russisch первый заместителъ Министра обороны РФ) und vertritt den Minister bei dessen Abwesenheit.
Der Generalstabschef untersteht unmittelbar dem Verteidigungsminister; er trägt die persönliche Verantwortung für die Erfüllung der dem Generalstab übertragenen Aufgaben. Der Generalstabschef legt die Verteilung der Ressortaufgaben für die Stellvertreter des Generalstabschefs fest.
Amtierender Generalstabschef ist Armeegeneral Walerij Gerassimow (seit 9. November 2012).[66]
Der Generalstab (Генеральный штаб Вооружённых Сил Российской Федерации) umfasst folgende dem Generalstabschef direkt unterstellte militärische Führungsorgane (Stand August 2019):[67]
Ein Erster Stellvertreter des Verteidigungsministers (ru. Первый заместитель Министра обороны РФ) verantwortet die Justiz- und Rechtsangelegenheiten sowie die Finanzkontrolle. Er koordiniert Fragen der Informationspolitik und das Zusammenwirken mit den Organen der Rechtssicherheit.
Unterstellt sind diesem Ersten Stellvertreter des Verteidigungsministers folgende militärische Führungsorgane (Stand: August 2019):[67]
Ein Staatssekretär und Stellvertreter des Verteidigungsministers (ru. Статс-секратарь – заместитель Министра обороны РФ) organisiert die Gesetzgebungsangelegenheiten im Zusammenwirken mit den Kammern der Föderalen Versammlung. Er verantwortet die Sicherstellung des Kader-, Zeit- und Zivil-Personalbedarfes sowie die Finanzkontrolle. Er koordiniert Fragen der staatsbürgerlichen Arbeit mit dem Personalbestand und das System der militärischen Ausbildung. Außerdem organisiert er das Zusammenwirken mit den Streitkräften der GUS-Staaten.
Unterstellt sind diesem Staatssekretär und Stellvertreter des Verteidigungsministers folgende militärische Führungsorgane (Stand: August 2019):[67]
Dem Stellvertreter des Verteidigungsministers und Chef der Militärpolitischen Hauptverwaltung (ru. начальник Главного военно-политического управления Вооруженных Сил Российской Федерации) sind folgende militärische Führungsorgane unterstellt (Stand: August 2019):[67]
Die Militärpolitische Hauptverwaltung (MPHV) wurde durch Erlass des Präsidenten der Russischen Föderation vom 30. Juli 2018 eingerichtet und in die Dienststellung als Chef des neuen Führungsorgans und zugleich Stellvertreter des Verteidigungsministers der Generaloberst Andrej W. Kartapolow ernannt. Nach seinen Worten wurden von April bis November 2019 bisher etwa 300 Dienstposten in den Militärpolitischen Organen besetzt.
Nach Presseberichten[69] wurde die MPHV auf Basis der „Hauptverwaltung zur Arbeit mit dem Personalbestand“ geschaffen, die seit dem Jahr 1991 die Nachfolge der nach dem Putsch aufgelösten Militärpolitischen Hauptverwaltung der Streitkräfte der UdSSR angetreten hatte. Damit soll der wachsenden Rolle der politisch-moralischen Einheit von Armee und Gesellschaft bei der strukturellen Umgestaltung in den Streitkräften und zur moralisch-geistigen Stabilität in den Streitkräften Russlands entsprochen werden.
Ein Stellvertreter des Verteidigungsministers (ru. заместитель Министра обороны РФ) verantwortet die Organisation der materiell-technischen Sicherstellung (ru. материально-техническое обеспечение, МТО).
Diesem Stellvertreter des Verteidigungsministers sind folgende militärische Führungsorgane unterstellt (Stand: August 2019):[67]
Ein Stellvertreter des Verteidigungsministers (ru. заместитель Министра обороны РФ) verantwortet die Organisation der (Gefechts-) Ausbildung (ru. боевая подготовка) in den Streitkräften.
Diesem Stellvertreter des Verteidigungsministers sind folgende militärische Führungsorgane unterstellt (Stand: August 2019):[67]
Ein Stellvertreter des Verteidigungsministers (ru. заместитель Министра обороны РФ) verantwortet die Organisation der Verwaltung des Streitkräfteeigentums und der Unterbringung der Truppen / Kräfte. Zu seinem Ressort gehören die Sicherstellung mit Wohnraum und die medizinische Sicherstellung der Streitkräfte der RF.
Diesem Stellvertreter des Verteidigungsministers sind folgende militärische Führungsorgane unterstellt (Stand: August 2019):[67]
Ein Stellvertreter des Verteidigungsministers (ru. заместитель Министра обороны РФ) verantwortet die Organisation der Militärtechnischen Sicherstellung der Streitkräfte der RF mit Militär- und Spezialtechnik. Zu seinem Ressort gehören die Festlegung einer einheitlichen militärtechnischen Politik, die staatlichen Aufträge/Bestellungen sowie die Erfinder- und Rationalisierungsvorhaben.
Diesem Stellvertreter des Verteidigungsministers sind folgende militärische Führungsorgane unterstellt (Stand: August 2019):[67]
Ein Stellvertreter des Verteidigungsministers (ru. заместитель Министра обороны РФ) verantwortet die Organisation der wissenschaftlichen und Forschungstätigkeit auf den Gebieten der Spitzentechnologien sowie der Informations- und Robotertechnik.
Diesem Stellvertreter des Verteidigungsministers sind folgende militärische Führungsorgane unterstellt (Stand: August 2019):[67]
Ein Stellvertreter des Verteidigungsministers (ru. заместитель Министра обороны РФ) verantwortet die Organisation der administrativen Tätigkeit des ministeriellen Büros (Apparates).
Diesem Stellvertreter des Verteidigungsministers sind folgende militärische Führungsorgane unterstellt (Stand: August 2019):[67]
Ein Stellvertreter des Verteidigungsministers (ru. заместитель Министра обороны РФ) verantwortet die Organisation der internationalen militärischen Zusammenarbeit, einschließlich der Erfüllung der internationalen Verträge der Russischen Föderation und des Verteidigungsministeriums.
Diesem Stellvertreter des Verteidigungsministers sind folgende militärische Führungsorgane unterstellt (Stand: August 2019):[67]
Ein(e) Stellvertreter(in) des Verteidigungsministers (ru. заместитель Министра обороны РФ) verantwortet die Organisation der finanzwirtschaftlichen Sicherstellung der Streitkräfte der RF.
Dieser Stellvertreterin des Verteidigungsministers sind folgende militärische Führungsorgane unterstellt (Stand: August 2019):[67]
Den Chefs der Dienste im Verteidigungsministerium (ru. начальники службы Министерство обороны РФ) sind folgende militärische Führungsorgane unterstellt (Stand: August 2019):[67]
Außerdem gehören folgende Organe zur Führungsstruktur des Verteidigungsministeriums – in unbekannter Zuordnung (Stand August 2019):[67]
Dem Verteidigungsminister der RF sind die Oberbefehlshaber der drei Teilstreitkräfte und die Befehlshaber der selbstständigen (strategischen) Truppen direkt unterstellt, die über die folgenden funktionalen Führungsorgane verfügen:[70]
Die Streitkräfte der Russischen Föderation bestehen aus den drei Teilstreitkräften
sowie den selbstständigen (strategischen) Truppengattungen (ru. Рода войск)
Die Streitkräfte Russlands verfügen über weitere Spezialtruppen, die nicht zum Bestand der Teilstreitkräfte und selbstständigen Truppengattungen gehören. Dazu zählen:
Am Beginn des Ausbildungsjahres 2019/2020 schätzte der Verteidigungsminister S. Schojgu ein, dass das militärische Bildungssystem das erforderliche Ausbildungsvolumen erreicht hat und in der Lage ist, den Bedarf der Armee an qualifizierten militärischen Kadern zu decken. Die personelle Auffüllung bei Offizieren sei auf 95 Prozent angehoben worden und das Durchschnittsalter liege bei 35 Jahren.
Das Offizierskorps zeichne sich durch hohe moralisch-willensmäßige Eigenschaften und Professionalität aus. „Mit Kampferfahrungen sind ausgestattet: alle Befehlshaber der Militärbezirke, der allgemeinen Armeen, der Armeen der Luft-Kosmischen-Streitkräfte (LKS), der Armeen der Luftverteidigung (LV); die Kommandeure der Divisionen, Brigaden und Regimenter; 90 Prozent des fliegenden Personals, 56 Prozent der Spezialisten der Luftverteidigung (LV), 61 Prozent der Seekriegsflotte, 98 Prozent der Militärpolizei, 78 Prozent der Pioniertruppen.“ (Stand Dezember 2019)[47]
Die Landstreitkräfte (ru. Сухопутные войска) sind die zahlenmäßig stärkste Teilstreitkraft und für Handlungen zu Lande / am Boden / auf dem Festland / auf kontinentalen Kriegsschauplätzen bestimmt.
Oberbefehlshaber der Landstreitkräfte ist seit Mai 2014 Oleg Saljukow (ru. Салюков Олег Леонидович, Главнокомандующий Сухопутными войсками, генерал армии), seit 2019 Armeegeneral.
Die Landstreitkräfte Russlands haben folgende Waffengattungen im Bestand (Stand August 2019):[72]
Zu den Spezialtruppen in den Landstreitkräfte (ru. Специальные войска СВ) zählen:
Die Luft-Kosmos-Streitkräfte (ru. Воздушно-космические силы) sind für Handlungen in der Luft / im Luftraum / im Kosmos (Weltraum) / auf kontinentalen und ozeanischen (See-) Kriegsschauplätzen bestimmt.
Sie wurden im Jahr 2015 als Teilstreitkraft in Russland aus der Zusammenführung der folgenden Kräftegattungen (ru. Рода сил) neu strukturiert (Stand August 2019):[73] . Luftstreitkräfte (ru. Военно-воздушные силы); . Truppen der Luftverteidigung und Raketenabwehr (ru. Войска противовоздушной и противоракетной обороны); . Kosmos-Truppen (ru. Космические войска).
Die Luftstreitkräfte Russlands haben folgende Fliegergattungen (ru. род авиации) im Bestand (Stand August 2019):[73]
Außerdem gehören zum Bestand:
Die Luftstreitkräfte der Russischen Föderation gingen 1991 aus den Luftstreitkräften der Sowjetunion (UdSSR) hervor. Die zuvor als unabhängige Teilstreitkraft neben Landstreitkräften, Seekriegsflotte, Luftstreitkräften und Strategischen Raketentruppen bestehenden Truppen der Luftverteidigung das Landes (Woiska PWO/Protiwowosduschnoj oborony strany), in deren Kampfbestand sich die Masse der Abfangjäger und bodengestützten Flugabwehrsysteme befand, wurden im Jahr 1998 in die Luftstreitkräfte eingegliedert.
Im Jahr 2003 wurden die zuvor den Landstreitkräften zugeordneten Armeefliegerkräfte (Heeresflieger) dem Kommando der Luftstreitkräfte unterstellt. Nicht zu den Luftstreitkräften gehören die Marinefliegereinheiten (Awiazija Wojenno Morskowo Flota, AWMF), die sich unter dem Kommando der Marine Russlands befinden.
(Aktualität ungeprüft)
Die Kosmos-Truppen Russlands (Weltraum-Truppen) haben folgenden Bestand (Stand August 2019):[73]
Aktualität der folgenden Angaben ungeprüft.
Die Weltraumtruppen Russlands (Kosmitscheskije woiska Rossii) bestehen aus Einheiten, Truppenteilen und Verbänden, die für die strategische Raketenabwehr, die Ausführung von Nuklearschlägen, die Aufklärung eines potentiellen Gegners und die Informationsversorgung anderer TSK und Bedarfsträger zuständig sind.[74]
Neben Russland sind Einrichtungen der russischen Weltraumtruppen auch in Aserbaidschan, Kasachstan, Tadschikistan und Belarus stationiert. Sie können auch die Raketenstartplätze bei Baikonur, Plessezk und Wostotschny nutzen.
Das Arsenal der Weltraum-Streitkräfte stellt dabei hauptsächlich die Satellitenflotte Russlands dar. Diese besteht aus mindestens 95 Satelliten; nach Quellenangaben sollte Ende 2007 eine Anzahl von 102 Satelliten erreicht werden, von denen die meisten als Spionagesatelliten militärischer Natur sind.[75] Ursprünglich war dieser Sektor ein Teil der Luftverteidigungskräfte (PWO). Erst 1992 wurde daraus ein eigenständiger Zweig und 1997 wurden sie den Strategischen Raketentruppen unterstellt. Die eigentliche Geburtsstunde als selbstständiger Teil der russischen Streitkräfte war der 1. Juni 2001.
Am 4. Oktober wird in Russland jährlich der Tag der Weltraumtruppen begangen.
Die Truppen der Luftverteidigung und Raketenabwehr Russlands haben folgenden Bestand (Stand August 2019):[73]
(Aktualität ungeprüft)
Angaben zur 1. Armee LV-RA: mit der Aufgabe, die Hauptstadt Moskau vor massiven ballistischen Angriffen zu schützen.
Die Seekriegsflotte Russlands (ru. russisch Военно-морской флот, ВМФ), als Russlands Marine auch Seestreitkräfte (ru. Военно-морские силы) genannt, ist für Handlungen zu Wasser / zur See / auf (ozeanischen) Seekriegsschauplätzen bestimmt.
Oberbefehlshaber der Seekriegsflotte Russlands ist seit Mai 2019 Admiral Nikolaj A. Ewmenow (ru. Евменов Николай Анатольевич, Главнокомандующий Военно-Морским Флотом, адмирал).
Das Oberkommando der Seekriegsflotte Russlands (russ. Главное командование Военно-Морского Флота) führt folgende (Waffen-, Kräfte-)Gattungen (Stand Juni 2020):[76]
Die Marine Russlands hat nach dem Jahr 1991 den größten Teil der ehemaligen Sowjetischen Flotte übernommen.
Im Jahr 2008 operierte die russische Marine mehrmals in den Weltmeeren. So nahm sie in der Karibik an einer gemeinsamen Übung mit der venezolanischen Marine teil und passierte erstmals seit 1944 wieder den Panamakanal. Weitere Flottenbesuche fanden in Nicaragua und Kuba statt.
Die internationale Bezeichnung für ein Schiff der russischen Marine ist „RFS“-„Russian Federation Ship“ (Schiff der Russischen Föderation).
Die Strategischen Raketentruppen Russlands / Raketentruppen strategischer Bestimmung (ru. Ракетные войска стратегического назначения, РВСН [Raketnyje wojska strategitscheskowo nasnatschenija Rossijskoj Federazii, RWSN]) sind die bodengestützte Hauptkomponente der Strategischen Kernwaffenkräfte Russlands. Sie sind, wie auch die seegestützte Komponente der Marine Russlands, zur nuklearen Zügelung (Abschreckung) eines möglichen Aggressors bestimmt.
Sie sind in der Lage, im Bestand der Strategischen Kernwaffenkräfte oder selbstständig massierte, Gruppen- oder Einzelschläge auf strategische Objekte zu führen. In der Bewaffnung stehen bodengestützte interkontinentale ballistische Raketen mit Kernladung.
Befehlshaber der Strategischen Raketentruppen Russlands ist seit Juni 2010 Generaloberst Sergei Wiktorowitsch Karakajew (ru. Каракаев Сергей Викторович, Командующий Ракетными войсками стратегического назначения, Генерал-полковник).
Die Strategischen Raketentruppen Russlands haben drei Armeen und folgende Formationen in ihrem Bestand (Stand August 2019):[80]
Aktualität der Angaben im nachfolgenden Abschnitt ungeprüft:
Die Strategischen Raketentruppen wurden am 24. März 2001 durch ein Dekret des russischen Präsidenten gegründet und stehen historisch gesehen in Zusammenhang mit der 1959 gegründeten Teilstreitkraft der sowjetischen Streitkräfte (in der offiziellen Rangfolge der Teilstreitkräfte der Sowjetarmee hatten die Raketentruppen noch vor den Landstreitkräften den ersten Rang eingenommen). Im Juni 2001 wurden die Weltraumtruppen aus den Strategischen Raketentruppen ausgegliedert und in eine separate Unterabteilung der Gesamtstreitkräfte zusammengefasst.
Eine vierte, die 53. Raketenarmee in Tschita, wurde 2002 aufgelöst.
Die Mannschaftsstärke beträgt derzeit 50.000 Soldaten.[1]
Anzahl der Systeme und Sprengköpfe[81]
Die Luftlandetruppen Russlands (ru. russisch Воздушно-десантные войска, ВДВ; [Wosduschno-Dessantnyje Wojska]) gehören zur Reserve des Obersten Befehlshabers der Streitkräfte Russlands (ru. Резерв Верховного главнокомандоющего Вооружёнными силами Российской федерации, РВГК РФ). Sie wurden während des Zweiten Weltkrieges als Teilstreitkraft der sowjetischen Streitkräfte gegründet.
Sie verfügen über luftbewegliche Luftlande- und Luftsturm-Verbände und sind bestimmt für operative Luftlandungen und zur Führung von Gefechtshandlungen im Hinterland des Gegners.
Befehlshaber der Luftlandetruppen ist seit Oktober 2016 Generaloberst Andrej N. Serdjukow (ru. Сердюков Андрей Николаевич Командующий Воздушно-десантными войсками, генерал-полковник).
Die Luftlandetruppen Russlands haben folgende Waffengattungen im Bestand (Stand August 2019):[82]
Aktualität der Angaben nachfolgenden Abschnitt ungeprüft:
Darüber hinaus gibt es noch eine Luftlandedivision und ein Luftlanderegiment, die jeweils direkt dem betreffenden Militärbezirk, in dem sie gerade stationiert sind, unterstehen. Neben leichter Infanteriewaffen sind die WDW auch mit Artillerie und gepanzerten Fahrzeugen wie dem BMD Panzer ausgerüstet.[83]
Die Spezialeinsatzkräfte (Силы специальных операций) sind im Jahr 2009 als eine hochwertige Spezialeinsatzangriffskomponente formiert, damit sich die Speznasbrigaden der GRU wieder auf ihre Hauptaufgaben als Aufklärungskomponente konzentrieren können. Das Kommando ist ungefähr das russische Äquivalent zum US-amerikanischen JSOC.
Die vier Militärbezirke sind im Jahr 2010 im Laufe der Militärreform (Erlass vom 21. Oktober 2010) neu entstanden. Zunächst wurden sie als vier Vereinte Strategische Kommandos formiert:
Später wurden sie der Tradition folgend in Militärbezirk (ru. военный округ) umbenannt (Stand August 2019):
Ab 1. Dezember 2014 wurde ein weiteres Kommando gebildet, das 2020 bezeichnet wird als:
Dessen Verantwortungszone erstreckt sich entlang der nördlichen Grenzregionen Russlands und schließt ein: die Gebiete Murmansk und Archangelsk, die Republik Komi und den Autonomen Bezirk der Nenzen. Damit ist faktisch ein fünfter Militärbezirk entstanden, der territorial den Polarkreis mit den dort aufgestellten militärischen Formationen der Land-, Luft- und Seestreitkräfte Russlands umfasst. Die Nordflotte bildet die Basis dieses strategischen Kommandos.
Territorial sind die Streitkräfteformationen Russlands in vier Militärbezirken (ru. военные округа) und einem Vereinten[78] Strategischen Kommando (ru. Объединённое стратегическое командование) gruppiert. (Stand August 2019)
Zum Bestand im Westlichen Militärbezirk zählen (ru. Западный военный округ) – Stab in Sankt Petersburg:
Zum Bestand des Südlichen Militärbezirks zählen (ru. Южный военный округ) – Stab in Rostow am Don, Gebiet Rostow:
Zum Bestand des Zentralen Militärbezirks zählen (ru. Центральный военный округ) – Stab in Jekaterinburg, Gebiet Swerdlowsk:
Zum Bestand des Östlichen Militärbezirks zählen (ru. Восточный военный округ) – Stab in Chabarowsk, Kreis Chabarowsk:
Zum Nördlichen Militärbezirk (ru. Северный военный округ) – Stab in Seweromorsk, Gebiet Murmansk, gehören (Stand Juni 2020):[79]
Aktualität des Abschnitts ungeprüft.
Sowjetische Marinebasen gab es in Ägypten (Port Said, 1967–1972; Alexandria; Marsa Matruh), der DDR (Rostock), Polen (Swinemünde), Finnland (Porkkala, 1944–1956), Kuba (Cienfuegos), Somalia (Berbera, 1964–1978), Jemen (al-Hudaida) und Eritrea (Norka, eine der Inseln im Dahlak-Archipel, 1977–1991).
Wichtigste Stützpunkte für die Anwesenheit der sowjetischen Seekriegsflotte im Indischen Ozean und im Persischen Golf waren Cam Ranh (Vietnam, Provinz Khánh Hòa, mit der Provinzhauptstadt Nha Trang; 1979–2002) am Südchinesischen Meer sowie Tartus und Latakia im Mittelmeer. Als letzte Marinebasis war Cam Ranh 2002 aufgegeben worden, so dass nur noch die russische Marinebasis Tartus im „entfernten Ausland“ verblieben ist.
Die Sowjetunion hatte von 1956 (oder 1958?) eine Marinebasis für ihre U-Boote in Vlora (Albanien, die heutige albanische Marinebasis Pashaliman in der Bucht von Vlora). Nach dem Bruch mit Moskau wurde die Basis 1961 von den Albanern geschlossen. Damals war diese Basis der einzige sowjetische Militärstützpunkt im Mittelmeerraum.
Eine Besonderheit stellt Kirgisistan dar. Es erlaubte als einziges Land sowohl den USA als auch Russland das Betreiben von Militäreinrichtungen auf seinem Gebiet. In der Nähe der Hauptstadt Bischkek befand sich bis 2014 sowohl eine große US- als auch eine große russische Einrichtung, wobei Russland bei Kirgisien wiederholt Druck machte, die Amerikaner weg zu weisen.[84]
Es befinden sich schätzungsweise 25 russische Militärstützpunkte in neun ehemaligen Sowjetrepubliken. Dabei geht es um das Aufrechterhalten des Einflusses in Zentralasien in Konkurrenz zu China und die Einflussnahme auf die südliche Region, insbesondere den Kaukasus. Die wichtigsten Stützpunkte im Ausland sind:
Land | Militärbasis | Truppenstärke, Einheit |
---|---|---|
Abchasien
(Georgien) |
Gali und Gudauta | Militärbasen, stationiert sind 1300 Soldaten der Grenztruppen Russlands |
Armenien | Jerewan | 426. Luftwaffengruppe |
Armenien | Gjumri | 127. motorisierten Schützendivision; mit dem Standort Jerewan sind rund 3200 Soldaten in Armenien stationiert, siehe auch: Gruppe der russischen Streitkräfte in Transkaukasien |
Kasachstan | Sary-Schagan | Raketenstartplatz und Übungsgelände |
Baikonur | Weltraumbahnhof | |
Kirgisistan | Kant | Militärflugplatz mit einer großen Zahl schnell luftverlegbarer Einheiten und der 5. Luftarmee sowie rund 700 Soldaten |
Transnistrien | Tiraspol | Operationsgruppe der russischen Streitkräfte, ehemals 5. motorisierte Gardeschützenbrigade. Insgesamt rund 1500 Soldaten für Friedensmaßnahmen in Transnistrien und zum Schutz eines Munitionsdepots |
Südossetien (Georgien) | Dschawa und Tschinwali | Militärbasen, stationiert sind 1200 Soldaten der Grenztruppen |
Syrien | Tartus | Logistikeinrichtung der Marine mit 150 Soldaten |
Latakia | Militärbasis[85] | |
Tadschikistan | Okno | Satellitenkontrollzentrum |
Duschanbe, Kulob und Qurghonteppa | 201. motorisierten Schützendivision und der 670. Luftwaffengruppe auf der Luftwaffenbasis Ayni. Insgesamt rund 5000 Soldaten. | |
de facto
Russland de jure |
Sewastopol | Basis der Schwarzmeerflotte mit rund 13.000 Soldaten |
Belarus | Baranawitschy | Einrichtungen der Weltraumtruppen und der 37. Strategischen Luftarmee mit 800 Soldaten |
Wilejka | Längstwellensender Wilejka |
Aktualität des Abschnitts ungeprüft.
In Russland gilt gesetzlich eine allgemeine Wehrpflicht. Die Dienstdauer beträgt gegenwärtig 12 Monate, abzuleisten von wehrfähigen Männern zwischen 18 und 27 Jahren. Mit Gesetz vom 11. Februar 1993 war die aus der Sowjetzeit überkommene Dienstzeit von 24 Monaten auf 18 Monate reduziert worden, in der Marine betrug sie jedoch weiterhin 24 Monate. Am 9. Mai 1996 wurde die Dienstzeit für Wehrpflichtige in allen Truppenteilen wieder auf 24 Monate erhöht. Für Wehrpflichtige mit Hochschulbildung betrug sie 12 Monate.[86][87] 2007 war sie generell von 24 auf 18, 2008 dann auf 12 Monate verkürzt worden. Westliche Schätzungen gehen dahin, dass gegenwärtig ein Drittel der Angehörigen eines Rekrutenjahrgangs den Wehrdienst ableisten muss. Heute besteht noch knapp die Hälfte des Personalbestands der Streitkräfte aus Wehrpflichtigen. Früher wurden wehrpflichtige Soldaten (fast ausschließlich Heeresangehörige) auch in internen Kriegseinsätzen verwendet. So starben tausende von meist schlecht ausgebildeten und ineffektiv eingesetzten russischen Wehrpflichtigen in den beiden Tschetschenienkriegen. Wohl auch aufgrund von Protesten aus der Bevölkerung – so auch das mittlerweile (Stand Januar 2017) als „gemeinnützige Organisation in der Funktion ausländischer Agenten“ eingestufte Soldatenmütter-Komitee – schickt die russische Armeeführung heute in Kriegs- und Krisengebiete wie den Kaukasus nur noch Berufs- und Zeitsoldaten. Wegen oft unerträglicher Dienstbedingungen für Rekruten steht die Wehrpflicht aber nach wie vor in der Kritik. Soweit möglich, sucht der Bürger die Einberufung zu umgehen, auch durch Korruption.
Die nachstehende Tabelle zeigt die gerundete Anzahl der aufgrund der Wehrpflicht einberufenen Rekruten in den jeweiligen Einberufungsjahrgängen:
Jahr | Frühjahr | Herbst | Gesamtzahl |
---|---|---|---|
2003 | 175.050 | 175.806 | 350.856 |
2004 | 166.050 | 176.393 | 342.443 |
2005 | 157.700 | 140.900 | 298.600 |
2006 | 124.550 | 123.310 | 247.860 |
2007 | 133.500 | 132.500 | 266.000 |
2008 | 133.200 | 219.000 | 352.200 |
2009 | 305.560 | 271.020 | 576.580 |
2010 | 270.600 | 278.821 | 549.421 |
2011 | 218.720 | 135.850 | 354.570 |
2012 | 155.570 | 140.140 | 295.710 |
2013 | 153.200 | 150.030 | 303.230 |
2014 | 154.000 | 154.100 | 308.100 |
Die Tradition militärischer Jugendlehranstalten reicht bis zur Zeit von Zar Peter I. zurück. In der Sowjetzeit teilweise aufgelöst, wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion die historische Tradition der Kadettenanstalten und militärischer Gymnasien wiederbelebt.
Die Anstalten selbst setzen unterschiedlichste Ziele, Anforderungen und Möglichkeiten. Während einige nicht viel mehr als allgemeine Schulen mit militärischem oder militärnahem Hintergrund sind, bieten andere Eliteanstalten harte Aufnahmeprüfungen mit Möglichkeiten zu einer Offizierskarriere nach erfolgreichem Abschluss. Es gibt halb selbstständige Anstalten wie die Suworow- und Nachimow-Militärschulen; daneben gibt es aber auch solche Anstalten, die von der Präsidialverwaltung, dem Verteidigungsministerium, dem Innenministerium oder dem FSB geführt werden.[88]
Am Beginn der 2020er Jahre sind in Russland die traditionellen Suworow-Militärschulen (ru. Суворовские военные училища) wieder aufgelebt. Diese 11 militärischen Lehranstalten sind zu finden in folgenden Städten:[89]
Die maritime Variante für mittlere Schulbildung bietet die Nachimow-Militärschule in Sewastopol (ru. Нахимовское военно-морское училище) mit ihren Filialen an folgenden Orten:[90]
Außerdem sind Kadettenschulen der Präsidialverwaltung (ru. Президентские кадетские училища) eingerichtet worden. Diese Bildungseinrichtungen befinden sich in folgenden 7 Städten:[91]
Nach einer mehrjährigen Ausbildung gibt es für die Absolventen die Möglichkeit, ohne Eintrittsexamen in die höheren militärischen Lehranstalten einzutreten. Sie besitzen auch die Qualifikation, mit Eintrittsexamen in beliebige Hochschulen nichtmilitärischer Richtung aufgenommen zu werden.[92] Es gibt auch die Tradition, eine bedeutende Quote an Kindern aus schwierigen Lebensverhältnissen, wie Kinder schwerbehinderter Eltern oder aus Waisenhäusern, aufzunehmen.
Nach Ende des Kalten Krieges hatten viele Staaten die Notwendigkeit ihr Militär zu reformieren. Durch den Zusammenbruch des Warschauer Paktes und der Sowjetunion, hatte sich die internationale Sicherheitsagenda erheblich gewandelt. Gleichzeitig gab es erhebliche Neuerungen im technologischen Bereich, welche die Kriegsführung veränderten.[93] Ein weiterer Anstoß für die Reformierung des Militärs in Russland boten die dramatischen gesellschaftlichen Änderungen, die sich Anfang der 1990er-Jahre in Russland vollzogen.
1995 wurde unter Jelzin eine Militärreform beschlossen, die in ihrem Kern den Übergang von der Wehrpflichtarmee mit über einer Million Soldaten zu einer Berufsarmee vorsah. In der Realität wurde aber die Verwirklichung dieser Kernaufgaben der Militärreform immer wieder aufgeschoben und bereits umgesetzte Reformschritte wieder aufgehoben. So legte Präsident Jelzin im Mai 1996 in einem Erlass fest, dass bis 2000 eine Berufsarmee zu schaffen sei. Bereits 1998 wurde dieser Termin auf 2005 verschoben.
Ende 2001 verkündete Präsident Putin als neuen Termin das Jahr 2010. Auch die Zielzahlen zur Reduzierung der Personalstärke unterlagen permanenten Veränderungen. Nach ursprünglichen Plänen sollte die Sollstärke der russischen Streitkräfte, einschließlich der Zivilangestellten bis 2005 um 600.000 Stellen auf 835.000 Mann reduziert werden. Im Juni 2002 veränderte der Sicherheitsrat der Russischen Föderation den Zeitpunkt der Reduzierung auf 2010 und die Zielgröße, die nun eine Sollstärke zwischen 850.000 und 1 Million für 2010 vorsieht.
Die terminlichen und zahlenmäßigen Änderungen sind neben einer Reformunwilligkeit von Teilen der Armeeführung auch den gesellschaftlichen Belastungen geschuldet, die mit einer groß angelegten Reduzierung der Streitkräfte zusammen mit der Schaffung einer Berufsarmee entstanden wären.[94]
Die bereits in den 1990er-Jahren unternommenen Strukturreformversuche hatten bis Mitte der 2000er-Jahre zu keinen substantiellen Veränderungen geführt, womit die grundlegende Erneuerung des gesamten russischen Militärwesens – von den Streitkräften und ihren Ausrüstungen bis zu den Führungsstrukturen – eine ungelöste Aufgabe geblieben war. Dies zeigte sich insbesondere bei dem tragischen Unglück der K-141 Kursk. Die Umstände und Ursachen des Unglücks sorgten in der Regierung für ein Umdenken in der Form, dass die Probleme der Armee nicht durch Erhöhung des Verteidigungsbudgets zu lösen waren.[25] Zudem führten der Umgang und die Informationspolitik der Armeebehörden mit der Katastrophe des gesunkenen U-Bootes K-141 Kursk zu Kritik aus der russischen Bevölkerung. Am Ende der ersten Amtszeit Putins waren die Fortschritte daher eher gering. Die Situation der Streitkräfte hatte sich weiter verschlechtert und die Sicherheitsproblematik blieb ungelöst.
Die numerische Größe und die Budgetzuteilungen sanken Anfang der 1990er-Jahre deutlich. Von 2,8 Millionen zur Zeit der Gründung der russischen Streitkräfte im Juni 1992 sank die Truppenstärke auf unter 2 Millionen bis 1994.
Zum 1. Januar 2005 betrug die Stärke der Streitkräfte rund 1.207.000 Mann, nebst 876.000 Zivilangestellten.[95] Für 2006 wird die Stärke mit 1.037.000 Mann angegeben.[96] (2006)
Jahr | 1992 | 1993 | 1994 | 1995 | 1996 | 1997 | 1998 | 1999 | 2000 | 2001 | 2002 | 2003 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
in Millionen | 2,72 | 2,03 | 1,71 | 1,52 | 1,27 | 1,24 | 1,16 | 1,00 | 1,00 | 0,98 | 0,98 | 0,96 |
Daher wurde 2008 eine umfassende Militärreform begonnen, die zur Reduzierung der Armee auf eine Million Soldaten führen soll. Weiterhin ist eine Reduzierung der Anzahl der Generäle (2008: 1100) geplant. Statt der Regimenter und Divisionen soll eine Brigadenstruktur eingeführt und sollen mobile Truppenteile mit ständiger Gefechtsbereitschaft aufgestellt werden. Der Dienstgrad des Praporschtschiks (de: Fähnrich) ist in der Reform nicht mehr vorgesehen. Die Planvorstellungen sind allerdings keine Neukonzeptionen, sondern lehnen sich stark an die Reformpläne unter Jelzin an.
Truppenstärke und Führungsstruktur 2008[98]
Truppenstärke | 1.130.000 |
---|---|
Offiziere | 355.000 |
Generäle | 1.107 |
Oberste | 25.665 |
Majore | 99.550 |
Hauptleute | 90.000 |
Leutnante | 50.000 |
Fähnriche | 140.000 |
Offiziere in Führungsorganen des Verteidigungsministeriums und des Generalstabs |
27.873 |
Unteroffiziere | unbekannt |
Ein großes Problem der russischen Streitkräfte war die chronische Finanzknappheit aufgrund der anhaltenden Wirtschaftsschwäche. Der prozentuale Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttosozialprodukt sank von 10 % zur Zeit der letzten Jahre der Sowjetunion auf rund 5 % in den ersten Jahren des neuen russischen Staates.[99] Nach dem Regierungsantritt von Präsident Putin begann dieser das Budget wieder zu erhöhen und beendete damit die Kürzungspolitik seines Vorgängers Boris Jelzin. Die Budgetsituation für die Armee war bei der Amtsübernahme Präsident Putins katastrophal. Die Verteidigungsausgaben waren von 142 Milliarden US-Dollar auf 4 Milliarden US-Dollar zurückgegangen – ein Rückgang um 98 %.[100] Die nun folgenden Budgeterhöhungen waren nicht hoch genug, um die Krise der Armee zu mindern. Trotz der Budgetzuwächse ging Putin nicht auf die Forderungen der Armeegeneräle nach noch höheren Budgets ein. Diese bezogen sich auf einen 1998 von Jelzin erlassenen Präsidentenerlass, der eine Budgetzuteilung für die Streitkräfte von 3,5 % am BSP vorsah.[101]
Jahr | 1999 | 2000 | 2001 | 2002 | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Prozent vom BSP | 2,34 | 2,63 | 2,66 | 2,60 | 2,65 | 2,69 | 2,8 | 2,74 |
Das Militärbudget vervierfachte sich von 2000 bis etwa 2006; Beobachter äußerten die Vermutung, dass die tatsächlichen Militärausgaben weit höher als offiziell angegeben waren.[103] Während dieser Zeit stieg der Ölpreis stark an und Russland hatte durch Öl- und Gasexporte weit höhere Deviseneinnahmen als in den 1990er Jahren.
Die Regierung Russlands hat angegeben, die Militärausgaben hätten im Jahr 2011 etwa 72 Milliarden US-Dollar betragen. In der Liste der höchsten Rüstungsetats belegte Russland damit Platz drei.[104] Im Jahr 2016 wurden Budgetkürzungen für alle Staatsbereiche angekündigt; Das Militär solle im Budget 2017–2019 eine Billion Rubel weniger erhalten als zuvor geplant.[105]
Von 2012 an stiegen die Verteidigungsausgaben erheblich an und erreichten im Jahr 2015 mit knapp 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einen Höchststand. Danach gingen sie auf 4 Prozent im Jahr 2015 und 3,9 Prozent im Jahr 2019 zurück.[106]
Beim Vergleich der Budgets von Armeen ist zu beachten, dass sich auch die Kosten im jeweiligen Land wesentlich unterscheiden können. So ist die rohe Zahl in US-Dollar nicht aussagekräftig, sondern muss eingeordnet werden in die Kaufkraft des jeweiligen Landes. Im Jahr 2019 betrug die angepasste – also mit anderen Armeen vergleichbare – Budgetgröße etwa 207 Mrd. US-Dollar.[107] [4]
Laut der russischen Militärstaatsanwaltschaft wurden im Jahre 2005 insgesamt 139.000 Straftaten innerhalb der Armee registriert. Darunter wurden 6000 Soldaten wegen Misshandlung durch Kameraden verletzt, 2600 Soldaten wurden für derartige Straftaten verurteilt. Im Jahr 2006 wurden 6700 Rekruten von Vorgesetzten misshandelt, 33 starben an den Folgen der Misshandlungen. Der Generalstaatsanwalt Juri Tschaika teilte mit, von den insgesamt 766 durch Unfälle und Verbrechen in der russischen Armee Gestorbenen seien einige auch bei privaten Arbeiten für ihre Vorgesetzten gestorben.[108]
Die Zahl der Suizide in der Armee erhöhte sich von 224 Soldaten im Jahr 2007 auf 231 Suizide von Militärangehörigen im Jahr 2008. Im Jahr 2011 wurden 119 Suizide registriert. Als einer der Gründe für die hohe Zahl an Suiziden galt die brutale Drangsalierung von Rekruten durch Dienstältere.[109] Diese systematische Drangsalierung wird auch Dedowschtschina (übersetzt Herrschaft der Großväter) genannt. Ältere Jahrgänge haben uneingeschränkt Macht über die nachrückenden Rekruten. Zum Beispiel konfiszieren Ältere, häufig auch Offiziere, privaten Besitz von Jüngeren. Weitere Ausprägungen sind Vermietungen zu Arbeitseinsätzen an fremde Firmen und der Zwang zur Ausübung erniedrigender Tätigkeiten. Eine offizielle Instanz, an die sich die Gepeinigten wenden könnten, gibt es (Stand 2005) in der russischen Armee nicht.[110] Einschlägige Verletzungen der Bürger- und Menschenrechte waren und sind innerhalb der russischen Streitkräfte immer noch ein bisweilen aufsehenerregendes Thema.
Ferner gab es in den 1990er Jahren immer wieder Probleme bei den Zahlungen des ohnehin geringen Soldes. Mehr als 100.000 Offiziere und Unteroffiziere hatten keine Wohnung. Diese Umstände führten dazu, dass 70 % der Armeeangehörigen damals unzufrieden mit ihren Lebensumständen waren.
Im Januar 2015 unterschrieb Präsident Putin ein Dekret, das es Ausländern zwischen 18 und 30 Jahren erlaubt, eine fünfjährige Dienstzeit bei den russischen Streitkräften abzuleisten.
Durch die Umbruchphase in den 1990er-Jahren verbunden mit einem dramatischen Einbruch der Wirtschaft und der Staatseinnahmen, erhielt die Armee kaum neue Ausrüstung. Daher befinden sich viele der Geräte, Schiffe, U-Boote, Flug- und Fahrzeuge in einem schlechten Zustand. Im Jahr 2000 waren über ein Drittel der wichtigsten Waffensysteme und der militärischen Ausrüstung, bei Kampfflugzeugen und Panzern weniger als die Hälfte und bei Hubschraubern sogar etwa 80 Prozent nicht einsatzfähig.[111] Zurzeit befinden sich nach wie vor mehr als 20.000[112] Kampfpanzer im Dienst. Von dieser großen Anzahl an Panzern befindet sich aber nur ein Teil, nämlich etwas mehr als 6000 Panzer im aktiven Dienst, während der Rest in Depots lagert.[113] Der T-90 ist der derzeit modernste im Dienst befindliche russische Kampfpanzer. Russland besitzt circa 241 T-90 und rund ein Dutzend T-90A-Panzer. Letzterer wird für die russische Armee in geringen Stückzahlen produziert.
Auch die Luftwaffe wird mit modernisierten Abfangjägern MiG-31BM, Su-27SM, neuen Jagdbombern Su-34 und modernisierten Erdkampfflugzeugen Su-25SM ausgerüstet. Die Zuführung an neuem Fluggerät kann allerdings nicht Schritt halten mit dem altersbedingten Ausscheiden von Fluggeräten, so dass die Gesamtzahl an Fluggeräten durch Außerdienststellung und Abstürze weiter abnimmt. So seien etwa ein Drittel der ungefähr 200 Maschinen starken MiG-29-Flotte im Jahr 2009 nicht mehr flug- und einsatzfähig.[114] Erhebliche Beträge werden in die Modernisierung der Atomwaffen investiert. So sollen neue Raketen-Schachtstartanlagen und mobile Raketenkomplexe Topol-M in Dienst gestellt werden. 2008 erhielten die russischen Streitkräfte 17 Interkontinentalraketen, 4 Iskander-Systeme, 52 T-90-Panzer, 210 Transportpanzer, 41 BMP-3-Schützenpanzer, 34 Raketen für die S-400-Luftverteidigungssysteme und 4500 Fahrzeuge.[115]
Die Entwicklung und Beschaffung von Waffensystemen und Ausrüstung ist bis heute nach dem aus der Sowjetunion übernommenen Prinzip der staatlichen Rüstungsprogramme (SRP) und staatlichen Rüstungsbeschaffungsprogramme organisiert. Bei den SRP handelt es sich um jeweils zehnjährige Pläne, die nach fünf Jahren überprüft und angepasst werden. Sie regeln Forschung und Entwicklung neuer Systeme, die Modernisierung vorhandenen Materials, den Einstieg in die Serienproduktion sowie die jährliche Zuführung sämtlicher Ausrüstung an die Streitkräfte. Die staatlichen Rüstungsbeschaffungsprogramme sollen diese Zuweisung mit einem jährlichen Zeithorizont umsetzen und weisen Finanzmittel sowohl für die Beschaffung als auch für die Forschung und Entwicklung zu.[116]
Aufgrund der schnellen wirtschaftlichen Erholung nach der Weltfinanzkrise standen für das Ende 2010 verabschiedete SRP 2020 erhebliche Finanzmittel zur Verfügung. Ziel war es, die Quote von 10 Prozent moderner Ausrüstung im Jahr 2010 auf 70 Prozent zu erhöhen. Im Fokus standen dabei insbesondere die Entwicklung von Hubschraubern, Raketen und Marschflugkörpern sowie von Luftabwehrsystemen. Andere Rüstungsprojekte, vor allem Überwasserschiffe und Transportflugzeuge, wurden deutlich geringer budgetiert und kamen entsprechend langsam voran. Der geplante Modernisierungsgrad dürfte insgesamt nicht erreicht worden sein, da viele Entwicklungen von der ersten auf die zweite Hälfte des Planungszeitraums und einige ganz auf den des folgenden SRP verschoben wurden.[117]
Die aktuelle Standardausrüstung eines russischen motorisierten Schützen trägt die Bezeichnung „Barmiza“ und besteht aus der kugelsicheren Weste 6B12 „Sabralo“, die einen direkten Treffer aus einer AK-74 ab einer Entfernung von mehr als zehn Metern abfangen soll[118][119], dem Helm 6B6 „Borit-M“, einem Wasseraufbereitungsfilter und Vorrichtungen zur individuellen Feldbeobachtung, sowie Kommunikations- und lebenserhaltende Einrichtungen.
Als Waffe wird neben der AK-74 auch der Nachfolger AN-94 geführt oder auch die AK-74u, die als leichte Sturmwaffe gedacht ist.[120] Als Nachfolgermodell wird jedoch bereits das verbesserte System Ratnik eingeführt. Es bietet dem Soldaten mehr Schutz und verfügt über moderne Kommunikationsgeräte sowie eine Anbindung an das Navigationssystem GLONASS.
Seit dem Zerfall der Sowjetunion und etwa bis zum Zweiten Tschetschenienkrieg bestand ein Drittel der russischen Panzertruppen aus veralteten T-55 und T-62, die nach und nach ausgemustert wurden. Der Zulauf des T-80UM, die Modernisierung älterer T-80U und die Indienststellung des T-90 sind angelaufen und werden je nach Finanzlage beschleunigt. So befinden sich mittlerweile etwa 334 T-90A im Dienst. Wurden 2007 31 T-90 in den aktiven Dienst gestellt, erhöhte sich die Zahl auf 62 T-90 im Jahr 2008.[121] Dazu kommt noch etwa dieselbe Anzahl auf das Niveau des T-90 aufgerüsteter T-72. Jedoch stellt auch der T-90 nur eine Zwischenlösung dar, die Produktion wurde bereits wieder gestoppt. Der zukünftige Hauptkampfpanzer der russischen Streitkräfte wird der T-14, eine Version der Plattform Armata sein.
Die gesamte Armata-Familie liegt in ihrer Entwicklung und Produktion weit hinter den ursprünglichen Plänen zurück. Die Beschaffung, für die ursprünglich bis 2020 rund 2.300 Stück vorgesehen war, ist nun insgesamt auf den Beschaffungszeitraum bis 2027 verschoben. Trotz aller Modernisierungsbemühungen dürfte der T-72 weiterhin der zahlenmäßig wichtigste Hauptkampfpanzer der russischen Streitkräfte sein. Ähnlich verhält es sich mit der 2015 öffentlich vorgestellten Panzerhaubitze 2S35 Koalizija-SW. Bis zum Jahr 2021 wurde noch keines der Geschütze in den aktiven Dienst aufgenommen. Ersatzweise wurden erneute Modernisierungsprogramme für die Geschütze 2S19, 2S3 und 2S4 aufgelegt. Erfolgreicher verlief hingegen die Einführung des Kurzstreckenraketen- und Marschflugkörpersystems Iskander. Bis Ende 2019 ersetzte es die SS-21 Scarab vollständig. Bei den Mehrfachraketenwerfern ersetzt derzeit das System 9A53 Tornado die verschiedenen noch im Arsenal befindlichen Vorgänger.[122]
In den Jahren des Verfalls bis etwa 2002 war die Luftwaffe der Zweig der Streitkräfte, der am stärksten gelitten hat. Die meisten Projekte wurden eingestellt, die Piloten und die Flugzeuge blieben am Boden, da kein Kraftstoff für Flugübungen vorhanden war.
Mittlerweile sieht die Lage wieder anders aus, wobei die aktuelle Strategie weniger auf das Herstellen eines Flugzeuges der Fünften Generation (Suchoi Su-57) zielt, sondern auf das Maximieren von Fähigkeiten der Flugzeuge aus der Vierten Generation. So werden viele Flugzeuge entsprechend nachgerüstet und verbessert. Die Entwicklung eines Flugzeuges der Fünften Generation ist jedoch ebenfalls in Arbeit. Der erste Prototyp ist 2010 geflogen, und wie die Gegenstücke der Fünften Generation besitzt dieser Stealth-Eigenschaften. Daneben wird die Entwicklung einer modernen Hubschrauberflotte vorangetrieben. Eine Serienproduktion ist derzeit nicht absehbar. Daher werden wohl noch bis 2040 Su-35S und Su-30SM die wichtigsten russischen Jagdflugzeuge bleiben. Im Gang ist derweil die Ersetzung der Su-24 durch die Su-34 in der Rolle des Jagdbombers, des Aufklärerers und für Elektronische Gegenmaßnahmen. Bei der Luftabwehr befindet sich das moderne System S-500 in der Einführung. Antisatellitenwaffen sind in der fortgeschrittenen Erprobung.[123]
Die immer noch brauchbaren, aber in die Jahre kommenden Mil Mi-24 sollen durch Mil Mi-35M, Mi-28N und Kamow Ka-52 ersetzt oder ergänzt werden. So sollen bis zum Jahre 2015 300 Mi-28 in Dienst gestellt werden (50 bis 2010).[124] Dabei wird der Mi-28N vermutlich die Rolle des Hauptkampfhubschraubers übernehmen und der Ka-52 den Sondereinheiten vorbehalten sein.
Als neuer strategischer, kernwaffenfähiger Bomber ist die Tu160M vorgesehen. Eine Einführung in relevanter Stückzahl wird aber erst ab Mitte der 2020er Jahre erwartet.[125]
Nach den Wirren und der katastrophalen Lage der 1990er-Jahre befindet sich die Flotte gerade in einer großangelegten Modernisierungphase. Dabei sollen bis zum Jahr 2015 etwa 45 % der Ausrüstung ersetzt werden.[126] 25 % der den Streitkräften zur Verfügung gestellten Summe sollen explizit in die Modernisierung der Flotte fließen.[127]
Schon die Sowjetische Marine maß Flugzeugträgern vergleichsweise geringe Bedeutung bei. Das kann hauptsächlich daran liegen, dass in der großen maritimen Aufrüstungsphase der 1960er- und 1970er-Jahre die sowjetische Führung zu der Meinung gelangt war, die Flugzeugträger seien an ihrem Preis-Leistungs-Verhältnis gemessen zu verwundbar, als dass sich eine Aufholjagd auf die in diesem Bereich weitaus erfahreneren USA lohnen würde. Deswegen besitzt Russland nur noch einen von lediglich zwei Flugzeugträgern der Roten Flotte – die Admiral Kusnezow. Die meisten anderen flugzeug- bzw. hubschraubertragenden Schiffe wurden entweder verkauft oder verschrottet.[128] Neuanschaffungen sind erst nach 2015 geplant. Dagegen befindet sich eine größere Zahl strategischer und konventioneller U-Boote im Bau bzw. ist bereits im Einsatz (Stand: Januar 2017). Außerdem durchlaufen viele Schiffe größere Modernisierungsmaßnahmen.
Ein großer Teil der Bauprogramme für Über- und Unterwassereinheiten hängt ihren Zeitplänen erheblich hinterher. So wurden seit 2018 lediglich zwei größere Überwassereinheiten, zwei Fregatten der Admiral-Gorschkow-Klasse, in den Dienst gestellt. Diese sind deutlich kleiner als die wenigen noch im Dienst befindlichen Kreuzer und Zerstörer der sowjetischen Zeit. Das wichtigste Ausstattungsprogramm der zurückliegenden Jahre betraf die Ausrüstung von Über- und Unterwassereinheiten mit zum Teil kernwaffenfähigen Marschflugkörpern vom Typ Kalibr, was diese Plattformen mit weitreichenden Wirkmöglichkeiten gegen Landziele ausstattete. Als Nachfolger ist offenbar das in der Erprobung befindliche System SS-N-33 Zirkon vorgesehen.[129]
Insgesamt konzentriert sich die aktuelle Modernisierung auf die U-Boot-Flotte. So befinden sich aktuell (Stand: 2021) fünf mit Interkontinentalraketen bewaffnete Bootet der Borei-Klasse im Dienst. Bis Mitte der 2030er Jahre soll diese Klasse alle älteren SSBN ersetzen.[130]
Zwar sieht die russische Marinedoktrin eine hochseefähige Flotte vor, die vorhandene und in Zuführung befindliche Ausrüstung lässt eine entsprechende Handlungsfähigkeit jedoch allenfalls bei den U-Bootern zu. Überwassereinheiten können lediglich küstennah im größeren Umfang eingesetzt werden.[131]
Mit Stand 2021 sind vermutlich noch wenige Interkontinentalraketen der Typen SS-18 und SS-19 gefechtsbereit. Ein Großteil wurde durch RS-12M2 Topol-M ersetzt. Zudem befinden sich RS-24 (SS-27 Mod. 2 Sickle-B) im Zulauf und teilweise bereits im aktiven Bestand der Truppe. Eine sehr begrenzte Zahl von RS-28 Sarmat dürfte einsatzfähig und als Träger der Hyperschallwaffe Awangard vorgesehen sein. Eine Einsatzfähigkeit des in der Entwicklung befindlichen Marschflugkörpers Burewestnik ist noch nicht abzusehen.[132]
Russland beteiligt sich an den GUS-Friedensmissionen in Tadschikistan (1993 zusammen mit kasachischen Einheiten), Südossetien und Abchasien (als einzige Beteiligte seit 1994).
Die russischen Streitkräfte wurden im Ersten Tschetschenienkrieg (1994–1996) in den größten inneren Konflikt seit dem Russischen Bürgerkrieg (1918–1920) gezogen. Die Streitkräfte waren für diesen Krieg nicht vorbereitet, aufgrund der schwierigen Transformationsphase zwischen dem Ende des Kalten Krieges und der Errichtung der nationalen Streitkräfte.
Die Situation der Streitkräfte um 1994 stellte sich so dar, dass 37 Divisionen aus Mitteleuropa und dem Baltikum abgezogen wurden und 57 Divisionen an Belarus und die Ukraine abgegeben wurden. Weiterhin garantierten neue Bestimmungen tausenden Studenten die Befreiung vom Wehrdienst. Eine Anzahl von Divisionen wurden zu dem Zeitpunkt in unabhängige Brigaden umorganisiert oder aufgelöst. Gemäß dem Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa von 1990 wurden zudem tausende Panzer, Schützenpanzer und Artilleriewaffen abgerüstet. So waren die Einheiten der Streitkräfte weit von ihrer Sollstärke entfernt. Die Lebensbedingungen waren ebenfalls sehr schwierig und die Moral sehr niedrig.
Nach eineinhalb Jahren Krieg verhandelten die russische Zentralregierung und die tschetschenischen Rebellen einen Waffenstillstand, der den Rückzug der russischen Streitkräfte vom Territorium der Tschetschenischen Republik vorsah. Verbunden mit diesem Debakel verloren die Streitkräfte erheblich an Reputation und Rückhalt in der eigenen Bevölkerung. Die Probleme lagen vor allem in der unzureichenden Personalausstattung und dem schlechten Ausbildungsstand der Wehrpflichtigen.[133] Der Krieg wirkte negativ auf die Reformbemühungen der Streitkräfte. Erstens wurden alle Anstrengungen auf den Konflikt gelenkt, zweitens zog der Krieg in Tschetschenien zusätzliche finanzielle Aufwendungen auf eine bereits unterfinanzierte Armee nach sich, womit teure Reformvorhaben nicht möglich waren. Zudem wurde die Moral der Streitkräfteangehörigen durch den Ausgang des Konfliktes weiter untergraben.
Nach den Vorfällen in Dagestan und den Sprengstoffanschlägen auf Wohnhäuser in Russland, bei denen 228 Zivilisten starben, erhöhte sich die Bereitschaft in der russischen Bevölkerung für einen neuen Waffengang in der abtrünnigen Republik. Nach Artillerie- und Luftschlägen auf tschetschenische Stellungen marschierte eine etwa 100.000 Mann starke russische Streitkraft im Oktober 1999 nach Tschetschenien ein. Der zweite Krieg unterschied sich erheblich vom Ersten Tschetschenienkrieg. Dieses Mal verwendeten die russischen Streitkräfte eine andere Taktik. Anstatt schlecht ausgebildete, leicht motorisierte Einheiten in den Häuserkampf zu schicken, wendeten die russischen Streitkräfte starke Artillerie- und Luftschläge an, bevor die Infanterie die zerstörten Dörfer und Städte einnahmen.[134] Bis März 2000 wurden alle größeren Besiedlungen eingenommen, einschließlich Grosny. Die Rebellen wurden in den gebirgigen Süden zurückgetrieben, aber blieben dennoch für die Guerillakriegsführung fähig, so dass sich jahrelange Attacken auf die russischen Streitkräfte anschlossen. Im Frühjahr 2001 kamen groß angelegte russische Militäroperationen zu einem Ende. Der Krieg trat damit in eine neue Phase ein, in denen die russischen Streitkräfte sich auf das Bekämpfen von Guerillaaktivitäten konzentrierten.
Der Zweite Tschetschenienkrieg ab 1999 erhöhte die Moral innerhalb der Armee. Durch den erfolgreichen Feldzug sicherte sich Präsident Wladimir Putin die russischen Streitkräfte als verlässliches Machtinstrument und in der sich anschließenden Präsidentenwahl seine eigene Machtposition. Die Streitkräfte beklagten in der Zeit vom September 1999 bis Dezember 2002, als die groß angelegten Operationen endeten, nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums 4572 gefallene und 15.549 verletzte Soldaten.[135]
Im August 2008 wehrten Einheiten der russischen Streitkräfte im Kaukasuskrieg 2008 zusammen mit südossetischen Milizen innerhalb weniger Tage die georgische Invasion ab, die mit einem Überfall auf russische Friedenstruppen begonnen hatte. Dies war der erste Kampfeinsatz russischer Truppen außerhalb der russischen Landesgrenzen seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Der Kaukasuskrieg endete mit der De-facto-Unabhängigkeit Südossetiens von Georgien.
Der militärische Erfolg der russischen Streitkräfte war auf die große zahlenmäßige Überlegenheit von mindestens 3:1 zurückzuführen. Das Vorgehen der russischen Streitkräfte entsprach der Einsatzdoktrin aus der Sowjetzeit: Ein rascher und tiefer Vorstoß mit mechanisierten Verbänden um möglichst schnell eine übermächtige Konzentration aufzubauen. Der tiefe Vorstoß erfolgte sehr rasch und ohne große Feuerunterstützung oder Flankenschutz.[136]
Die angewandte Taktik, die Truppen und das verwendete Material brachte aber erhebliche Mängel zum Vorschein. Westliche Analysten bezeichneten die russischen Leistungen gar als blamabel. Laut dem russischen Generalstabschef Nikolai Jegorowitsch Makarow waren zu Beginn der Feindseligkeiten nur rund 17 % der Bodentruppen, 5 der 150 Regimenter der Luftstreitkräfte und rund die Hälfte der Kriegsschiffe kampfbereit.[136]
Während des Krieges gab es eklatante Mängel im Bereich der Führung und der Verbindungen zu den eingesetzten Armeeeinheiten. So war es aus verschiedensten Gründen dem Generalstab in Moskau nicht möglich, mit den in Georgien eingesetzten Verbänden eine sichere Verbindung aufzubauen. Daher wurden die Verbände z. T. mittels Mobiltelefonen über Netze georgischer Telefongesellschaften befehligt. Weiter standen weder das Satellitennavigationssystem GLONASS, Unbemannte Luftfahrzeuge oder Präzisionswaffen zur Verfügung. Ebenso standen keine Satellitenbilder zur Verfügung, so dass die Russen einen Tu-22M3 Backfire zur Aufklärung über Georgien einsetzten, welcher von einer georgischen 9K37 Buk abgeschossen wurde. Da die russischen Kampfhubschrauber über kein aktuelles Freund-Feind-Erkennungssystem verfügten und weil ihr Bordfunksystem nicht interoperabel mit dem der Bodentruppen war, konnten keine Kampfhubschrauber zur Luftnahunterstützung eingesetzt werden. Außerdem konnten die russischen Kampfflugzeuge keine Nachteinsätze fliegen und verfügten nur über limitierte Fähigkeiten zur Elektronischen Kampfführung. Von den sechs während der Kriegshandlungen verlorenen russischen Kampfflugzeuge wurden vier von den eigenen Truppen abgeschossen. Bei knapp 75 % der eingesetzten Kampfpanzer handelte es sich um ältere Modelle wie T-62M, T-72M und T-72BM. Diese Kampfpanzer verfügten über keine moderne Reaktivpanzerung, keine Nachtsichtgeräte und waren ohne moderne Feuerkontroll- und Funksysteme ausgerüstet.[136]
Die nach sowjetischer Einsatzdoktrin operierenden russischen Verbände erlitten bei Gefechten mit nach westlichen Maßstäben trainierten und mit modernen Waffen ausgerüsteten georgischen Verbänden z. T. schwere Verluste. So wurden bei einem Gefecht nahezu alle 30 Fahrzeuge der Kommandogruppe der 58. Armee vernichtet und dabei viele der Stabsoffiziere getötet oder verwundet.[136]
Gemäß westlichen Analysen zeigte lediglich der Einsatz der Luftlande- und Logistiktruppen keine Mängel auf.[136]
Eine Auszeichnung des russischen Verteidigungsministeriums nannte als Operationsbeginn den 20. Februar 2014. Sie wurde ab 25. März 2014 nicht nur an beteiligte Einheiten, sondern auch an das tschetschenische Oberhaupt Kadyrow sowie dem Gouverneur von Krasnodar, Tkatschow, und dem Chef der Nachtwölfe dafür verliehen, dass sie die Krim „bei ihrer Selbstbestimmung unterstützt“ hatten.[137]
Am gleichen 27. Februar 2014, als „Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung der Krim“ das Parlament besetzten, wurden zusätzliche russische Soldaten auf die Krim geflogen. Am 28. Februar bat das ukrainische Parlament angesichts unmarkierter Soldaten auf der Krim den UN-Sicherheitsrat um Hilfe, um die „Aggression der Russischen Föderation“ zu stoppen.[138]
Noch am 4. März behauptete Präsident Putin in einem TV-Interview, nicht russische Truppen, sondern „örtliche Selbstverteidigungskräfte“ hätten die Kontrolle auf der Krim übernommen. Ein Einsatz russischer Truppen in der Ukraine sei bisher nicht notwendig.[139] Verteidigungsminister Sergei Schoigu sprach auch noch am 5. März von einer Provokation, als ihm Bilder russischen Kriegsgerätes der „unbekannten“ Soldaten vorgehaltenen wurden. Auf ein Video angesprochen, auf dem sich Uniformierte als Russen bezeichnen, äußerte er „Das ist reiner Quatsch“,[140] und auf die Frage, woher die Panzerwagen „Tiger“ und „Luchs“ kämen, entgegnete er: „Ich habe keine Ahnung“.[141][142]
Am 16. April 2014 räumte Russlands Präsident Putin in einer Fernsehfragestunde ein, dass es sich bei den freundlichen „grünen Männchen“ um russische Truppen gehandelt hatte.[143]
Neben russischen Truppenkonzentrationen und Manövern nahe der Grenze zur Ukraine als Drohkulisse waren im August Angehörige regulärer russischer Truppen als „Freiwillige auf Urlaub“ in der Ukraine getötet worden.[144][145] Den Komitees der Soldatenmütter Russlands wurden Indizien bekannt, dass Einsätze möglicherweise gegen den Willen von Soldaten durchgesetzt wurden und nicht auf freiwilliger Basis stattfanden.[146][147] Auch zwei Soldaten, welche im Mai 2015 in der Ukraine gefangen genommen worden waren, hatten angegeben, auf Befehl ihrer Einheit dort gewesen zu sein.[148]
Schon seit August 2014 waren T-72-Panzer einer von den russischen Streitkräften benutzten Version in der Ukraine gesehen worden.[149] Ebenso früh war von ausschließlich russischen Raketenwerfer-Systemen „Tornado“ die Rede, dieses System wird sogar im Memorandum zu den aus den Kampfgebieten zurückzuziehenden schweren Waffen gemäß dem Protokoll von Minsk im September 2014 erwähnt.[150] Im Mai 2015 wurde eine russische IAI-Searcher-Feuerleit-Drohne über der Ukraine abgeschossen.[151] Kurz darauf veröffentlichte Bellingcat eine (weitere) Lokalisierung eines Panzir-S1-Systems in Luhansk.[152]
Mission | S | MB | P |
---|---|---|---|
MINURSO (Westsahara) | – | 18 | – |
MINUSTAH (Haiti) | – | – | 7 |
MONUC (Dem. Rep. Kongo) | – | 29 | 4 |
UNIOSIL (Sierra Leone) | – | 1 | – |
UNMEE (Äthiopien, Eritrea) | – | 3 | – |
UNMIK (Kosovo) | – | 1 | 39 |
UNMIL (Liberia) | – | 3 | 8 |
UNMIN (Nepal) | – | 8 | – |
UNMIS (Sudan) | 122 | 13 | 11 |
UNMIT (Osttimor) | – | – | 5 |
UNOCI (Elfenbeinküste) | – | 11 | – |
UNOMIG (Georgien) | – | 4 | 2 |
UNTSO (Israel, Palästina) | – | 4 | – |
P=Polizisten MB=Militärbeobachter S=Soldaten |
Russland beteiligte sich mehrfach in kleinerem Rahmen an UN-Friedensmissionen. So an der von der NATO geführten und durch UN-Mandat legitimierten Implementation Force (IFOR) und Stabilization Force (SFOR) in Bosnien-Herzegowina und an der Kosovo Force (KFOR) im Kosovo (ehemals Serbien). Einen weiteren Einsatz bildete die im Dezember 2005 beendete United Nations Mission in Sierra Leone (UNAMSIL), an der sich Russland mit 113 Soldaten beteiligte. Darüber hinaus beteiligt sich Russland an den GUS-Friedensmissionen in Tadschikistan (1993 zusammen mit kasachischen Einheiten) und in Abchasien (seit 1994).
Am 30. September 2015 gab der Sprecher des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation bekannt, dass Russland der Bitte der syrischen Regierung um militärische Unterstützung entsprochen habe. Die USA wurden vorab über den Angriffsbeginn informiert.[153]
Am 30. September 2015 hatte der Föderationsrat, das Oberhaus Russlands, Präsident Putin ermächtigt, eine Streitkräftegruppierung Russlands in Syrien einzusetzen.[154] Das Ziel des Militäreinsatzes ist die Unterstützung der syrischen Regierungstruppen, ein Einsatz von Bodentruppen wurde ausgeschlossen.[155]
Kampfflugzeuge bombardierten nicht nur vorrangig Stellungen des Islamischen Staates im Irak und in Syrien ISIS, sondern alle irregulären bewaffneten Kampfgruppen, welche nicht dem politischen System gemäß der syrischen Verfassung angehören.[156] Nach einer Auswertung der Nachrichtenagentur Reuters lagen 80 Prozent der Ziele von russischen Luftangriffen in Nicht-IS-Gebieten.[157]
Vorausgegangen war eine Verlegung von Flugzeugen, Personal und anderer Militärtechnik aus Russland auf die Luftwaffenbasis Ḫumaymīm bei Latakia und die russische Marinebasis Tartus in Syrien.[158]
Am 10. Oktober 2015 wurden als Reaktion auf die russischen Luftangriffe die Demokratischen Kräfte Syrien gegründet. Zu diesem Zusammenschluss der separaten oppositionellen Kampfgruppen der YPG/YPJ, MFS und Armee der Revolutionäre wurde ein Gründungsmanifest erstellt, das die politische Definition und die politischen Ziele beinhaltet. Die Demokratischen Kräfte Syriens wurden somit konform zur syrischen Verfassung von 2012 als politische Partei legitimiert. Am selben Tag wurde eine zu Medienzwecken verwertbare Pressekonferenz[159] abgehalten.
Die Verluste von russischen Soldaten wurden im August 2016 offiziell mit 20 angegeben, die Hauptverluste russischer Bürger in Syrien trugen jedoch Private Söldnerfirmen, erwähnt wurde die Gruppe Wagner; Russia Beyond the Headlines übersetzte einen Artikel von RBK mit: „Russia’s main losses in Syria were sustained by PMCs.“[160]
Im Dezember 2016 wurde die russische Beteiligung an der Bombardierung Aleppos kritisiert[161] und unter den russischen Bombardements sollen sich mehrere befinden, welche Kriegsverbrechen darstellten.[162][163]
Der Syrienkonflikt bot den russischen Streitkräften auf mehreren Ebenen die Möglichkeit zur Erprobung und Verbesserung ihrer Einsatzmöglichkeiten, insbesondere für Marine und Luftwaffe. So ließ sich in organisatorischer und logistischer Hinsicht eine lang anhaltende militärische Kraftprojektion über weite Entfernungen aufrechterhalten. Verschiedene Waffensysteme wurden unter Realbedingungen erprobt. Besonderen Wert legt die russische Militärführung auf die Personalrotation von Piloten, die nach ihrem Syrieneinsatz ihre Kriegserfahrung in möglichst weiten Teilen der Luftstreitkräfte einbringen sollen. Ähnlich werden hohe Befehlshaber aller Truppenteile rotierend in den Syrieneinsatz geschickt. Die Marine erprobte insbesondere den Einsatz von Marschflugkörpern über weite Strecken, hier vom Kaspischen Meer bis nach Syrien.[164]
Die Sicht Russlands auf den Feldzug seiner Streitkräftegruppierung in Syrien in den Jahren 2015–2017 muss man nicht teilen, sollte diese aber kennen, um zu einer sachlichen und ausgewogenen Beurteilung zu finden.
Unter der Überschrift „Wir haben den Stoßkräften des Terrorismus das Rückgrat gebrochen“ äußerte sich dazu der Chef des Generalstabes der Streitkräfte Russlands Armeegeneral Walerij Gerassimow im Interview mit der Komsomolskaja Prawda am 26. Dezember 2017. Der veröffentlichte Text[165] gibt einen umfangreichen Einblick in die komplexen Gefechtshandlungen gegen die Terroristengruppierungen in Syrien.
Außerdem sind überraschende Details der militärischen Bewährung für die Streitkräftegruppierung Russlands zu erfahren, die bisher in den Medien kaum Aufmerksamkeit fanden, z. B.:
Beachtenswert für den außenstehenden Beobachter sind die Aussagen zu neuen taktischen Verfahren und Methoden und die Bewertung der Gefechtserfahrungen bei den Militärangehörigen, bei Bewaffnung und Technik.
Im Februar und März 2017 nutzten russische Spezialkräfte ägyptische Flughäfen, was mit der Unterstützung Russlands für Chalifa Haftar in Zusammenhang gebracht wurde.[166] Russland setzt sich für eine Machtbeteiligung Haftars ein.[167]
Nach Angaben der russischen Botschaft in Bangui wurde die Anzahl der russischen Militärausbilder in Zentralafrika am 10. Mai 2021 auf 1200 Mann verstärkt, sie sollen sich dort aktiv im Verbund mit Wagner-Einheiten Kämpfe mit den dortigen Rebellen liefern.[168]
Berlin April 2003 (43 S.)
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