Sophie Karmasin (* 5. Jänner 1967 in Wien) ist eine österreichische Meinungsforscherin und ehemalige parteilose Politikerin. Sie war vom 16. Dezember 2013 bis zum 18. Dezember 2017 (von der ÖVP nominierte) Bundesministerin für Familien und Jugend der Republik Österreich.
Karmasin wurde 1967 als Tochter von Helene und Fritz Karmasin und Enkelin von Franz Karmasin[1] geboren. Ihr Bruder Matthias Karmasin ist Kommunikationswissenschafter an der Universität Klagenfurt.[2] Nach ihrem Studium von Psychologie und Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien und Beschäftigungen bei Werbeagenturen und als Produktmanagerin beim Waschmittelhersteller Henkel[3] stieg die Mutter zweier Söhne[2][4] in die Motivforschungsagentur ihrer Eltern ein, deren Führung sie 2006 übernahm.[5] Karmasin, die mit Peter Filzmaier noch für den ORF als Analystin zu den Fernsehdebatten vor der Nationalratswahl 2013 tätig war,[6] wurde am 12. Dezember 2013 von der ÖVP als neue Ministerin entsandt.[7] Die Nominierung wurde in den Medien mit Skepsis aufgenommen, weil Karmasin über keinerlei politische Erfahrung verfüge.[8]
Um nicht gegen das Unvereinbarkeitsgesetz zu verstoßen, trat Karmasin nach ihrer Bestellung zur Ministerin ihre Anteile am Meinungsforschungsinstitut „Karmasin Motivforschung“, an dem sie 85 Prozent gehalten hatte, sowie an dessen Tochtergesellschaft „Das Österreichische Gallup Institut Dr. Karmasin GmbH“ an ihren Ehemann ab.[9] Im Oktober 2014 hat Michael Nitsche, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Werbeagentur, den Anteil von 85 Prozent übernommen.[10]
Im August 2017 gab sie bekannt, nach der Nationalratswahl aus der Politik auszuscheiden.[11] Im Jahr 2018 gründete sie ein neues Beratungsunternehmen.[12] Im Rahmen der 143. Generalversammlung wurde sie im Juli 2019 in den Vorstand des Kreditschutzverbandes von 1870 gewählt.[13]
In der Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zur Hausdurchsuchung am 6. Oktober 2021 wurde Sophie Karmasin als Beschuldigte geführt und wegen Verdachts auf Untreue und Bestechung gegen sie ermittelt. Sie wird verdächtigt, in der sogenannten ÖVP-Korruptionsaffäre zwischen der ÖVP und den Inhabern der Mediengruppe Österreich – Helmuth Fellner und Wolfgang Fellner – vermittelt zu haben. Ihre ehemalige Mitarbeiterin Sabine Beinschab soll über ihr neu gegründetes Meinungsforschungsinstitut fingierte Umfragen in den Medien der Mediengruppe Österreich veröffentlicht haben, die letztlich vom Finanzministerium finanziert worden sein sollen. Diese Konstellation wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und in den Medien als „Beinschab-Österreich-Tool“ bezeichnet. Ziel soll es gewesen sein, eine wohlwollende Berichterstattung für Sebastian Kurz zu erwirken.[15] In diesem Zusammenhang soll Karmasin 20 % Provision für alle für diese Studien von Sabine Beinschab erzielten Umsätze erhalten haben und diese mittels Scheinrechungen über die Firma ihres Mannes abgerechnet haben. Diese Provisionen sollen auch schon geflossen sein, während Karmasin zumindest bis zum Jahr 2017 dem Bundesministerium für Familien und Jugend vorstand. Die WKStA wirft Karmasin daher Untreue und Geldwäsche vor.[16][17]
In der Folge stellte das Institut für Höhere Studien im Oktober 2021 die Zusammenarbeit mit Karmasin bis zur Klärung der Vorwürfe ruhend. Karmasin war dort in einem von ihr nach Beendigung ihrer Tätigkeit als von der ÖVP nominierte Familien- und Jugendministerin mitgegründeten „Kompetenzzentrum für Verhaltensökonomik“ mit der Bezeichnung „Insight Austria“ tätig.[18][19]
Am 2. März 2022 wurde Sophie Karmasin nach gerichtlicher Bewilligung festgenommen. In der Festnahmeanordnung ist mit Verweis auf bisherige Beweisergebnisse von ihrer Rolle als Urheberin und maßgebliche Ideengeberin hinsichtlich der Entwicklung des „Beinschab-Österreich-Tools“ die Rede.[20] Dazu werden auch neu hinzugekommene Hinweise auf Preisabsprachen untersucht. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft beschuldigt Karmasin der Kartellbildung, weil sie in den Jahren 2019 bis 2021 zusammen mit Sabine Beinschab und einer weiteren, wenig bekannten Meinungsforscherin Scheinangebote für Studien an das Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport vorgelegt haben soll, in denen sie selbst nach Absprache mit den beiden anderen als Bestbieterin erschien und zwei von drei Aufträgen bekam. Der dritte wurde im Jahr 2021 angeblich von ihr selbst zurückgezogen. Als Gegenleistung bekam Sabine Beinschab von Sophie Karmasin Subaufträge. Die dritte Anbieterin hat ihren Firmensitz an derselben Adresse, an der auch „Karmasin Research & Identity“ residiert.[21]
Im Anschluss an die Festnahme wurde am 4. März 2022 über Sophie Karmasin die Untersuchungshaft verhängt. Als Haftgrund wurde Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs. 2 Z 3 StPO sowie Verdunklungsgefahr angegeben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hegte schwere Verdachtsmomente gegen Sophie Karmasin und befürchtete, dass sie Zeugen beeinflussen oder Beweise vernichten könnte.[22]
Personendaten | |
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NAME | Karmasin, Sophie |
KURZBESCHREIBUNG | österreichische Motivforscherin und Politikerin |
GEBURTSDATUM | 5. Januar 1967 |
GEBURTSORT | Wien |
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