Окремий загін спеціального призначення НГУ «Азов» | |
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Verbandsabzeichen | |
Aufstellung | Mai 2014 |
Staat | |
Streitkräfte | Nationalgarde der Ukraine |
Truppengattung | Spezialeinheit |
Typ | Regiment |
Stärke | ca. 900–5000 Mann |
Unterstellung | Innenministerium der Ukraine |
Standort | Berdjansk |
Farben | blau/gelb |
Schlachten | Russisch-Ukrainischer Krieg |
Kommandeure | |
Jetziger Kommandeur |
Denys Prokopenko Swjatoslaw Palamar (stellvertretender Kommandeur)[1] |
Das Regiment Asow (ukrainisch Полк Азов), anfangs Bataillon Asow, ist eines von mehreren Freiwilligenbataillonen, die im Ukraine-Konflikt seit 2014 gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes kämpfen. Im Mai 2014 zunächst als Bataillon aufgestellt, wurde es noch im selben Jahr als Regiment Teil der Nationalgarde des Innenministeriums der Ukraine. Der mehrheitlich russischsprachige Verband galt außerhalb der Ukraine lange als ultranationalistisch und ist wegen der früher teilweise offen geäußerten rechtsextremen politischen Positionen vieler seiner ehemaligen Anführer und Angehörigen stark umstritten gewesen; seit Eingliederung in die Nationalgarde gelten die rechtsextremen Strömungen im Verband weitgehend als überwunden. Jedoch benutzt das Regiment weiterhin als Abzeichen die Wolfsangel, und es dient weiterhin als Vorwand für die russische Propaganda, um eine angeblich verbreitete nationalsozialistische Gesinnung in der Bevölkerung und in den staatlichen Organen der Ukraine zu beweisen.
Die Miliz wurde im Frühjahr 2014 von den nationalistischen Politikern Oleh Ljaschko und Dmytro Kortschynskyj als Bataillon Asow aufgestellt, um die damals kaum einsatzfähige ukrainische Armee im Kampf gegen die prorussischen Separatisten in der Ostukraine militärisch zu unterstützen.[2] Das Regiment wurde anfänglich unter anderem von dem ukrainischen Oligarchen und jüdischen Gemeindemitglied Ihor Kolomojskyj finanziell unterstützt.[3][4] Im Verlauf des Sommers wuchs das Bataillon und wurde auf Erlass des Innenministers Arsen Awakow im September 2014 zum „Sondereinsatz-Regiment Asow“ erweitert.[5] Im Oktober 2014 gab Awakow die beschlossene Eingliederung des Regiments in die Nationalgarde bekannt. Laut dem Historiker und Journalisten Konstantin Skorkin haben „die meisten ultrarechten Kämpfer“ das Regiment vor Ende 2014 verlassen.[6]
Das Regiment hatte historisch seinen Sitz in Berdjansk im Süden der Oblast Saporischschja am Asowschen Meer, von dem sich auch der Truppenname ableitet.[7] Aktuell hat es seinen Sitz in Ursuf, Oblast Donezk.[8]
Im Mai 2014 wurden laut dem Innenministerium der Ukraine bei einem Zusammenstoß zwischen dem Bataillon Asow und prorussischen Separatisten in der Kleinstadt Manhusch in der Oblast Donezk ein Kämpfer der Volksrepublik Donezk getötet und zwei weitere gefangen genommen, darunter Igor Kakidsjanow, damaliger „Verteidigungsminister“ des De-facto-Regimes.[9] Der stellvertretende Kommandeur des Bataillons Asow, Jaroslaw Gontschar, beschuldigte auf einer Pressekonferenz die Inneren Truppen der Ukraine, am 9. Mai 2014 in Mariupol einen Einsatz im Laufe der „Anti-Terror-Operation“ in der Ostukraine verhindert zu haben. Soldaten der Inneren Truppen Mariupols sollen Angehörige des Bataillons Asow im Laufe des Kampfgeschehens entwaffnet und in Handschellen gelegt haben, zudem hätten sie einen festgenommenen „Terroristen“-Anführer wieder freigelassen. Gontschar bezeichnete die örtlichen Einwohner als „von prorussischer Propaganda zombifiziert“ und forderte Aufklärungsarbeit.[10] Am 23. Mai 2014 stellte das Bataillon Asow prorussischen Separatisten ein Ultimatum mit der Forderung, ihre Kontrollpunkte in mehreren Städten zu räumen, ansonsten drohe eine „harte Säuberung“. Man wolle nicht auf Landsleute schießen, doch die Pflicht gegenüber dem Vaterland wiege schwerer.[11]
Am 13. Juni 2014 nahm das Bataillon am Kampf um Mariupol teil, bei dem die strategisch wichtige Stadt unter ukrainische Kontrolle gebracht wurde.[12] Anfang August 2014 war die Einheit an Gefechten in Marjinka in der Oblast Donezk beteiligt.[13][14] Im selben Monat kämpfte das Bataillon Asow in der Schlacht um Ilowajsk, bei der die ukrainischen Truppen von prorussischen Separatisten und russischen Streitkräften eingeschlossen wurden und eine entscheidende Niederlage erlitten.[15] Im Laufe der Schlacht kam der Asow-Kämpfer Mykola Beresowyj ums Leben, Ehemann der Aktivistin und späteren Beraterin des Innenministeriums, Tetjana Tschornowol.[16][17] Ende August und Anfang September beteiligte sich das Bataillon laut eigener Angabe an der Verteidigung von Nowoasowsk und Mariupol.[18][19]
Im Februar 2015 startete das Regiment Asow im Vorfeld der Verhandlungen, die zum Minsker Abkommen führen sollten, eine Offensive in der Gegend östlich von Mariupol. Die Einheit meldete die Einnahme der Dörfer Pawlopil, Kominternowo und Schyrokyne.[20][21] Daraufhin kam es zum Kampf um Schyrokyne,[22] der knapp 5 Monate andauerte und zum Rückzug der prorussischen Rebellen aus Schyrokyne führte.[23]
Nachdem Asow 2019 aufgrund von Hassrede aus dem sozialen Netzwerk Facebook verbannt wurde, ist das Regiment auf Instagram umgestiegen. Dort wurden auch die Schulungen in Mariupol beworben – eine Beteiligung der Paramilitärs wurde dabei jedoch nicht erwähnt. Dementsprechend wussten nicht alle Teilnehmer, wer die Trainingseinheiten eigentlich organisierte.[24]
Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 zählten die paramilitärischen Kräfte der Asow-Gruppierung zu den Freiwilligen-Verbänden, die zur Verteidigung von Mariupol im Kampfeinsatz waren. Bereits vor dem Beginn des Überfalls am 24. Februar 2022 bildeten Angehörige des Asow-Regiments ältere Frauen aus Mariupol („Babushka Bataillon“) an der Waffe aus, die sich in der sich zuspitzenden Lage der drohenden Invasion zur Verteidigung der Stadt freiwillig gemeldet hatten. Eine 79-jährige Teilnehmerin sagte, was zähle, sei einzig die Ausbildung zur Verteidigung des Mutterlandes; da sei es unwichtig, dass sie mit den Ansichten der Gruppierung nichts anfangen könne.[24][25]
Ab Anfang April 2022 waren die Kräfte des Regiments Asow, die sich auf dem Gelände des Metallurgischen Kombinats Asow-Stahl verschanzt hatten, zusammen mit Soldaten der 36. ukrainischen Marineinfanteriebrigade und mehreren Hundert Zivilisten eingeschlossen und von der bereits weitgehend unter russischer Kontrolle stehenden Stadt abgeschnitten. Bei Evakuierungen während eines kurzen Waffenstillstands gelang es am 30. April und 1. Mai 2022, ein Kontingent von über 120 der eingeschlossenen Zivilisten zu befreien. Laut Angaben ukrainischer Medien und des Vizekommandeurs des Asow-Regiments, Swjatoslaw Palamar, begannen die russischen Truppen daraufhin am 3. Mai 2022 mit dem Sturm auf das Stahlwerk.[26][27] Familienangehörige von Asow-Soldaten im Jahr 2022 erklärten, dass für die im Asow-Stahlwerk eingeschlossenen ukrainischen Soldaten eine Kapitulation nicht in Frage komme, da sie die Erfahrung gemacht hätten, dass kein Asow-Soldat seit Beginn des Donbasskrieges im Jahr 2014 aus russischer Kriegsgefangenschaft lebend zurückgekommen sei.[28]
Nach wochenlanger Blockade konnten am 16. Mai 2022 rund 260 ukrainische Soldaten bzw. Angehörige des Asow-Regiments das Stahlwerksgelände verlassen, nachdem die ukraischen Behörden die Einstellung der Kämpfe angekündigt hatten. Unter den Evakuierten befanden sich 53 Schwerverletzte, wie der ukrainische Generalstab mitteilte. 211 ukrainische Soldaten seien in eine von russischen Truppen besetzte Ortschaft gebracht worden, wo sie später im Rahmen eines Gefangenenaustauschs freikommen sollen, was allerdings von russischer Seite offiziell nicht bestätigt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich noch immer mehrere Hundert Soldaten auf dem Gelände auf. Die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar erklärte, dass ein Freikämpfen von Azowstal nicht möglich gewesen sei.[29] Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums vom 21. Mai 2022 hat die russische Armee das Stahlwerk Asowstal inzwischen komplett unter ihre Kontrolle gebracht. Alle ukrainischen Soldaten bzw. Angehörigen des Asow-Regiments hätten sich ergeben. Seit dem 16. Mai seien insgesamt 2439 ukrainische Soldaten in russische Gefangenschaft geraten; am 20. Mai sei die letzte Gruppe von 531 Kämpfern gefangen genommen worden.[30]
Der ursprüngliche Sitz in Berdjansk wurde später auf den Stützpunkt der Einheit in Ursuf in der Oblast Donezk, rund 35 Kilometer südwestlich der strategisch wichtigen Hafenstadt Mariupol, verlegt.[31]
Wie andere paramilitärische ukrainische Verbände untersteht das Regiment dem Innenministerium der Ukraine bzw. der Nationalgarde und ist somit nicht in die ukrainische Armee eingegliedert. Im Frühjahr 2014 erhielten die Angehörigen des damaligen Bataillons einen Sold von etwa 150 US-Dollar im Monat.[32] Im Juni 2015 kündigte Kommandeur Bilezkyi an, dass das Regiment Asow in eine Spezialeinheit umgewandelt werde. Das würde der Formation die Möglichkeit geben, ihre Truppenstärke auf 2500 Mann zu erhöhen.[33] Schätzungen über die Truppenstärke des Regiments Asow schwanken zwischen etwa 900 und 5000 Mann.[34][35][36][37]
Das Kommando über das Regiment Asow wurde von den folgenden Personen übernommen:[38]
Als weitere Führungsfiguren gelten Wolodymyr Schpara und Ihor Mossijtschuk.[31]
Anfangs waren Anführer und viele Mitglieder der Miliz Mitglieder der rechtsextremen Organisation Patriot der Ukraine (ukrainisch Патріот України), der SNA oder des Prawyj Sektor.[39] Nach eigenen Angaben hatte die Einheit im Juni 2014 etwa 600 Angehörige. Mehr als die Hälfte davon stammten aus der Ostukraine und waren russische Muttersprachler.[40][41] Im November 2014 wurde die Stärke der Einheit mit 850 Kämpfern angegeben, darunter mindestens 85 Ausländer.[42][43][44][45] Im Regiment Asow war auch die rechtsextreme Gruppierung Misanthropic Division eingegliedert. Sie hatte auch Gruppen in Russland und Belarus, in mehreren westeuropäischen Ländern sowie in Nordamerika.[46][47][48][49][50][51]
Die Kommandantenebene des Regiments Asow bestand im Jahr 2014 durchweg aus Mitgliedern der rechtsextremen Sozial-Nationalen Versammlung und der Misanthropic Division.[52] Anfang November 2014 wurde Vadim Trojan, ein als rechtsradikal geltender Kommandeur des Regiments, von Innenminister Arsen Awakow zum Polizeichef der Oblast Kiew ernannt.[53] Im Dezember 2014 verlieh der ukrainische Präsident Petro Poroschenko einem belarussischen Kämpfer der Einheit, Serhij Korotkich, als Auszeichnung die ukrainische Staatsbürgerschaft.[54] Korotkich gehörte seit dem Ende der 1990er Jahre Neonazi-Bewegungen in Belarus und Russland an.[55] Nach 2014 wurden die rechtsextremen Strömungen im Regiment weitgehend entfernt bzw. nahmen nach Neurekrutierungen eine wesentlich weniger prominente Stellung ein; das Regiment wurde von seinem rechtsradikalen Gründer und seiner ideologischen Asow-Bewegung getrennt. Daher bewerten viele Beobachter das Asow-Regiment nun anders und sprechen von einer Eliteeinheit, die sich von ihrer ideologischen Vergangenheit gelöst habe.[56][57]
Im Jahr 2014 stammten von den 850 Angehörigen des Regiments Asow etwa 85 aus dem Ausland. Sie kamen unter anderem aus Griechenland, Irland, Italien, Schweden und Russland.[58][59] Als Koordinator der Rekrutierung von Ausländern war ein französischer Veteran des Kroatienkrieges, Gaston Besson, aktiv.[42]
2017 gingen Beobachter von einer Truppenstärke von mehr als 2500 Söldnern aus. Zur Gewinnung Freiwilliger wurden z. B. im Juli 2017 auf einem Rechtsrock-Festival unter den Besuchern deutschsprachige Flyer verteilt.[34]
Nach Recherchen des Magazins Belltower.News rekrutierten das Regiment Asow und die Misanthropic Division Mitglieder aus der internationalen National-Socialist-Black-Metal-Szene. Als Verbindungspersonen galten der wegen Mordes verurteilte Neonazi Hendrik Möbus, Alexey Levkin, Sänger der Band M8l8th und Veranstalter des NSBM-Festivals Åsgårdsrei, sowie Famine, Sänger der französischen Black-Metal-Band Peste Noire. Weitere Verbindungen gebe es zur Identitären Bewegung sowie zu der rechtsextremen Partei Der III. Weg.[60][61] Die Aktivitäten von Levkin und Möbus wurden bereits 2019 durch die Wochenzeitung der Freitag genannt.[62]
Obwohl das Regiment nach Angaben der Amadeu Antonio Stiftung mit Antisemitismus in Erscheinung tritt,[63] dienen in ihm auch bekennende Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Eines der prominentesten Beispiele ist Natan Hasin, der während des Euromaidans die Einheit der Jüdischen Hundert anführte und sich selbst zu den Mitbegründern des Regiments Asow zählt.[64] Der Gründungskommandeur des Regiments Andrij Bilezkyj betont, dass er selbst kein Antisemit oder Rassist sei. In einem Interview erklärte er, er betrachte Israel und Japan als Vorbilder für die zukünftige Entwicklung der Ukraine.[65] 2022 erklärte das Regiment, dass es Bilezkyj als Regimentsgründer und ersten Kommandeur respektiere, dass man aber nichts mit seinen politischen Aktivitäten, wie etwa der Partei Nationales Korps, zu tun habe. Im Regiment dienten Angehörige unterschiedlicher ethnischer oder religiöser Herkunft und Überzeugung, darunter Griechen, Juden, Krimtataren oder Russen, bzw. Orthodoxe, Katholiken, Protestanten, Heiden, Moslems, Juden und Atheisten. Dazu folge man den Befehlen eines jüdischen Präsidenten. Es sei „absurd“ anzunehmen, das einigende Band des Regimentes sei Rassismus oder Nazismus.[66]
Der mehrheitlich russischsprachige[66] Verband gilt außerhalb der Ukraine als ultranationalistisch und ist daher im Ausland wegen der früher teilweise offen geäußerten rechtsextremen politischen Positionen vieler seiner ehemaligen Anführer und Angehörigen stark umstritten.[57][67][61] Symbol des Regiments Asow ist die Wolfsangel, welche unter anderem von den Nationalsozialisten verwendet wurde[14], konkret von der 2. SS-Panzerdivision. Auch die Symbole anderer SS-Divisionen wurden von Mitgliedern des Regiments verwendet, konkret das der SS-Division Totenkopf[68] und der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS[69] All diese SS-Einheiten hatten gemeinsam, dass sie von den Nationalsozialisten auf dem Gebiet der heutigen Ukraine eingesetzt wurden.
Mittlerweile, Stand 2022, habe sich nach Angaben von Andreas Umland vom Stockholm-Zentrum für Osteuropastudien das Regiment aber „entideologisiert“ und zu einer normalen Kampfeinheit entwickelt;[56] Umland betont, dass mit der Eingliederung des Regiments in die Nationalgarde eine Trennung zwischen der militärischen Einheit unter dem Namen „Asow“ und einem politischen Projekt unter demselben Namen stattgefunden habe. Nach Ansicht von Kacper Rekawek vom Center for Research on Extremism der Universität Oslo sind mit den Jahren zunehmend Soldaten ohne Neonazi-Vergangenheit in das Regiment eingetreten, so dass die Verbindung zur rechtsextremistischen Asow-Bewegung schwächer wurde.[66] Laut einem Artikel im US-amerikanischen Journal Foreign Affairs werden seit der Eingliederung des Regiments Asow in die Nationalgarde die Herkunft sowie das Verhalten der Kämpfer überwacht, um ausländische Freiwillige und Neonazis ausschließen zu können.[70][71] Während das Regiment früher unzweifelhaft als rechtsextrem galt, ist das Bild heute weniger klar.[70] Einige der rechtsextremen Funktionäre verließen die Einheit, so zum Beispiel der rechtsextreme Politiker und Gründungsmitglied des Regiments Andrij Bilezkyj Ende 2014.[70] Auch der ukrainische Extremismusforscher Anton Schechowzow, der das ursprüngliche Bataillon Asow heftig kritisiert hatte, änderte seine Meinung. Er bewertete 2022 das Regiment Asow als eine hochprofessionelle Spezialeinheit, die keine politische Organisation, keine Miliz, kein rechtsextremes Bataillon mehr sei. Viele Rechtsextreme hätten die Einheit verlassen, so Schechowzow; sie bestehe heute aus ukrainischen Bürgern verschiedener ethnischer Herkunft: Ukrainer, Russen, Belarussen, Krimtataren, Georgier und Griechen, die untereinander überwiegend Russisch sprächen.[72][73] In ähnlichem Sinne äußert sich Vyacheslav Likhachev.[74][75] Der deutsche Politikwissenschaftler Alexander Ritzmann hingegen ist skeptischer und betont, man müsse zwischen dem Regiment, das unter staatlicher Kontrolle stehe, und der ihm nahestehenden Asow-Bewegung unterscheiden. Die Distanzierung der letzteren von ihrer rechtsextremen Vergangenheit sei zweifelhaft und möglicherweise eher aus PR-Gründen erfolgt.[76]
Das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) dokumentierte in einem Bericht über „konfliktbezogene sexuelle Gewalt in der Ukraine“, wie Mitglieder des Bataillons Asow im Mai 2014 eine Frau aus der ostukrainischen Oblast Saporischschja neben ihrem Haus entführten und einer vier bis fünf Stunden andauernden Folter unterzogen. Die maskierten Entführer, welche angaben, auf Befehl des ukrainischen Geheimdienstes SBU zu handeln, fesselten Hände und Füße des Opfers mit Kabelbindern, die durch eine Metallkette festgezogen wurden. Daraufhin traten sie die Frau, schlugen sie mit Gewehrkolben, trieben ihr Nadeln unter die Nägel und folterten sie nach der „Schwalben-Methode“.[77] Bei dieser Folter wird das Opfer an seinen auf dem Rücken zusammengebundenen Händen aufgehängt und verprügelt.[78] Einer der Entführer drohte der Frau mit einer Gruppenvergewaltigung durch orale und vaginale Penetration. Schließlich wurde dem Mann durch einen der anderen Täter, gemäß dem Opfer einem SBU-Beamten, befohlen aufzuhören. Die Entführte wurde noch am selben Tag freigelassen.[77]
Laut dem ukrainischen Innenministerium stürmten und besetzten am 9. Mai 2014 etwa 60 Männer mit automatischen Waffen den lokalen Sitz des Innenministeriums in Mariupol. Die Ukrainische Nationalgarde, das Regiment Asow und das Regiment Dnipro hätten daraufhin versucht, das Gebäude zurückzuerobern. Infolge der Auseinandersetzung wurden neun Menschen getötet und viele weitere verwundet, dabei handelte es sich in erster Linie um Einwohner von Mariupol. Dem OHCHR liegen unverifizierte Berichte vor, nach denen das Regiment Asow beim Rückzug auf prorussische Demonstranten stieß, welche versuchten, das Regiment aufzuhalten. Asow-Angehörige sollen daraufhin zuerst Warnschüsse in die Luft abgegeben und dann auf die Beine der Demonstranten gefeuert haben.[79]
In einem Bericht des OHCHR über die Menschenrechtslage in der Ukraine wird beschrieben, wie zwischen August und September 2014 ein Mann mit einer geistigen Behinderung durch acht bis zehn Angehörige des Bataillons Asow sowie des Bataillons Donbass vergewaltigt und anderen Formen sexueller Gewalt ausgesetzt wurde. Als Resultat verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Opfers so sehr, dass es stationär in einer psychiatrischen Klinik behandelt werden musste. Das Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte spricht von einer allgemeinen Straflosigkeit in solchen Fällen.[80] Im Bericht wurde weiterhin festgehalten, dass am 28. Januar 2015 ein Bürger Mariupols wegen Unterstützung der Volksrepublik Donezk von drei Soldaten des Bataillons Asow festgenommen und bis zum 6. Februar 2015 im Keller einer Sportschule ununterbrochen verhört und gefoltert wurde. Das Opfer klagte darüber, dass es mit Handschellen an eine Metallstange gefesselt und daran hängen gelassen wurde. Berichten zufolge schlugen die Angehörigen des Bataillons Asow außerdem die Genitalien des Mannes und folterten ihn mit Strom, einer Gasmaske und Waterboarding. Infolgedessen gestand das Opfer, Informationen über Standorte von Kontrollpunkten der ukrainischen Regierung mit bewaffneten Gruppen geteilt zu haben. Am 7. Januar wurde der Mann an den Mariupoler SBU überreicht, welcher ihn daraufhin offiziell festnahm.[81]
Am 10. August 2014 reiste ein Mann aus Hryhoriwka in das Dorf Mnohopillia, um seine Mutter zu besuchen. Am Eingang des Dorfes wurde der Zivilist an einem Kontrollpunkt ukrainischer Soldaten angehalten, darunter Angehörige der Freiwilligenbataillone Asow und Donbass. Bataillonsmitglieder fesselten daraufhin Hände und Beine des Mannes mit einem Seil, schossen in seine Richtung und schlugen auf ihn ein. Dann banden sie ihm ein Seil um den Hals und schleiften ihn über ein Feld, bis er keine Luft mehr bekam und das Bewusstsein verlor. Berichten zufolge forderte ein Soldat der ukrainischen Armee die Bataillonsmitglieder auf, den Mann freizulassen. Das Opfer erlitt zahlreiche Hämatome, und sein Sehvermögen verschlechterte sich.[82]
Das OHCHR dokumentierte in einem Bericht über die „Verantwortung für Tötungsdelikte in der Ukraine“, dass am 14. März 2014 in Charkiw in Folge von Zusammenstößen zwischen Aktivisten der „Pro-Föderalismus“-Gruppe „Oplot“ („Bollwerk“) und der „Pro-Einheit“-Gruppe „Patriot der Ukraine“, zwei „Oplot“-Mitglieder erschossen wurden. Zwei Jahre nach dem Vorfall gab es keine Fortschritte in der Untersuchung des Falls, mutmaßliche Täter wurden nicht identifiziert. Laut OHCHR deuten jedoch Informationen des SBU, des ukrainischen Innenministeriums und der regionalen Charkiwer Staatsanwaltschaft darauf hin, dass die Mehrheit der „Patriot der Ukraine“-Mitglieder, welche an der Schießerei beteiligt waren, anschließend als Soldaten des Bataillons Asow in der Ostukraine im Einsatz waren.[83] Der Bericht konstatiert außerdem, dass am 8. Mai 2014 der Bürger Wolodymyr Lobach von Angehörigen des Bataillons Asow erschossen wurde, als diese in einem Konvoi von mehr als 200 Soldaten durch die Kleinstadt Reschetyliwka in der Oblast Poltawa fuhren. Das Opfer wurde nach einer verbalen Auseinandersetzung mit Asow-Soldaten an einer Tankstelle getötet. Als der Staatsanwalt von Poltawa, der Chef des Innenministeriums und der Leiter der lokalen SBU-Abteilung am Tatort eintrafen, wurden sie von Mitgliedern des Bataillons Asow bedroht und zogen unverrichteter Dinge wieder ab. Berichten zufolge fuhr der Konvoi daraufhin weiter in Richtung Konfliktzone. Zwei Jahre später, am 1. Juni 2016, hatte die örtliche Polizei keinen einzigen Verdächtigen in dem Fall ermittelt.[84] Der Bericht des OHCHR erwähnt das Bataillon Asow zudem im Abschnitt „Fälle von Verschwindenlassen, die möglicherweise zum Tod geführt haben“ im Zusammenhang mit dem Fall „Serhii Dolhow“. Im Juni 2014 wurde das Bataillon Asow zusammen mit dem Regiment Dnipro in das von der Regierung kontrollierte Mariupol versetzt. Am 18. Juni 2014 drangen sechs bewaffnete Männer mit Sturmhauben in die Räumlichkeiten der Zeitung „Vestnyk Pryasowya“ ein. Dessen Chefredakteur Serhii Dolhow war für seine Sympathien für eine Föderalisierung der Ukraine bekannt. Laut einem Augenzeugen schlugen die bewaffneten Männer auf ihn ein und nahmen ihn mit. Anwohner konnten sehen, wie Dolhow in den Kofferraum eines Autos gezwungen wurde. Weder die örtliche Polizei, die am Tatort ankam, noch die örtliche Staatsanwaltschaft konnten Informationen über ihn bereitstellen und verwiesen stattdessen auf „andere Kräfte“, die in der Stadt anwesend seien.[85] Das Büro des Militärstaatsanwalts, welches in der Ukraine für die Untersuchung von Vergehen durch Angehörige der Streitkräfte zuständig ist, meldete auch im Dezember 2014 keinerlei Schritte zur Untersuchung der beträchtlichen Anzahl von Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen gegen Zivilisten und Verletzungen des humanitären Völkerrechts in der Ostukraine durch Mitglieder freiwilliger Bataillone wie des Regiments Asow.[86]
Vier Gefangene, die wegen der Vorfälle vom 9. Mai 2014 in Mariupol festgehalten worden waren, klagten über Misshandlungen durch SBU-Beamte und Angehörige des Asow-Regiments sowie über zeitweise Isolationshaft im September 2014 und die Verwendung von durch Folter gewonnenen Beweisen. Sie berichteten, dass ihnen medizinische Hilfe für die durch die Folter erlittenen Verletzungen verweigert sowie ungenügender Rechtsbeistand geleistet worden sei.[87]
Das OHCHR hält fest, dass am 3. August 2015 in Charkiw ein Mann auf dem Weg zu einer Demonstration zur Unterstützung der Partei Oppositionsblock von maskierten und uniformierten Männern in einem Militärfahrzeug mit der Aufschrift „Asow“ entführt wurde. Diese sollen ihn auf dem Stadtfriedhof zusammengeschlagen und dort liegengelassen haben. Die Polizei leitete strafrechtliche Ermittlungen wegen „rechtswidriger Inhaftierung oder Entführung einer Person“ ein.[88] Ein Bericht des OHCHR für den Zeitraum August bis November 2015 erwähnt, dass ein vom Bataillon Asow festgenommener Mann laut eigener Aussage einer Scheinhinrichtung unterzogen wurde und man ihm angedroht habe, ihn zu vergewaltigen. Auch sei ihm ins Gesicht geschlagen, seine Rippen gebrochen und seine Beine mit einem Bajonettmesser durchbohrt worden.[89]
Im Mai 2017 wurde eine Frau in Mariupol auf eine Position des Regiments Asow gelockt, wo sie entführt und mit verbundenen Augen an einen unbekannten Ort transportiert wurde. Dort schlug man ihr mit einem Gewehrkolben gegen die Knie und bedrohte sie mit dem Tod, was das Opfer zur Kooperation mit den Entführern zwang. Nachdem die Täter der Polizei mitgeteilt hatten, dass sie ein Mitglied einer bewaffneten Gruppe gefasst hätten, wurde die Frau ohne Anwalt verhört und unterschrieb ein Vernehmungsprotokoll, wodurch sie sich selbst belastete. Am nächsten Tag wurde das unfreiwillige Geständnis der Entführten gefilmt und sie selbst in das SBU-Gebäude von Mariupol gebracht, wo sie ihr Geständnis vor zwei Beamten wiederholen musste. Nachdem einer der beiden Beamten den Raum verlassen hatte, schloss der andere die Tür ab und befahl dem Opfer, sich für eine körperliche Untersuchung auszuziehen. Der Mann fotografierte ohne Erklärung die Narben und Tätowierungen der Frau. Das OHCHR merkt hierzu an, dass die erzwungene Nacktheit während der Untersuchung, die nicht von einer medizinischen Fachkraft durchgeführt wurde, als sexuelle Gewalt charakterisiert werden kann. Man brachte das Opfer anschließend in seine Wohnung, die zuvor durchsucht worden war. Dort wurde die Frau weitere drei Tage von zwei SBU-Beamten festgehalten. Man brachte sie dann vor Gericht, wo ihr ein SBU-Beamter zweimal in den Magen schlug und so starke Schmerzen verursachte. Die Militärstaatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung des Verhaltens des SBU ein.[90]
Die Existenz des Regiments Asow war immer Bestandteil der russischen Propaganda.[91][92][93] Dagegen steht die Feststellung, dass Rechtsextreme in der Ukraine politisch bedeutungslos sind; bei der Parlamentswahl 2019 konnte das Wahlbündnis rechtsextremistischer Parteien (darunter auch das mit dem Regiment Asow verknüpfte „Nationalkorps“) mit 2,4 % der Stimmen nicht einmal die Hälfte der notwendigen Zustimmung für die Fünf-Prozent-Hürde erreichen und nur in einem von 186 Wahlkreisen ein Direktmandat erringen; das Wahlbündnis stellt damit nur einen von 450 Abgeordneten des ukrainischen Parlaments.[94] Auf prorussischer Seite kämpfen gleichfalls organisierte Rechtsextreme, ihre militärische Bedeutung für den Konflikt im Donbass im Jahre 2014 wurde als deutlich stärker als die analoge Verwendung auf ukrainischer Seite eingeschätzt.[95]
Im Zusammenhang mit der Bombardierung der Geburtsklinik in Mariupol, die zu vier Todesfällen und mindestens einer Totgeburt geführt hat, behauptete der russische Außenminister Sergei Lawrow, dass die Klinik ein Lager des Regiments Asow gewesen sei.[96] Auch beim Luftangriff auf das Theater von Mariupol erklärte ein Sprecher der selbsternannten Volksrepublik Donezk, dass das Theater als militärisches Hauptquartier von Angehörigen des Regiments Asow fungiert habe.[97]
In der ähnlich wie die Propaganda von Tag zu Tag agierenden russischen Duma wurden, sofort als die ersten Soldaten sich ergaben, Gesetze vorgeschlagen, welche den Ausschluss von Asow-Soldaten vom Gefangenenaustausch vorsahen – was ein Bruch internationaler Vereinbarungen wäre. Ein anderes Gesetz sollte Asow zu einer ‚Terrororganisation‘ erklären – auch dies erstens rückwirkend, also juristisch willkürlich, und dazu noch unter Missachtung des Details, dass die Ukraine nicht Russland ist, so Leonid Wassiljewitsch Nikitinski.[98] Allgemein wurde mit propagandistischen Schauprozessen gerechnet.[99]
Das Abzeichen des Regiments zeigt eine blaue Wolfsangel auf gelbem Grund. Die Wolfsangel wurde auch von der SS-Verfügungsdivision genutzt. Zudem war auf dem ehemaligen Logo der Einheit, das bis zum 11. August 2015 genutzt wurde, eine Schwarze Sonne zu sehen, ein in der rechten Szene weit verbreitetes Symbol. Der ehemalige Kommandeur Bilezkyj stritt jedoch Verbindungen zwischen der genutzten Symbolik und dem Nationalsozialismus ab.[100]
In der Nachrichtensendung heute des ZDF vom 8. September 2014 wurde ein Video gezeigt, auf dem zwei Angehörige der Einheit an ihren Stahlhelmen nationalsozialistische Symbole wie das Hakenkreuz und die Siegrunen der SS trugen.[101][102]
Die Duldung rechtsextremer Kampfverbände durch die ukrainische Regierung wurde kritisiert.[14] Der ukrainische Politologe Anton Schechowzow bezeichnete das Bataillon 2014 noch als offen rechtsextrem. Die ukrainische Regierung – zu dieser Zeit das Kabinett Jazenjuk I – sei für die Mitglieder der Einheit nach wie vor ein Feind.[103] Auch die New York Times attestierte verschiedenen ukrainischen Milizen, die Vorstöße der Armee voraus auszuführen, was „chaotisch und gewalttätig“ aussehe (“The regular army bombards separatist positions from afar, followed by chaotic, violent assaults by some of the half-dozen or so paramilitary groups surrounding Donetsk who are willing to plunge into urban combat.”).[104] Innenminister Awakow bestätigte in einem Interview im Oktober 2014 zwar, dass „die meisten“ der Asow-Kämpfer „eine eigene Weltsicht“ hätten, bestritt aber den nationalsozialistischen Bezug der von ihnen verwendeten Symbole und hob stattdessen ihre so erworbenen Verdienste in der Verteidigung des Landes gegen die regierungsfeindlichen Kräfte hervor. Die Befürchtung, dass sich Freiwilligenverbände gegen die Regierung wenden könnten, wies er zurück.[105] Am 21. Juni 2014 bezeichnete Bilezkyj den von dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko zeitweise verhängten einseitigen Waffenstillstand als „strategischen Fehler“.[106][107] Nachdem das Regiment Asow am 12. November 2014 in die Nationalgarde eingegliedert wurde, bezeichnete der damalige ukrainische Präsident Petro Poroschenko die Angehörigen des Regiments bei einer Ordensverleihung als „unsere besten Kämpfer“ und „unsere besten Freiwilligen“.[108][109]
Am 11. Juni 2015 beschloss der US-Kongress, jegliche Hilfen für das Asow-Regiment zu unterbinden. Als Grund nannte er das offene Tragen rechtsextremer Symbole (Abzeichen) und dessen neonazistische Ansichten.[110]
Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2022-05-31 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=8309019