Regenbogenfahne

Ursprüngliche siebenstreifige Regenbogenfahne
Abgewandelte Regenbogenfahne als internationales Symbol für Homosexualität

Die Regenbogenfahne ist eine Form des Regenbogens als Symbol. Sie steht in zahlreichen Kulturen weltweit für Aufbruch, Veränderung und Frieden, und sie gilt als Zeichen der Toleranz und Akzeptanz, der Vielfalt von Lebensformen, der Hoffnung und der Sehnsucht.

Historische Verwendung

Die „Flagge von Tahuantisuyo“ in Cusco

Bauernkriege

Bereits in den deutschen Bauernkriegen wurden der Bundschuh und die Regenbogenfahne zum Zeichen einer neuen Zeit, der Hoffnung und Veränderung. Thomas Müntzer verband mit der Verkündigung des Evangeliums sozialrevolutionäre Forderungen. Er wird wie bei dem Müntzer-Denkmal in Stolberg oft mit einer Regenbogenfahne in der Faust abgebildet.

Inkareich und Stadt Cusco

Die Farben des Regenbogens wurden möglicherweise in einer Flagge des Inkareiches, des Tahuantinsuyo („Land der vier Teile“), verwendet. Die älteste dokumentierte Verwendung im Kontext der indigenen Bewegung in der Andenregion stammt jedoch aus der Zeit des peruanischen Aufstandes unter Tupaq Amaru II. in den 1780er-Jahren. Die nationale Akademie für peruanische Geschichte bezweifelt, dass das Inkareich überhaupt eine Flagge verwendet habe.

Seit 1978 ist die „Flagge von Tahuantisuyo“ (la bandera del Tahuantisuyo) offizielles Symbol der Stadt Cusco. Die sieben Farben sind von Rot nach Violett angeordnet.

Flaggenentwurf in Armenien

Der armenische Maler Martiros Sarjan aus Neu-Nachitschewan entwarf als Flagge für die von 1918 ausgerufene Demokratische Republik Armenien eine Regenbogenflagge. Diese setzte sich jedoch nicht durch. Stattdessen entschied man sich für eine rot-blau-orangefarbene Trikolore.

Friedensbewegung (PACE-Flagge)

Regenbogenfahne der Friedensbewegung („Pace-Flagge“)

Eine Form der Regenbogenfahne steht auch für die internationale Friedensbewegung: die Bandiera della Pace ist seit 1961 das Symbol der italienischen Friedensbewegung. Sie wurde von dem Friedensaktivisten Aldo Capitini entworfen und zum ersten Mal bei einem Friedensmarsch am 24. September 1961 verwendet.

Zum Zeichen des Protestes gegen den Irak-Krieg im Jahr 2003 flatterte sie von italienischen Häuserwänden und Balkons nach dem Aufruf Pace da tutti i balconi (‚Friede von allen Balkonen‘). Als Anti-Kriegs-Symbol fand die Regenbogenfahne daraufhin auch außerhalb Italiens Verbreitung und wurde in ganz Europa zum wichtigsten Symbol der Irakkriegs- und NATO-Gegner (PACE – no to nato)[1].

Regenbogenfahne auf einem Ostermarsch mit der hebräischen Schreibweise für Schalom und der arabischen für Salām

Die sieben Farben sind von Violett nach Rot angeordnet, steht also in Bezug auf den natürlichen Regenbogen kopfüber. Die PACE-Fahne zeigt sowohl Dunkel- als auch Hellblau. Die PACE-Fahne trägt in der Regel in weißer Schrift den Schriftzug PACE (dt. „Friede“), der manchmal auch ein- oder beidseitig durch Peace, Paix, Schalom bzw. das Wort „Frieden“ in der jeweiligen Landessprache ersetzt wird.

Die Reihenfolge der Farben wird im Lied Rosso, Arancio, Giallo… von Assalti Frontali aufgegriffen:

„Rosso, arancio, giallo, verde, azzurro, indaco, violetto, sul ponte sventola bandiera
Rosso, arancio, giallo, verde, azzurro, indaco, violetto
Questo e il mio colore, il posto dove stare“

Assalti Frontali, Rosso, arancio, giallo...

Verbreitet ist auch die Farbfolge Blau–Hellblau–Violett–Grün–Gelb–Orange–Rot und dem Pace-Schriftzug asymmetrisch auf Violett–Grün.[2]

„World Peace Flag“ des Weltfriedenskongresses

Van Kirk's World Peace Flag

James William van Kirk, ein Geistlicher aus Youngstown, Ohio, entwarf 1913 eine „Friedensflagge“ mit Regenbogenstreifen, Sternen und einem Globus. Mit dieser Flagge unternahm er zwei Friedensreisen durch Europa.[3] Der Weltfriedenskongress übernahm diese Flagge als „Flagge des Weltfriedens“.[4]

Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung

Regenbogenfahne als internationales schwul-lesbisches Symbol in The Castro (San Francisco)
Die Regenbogenfahne auf dem Christopher Street Day in Köln (2004)
… und beim Europride 2006 auf dem Piccadilly Circus in London
… und seit 2014 als Zebrastreifen in The Castro in San Francisco
Beflaggung der Rockefeller Plaza, New York City, anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums der Stonewall Riots 2019

Seit den 1970er-Jahren ist die Regenbogenfahne ein internationales schwul-lesbisches Symbol.

Das Regenbogenbanner, das in der Lesben- und Schwulenbewegung verwendet wird, unterscheidet sich von der PACE-Fahne in drei Details:

  1. Dieses Regenbogenbanner enthält nur sechs Farben.
  2. Die Farbtöne sind in umgekehrter Richtung angeordnet, mit den Rottönen oben und den Blautönen unten.
  3. Sie trägt keinen Schriftzug.

Neben dem Rosa Winkel, den schwule Lagerinsassen als Kennzeichnung in den nationalsozialistischen KZs tragen mussten, dem Red Ribbon, der Roten Schleife, die als Solidaritätszeichen für HIV-Infizierte und AIDS-Kranke dient und dem Lambda-Symbol, das vor allem in der DDR verbreitet war, ist die Regenbogenfahne ein weltweit etabliertes Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung.

Die Regenbogenfahne entwarf der amerikanische Künstler Gilbert Baker für den Gay Freedom Day 1978, den Vorläufer späterer Gay Prides. Sie gilt als Symbol für lesbischen und schwulen Stolz, sowie für die Vielfalt der Lebensweise von Lesben und Schwulen.[5]

Allerdings trugen bereits neun Jahre zuvor, beim Begräbnis der in Schwulenkreisen sehr beliebten Schauspielerin Judy Garland im Jahre 1969, einige Schwule Regenbogenfahnen. Diese waren eine Anspielung auf eines der bekanntesten Lieder von Garland, Over the Rainbow aus dem Film Der Zauberer von Oz (The Wizard of Oz), ein Lied über einen Ort, „an dem alles besser und gerechter ist“. Ob die Regenbogenfahne daraus hervorging, ist umstritten.

Im November 1978 wurde Harvey Milk, ein offen schwul lebendes Mitglied des Stadtrates von San Francisco, ermordet. Zu seinen Ehren und zum Zeichen der Solidarität beschlossen die Organisatoren der Schwulenparade von 1979, Bakers Flagge bei dem Protest- und Trauermarsch als Symbol zu verwenden. 2014 etablierte die City of San Francisco an der Hauptkreuzung inmitten der Castro Street Regenbogenstreifen anstatt der üblichen Zebrastreifen als Fußgängerübergang.

Die ursprüngliche Version der Fahne bestand aus acht Farbstreifen. Für die Massenproduktion und den Verkauf seiner „Gay Flag“ wandte sich Gilbert Baker an die in San Francisco ansässige Paramount Flag Company. Da das von Baker selbst gefärbte grelle Pink („Hot Pink“) damals industriell nicht herstellbar war, musste sie auf sieben Streifen reduziert werden.

Als die Fahne im November 1979 am Protest- und Trauermarsch verwendet wurde, entfernte das Komitee den türkisfarbenen Streifen, um die Farben gleichmäßig entlang der Paraden-Route aufteilen zu können: drei Farben auf jeder Straßenseite. Gleichzeitig wurde statt Indigoblau Königsblau verwendet.

  • (Hot Pink = „Sexualität“)
  • Rot = „Leben“
  • Orange = „Gesundheit“
  • Gelb = „Sonnenlicht“
  • Grün = „Natur“
  • (Türkis = „Kunst“)
  • Königsblau = „Harmonie“
  • Violett = „Geist“

Vereinzelt wird ein schwarzer Streifen hinzugefügt, er soll an die AIDS-Problematik erinnern. Zunächst wurde die Regenbogenfahne andersherum, nämlich von Violett nach Rot abgebildet. Nachdem die Feministinnen Violett als „ihre Farbe“ kürten, wurde der Regenbogen gedreht, Rot stand ab sofort oben. Inzwischen gibt es Bestrebungen wieder die originale achtstreifige Fahne zu etablieren, da Hot Pink inzwischen gefertigt werden kann und kein Bereich ausgeschlossen werden soll. Zu diesem Zwecke wurde am 15. Juni 2004 die größte Regenbogenfahne der Welt (2 km × 5 m, 3 t) längs der Duval Street in Key West gespannt.[6]

In Deutschland wurde die Regenbogenfahne erstmals 1996 an einem öffentlichen Gebäude gehisst. Auf Vorschlag des damaligen Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg SVD (heute LSVD) wurde die Fahne anlässlich des Lesbisch-schwulen Stadtfestes und des Christopher Street Days in Berlin an den Rathäusern von Schöneberg, Tiergarten und Kreuzberg gehisst. Dies zog den so genannten „Berliner Flaggenkrieg“ nach sich, in dem der damalige Berliner Innensenator Jörg Schönbohm über mehrere Jahre hinweg erfolglos versuchte, die Fahnenhissungen in den Berliner Bezirken unter Verweis auf die Berliner Flaggenverordnung zu verhindern. Seit dem Amtsantritt von Klaus Wowereit als Regierender Bürgermeister 2001 werden die Regenbogenfahnen von diesem gemeinsam mit Vertretern des LSVD jährlich zum Christopher Street Day am Roten Rathaus gehisst. LSVD-Geschäftsführer Jörg Steinert spricht inzwischen von einer Berliner „Tradition“.[7] Während der Bauarbeiten am Roten Rathaus findet die zentrale Flaggenhissung mit Regierendem Bürgermeister, LSVD Berlin-Brandenburg und einer (jährlich wechselnden) prominenten Person am U-Bahnhof Nollendorfplatz statt.

Vom 1. bis zum 30. Juni 2001 hing am Wiener Donauturm anlässlich der Veranstaltungen um den Europride 2001 die bis dahin größte Regenbogenfahne Europas (60 m × 6 m), welche vom Verein Austrian Gay Professionals gespendet worden war. Die „Eröffnungsveranstaltung“ fand im Beisein von Gilbert Baker statt.[8] Danach ging die Fahne in die nächste Europride-Stadt Köln.

Anfang Juni 2015 wurde die Fahne in die feste Kollektion des Museum of Modern Art in New York aufgenommen.[9]

Im Juli 2018 haben sechs Personen, LGBT-Aktivisten verschiedener Länder, in den Fahnenstreifen entsprechend gefärbten T-Shirts Russland bereist, sich zur „Flagge“ zusammengestellt und fotografieren lassen[10]. Diese Aktion führte über die Verbreitung in sozialen Netzwerken zu einer fälschlichen Annahme, dass die Regenbogenfahne in Russland per Gesetz verboten ist. Dabei wird Bezug genommen auf das 2013 erlassene Gesetz gegen das Betreiben der „homosexuellen Propaganda“ gegenüber Minderjährigen. Tatsächlich gab es im Juni 2015 lediglich einen Änderungsvorschlag des Duma-Abgeordneten Alexei Lissowenko (Алексей Лисовенко), der ein Verbot der Regenbogenflagge beinhaltete. Dieser Vorschlag wurde jedoch noch am selben Tag abgelehnt.

Fahne der Jüdischen Autonomen Oblast

Flagge der Jüdischen Autonomen Oblast in Russland

Die Jüdische Autonome Oblast im fernen Osten Russlands an der chinesischen Grenze verwendet als Fahne ebenfalls eine Form der Regenbogenfahne.

Regenbogenfarben von Greenpeace

Regenbogenflagge am Bug eines Greenpeace-Schiffes

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace verwendet das Regenbogensymbol auf Flaggen, allerdings in Form eines siebenfarbigen Bogens vor (meist) weißem Hintergrund. Verbunden ist damit eine in der Hippiebewegung kursierende Geschichte über eine indianische Regenbogenkrieger-Prophezeiung, welche auch namensgebend und identitätsstiftend für die Rainbow Family war bzw. ist.

Greenpeace nannte drei Schiffe Rainbow Warrior, diese zeigten auch die Regenbogengrafik.

International Co-operative Alliance

Auch die International Co-operative Alliance (ICA), ein internationales Bündnis von Genossenschaften, verwendete seit 1925 den Regenbogen und die Regenbogenfahne mit sieben Farben als Symbol. Um Verwechslungen mit heutigen, anderen Regenbogenfahnen zu vermeiden, wird seit 2001 ein neues Logo verwendet. Es zeigt den Teil eines sechsfarbigen Regenbogens, aus dem stilisierte Friedenstauben entstehen. Die siebte Farbe, Violett, findet sich im Schriftzug darunter wieder.[11]

Schriftzeichen

Im Unicode-Standard kann die Flagge als Kombination der Emojis 🏳️ (weiße Fahne) und 🌈 (Regenbogen), mit einem breitenlosen Verbinder verbunden, dargestellt werden: 🏳️‍🌈.[12]

Ähnliche Symbole

Weblinks

Commons: Regenbogenfahne – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Neue Zürcher Zeitung: Protest gegen Friedensfahnen-Verbot in Strassburg. 24. März 2009.
  2. Fahnen für den Frieden
  3. Corien Glaudemans, 'Een vredesapostel uit Ohio', in: Den Haag Centraal, 16. Oktober 2009.
  4. Devere Allen, „The Fight for Peace“. 1940. p.553.
  5. Erin Allday: Gilbert Baker, designer of gay pride rainbow flag, dies. sfgate.com, 1. April 2017, abgerufen am 4. April 2017.
  6. Axel Schock, Karin Schupp: Out-Takes, Querverlag, Berlin März 2005, ISBN 3-89656-116-2, S. 177, Stichwort: „Regenbogenfahne“
  7. Regenbogen-Flagge seltener am Rathaus. bz-berlin.de, 3. Juni 2010, abgerufen am 4. April 2017.
  8. Presseaussendung: AGPRO befestigen die größte Regenbogenfahne Europas am Donauturm (Memento des Originals vom 21. Juli 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mund.at, 1. Juni 2001
  9. Joe/MoMA: NYC: MoMA Adds Gilbert Baker's Rainbow Flag To Their Permanent Collection. In: Joe. My. God. 5. Juni 2015, abgerufen am 4. April 2017.
  10. Aktivisten „schmuggeln“ Regenbogenfahne nach Russland orf.at, 10. Juli 2018, abgerufen 10. Juli 2018.
  11. ICA website
  12. 🏳️‍🌈 Rainbow Flag Emoji. In: Emojipedia. Abgerufen am 18. Februar 2018 (englisch).

Information

Der Artikel Regenbogenfahne in der deutschen Wikipedia belegte im lokalen Ranking der Popularität folgende Plätze:

Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2021-06-29 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=134237