Ein Radfahrstreifen in Mittellage (kurz RiM, umgangssprachlich Fahrradweiche) ist eine Radverkehrsführung an Verkehrsknotenpunkten, bei der ein Radfahrstreifen mit unterbrochenen Leitlinien entlang der geradeaus führenden Fahrbahn verläuft oder einen eigenen Linksabbiegestreifen besitzt, der jeweils von dem abbiegenden Kraftverkehr überfahren werden darf. Dadurch kann der geradeaus verlaufende Radverkehr zusammen mit dem geradeaus verlaufenden Kraftverkehr mit einer Ampelphase über eine Kreuzung geleitet werden.
Radfahrstreifen in Mittellage werden in Deutschland seit den 1990er Jahren eingerichtet. Sie stehen unter Radaktivisten und Radverkehrsverbänden zunehmend in der Kritik, da durch den Einordnungsprozess ein Konfliktbereich geschaffen wird.[1]
Radfahrstreifen in Mittellage sind nicht in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung beschrieben. In den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen sind Hinweise zur direkten Linksabbiegeführung des Radverkehrs zwischen zwei Kfz-Fahrstreifen zu finden. Konkrete Erläuterungen zur Gestaltung und zu Führungsformen von Radfahrstreifen in Mittellage werden zudem in den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen erläutert. Diesen zufolge sei hierbei ein „besonderes Augenmerk auf die Entschärfung des Konflikts zwischen geradeaus fahrendem Radverkehr und rechts abbiegenden Kraftfahrzeugen“ zu legen. Den Empfehlungen nach sollte am Verkehrsknotenpunkt die Haltelinie des Radfahrstreifens gegenüber der Haltelinie des gleichgerichteten Kfz-Fahrstreifens je nach Radverkehrsaufkommen um mindestens drei bis fünf Meter vorgelagert sein. Damit sich der Radverkehr frühzeitiger als der Kfz-Verkehr im Konfliktbereich befindet, wird eine Ampelschaltung mit vorgezogener Grünphase für den Radverkehr empfohlen. Ferner empfiehlt das Regelwerk, den geradeaus führenden Radfahrstreifen links neben dem rechts abbiegenden Kfz-Fahrstreifen einzurichten.
In den 2005 von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen erarbeiteten Hinweisen zur Signalisierung des Radverkehrs werden Vorteile von Radfahrstreifen in Mittellage für die Verkehrssicherheit und den Verkehrsdurchlauf bei erhöhtem Kfz-Rechtsabbiegeverkehr beschrieben.[2]
Radfahrverbände kritisieren Fahrradweichen unter den politischen Schlagwörtern „Angstweichen“[3] und „Mordweichen“[4] als gefährliche Verkehrsführung und verweisen zudem auf eine subjektiv empfundene Unsicherheit von Radfahrern, wenn sie sich zwischen zwei Kfz-Streifen befinden. Insbesondere junge Menschen und Senioren nutzen Fahrradweichen kaum, wie in einer Studie der Technischen Universität Berlin festgestellt wurde.[2]
Als weiterer Nachteil gilt eine Rückstaugefahr durch den Kraftverkehr auf dem Radweg, was insbesondere bei erhöhtem Rechtsabbiegeverkehr geschehen kann. Während mit der Anlage von Radfahrstreifen in Mittellage insbesondere Rechtsabbiegeunfälle zwischen geradeaus fahrenden Radfahrern und rechts abbiegenden Fahrzeugen verhindert werden sollen, würden diese laut der Studie der Technischen Universität Berlin das Unfallrisiko jedoch lediglich vom direkten Querungsbereich in den Einfädelungsbereich vorverlagern. Das erhöhte Unsicherheitsgefühl führt dazu, dass Radfahrer verstärkt auf nicht für den Radverkehr zugelassene Straßenbereiche ausweichen und dort wiederum eine Gefährdung für den Fußverkehr darstellen können. Bei weiterem Fehlverhalten, beispielsweise wenn Radfahrer Vorfahrtsregeln missachten, wurde ebenfalls ein Anstieg verzeichnet.[1] Bei der Studie wurden in den Jahren von 2015 bis 2017 Fahrradweichen an 48 Verkehrsknotenpunkten in Berlin, Hannover und Leipzig im Hinblick auf die dort auftretende Unfallschwere untersucht. Im Ergebnis kam es nach der Einrichtung der Fahrradweichen zwar zu keinem Todesfall, jedoch stieg der Anteil der Unfälle mit Schwerverletzten von 9,8 auf 15,8 Prozent.
An Fahrradweichen ohne rote Einfärbung ist das Risiko schwerer Unfälle etwa doppelt so hoch wie an farblich hervorgehobenen Radfahrstreifen in Mittellage.[3]
In Berlin wurden Radfahrstreifen in Mittellage laut Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz unter anderem angelegt „um Rechtsabbiegerunfälle von geradeaus fahrenden Radfahrern und rechts abbiegenden Fahrzeugen entgegenzuwirken“. Neu angelegte Fahrradweichen wurden zuletzt mit roter Farbmarkierung bemalt. In den Berliner Ausführungsvorschriften zu § 7 des Berliner Straßengesetzes über Geh- und Radwege existieren keine Vorgaben für die Anlage von Radfahrstreifen in Mittellage.[2] Zuletzt standen Fahrradweichen in Berlin insbesondere nach Einführung des Mobilitätsgesetzes und der Umgestaltung der Verkehrsführung auf der Holzmarktstraße und an der Schillingbrücke in anhaltender Kritik. Im Mai 2020 gab die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in einem Bericht über die Erhöhung der Verkehrssicherheit von Kreuzungen an den parlamentarischen Hauptausschuss bekannt, keine Radfahrstreifen in Mittellage mehr einrichten zu wollen und stattdessen vorzugsweise getrennte Ampelphasen schalten zu wollen, sofern möglich.[5]
Laut Hamburger Regelwerk der Planungshinweise für Stadtstraßen, Teil 9 – Anlagen des Radverkehrs –, kann ein eigener Fahrstreifen für den Radverkehr auf der Fahrbahn an mehrstreifigen Knotenpunktzufahrten sicherer und sinnvoll sein. Konkret werden hierzu Vorbeifahrstreifen für den geradeaus fahrenden Radverkehr in Mittellage genannt. Diese entsprechen einem Schutzstreifen mit einer Mindestbreite von netto 1,25 Metern und werden bei einer Breite des Fahrstreifens von mindestens 3,50 Metern innerhalb dessen markiert. Damit verbleiben für den Kfz-Verkehr netto 2,25 Meter.[2]
Im April 2020 verständigten sich der rot-grüne Senat mit der Bürgerinitiative Radentscheid Hamburg im Rahmen eines Maßnahmenpakets unter anderem gegen den Bau weiterer Fahrradweichen[6] und auf eine Rotfärbung[7] der bereits existierenden.
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