Nikolas Löbel (* 17. Mai 1986 in Mannheim) ist ein ehemaliger deutscher Politiker (parteilos, bis März 2021 CDU). Von Oktober 2017 bis März 2021 (Mandatsniederlegung) war er Mitglied des Deutschen Bundestages. Durch die „Maskenaffäre“ um die Entgegennahme hoher Provisionen für Maskenverkäufe während der COVID-19-Pandemie und seinen darauf folgenden Rückzug aus der Politik erlangte Löbel bundesweite Bekanntheit.
Löbel wuchs in Mannheim-Seckenheim auf.[1] Seine Eltern sind Monika und Peter Löbel; er hat Geschwister und führte bis 2010 den Namen Koch-Löbel.[2] Nach dem Abitur am Lessing-Gymnasium Mannheim im Jahr 2006 studierte er zunächst Rechtswissenschaft an der Universität Mannheim, beendete das Studium aber ohne Abschluss, da er zwei Mal durch das erste juristische Staatsexamen fiel und kein weiteres Mal zur Prüfung antreten durfte.[3][4] Von 2013 bis 2014 absolvierte er ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der privaten Steinbeis-Hochschule Berlin und machte dort einen Bachelor of Arts (B.A.). Von 2012 bis 2019 absolvierte er das Hagener Management Studium als berufsbegleitendes Aufbaustudium am Hagener Institut für Management Studien. Er schloss es mit dem Master of Science (M.Sc.) der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der FernUniversität Hagen ab.
Im Jahr 2014 begann er bei einem mittelständischen Energieunternehmen im Bereich Projektmanagement zu arbeiten. Im Jahr 2015 gründete er die Löbel Projektmanagement GmbH. Von März 2017 bis Dezember 2020 war er mit Gregor Philipp Kewel und Thomas Podstawski geschäftsführender Gesellschafter der Immosites Projektentwicklung GmbH.[5]
Löbel engagiert sich seit seiner Jugend in der Politik: Er war Landesvorsitzender der Schüler Union Baden-Württemberg, später Kreisvorsitzender der Jungen Union Mannheim und war von 2011 bis 2017 Landesvorsitzender der Jungen Union Baden-Württemberg, die damals mit über 10.000 Mitgliedern der größte jugendpolitische Verband des Bundeslandes war.[5] Er bewarb sich bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2011 erfolglos um einen Platz im Landtag von Baden-Württemberg.[6]
2009 wurde Löbel Mitglied des Gemeinderates seiner Heimatstadt Mannheim. Im Jahr 2012 war er Mitglied der 15. Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland.[7] Vom 10. Oktober 2014 bis zu seinem Rücktritt am 7. März 2021 war er Kreisvorsitzender der CDU Mannheim und erwarb sich zunächst große Verdienste für seine Bemühungen um den Schuldenabbau im Verband.[8] Im Januar 2017 wurde Löbel stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion Mannheim. Er war Aufsichtsratsmitglied mehrerer öffentlicher und privater Gesellschaften und ist seit April 2017 Mitglied des Verwaltungsrates der Sparkasse Rhein Neckar Nord.
Bei der Bundestagswahl 2017 gewann Löbel das Direktmandat im Wahlkreis 275 (Mannheim) mit 29,3 zu 27,9 Prozent der Erststimmen gegen Stefan Rebmann (SPD)[5][9] und war der jüngste Politiker, der je für Mannheim in den Bundestag einzog.[10] Damit wurde Löbel Nachfolger von Egon Jüttner, der den Wahlkreis mit Unterbrechungen von 1990 bis 2017 vertrat. Danach kandidierte er nicht mehr als Vorsitzender der Jungen Union Baden-Württemberg.[11]
Am 8. März 2021 kündigte er nach Bekanntwerden der „Maskenaffäre“ und auf politischen Druck hin die sofortige Niederlegung seines Bundestagsmandats an, vollzog diesen Schritt laut Bundestagsverwaltung aber erst zum 10. März.[12][13] Zudem trat Löbel am 8. März auch aus der CDU aus.[14] Für ihn rückte Kordula Kovac in den Bundestag nach.[15]
Die politischen Schwerpunkte Löbels waren die Außen-, Sicherheits- und Kulturpolitik. Er hat die Schaffung eines Einwanderungs- und Integrationsgesetzes zur besseren Steuerung von Zuwanderung nach Deutschland gefordert. Löbel war ordentliches Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. Diesen Sitz gab er im Zuge der Berichterstattung über seinen Bezug von Geldleistungen für die Vermittlung von medizinischer Schutzausrüstung während der Corona-Krise im März 2021 ab.[16] Er war Obmann seiner Fraktion im Unterausschuss Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung, sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages.[5]
Im April 2020 vermittelte Löbel von seinem Bundestags-Mailkonto samt entsprechenden Kontaktdaten Verträge für Maskenlieferungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie für die Mannheimer Firma Avendi und die SRH Holding aus Heidelberg.[17] Die Schutzmasken aus China wurden über die Bricon Technology GmbH mit Sitz in Wurmlingen nach Deutschland geliefert. Dafür erhielt er nach eigenen Angaben eine Provision von 250.000 Euro.[18] Löbel bezeichnete diese im Rahmen seiner Abgeordnetentätigkeit als marktgerecht, räumte jedoch ein, ihm habe die Sensibilität gefehlt. Die Provision behielt er weiterhin ein.[19] Darüber hinaus erklärte eine der als Kundenreferenz genannten Firmen, die Orpea Deutschland GmbH, weder sie selbst noch irgendein anderes Mitglied der Unternehmensgruppe habe zu irgendeinem Zeitpunkt eine Geschäftsbeziehung mit Löbel oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen unterhalten.[20]
Jener Online-Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel vom 5. März 2021, in welchem erstmals darüber berichtet wurde, dass Löbel für die Vermittlung von Schutzmasken Provision verlangt und auch bekommen habe,[18] führte sofort zu heftiger Kritik aus allen Parteien an dessen Verhalten, auch innerhalb der Union.[21][22] Noch am selben Tag zog er sich aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestags zurück.[23] Am 7. März 2021 kündigte er in Reaktion auf die „Maskenaffäre“ an, sein Bundestagsmandat sowie seine Gemeinderatsmitgliedschaft in Mannheim am 31. August 2021 niederzulegen und nicht erneut für den Bundestag zu kandidieren.[24] Er werde mit sofortiger Wirkung seine Mitgliedschaft in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beenden und den Kreisvorsitz der Mannheimer CDU abgeben.[25] Er entschuldigte sich, „die Ansprüche an seine Ämter mit seinem Handeln“ verletzt zu haben.[26] Auch danach kritisierten ihn Politiker mehrerer Parteien weiter dafür, nicht sofort sein Mandat zurückzugeben. Er habe dadurch neben weiteren Abgeordnetendiäten und -pauschalen auch Anspruch auf ein zusätzliches Jahr bei der Altersentschädigung von Abgeordneten, bemerkte die unabhängige Organisation Abgeordnetenwatch.de unter Berufung auf das Abgeordnetengesetz.[27] Der CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet kritisierte mit Blick auf Löbels Verhalten eine „Raffke-Mentalität“ und distanzierte sich von Abgeordneten, „die nichts im Kopf hätten, als Geld zu verdienen.“[28] Am 8. März 2021 legte Löbel sein Bundestagsmandat auf politischen und medialen Druck mit sofortiger Wirkung nieder, um kurz vor zwei Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz „weiteren Schaden von seiner Partei abzuwenden“.[29] Der CDU Kreisverband Mannheim gab am selben Tag bekannt, dass Löbel „mit sofortiger Wirkung“ aus der CDU ausgetreten sei.[30] Der Bundesvorsitzende der FDP Christian Lindner äußerte sich wenig später über Löbel, dass eine „Spende der 250.000 Euro Zeichen der Reue“ wäre.[31] Am 9. März 2021 teilte die Staatsanwaltschaft Mannheim mit, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Löbel zu prüfen.[32] Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte die persönliche Bereicherung einzelner Bundestagsabgeordneter im Geschäft mit Gesichtsmasken scharf.[33]
Im Sommer 2020 wurde bekannt, dass Löbel sogenannte „Drehscheiben-Wohnungen“ der kommunalen Mannheimer Wohnungsbau-Gesellschaft GBG, deren Aufsichtsrat er zuvor gewesen war, an Mieter eines von ihm als Privatinvestment erworbenen Mehrparteienhauses in Neckarstadt-Ost vermittelte. „Drehscheiben-Wohnungen“ sind kommunale Wohnungen, welche von der GBG für eigene Mieter freigehalten werden, beispielsweise als Ersatzwohnung für den Fall von Sanierungen oder Reparaturen. Löbel habe Presseberichten zufolge als ehemaliger Aufsichtsrat der GBG Kenntnis haben müssen, dass für solche Wohnungen lediglich eine interne Vergabe an Mieter der GBG vorgesehen sei, nicht jedoch an Dritte.[34] Zwar habe Löbel zunächst Gästewohnungen angefragt, der Abschlussbericht der Compliance-Untersuchung der GBG vom September 2020 zu diesem Vorfall stellt jedoch fest, dass Löbel mitgeteilt wurde, dass es keine freien Gästewohnungen gebe, man ihm jedoch „Drehscheiben-Wohnungen“ anbieten könne. Dies sei auf einen Verstoß von Mitarbeitern gegen GBG-interne Regeln zurückzuführen.[35] Zeitgleich wurde bekannt, dass Löbel in jenem von ihm erworbenen Mehrparteienhaus Sanierungsmaßnahmen durchführte und infolgedessen Mieterhöhungen von vier auf über dem Mietspiegel liegende 14 Euro je Quadratmeter durchsetzte.[36] Darüber hinaus bot Löbel drei Wohnungen dieser Immobilie über die Online-Plattform Airbnb an, welche in der Kritik der Wohnraumzweckentfremdung steht.[37] Im Bundestagswahlkampf 2017 hatte sich Löbel noch als Befürworter einer gerechten Wohnungspolitik präsentiert. Löbels Vorgehen wurde vom Mieterverein Mannheim sowie von lokalen Vertretern verschiedener Parteien scharf kritisiert. Löbel dementierte ein Fehlverhalten seinerseits.[34]
Im Oktober 2020 geriet Löbel in die Kritik im Bezug auf die Vermietung eines Büroraumes der Mannheimer CDU-Kreisgeschäftsstelle an die Löbel Projektmanagement GmbH.[38] Die GmbH des Bundestagsabgeordneten überwies über mehrere Monate hinweg keine Miete an den CDU-Kreisverband.[39] Die Staatsanwaltschaft Mannheim prüft in diesem Zusammenhang den Anfangsverdacht für strafbares Verhalten gegen Löbel.[40]
Im September 2020 geriet er als Vermieter in die Kritik, nachdem er einem Mieter nach dessen sanierungsbedingtem Auszug die fristlose Kündigung ausgesprochen hatte. Zur Frage der einstweiligen Verfügung zur Wiedereinräumung des Besitzes der ehemaligen Wohnung unterlag Löbel in erster und zweiter gerichtlicher Instanz.[41] Er rechtfertigte die fristlose Kündigung als verhaltensbedingt, da er in Anwesenheit seiner Familie durch den Mieter wiederholt beleidigt und denunziert worden sei. Die Grenze des Zumutbaren sei überschritten gewesen. Dem widersprach der Mieter und es kam in der Folge zu mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen.[42] Das Mannheimer Landgericht entschied wie bereits das Amtsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zugunsten des Mieters. Das Hauptsacheverfahren zur Kündigung hingegen dauert noch an.[43]
Kritisch wurde dieses Vorgehen Löbels gesehen, da er noch im Wahlkampf 2017 plakatiert hatte, er werde für preisgünstigen Wohnraum besonders auch für Familien kämpfen.[44]
Löbel machte 2017 in einer Zeitungsanzeige für seine Wahlkampfaktion „Grill den Löbel“ Werbung und benutzte unerlaubt einen Sechserträger der Mannheimer Privatbrauerei Eichbaum.[45] Nach Beschwerden entfernte er die Bierwerbung vom Plakat.
Die beiden Bundestagsabgeordneten Egon Jüttner und Roderich Kiesewetter warfen Löbel 2016 vor, dass er sie zur verdeckten Parteienfinanzierung aufgerufen hätte. Löbel dementierte dies mit den Worten, der Vorwurf sei „völlig absurd und aus der Luft gegriffen“.[46]
Beim Landestag des CDU-Nachwuchses 2015 in Bad Saulgau (Kreis Sigmaringen) äußerte sich Nikolas Löbel abfällig über den damals 67-jährigen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, indem er diesem „Altersschwäche“ unterstellte. Drei Tage später relativierte er seine Aussage wieder; er habe nicht auf dessen Lebensalter Bezug nehmen wollen, sondern nur auf seine „politische Schaffenskraft“.[47]
Als Vorsitzender der Jungen Union Baden-Württemberg geriet Nikolas Löbel, sowohl aus der CDU als auch von Amnesty International, wegen eines geplanten Sponsorings in Höhe von 2.000 Euro durch ein Studentennetzwerk aus Aserbaidschan beim Landestag der Jungen Union Baden-Württemberg im Jahr 2012 in die Kritik. Das Sponsoring kam nicht zu Stande.[48] Das studentische Netzwerk unterstützt aserbaidschanische Studenten, Wirtschaftsinformatiker und Ingenieure und bezieht seine Gelder größtenteils vom staatlichen aserbaidschanischen Öl- und Gaskonzern SOCAR und anderen aserbaidschanischen Unternehmen. Aserbaidschan mit seinem autokratisch regierenden Machthaber Ilham Alijew wurde – und wird bis heute – wegen seiner mangelnden Einhaltung von Menschenrechten kritisiert.[49]
Im Bergkarabachkonflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien stellte sich Löbel ganz auf die Seite von Aserbaidschan, wobei er sich nach eigener Aussage auf die „Madrider Prinzipien“ berief. In diesen ist unter anderem die „Rückführung der sieben Provinzen in der Umgebung Berg-Karabachs unter aserbaidschanische Staatshoheit“ gefordert,[50] worauf Löbel auch Bezug nahm. Tatsächlich forderte Löbel dies aber nicht nur für jene Bergkarabach benachbarten aserbaidschanischen Provinzen, sondern auch für Bergkarabach selbst, wie es Aserbaidschan während der Armenisch-Aserbaidschanische Zusammenstöße 2020 verlangte. So schrieb Löbel, die Internationale Gemeinschaft betrachte „Berg-Karabach völkerrechtlich weiterhin als einen integralen Bestandteil der Republik Aserbaidschan.“ Es sei „dabei die Position Deutschlands wie der Europäischen Union, dass eine dauerhafte Lösung des Berg-Karabach-Konfliktes nur auf friedlichem Wege geschehen“ könne. Weder Deutschland noch die EU anerkenne die – so Löbel – „sogenannte ‚Republik Berg-Karabach‘ noch von diesem Regime durchgeführten ‚Wahlen‘“.[51] Des Weiteren sprach Löbel von der „Sehnsucht“ und vom „Willen des aserischen Volkes“, „das von Armenien annektierte Land wieder zurückzubekommen“.[52]
Löbel ist oder war Mitglied der überparteilichen Europa-Union Deutschland[53] und der Jungen Europäischen Föderalisten. Zudem ist Löbel Mitglied im Rotary Club Mannheim-Brücke.[17]
Personendaten | |
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NAME | Löbel, Nikolas |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (CDU), MdB |
GEBURTSDATUM | 17. Mai 1986 |
GEBURTSORT | Mannheim |
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