Michel aus Lönneberga (schwedisch Emil i Lönneberga) ist eine Kinderbuch-Romanfigur von Astrid Lindgren. Die Geschichten um seine Person wurden ab 1963 veröffentlicht und Anfang der 1970er Jahre verfilmt. Sie wurden in Buchform, als Hörspiel, als Fernsehserie und durch drei Spielfilme in ganz Europa Klassiker der Kinder- und Familienunterhaltung. Die deutschen Übersetzungen der Michel-Geschichten stammen von Karl Kurt Peters, Anna-Liese Kornitzky und Senta Kapoun. Die Romane wurden in 52 Sprachen übersetzt. Weltweit wurden davon über 30 Millionen Bücher verkauft.[1]
Im schwedischen Original trägt die Figur Michel den Namen Emil. Der Name wurde im Deutschen geändert, um Verwechslungen mit der Kinderbuchfigur Emil Tischbein aus Emil und die Detektive und Emil und die drei Zwillinge von Erich Kästner zu vermeiden.
Michel Svensson lebt Ende des 19. Jahrhunderts beziehungsweise Anfang des 20. Jahrhunderts (siehe auch unten den Abschnitt „Erzählte Zeit“) auf dem Hof Katthult im Dorf Lönneberga in Småland in Schweden zusammen mit Vater Anton, Mutter Alma, seiner Schwester Klein-Ida, dem Knecht Alfred und der Magd Lina. Dort und in ganz Småland erwirbt Michel sich den Ruf, ständig allerlei Unfug anzustellen.
Immer wenn Michel etwas angestellt hat, wird er in den Tischlerschuppen gesperrt bzw. flüchtet gleich selbst hinein, wo er dann aus Langeweile kleine Holzmännchen schnitzt. Da er viel Schabernack treibt, entsteht mit der Zeit eine beachtliche Holzmännchen-Sammlung.
Manches Missgeschick von Michel wird von den Erwachsenen fälschlicherweise als hinterlistiger Streich ausgelegt, nur weil die Folgen mit sehr viel Unannehmlichkeiten für die Eltern und die Bewohner von Lönneberga verbunden sind. So verschluckt Michel versehentlich ein Geldstück oder er fällt von Stelzen durch ein Fenster in eine Schüssel mit Blaubeersuppe, er stellt eine Mausefalle auf, in die sein Vater tritt, oder er sperrt den Vater unwissend im Toilettenhäuschen ein.
Michel ist im Grunde sehr hilfsbereit und gutherzig. So versucht er beispielsweise der Magd Lina auf vielfache Weise einen Zahn zu ziehen oder er lädt die Menschen aus dem Armenhaus am Weihnachtstag zu einem Festessen ein. Besondere Anerkennung bekommt Michel, als er den schwerkranken Knecht Alfred im schlimmsten Schneesturm allein mit dem Pferdeschlitten zum Arzt nach Mariannelund bringt und Alfred so vor dem tödlichen Ausgang einer schweren Blutvergiftung bewahrt.
Astrid Lindgren wählt für die Michel-Romane die Perspektive einer auktorialen Erzählerin, die angebliche Aufzeichnungen von Michels Mutter als Quelle benutzt. Diese Verdoppelung der Perspektive schafft die Möglichkeit, zwischen einem reinen Nacherzählen der Vorlage (die Aufzeichnungen der Mutter) und eingestreuten Kommentaren der Erzählerin zu wechseln.
Weiter wird erkennbar, dass Astrid Lindgren die Figuren ganz unterschiedlich aufstellt: Während Personen wie die Magd Lina und zum größeren Teil auch der Vater in ihren Handlungen recht vorhersagbar und stereotyp geschildert werden, ist ihr insbesondere bei Michel als Hauptperson an einer hochdifferenzierten Darstellung gelegen.
Das Verhältnis zum Vater und die darin schlummernden Konfliktpotentiale sind ein wesentlicher Antrieb für viele der erzählten Situationen. Gelegentlich – besonders deutlich zum Beispiel am Ende des Kapitels über die Auktion in Backhorva – wird sichtbar, dass Astrid Lindgren das Verhältnis zwischen Michel und seinem Vater nach dem klassischen Muster des Konflikts zwischen einem jungen Genie und einem alten Meister angelegt hat.
Die Schilderung von Einzelheiten des bäuerlichen Lebens und die Abwesenheit von motorgetriebenen Fahrzeugen legen eine zeitliche Einordnung der Geschichte am Ende des 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts nahe.
Diese zeitliche Einordnung lässt sich anhand von zwei realen Ereignissen, die in die Michel-Geschichten eingegangen sind, konkretisieren:
Weiterhin gab die Autorin in einem Interview um die Jahrtausendwende an, in Michel die Atmosphäre ihrer eigenen glücklichen Kindheit im ländlichen Vimmerby wiedergegeben zu haben; Astrid Lindgren wurde 1907 geboren.
Jedoch sagte Lindgren in einem weiteren Interview, dass die Welt, in der Michel lebte, ihrer eigenen Kindheit nur ähnlich, aber genau so gewesen sei, wie die Welt, in der ihr Vater gelebt habe, als er klein war.[2] Lindgrens Vater wurde 1875 geboren.
Daher galt sowohl die Kindheit des Vaters als auch ihre eigene Kindheit als Grundlage für die Michel-Romane, was eine genaue zeitliche Einordnung der Geschichten kaum möglich macht.
Michel aus Lönneberga entstand, als Lindgren eines Tages ihren dreijährigen Enkel beaufsichtigte, der aus Leibeskräften schrie. Astrid Lindgren fragte den Jungen, ob er wisse, was Michel eines Tages angestellt hatte. Da der Junge dies wissen wollte, musste er ruhig sein und zuhören. So kam es, dass Lindgren dem Jungen immer wieder von Michel erzählte und die Geschichten später aufschrieb.[3]
Laut Astrid Lindgren war ihr Vater Samuel August Ericsson früher genauso wie Michel. Ericsson berichtete Lindgren von seinen Erlebnissen in Småland, von denen Lindgren viele in ihre Geschichten einfließen ließ. So kommt der Pfarrer eines Tages nach Katthult. Die Knechte und Mägde müssen gute Bibelkenntnisse vorweisen. Die Magd Lina fällt jedoch durch, als sie auf die Frage nach den ersten Menschen mit Thor und Freya antwortet. Ericsson hatte seiner Tochter von genau solch einer Befragung berichtet, in der die Magd dasselbe wie Lina antwortete.[4]
Ab 1963 sind eine Vielzahl verschiedener Medien mit den Geschichten von Michel aus Lönneberga erschienen. Im Folgenden sind die für den deutschsprachigen Raum wichtigsten Veröffentlichungen aufgeführt.
Die drei Romane gibt es auch als Gesamtausgabe mit dem Titel Immer dieser Michel (Stora Emilboken, 1972).
Später wurden noch folgende neue Kurzgeschichten veröffentlicht:
Diese drei Geschichten sind auch in dem Sammelband Michel und Klein-Ida aus Lönneberga (Ida och Emil i Lönneberga, 1989) enthalten.
Ebenfalls sind bislang vier Bilderbuch-Ausgaben von den bekanntesten Michel-Geschichten mit Zeichnungen von Björn Berg erschienen:
Die vier Bilderbücher sind in dem Buch Das große Bilderbuch von Michel aus Lönneberga zusammengefasst.
Es erschienen zwei Folgen von Michel aus Lönneberga als Hörspiel. Die beiden Folgen Immer dieser Michel und Michel muss mehr Männchen machen stammen aus dem Jahr 1986 und wurden auf Kompaktkassette ausgeliefert.
In der Schweizer Hörspielfassung Immer dä Michel wurden die Geschichten von Michel an lokale Begebenheiten angepasst: Sein Name wurde in Michel vo der Schwand geändert und die Geschichten ins Entlebuch versetzt. Die Übertragung in Dialekt besorgte der Hörspielregisseur Geri Dillier, Erzähler ist Emil Steinberger. Das Kinderhörspiel erschien 1998/99 auf den drei Kassetten bzw. Compact-Discs De Michel i de Suppeschüssle, E Sougschicht und Es bsunders Fäscht.
In allen oben genannten Filmen spielt Jan Ohlsson den Michel. Der Dreh fand in Gibberyd, einem Ort in Rumskulla, in der Gemeinde Vimmerby statt.
Im Jahr 1973 entstand unter dem Namen Michel aus Lönneberga die deutsch-schwedische Serienfassung der Filme.
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