Lisa Eckhart oder Lisa Lasselsberger[1][2][3] (* 6. September 1992[4][5] oder 1991[3] in Leoben, Steiermark) ist eine österreichische Kabarettistin, Poetry-Slammerin und Romanautorin.
Lisa Lasselsberger wuchs zunächst in Sankt Peter-Freienstein bei ihren Großeltern auf,[6] da ihre Mutter zu dieser Zeit noch Lehramtsstudentin war.[7] Erst im Alter von sechs Jahren zog sie zu ihren Eltern nach Graz.[6] 2009 maturierte Lasselsberger am HIB Liebenau in Graz,[8] anschließend studierte sie Germanistik und Slawistik an der Sorbonne Nouvelle in Paris. Nach einem einjährigen Aufenthalt in London, wo sie unterrichtete, weil sie eigentlich wie ihre Mutter Lehrerin werden wollte,[7] zog sie nach Berlin.[4][9] Dort absolvierte sie ein Masterstudium an der Freien Universität Berlin. Ihre erste Masterarbeit zum Thema Weiblichkeit und Nationalsozialismus, ausgehend von Joseph Goebbels’ Tagebüchern wurde nach eigenen Angaben abgelehnt; in ihrer akzeptierten zweiten Masterarbeit befasste sie sich mit der Figur des Teufels in der deutschsprachigen Literatur. Nach dem Studium absolvierte Lasselsberger über zwanzig Vorsprechen an Schauspielschulen und begann mit Poetry-Slams.[7] Ende 2014 nahm sie an einem Seminar des Germanisten Reinhart Meyer-Kalkus zum Poetry Slam an der Universität Potsdam teil.[10]
In der Öffentlichkeit tritt Lasselsberger vor allem auf der Bühne lediglich als Lisa Eckhart auf. Eckhart ist der Nachname ihres Vaters.[11] Ihre Texte trägt sie vor Veröffentlichung telefonisch ihrer Mutter vor.[7] Neben ihrer deutschen Muttersprache spricht Lasselsberger Englisch, Französisch und Russisch.[9] Sie hatte einen Wohnsitz in Berlin und ab Ende 2016 einen weiteren in Wien.[12] Sie lebt in Leipzig.[13][14]
Im Oktober 2015 gewann sie als zweite Frau die österreichischen Poetry-Slam-Meisterschaften.[4][15] Bei der deutschen Poetry-Slam-Meisterschaft 2015 in Augsburg schied sie punktgleich mit dem späteren Sieger Jan Philipp Zymny per Losentscheid aus.[16]
Im November 2015 gab Eckhart mit Als ob Sie Besseres zu tun hätten ihr Kabarett-Solodebüt, mit dem sie unter anderem im Wiener Theater am Alsergrund auf der Bühne stand.[4][17] Beim Goldenen Kleinkunstnagel war sie 2015 eine von fünf Finalisten. Für ihr Soloprogramm wurde sie mit dem Förderpreis des Österreichischen Kabarettpreises ausgezeichnet.[18][19]
2016 war sie im Vereinsheim Schwabing im Bayerischen Rundfunk zu sehen. Im ORF war sie ab November 2016 Teil des Rateteams von Was gibt es Neues? in ORF 1[7] und im Juni 2016[15] sowie im Juni 2018[20] im TV-Talk STÖCKL. in ORF 2 zu sehen. 2017 war sie als Gast bei Pufpaffs Happy Hour, bei nuhr ab 18 von Dieter Nuhr, im WDR in den Mitternachtsspitzen und in der von Gerburg Jahnke präsentierten Sendung Ladies Night sowie im ORF in der von Hosea Ratschiller moderierten Sendung Pratersterne (ORF eins) zu sehen. Anfang 2018 hatte sie ihren ersten Auftritt bei nuhr im Ersten sowie in Die Anstalt und im November 2018 im ORF-Format DIE.NACHT – fahrlässig.[21]
Am 10. Jänner 2018 startete Lisa Eckhart ihr zweites Soloprogramm Die Vorteile des Lasters (Premiere im Kabarett Niedermair).[22] Im Juni 2019 stand sie damit beim Donauinselfest auf der Bühne.[23] Seit Anfang 2019 ist sie Stammgast in der mittlerweile wöchentlich ausgestrahlten ARD-Kabarettsendung nuhr im Ersten.
Auf Einladung des Kuratoren-Duos Daniela Strigl und Klaus Kastberger las sie beim Literaturfestival O-Töne 2020 aus ihrem Roman Omama.[24] Das Buch stand auf verschiedenen Bestsellerlisten und wurde von der Literaturkritik überwiegend skeptisch aufgenommen.[25][26]
Im August 2020 berichtete der Spiegel, dass das Hamburger Literaturfestival Harbour Front Lisa Eckharts geplanten Auftritt abgesagt hatte. Die Festivalleitung „sehe sich außer Stande, im Falle einer Lesung die ‚Sicherheit der Besucher und der Künstlerin‘ zu gewährleisten“. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Es ist unseres Erachtens sinnlos, eine Veranstaltung anzusetzen, bei der klar ist, dass sie gesprengt werden wird, und sogar Sach- und Personenschäden wahrscheinlich sind. Wir haben in den letzten Tagen bereits aus der Nachbarschaft gehört, dass sich der Protest schon formiert“. Im „bekanntlich höchst linken Viertel“ werde eine solche Veranstaltung nicht geduldet, auch an Polizeischutz sei nicht zu denken, weil „die Situation dann sogar noch eskalieren und gar zu Straßenscharmützeln führen“ könne.[27] Ihr Verlag teilte der Leitung des Festivals mit, dass sie das Angebot, am Wettbewerb um den Kühne-Preis 2020 über den Umweg einer Videolesung teilzunehmen, nicht annehmen werde. Mit Sascha Reh sah sich außerdem ein Schriftsteller außerstande, bei einer Veranstaltung zu lesen, „die sich nicht unmissverständlich hinter das Recht auf Freiheit in Kunst und Rede stellt – auch dann, wenn mit Krawall zu rechnen ist“. In einem offenen Brief verglich die Präsidentin des PEN-Zentrums Deutschlands Regula Venske die Vorgänge um Lisa Eckhart mit den gewalttätigen Anfeindungen, denen Erich Maria Remarque mit Im Westen nichts Neues ausgesetzt war.[28]
Am 11. August 2020 schrieb die FAZ über die „Furcht vor gewalttätigem Protest, die Unklarheit, ob es sich dabei um eine Warnung oder Drohung handelte, ob mit dem ‚Schwarzen Block‘ der Antifa zu rechnen war“.[29]
Die AfD Hessen postete nach Lisa Eckharts Ausladung vom Literaturfestival auf Facebook ein Foto von ihr. Die Autorin distanzierte sich von der Partei, Eckhart und der Verlag kündigten rechtliche Schritte an.[30][31]
Im Kontext der Debatten über Lisa Eckhart, Dieter Nuhr und Cancel Culture folgten unter anderem Kommentare von Knut Cordsen bei BR KulturBühne[32] und von Dirk Peitz in der Zeit[33] sowie zwei Deutschlandfunk-Kultur-Interviews mit Claus Leggewie[34] und mit Stefanie Sargnagel.[35] Auch ein Tagesspiegel-Kommentar von Malte Lehming,[36] Götz Alys Kolumne in der Berliner Zeitung,[37] ein Zapp-Kommentar von Sebastian Friedrich,[38] ein WELTplus-Artikel von Deniz Yücel,[39] ein Artikel von Michael Hanfeld in der FAZ[40] sowie Margarete Stokowski in ihrer Spiegel-Kolumne gingen auf die Debatte ein.[41]
Bei der Eröffnung des Harbour-Front-Literaturfestivals im September 2020 kritisierte Navid Kermani zwei Autoren, die es abgelehnt hatten, mit Lisa Eckhart auf der Bühne zu stehen, was zur Ausladung von Eckhart beigetragen hatte. Eckhart sei wegen ihres Debütromans Omama eingeladen worden, und „die Bühne ist ein öffentlicher Raum, und indem eine unabhängige Jury ihren Roman ausgewählt hat, stand ihr das gleiche Recht zu, diesen öffentlichen Raum zu betreten.“[42]
Die angeblichen Drohungen gegen den Veranstaltungsort stellten sich später als unrichtig heraus.[43] In der Folge wurde die Debatte über die Absage der Veranstaltung ohne tatsächlich stattgefundene Drohungen in einem Artikel der Zeit als „Gespensterdebatte“ bezeichnet.[44]
2020 wurde Lisa Eckhart für einen 2018 in der WDR-Sendung Mitternachtsspitzen gesendeten kabarettistischen Beitrag Antisemitismus vorgeworfen. In ihrem satirischen Beitrag Die heilige Kuh hat BSE[45] hatte Lisa Eckhart in ihrer bekannten sarkastischen Art und in Form einer Figurenrede die Frage gestellt, „was wir tun, wenn die Unantastbaren beginnen, andere anzutasten“: Wenn also Juden wie Harvey Weinstein oder Roman Polański, Schwarze wie Bill Cosby oder Morgan Freeman Frauen sexuell belästigten und Schwule wie Kevin Spacey Männer. Das sei „der feuchte Alptraum der politischen Korrektheit“.[46] Kritisiert wurde Lisa Eckharts Äußerung: „Juden, da haben wir immer gegen den Vorwurf gewettert, denen ginge es nur ums Geld, und jetzt plötzlich kommt raus, denen geht’s wirklich nicht ums Geld, denen geht’s um die Weiber, und deshalb brauchen sie das Geld.“ Tom Uhlig schrieb in der Jüdischen Allgemeinen, ihr kabarettistisches Rezept bestehe „im simplen Brechen von Tabus, die nie welche waren – auch in puncto Antisemitismus“.[47] Hengameh Yaghoobifarah kritisierte den Auftritt in der taz.[48] Währenddessen verteidigte Ariane Lemme, ebenfalls in der taz, ihn unter dem Titel Satire muss wehtun dürfen.[49]
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, bezeichnete Lisa Eckharts Einlage von 2018 als „geschmacklos und kritikwürdig“ und erklärte, ihre Pointen basierten auf „Antisemitismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit“.[50][51] Der WDR, der ihren Beitrag ausgestrahlt hatte, verteidigte Lasselsberger gegen den Vorwurf des Antisemitismus mit der Begründung, sie habe Vorurteile entlarven wollen.[52] Auch Henryk M. Broder in der Welt,[53] Gerhard Haase-Hindenberg in der Jüdischen Allgemeinen[54] und Götz Aly in der Berliner Zeitung[55] verteidigten Eckhart gegen den Vorwurf des Antisemitismus.
„Ich bin davon überzeugt, dass sehr viel dafür getan werden muss, um Menschen die Möglichkeit zu geben, so menschenwürdig zu leben, dass sie Stärke entwickeln können. […] Ich bin der Ansicht, dass Identitätsprobleme keine Priorität haben sollten, solange nicht jeder materiell-existenziell versorgt ist.“
„Rein sprachlich bin ich […] ein Goethe-Fan, auch in seiner Schlampigkeit und seinen Makeln, die der Faust hat. Von der Boshaftigkeit mit Humor sicherlich die Jelinek. Von der Bühnen-Präsenz wahrscheinlich doch Klaus Kinski (lacht). Sofern man ihn als Vorbild sehen kann. Aber vom Temperament her. Es ergibt alles ein Mosaik.
[Interviewerin] Deine veränderte Stimme auf der Bühne erinnert mich an die von Falco – ist dir das bewusst?
Bewusst ist mir gar nichts auf der Bühne. Auf jeden Fall ist er auch ein Vorbild von mir. Er hat mich schon sehr früh geprägt. Ich bewundere an Falco wahnsinnig seine unglaublich charmante Arroganz. Er hat mir beigebracht, dass Bescheidenheit auf der Bühne keinen Stil hat.“
Während ihrer Studienzeit an der Universität in Paris jobbte Lasselsberger als Hostess bei einer Agentur. Unter anderem wurde sie für den Pariser Autosalon gebucht. Über die dort herrschende „extrem antifeministische Struktur“[7] resümiert sie:
„Sind die Autoverkäufe nicht nach oben gegangen, wurden die Mädchen angewiesen, ihre Röcke weiter nach oben zu ziehen. Das war eine sehr wichtige Erfahrung für meine feministische Entwicklung, ist es doch einer der degradierendsten Berufe überhaupt.“
Karl Fluch spitzt Lisa Eckharts künstlerisches Wirken in der österreichischen Tageszeitung Der Standard wie folgt zu:
„Lisa Eckharts Kunst Kleinkunst zu nennen, wäre eine Geringschätzung. Dass Lisa Eckhart im Kabarett gelandet ist, war ja bloß ein Zufall. Aber gut, mischt sie halt dort auf. Irgendwo muss man ja beginnen.“
„Glamour und Kloake – in Lisa Eckharts Kunst hängt das eine symbiotisch am anderen. Daraus ergeben sich exquisite Sichtweisen, die ihrem Publikum manchmal fast die Luft nehmen.“
Personendaten | |
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NAME | Eckhart, Lisa |
ALTERNATIVNAMEN | Lasselsberger, Lisa (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichische Poetry-Slammerin und Kabarettistin |
GEBURTSDATUM | 1991 oder 6. September 1992 |
GEBURTSORT | Leoben |
Der Artikel Lisa Eckhart in der deutschen Wikipedia belegte im lokalen Ranking der Popularität folgende Plätze:
Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2021-06-13 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=9562985