Clemens Tönnies (ˈkleːmɛns ˈtœnjəs, * 27. Mai 1956 in Rheda, heute Ortsteil von Rheda-Wiedenbrück) ist ein deutscher Unternehmer. Er ist Miteigentümer der Unternehmensgruppe Tönnies Holding und war von 2001 bis 2020 Aufsichtsratsvorsitzender des FC Schalke 04.
Tönnies und seine sechs Geschwister wuchsen als Kinder eines Metzgers in Rheda auf. Nach Abschluss der Volksschule 1970 machte Tönnies ebenfalls eine Ausbildung zum Metzger, obwohl er zunächst Radio- und Fernsehmechaniker werden wollte. Von 1976 bis 1978 absolvierte er eine Weiterbildung zum Fleischtechniker in Kulmbach.[1][2] Er lebt in Rheda-Wiedenbrück, ist in zweiter Ehe verheiratet und hat zwei Kinder.[3]
Sein älterer Bruder Bernd (1952–1994) gründete 1971 ein Unternehmen für Fleisch- und Wursthandel in Rheda. Gemeinsam bauten sie in den 1970er-Jahren die B. & C. Tönnies Fleischwerk GmbH & Co. KG (heute Tönnies Holding) auf, die zu einem der größten Fleischproduzenten Europas wurde. Bernd Tönnies starb 1994 im Alter von 42 Jahren nach einer Nierentransplantation. Er hinterließ seinen zwei Söhnen, Robert und Clemens jun., ein Millionenvermögen und die 60 % Eigentumsrechte seines Unternehmens.
Clemens Tönnies übernahm 1994 die Geschäftsführung und verantwortet seitdem die Konzernentwicklung der Tönnies Holding.[4][5]
Im Jahr 1994 wurde Tönnies Mitglied des Aufsichtsrates des FC Schalke 04 und ab 2001 war er dessen Vorsitzender.[6] Darüber hinaus ist er erster Vorsitzender des Schützenvereins zu Rheda e. V. von 1833. Am 30. Juni 2020 trat Clemens Tönnies, mit sofortiger Wirkung, von allen Ämtern bei Schalke 04 zurück.[7]
Im Zuge der langjährigen Verbindung zum halbstaatlichen russischen Schalke-Sponsor Gazprom pflegt Tönnies ein freundschaftliches Verhältnis zu Wladimir Putin.[8]
Clemens Tönnies ist mit Margit Tönnies verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder.[9]
Das US-Magazin Forbes schätzt sein Vermögen 2021 auf etwa 1,6 Milliarden US-Dollar.[10]
Im Jahr 2012 ermittelte die Steuerfahndung gegen Clemens Tönnies wegen Steuerhinterziehung.[11]
Im Januar 2013 verhängte das Bundeskartellamt gegen Clemens Tönnies ein Bußgeld in Höhe von 90.000 Euro (bei einem Bußgeldrahmen von 100.000 Euro), weil Clemens Tönnies bei der Fusionskontroll-Anmeldung des Erwerbs des Schlachtunternehmens Tummel durch die Tönnies Holding seine Beteiligung an der Zur-Mühlen-Gruppe verschwiegen hatte.[12] Diese Beteiligung war für das Bundeskartellamt von erheblicher Bedeutung bei seiner Entscheidung, den Erwerb von Tummel zu untersagen.
Laut dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel und der Wochenzeitung Die Zeit war Tönnies einer der Prominenten, die mit Cum-Ex-Geschäften Geld vom Finanzamt erlangten, bei denen sie sich Ertragsteuern erstatten ließen, die sie zuvor gar nicht abgeführt hatten.[13][14]
Im Jahr 2016 konnte das Bundeskartellamt eine Geldbuße in Höhe von 128 Millionen Euro wegen erwiesener Preisabsprachen an die Tochterunternehmen Böklunder, Plumrose und Karl Könecke Fleischwarenfabrik nicht eintreiben, weil Tönnies die Aktivitäten dieser Firmen auf andere Gesellschaften der Zur-Mühlen-Gruppe übertragen und diese Tochterfirmen anschließend hat liquidieren lassen. Da die Tochterfirmen rechtlich nicht mehr existierten, gab es für die Bußgeldbescheide keinen Adressaten mehr, und die Bußgeldverfahren wurden eingestellt.[15] Als Folge dieser Vorgänge verabschiedete das Bundeskabinett im September 2016 eine Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), um diese Gesetzeslücke zu schließen.
2019 sorgte Tönnies mit einer umstrittenen, vielfach als rassistisch kritisierten Aussage beim regionalen Tag des Handwerks Paderborn in Paderborn für einen Eklat. In einem frei gehaltenen Vortrag zum Thema „Unternehmertum mit Verantwortung – Wege in die Zukunft der Lebensmittelerzeugung“ kritisierte er die Idee, bestimmte Steuern für den Kampf gegen den Klimawandel zu erhöhen. Tönnies forderte in dem Vortrag Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) auf:
„Der Bundesentwicklungsminister solle stattdessen Kraftwerke in Afrika finanzieren, der spendiert dann jedes Jahr 20 große Kraftwerke nach Afrika. Dann hören die (Afrikaner) auf, die Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, wenn wir die nämlich elektrifizieren, Kinder zu produzieren.“
Tönnies entschuldigte sich später nach einsetzender massiver Kritik für seine Aussage, er „stehe als Unternehmer für eine offene und vielfältige Gesellschaft ein“.[17] Bundesjustizministerin Christine Lambrecht kritisierte die Aussage als „dumpfen Rassismus“.[18] Dagmar Freitag, Sportausschuss-Vorsitzende im Bundestag,[19] forderte die Ethikkommission des DFB auf, sich mit dem Vorfall zu beschäftigen.[20] Auch der DFB-Integrationsbeauftragte Cacau[21] und Schalkes Vereinsbotschafter Gerald Asamoah[21] stuften die Äußerung als rassistisch ein, ebenso Maram Stern vom Jüdischen Weltkongress.[22][23] Bei Asamoah entschuldigte sich Tönnies persönlich.[24]
Huub Stevens, Sigmar Gabriel und Wolfgang Kubicki hingegen traten dem Rassismus-Vorwurf bald nach Bekanntwerden entgegen.[25][26] Günter Nooke, Persönlicher Afrikabeauftragter der Bundeskanzlerin, betonte, dass über die von Tönnies angesprochenen „realen Probleme“ wie das Verschwinden des Regenwaldes und die Bevölkerungsentwicklung in Afrika gesprochen und gegebenenfalls kontrovers diskutiert werden müsse. Leider erschwerten Sätze wie die von Tönnies die konstruktive Diskussion: „Wir müssen uns alle um eine angemessene Sprache bemühen. Jeder sollte sich mit Respekt behandelt fühlen.“[27]
Im August 2019 befasste sich der Ehrenrat des FC Schalke 04 mit Tönnies’ Äußerungen.[28] Er stufte die Rassismusvorwürfe als „unbegründet“ ein, warf Tönnies in der offiziellen Mitteilung allerdings vor, „gegen das in der Vereinssatzung und im Leitbild verankerte Diskriminierungsverbot verstoßen zu haben.“[29] Tönnies legte sein Amt daraufhin für drei Monate nieder und kehrte anschließend zurück.[30] Diese Maßnahme stieß auf Kritik.[31][32][33][34]
Im Juni 2020 ergaben behördlich angeordnete Massentests auf das SARS-CoV-2-Virus, dass sich im Tönnies-Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück von etwa 7000 Tönnies-Werksmitarbeitern mindestens 1500 mit dem Virus infiziert haben (Stand 23. Juni 2020).[35] In einem Brief forderte Robert Tönnies am 17. Juni 2020 den Rücktritt seines Onkels aus der Geschäftsführung und warf der Geschäftsleitung und dem Beirat des Konzerns unverantwortliches Handeln sowie die Gefährdung des Unternehmens und der Bevölkerung vor.[36] Am 18. Juni 2020 demonstrierten Eltern mit ihren Kindern vor Clemens Tönnies’ Haus, da wegen der Infektionsgefahr Schulen und Kindergärten geschlossen wurden.[37]
Am 20. Juni erklärte Clemens Tönnies bei einer Pressekonferenz, er wolle die Branche verändern. Es wurde wenig später bekannt, dass Robert Tönnies seit Jahren vergeblich versucht, Werkverträge im Unternehmen abzuschaffen und Maßnahmen für mehr Tierwohl durchzusetzen, aber immer an Clemens Tönnies scheiterte.[38]
Als Folge des Corona-Ausbruchs regt der schleswig-holsteinische SPD-Fraktionschef Ralf Stegner eine Haftstrafe für Clemens Tönnies an:
„Da findet richtige Ausbeutung statt. Er (Clemens Tönnies) hat eine Menge damit zu tun, dass wir da einen Corona-Hotspot hatten. So jemand braucht nicht staatliche Hilfe durch Steuergelder, der sollte zur Verantwortung gezogen werden. Vielleicht kommt er irgendwann in staatliche Kost und Logis.“
Nach dem massiven Corona-Ausbruch im Tönnies-Fleischwerk in Rheda-Wiedenbrück wurde aus Fankreisen des FC Schalke 04 Tönnies’ Rückzug vom Schalker Aufsichtsratsvorsitz gefordert, so bei einer Menschenkette von rund 1000 Anhängern rund um das Vereinsgelände am 27. Juni 2020.[42][43][44][45][46][47] Den Rücktrittsforderungen kam Tönnies schließlich am 30. Juni 2020 mit sofortiger Wirkung nach und legte sein Amt als Aufsichtsratsmitglied beim FC Schalke 04 nieder. Neben dem Vorsitz des Aufsichtsrats trat er vom Wirtschafts- und dem Eilausschuss des Klubs zurück.[48]
Personendaten | |
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NAME | Tönnies, Clemens |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Unternehmer und Fußballfunktionär |
GEBURTSDATUM | 27. Mai 1956 |
GEBURTSORT | Rheda |
Der Artikel Clemens Tönnies in der deutschen Wikipedia belegte im lokalen Ranking der Popularität folgende Plätze:
Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2021-06-13 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=4366211