Chuck Yeager

Chuck Yeager, 1950
Chuck Yeager signature.SVG

Charles Elwood „Chuck“ Yeager (* 13. Februar 1923 in Myra, West Virginia; † 7. Dezember 2020 in Los Angeles, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Fliegerveteran des Zweiten Weltkriegs, Testpilot und Brigadegeneral. Als offiziell erster Mensch durchbrach er 1947 die Schallmauer im Horizontalflug. In der Folgezeit stellte Yeager weitere Geschwindigkeits- und Höhenrekorde auf.

Leben

Frühe Jahre

Yeager war das zweite der fünf Kinder der Landwirte Susie Mae und Albert Hal Yeager. Er hatte zwei Brüder, Roy und Hal jr., sowie zwei Schwestern, Doris Ann und Pansy Lee.

Yeager schloss die High School in Hamlin, West Virginia ab. Seine erste Begegnung mit dem Militär hatte er bei der Teilnahme am Citizens Military Training Camp im Fort Benjamin Harrison 1939 und 1940.

Zweiter Weltkrieg

Yeager meldete sich am 12. September 1941 als Freiwilliger bei den US Army Air Forces und wurde in Victorville Army Air Field, Kalifornien, zum Flugzeugmechaniker ausgebildet. Im Juli 1942 begann er im Rahmen des „Flying Sergeants“-Programms mit dem Flugtraining. Bei seinem ersten Flug wurde er luftkrank, was ihn allerdings nicht abschreckte. Bald wurde sein außergewöhnliches fliegerisches Talent erkennbar. Am 10. März 1943 erhielt er seinen Flugschein und die Beförderung zum Flight Officer in Luke Field, Arizona. Er wurde der 357th Fighter Group in Tonopah, Nevada, zugeteilt und begann seine Kampfpilotenausbildung auf einer Bell P-39.

Chuck Yeager vor dem Cockpit der Bell X-1

Im Dezember 1943 wurde Yeagers Gruppe nach Europa verlegt und in Großbritannien auf der RAF-Station Leiston stationiert. Er flog dort eine P-51 Mustang, die er nach seiner Freundin und späteren Ehefrau Glennis Faye Dickhouse „Glamorous Glennis“ taufte. Nach einem Luftsieg wurde Yeager bei seiner achten Mission über Frankreich am 5. März 1944 abgeschossen. Mit Hilfe der französischen Résistance gelang ihm am 30. März die Flucht nach Spanien; er kehrte am 15. Mai nach Großbritannien zurück. Trotz der Regelung, Piloten, die aus einem besetzten Land fliehen konnten, zum Schutz der Widerstandsgruppen nicht mehr über feindlichem Gebiet fliegen zu lassen, gelang es Yeager, wieder als Kampfpilot über Europa eingesetzt zu werden, nachdem er zusammen mit dem geflüchteten Bomberpiloten Capt. Fred Glover am 12. Juni 1944 ein Gespräch mit dem obersten alliierten Kommandeur, General Dwight D. Eisenhower, geführt hatte. Da die Invasion Europas schon begonnen hatte und sich die Maquis-Widerstandsgruppen im offenen Kampf mit der deutschen Wehrmacht befanden, konnten Yeager und Glover bei einer eventuellen Gefangennahme ihre Retter nicht mehr in Gefahr bringen. Nachdem Eisenhower die Erlaubnis des Kriegsministeriums eingeholt hatte, in diesem Fall selbst zu entscheiden, kam er dem Wunsch der beiden Piloten nach. Kurze Zeit später wurde Yeager das erste Fliegerass der 357th Fighter Group welches fünf Feindflugzeuge während eines einzigen Einsatzfluges abschießen konnte("ace in a day")[1]. Hierfür wurde er mit dem Silver Star ausgezeichnet.

Chuck Yeager, 1969
Chuck Yeager im Cockpit einer NF-104, 4. Dezember 1963

Yeager beendete den Krieg mit 11,5 offiziellen Abschüssen, wobei ihm am 6. November 1944 ein Luftsieg über ein Strahlflugzeug, eine Me 262, gelang. Zu den 11,5 Abschüssen kommt ein weiterer während eines Trainingsfluges in der Zeit, als er nach seiner Flucht noch nicht wieder zu Kampfeinsätzen zugelassen war. Er schoss hierbei eine Ju 88 ab, die eine beschädigte B-17 Flying Fortress angriff, und rettete somit der B-17-Besatzung das Leben. Da er befehlswidrig angegriffen hatte, wurde der Film aus seiner Schießkamera, der den Abschuss dokumentierte, seinem Flügelmann Eddie Simpson übergeben und diesem somit der Luftsieg zugesprochen. Yeager flog seine 61. und letzte Mission im Zweiten Weltkrieg am 15. Januar 1945 und kehrte im Februar 1945 im Rang eines Captains in die USA zurück. Am 26. Februar 1945 heiratete er Glennis Dickhouse, die er schon während seiner Ausbildung kennengelernt hatte.

In seiner Autobiografie beschreibt Yeager, dass er einen Befehl zum Beschuss von „allem, was sich bewegte“ (“strafe anything that moved”) in einem festgelegten Gebiet auf deutschem Boden erhielt. Ziel dieser Tieffliegerangriffe sei die Demoralisierung der Bevölkerung gewesen. Yeager schrieb, dass er beim Briefing seinem Nachbarn sagte, dass es besser sei, auf der Siegerseite zu stehen, wenn er an diesen Einsätzen teilnehme.[2]

Chuck Yeager, 1959

Der Flug durch die „Schallmauer“

Chuck Yeager, 2000

Yeager blieb nach dem Krieg in der Air Force und wurde Testpilot. Er wurde neben weiteren Piloten wie Bob Hoover ausgewählt, im Rahmen eines Forschungsprogramms das raketengetriebene Flugzeug Bell X-1 zu fliegen. Yeager gab dem experimentellen Flugzeug den Spitznamen „Glamorous Glennis“, nach seiner Ehefrau Glennis. Am 14. Oktober 1947 gelang Yeager mit diesem Flugzeug in einer Höhe von 13.100 m (43.000 ft[3]) das Durchbrechen der Schallmauer. Unter Temperatur- und Luftdruckbedingungen, bei denen die Schallgeschwindigkeit 1060 km/h beträgt, erreichte er eine Geschwindigkeit von 1125 km/h bzw. Mach 1,06. Anders als bei früheren, nicht belegten Flügen mit Überschallgeschwindigkeit, war hierfür jedoch kein Sturzflug nötig gewesen.

Zwei Tage vor diesem Flug hatte er sich bei einem nächtlichen Ausritt mit seiner Frau zwei Rippen gebrochen; er hatte beim Heimritt zu spät erkannt, dass ein Gatter geschlossen war. Aus Angst, nicht zum Flug zugelassen zu werden, ging er nicht in das Krankenhaus seines Stützpunktes, sondern zu einem Tierarzt in der Umgebung und erzählte nur seinem guten Freund Jack Ridley von den gebrochenen Rippen. Diese Verletzung machte es für Yeager unmöglich, die Luke der X-1 zu schließen, sodass ihm Ridley das Ende eines Besenstiels besorgte, das Yeager als Hebel zum Schließen der Luke verwenden konnte.[4] Für den ersten offiziellen Überschallflug wurden ihm 1948 die MacKay Trophy, die Collier Trophy sowie 1954 die Harmon International Trophy verliehen. Die Bell X-1 befindet sich heute in der ständigen Ausstellung des National Air and Space Museum der Smithsonian Institution.

Weitere Tätigkeit bei der U.S. Air Force

Später brach Yeager zahlreiche weitere Geschwindigkeits- und Höhenrekorde. Außerdem flog er als erster amerikanischer Pilot eine MiG-15, mit der sich zuvor ein nordkoreanischer Pilot nach Südkorea abgesetzt hatte. In der zweiten Jahreshälfte 1953 gehörte Yeager zu dem USAF-Team, das an der Entwicklung der X-1A arbeitete. Dieses Flugzeug wurde konstruiert, um Mach 2 im Horizontalflug zu erreichen. Im selben Jahr begleitete er in einem Verfolgungsflugzeug seine enge Freundin Jacqueline Cochran, als sie als erste Frau ein Flugzeug mit Überschallgeschwindigkeit flog. Nachdem Scott Crossfield mit einer Douglas Skyrocket der NACA am 20. November als erster Mensch Mach 2 im Horizontalflug überschritten hatte, entschieden sich Yeager und Ridley, mit der „Operation NACA Weep“ diese Leistung zu übertreffen. Dies gelang ihnen mit ihrem Team am 12. Dezember 1953, als sie eine Geschwindigkeit von Mach 2,44 erreichten. Allerdings verlor Yeager hierbei die Kontrolle über die X-1A. Erst nach einem 51 Sekunden dauernden Trudeln über alle drei Achsen bekam er die Maschine wieder unter Kontrolle und konnte sicher landen.

Zwischen Mai 1955 und Juli 1957 kommandierte Yeager die mit F-86H Sabre ausgerüstete 417th Fighter-Bomber Squadron (50th Fighter-Bomber Wing), die in Hahn im Hunsrück und im lothringischen Toul-Rosières stationiert war. Während seiner Zeit in Deutschland war er Mitglied des Segelflugclubs am Mont Royal bei Traben-Trarbach. Von 1957 bis 1960 kommandierte er die mit F-100D ausgestattete 1st Day Fighter Squadron, die auf der George Air Force Base in Kalifornien und im andalusischen Morón stationiert war.

Nach einem Jahr Studium am Air War College wurde Yeager der erste Kommandant der USAF Aerospace Research Pilot School, die zuvor als USAF Flight Test Pilot School bezeichnet worden war. Sie diente zur Ausbildung von Astronauten für die NASA und die USAF. Dazu wurden unter anderem NF-104 – umgebaute F-104 Starfighter mit einem zusätzlichen Raketentriebwerk – verwendet. 1963 musste sich Yeager bei einem dieser Flüge aus seiner unkontrollierbar gewordenen Maschine herauskatapultieren. Während des Fluges kollidierte er mit seinem Schleudersitz, dessen immer noch glühender Raketentreibstoff in seinen mit reinem Sauerstoff gespeisten Helm eindrang. Yeager zog sich dabei schwere Verbrennungen zu, besonders im Gesicht und an einer Hand, da er versucht hatte, sein Helmvisier zu öffnen. Nach der Landung wurde er von einem Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht, wo er einen Monat lang blieb. Nach seiner Entlassung musste ihm unter großen Schmerzen die Kruste, die sich auf seinen Wunden gebildet hatte, entfernt werden. Bis auf zwei verlorene Fingerspitzen und einige Narben erholte sich Yeager jedoch wieder völlig. Während seiner Zeit an dieser Schule flog Yeager auch die M-2 „Lifting Body“.

1966 übernahm Yeager das Kommando über die 405th Tactical Fighter Wing auf der Clark Air Base auf den Philippinen. Er flog 127 Einsätze über Südvietnam und Südost-Asien, meistens in einer B-57, einem leichten Bomber. Im Februar 1968 wurde ihm das Kommando über die 4th Tactical Fighter Wing in Seymour Johnson Air Force Base, North Carolina übertragen. Außerdem führte er die F-4 Phantom-Wing während der Pueblo-Krise in Südkorea.

Am 22. Juni 1969 wurde Yeager zum Brigadegeneral befördert und im Juli desselben Jahres zum stellvertretenden Kommandeur der Seventeenth Air Force ernannt. 1971 wurde er auf Geheiß des damaligen Botschafters Joe Farland nach Pakistan gesandt, um die dortigen Luftstreitkräfte zu beraten. Während des Bangladesch-Krieges wurde bei einem indischen Luftangriff auf den Luftwaffenstützpunkt Chaklala seine zweimotorige Beechcraft zerstört, woraufhin er einen amerikanischen Vergeltungsschlag gefordert haben soll.[5]

Ziviles Leben danach

Chuck Yeager, kurz bevor er in eine F-15D als Copilot einsteigt, 2012

Am 1. März 1975 schied Yeager im Rang eines Brigadegenerals aus dem aktiven Dienst der US-Luftwaffe aus. Trotzdem flog er noch gelegentlich für die USAF und die NASA als beratender Testpilot auf der Edwards Air Force Base. Yeagers Flugerfahrung umfasste insgesamt rund 17.000 Flugstunden auf 208 verschiedenen Flugzeugtypen.[6] Er absolvierte niemals ein College, war laut eigenem Bekunden bescheiden in seinen Ansprüchen und wurde als einer der talentiertesten Piloten der USA betrachtet.

1986 wurde er von Präsident Reagan in die Rogers-Kommission zur Aufklärung der Challenger-Katastrophe berufen.

1990 starb seine Frau Glennis, mit der er vier Kinder hatte. Von 2003 bis zu seinem Tod war er mit seiner zweiten Frau Victoria D’Angelo verheiratet.[7]

Am 14. Oktober 2012, 65 Jahre nach seinem ersten Überschallflug, flog Yeager im Alter von 89 Jahren noch einmal mit Überschallgeschwindigkeit in einer F-15 Eagle, gesteuert von Captain David Vincent, die von der Nellis Air Force Base startete.[8]

Yeager starb am 7. Dezember 2020 in einem Krankenhaus in Los Angeles im Alter von 97 Jahren.[7]

Ehrungen

1985 überreichte US-Präsident Ronald Reagan Yeager die Freiheitsmedaille („The Presidential Medal of Freedom“), die höchste zivile Auszeichnung der USA. Am 29. Mai 2018 wurde ein Asteroid nach Chuck Yeager benannt: (16425) Chuckyeager.[9]

Vermarktung

Einige Unternehmen nutzten Yeagers Popularität in der Werbung; so veröffentlichte der US-amerikanische Computerspielehersteller Electronic Arts zwischen 1987 und 1991 insgesamt drei Flugsimulator-Programme, die Yeagers Namen tragen: Chuck Yeager’s Advanced Flight Trainer (1987),[10] Chuck Yeager’s Advanced Flight Trainer 2.0 (1989)[11] und 1991 Chuck Yeager’s Air Combat[12]. Yeager wirkte bei der Entwicklung dieser Software mit und führte den Spieler (im ersten Spiel noch per Tonbandkassette, später per Sprachausgabe) durch spezielle Übungsszenarien.

Verfilmung

In dem US-Film Der Stoff, aus dem die Helden sind von 1983 wird Chuck Yeager von Sam Shepard gespielt. Yeager selbst hat in dem Film einen Auftritt als Statist in der Bar, am Anfang des Films.

Werke

  • Chuck Yeager, Charles Leerhsen: Press on! Further adventures in the good life. Bantam Books, Toronto u. a. 1988, ISBN 0-553-05333-7.
  • Chuck Yeager, Leo Janos: Yeager. An autobiography. Bantam Books, Toronto u. a. 1986, ISBN 0-553-25674-2. Deutsche Ausgabe: Yeager: schneller als der Schall; die Autobiographie des legendären Fliegergenerals. Goldmann-Verlag, München 1987, ISBN 3-442-08789-9.

Einzelnachweise

  1. Five-Victory ME-109 Report | General Chuck Yeager. Abgerufen am 14. April 2021 (amerikanisches Englisch).
  2. Chuck Yeager, Leo Janos: Yeager. An Autobiography. Bantam, Toronto/New York 1986, ISBN 0-553-25674-2, S. 79–80 (englisch).
  3. Military Factory – Aircraft, Vehicles, Artillery, Small Arms and Naval developments throughout recorded history. (militaryfactory.com [abgerufen am 7. Januar 2017]).
  4. Jürgen Schelling: Mit Mach 1 in die Geschichtsbücher. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 8. Dezember 2020, abgerufen am 12. Dezember 2020.
  5. Admiral Arun Prakash: How I crossed swords with Chuck Yeager. (englisch)
  6. f-16.net
  7. a b Richard Goldstein: Chuck Yeager, Test Pilot Who Broke the Sound Barrier, Is Dead at 97. In: The New York Times, 7. Dezember 2020. Abgerufen am 8. Dezember 2020 (englisch).
  8. Rogers, Keith. "Brig. Gen. Chuck Yeager re-enacts historic flight to break sound barrier." Las Vegas Review-Journal, 12. Oktober 2012 (englisch)
  9. Eintrag beim JPL der NASA (Englisch)
  10. „Chuck Yeager’s Advanced Flight Trainer“ auf Flight Simulation Museum (Memento vom 18. Juni 2008 im Internet Archive) (englisch)
  11. „Chuck Yeager’s Advanced Flight Trainer 2.0“ auf Home of the Underdogs (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive) (englisch)
  12. „Chuck Yeager’s Air Combat“ auf Home of the Underdogs (Memento vom 26. Mai 2008 im Internet Archive) (englisch)

Literatur

  • Michael Martin: Chuck Yeager. Lucent Books, San Diego CA 2003, ISBN 1-59018-284-7.
  • Colleen Madonna Flood Williams: Chuck Yeager. Chelsea House Publishers, Philadelphia PA 2003, ISBN 0-7910-7216-9.
  • Georg Mader: Chuck Yeager gestorben. In: FliegerRevue Nr. 2/2021, S. 52–53

Weblinks

Commons: Chuck Yeager – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Information

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Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2021-06-13 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=189583