Boris Herrmann

Herrmann auf der Neutrogena (links, mit schwarzweißen Segeln) beim Start zum Barcelona World Race 2010/2011

Boris Herrmann (* 28. Mai 1981 in Oldenburg) ist ein deutscher Berufs-Segelsportler.

Sportlicher Werdegang

Als Sohn segelbegeisterter Eltern wuchs er in Oldenburg auf. Schon als Säugling wurde er aufs elterliche Boot mitgenommen. Er verbrachte viel Zeit seiner Kindheit und Jugend auf dem elterlichen Boot im nahen Wattenmeer und später auf Ost- und Nordsee.[1] Schon mit drei Jahren ist er wegen Atemwegsproblemen auf ärztlichen Rat möglichst viel zum Boot mitgenommen worden und konnte auf Sandbänken in der Nordsee spielen. Nach ersten Segelregattaerfahrungen in den Klassen Optimist, 420 und 470 stieg Herrmann zusammen mit seinem Schulfreund Julian Kleiner auf die anspruchsvolle 2-Mann-Jolle 505er um. In dieser Zeit begann Hasso Plattners Engagement in dieser Klasse[2] mit der Sponsorship von wichtigen Regatten wie Welt- und Europameisterschaften. Plattner lud Herrmann und Kleiner als aufstrebende Talente zu Trainingseinheiten in Übersee ein, wo sie mit semiprofessionellen Kreisen in Kontakt kamen.[1][3] Parallel dazu segelte Herrmann als 19-Jähriger und damit jüngster Segler die Mini-Transat-Regatta von Frankreich nach Brasilien, die er mit Platz 11 unter 84 Teilnehmern abschloss.

Nach dem Abitur am Neuen Gymnasium Oldenburg studierte Herrmann neben seinen sportlichen Aktivitäten Ökonomie in Bremen mit dem Schwerpunkt Nachhaltiges Management und schloss mit der Note 1,8 ab.[1]

Als 22-Jähriger kaufte er eine Class40-Yacht nur Monate vor dem Artemis Transat Rennen, das er nach kurzer Vorbereitung hinter Giovanni Soldini auf Platz 2 beendete. Daraufhin fand er mit dem segelbegeisterten Unternehmer Niels Stolberg einen Sponsor für das Portimão Global Ocean Race. Erstmals nach dem Whitbread Round the World Race 1989/1990, das 2001 in Volvo Ocean Race umbenannt wurde, gelang damit einem deutschen Profiteam auf einem deutschen Schiff ein Etappensieg und schließlich der Gesamtsieg bei einem internationalen Hochseerennen.

Giovanni Soldini kaufte später den VOR 70 Maserati und spezialisierte sich auf Regatten und Rekordfahrten über die Ozeane. Die folgenden fünf Jahre nahm Herrmann neben anderen seglerischen Aktivitäten als Navigator an mehreren Rennen auf der Maserati teil, darunter Kapstadt nach Rio, New York nach San Francisco und San Francisco nach Shanghai.

Im November 2015 startete Herrmann als Crewmitglied des Trimarans IDEC Sport den Versuch, bei der Jules Verne Trophy die Erde in Rekordzeit zu umsegeln. Den Weltrekord von 45 Tagen und knapp 14 Stunden verpasste das Team aufgrund ungünstiger Wetterlagen im Südatlantik. Die Zeit der IDEC Sport lag bei 47 Tagen, 14 Stunden, 47 Minuten und 38 Sekunden.[4] Im Herbst 2016 nahmen Herrmann und die Crew der IDEC Sport einen neuen Anlauf, den Versuch brachen sie wetterbedingt nach sechs Tagen ab.[5] Im selben Winter startete die IDEC Sport erneut zu einem Rekordversuch, diesmal ohne Boris Herrmann, der sich dem Aufbau seines IMOCA-Projekts widmete.[6]

Schon früh gab Herrmann sein Ziel aus, die Vendée Globe 2016 zu bestreiten, scheiterte jedoch bei dem Versuch, Sponsoren zu finden. Stattdessen nahm er 2010/11 am Barcelona World Race auf einer gecharterten Imoca teil, das er zusammen mit seinem amerikanischen Co-Skipper Ryan Breymaier auf Platz 5 beendete.

Über sein Engagement auf Soldinis Maserati lernte Herrmann Pierre Casiraghi kennen, den Präsidenten des Yacht Clubs von Monaco, und gründete mit ihm das Yachtsyndikat Team Malizia. Sie fanden einen privaten Förderer aus Deutschland, der die Imoca Edmond de Rothschild, ex Gitana 16 kaufte.[7] Die 2015 gebaute Yacht segelt unter dem Namen Malizia II mit Herrmann als Skipper Seeregatten. Zusammen mit Thomas Ruyant erreichte er beim Transatlantikrennen Transat Jacques Vabre den fünften Platz. Auf Herrmanns Initiative hin wurde in die Yacht ein automatisches Labor der Gemeinschaftsinitiative des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, des Kieler Forschungsnetzwerks „Ozean der Zukunft“ und des Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg verbaut, das regelmäßig die Temperatur, den CO2-Gehalt, den pH-Wert und den Salzgehalt im Wasser misst und jede 20 Sekunden über Funk an eine Datenbank sendet.[8][9]

Schließlich fand er ein internationales Logistikunternehmen als Sponsor, um an der Vendée Globe 2020/21 teilzunehmen.[10] Der Sponsor benannte die Yacht in Seaexplorer – Yacht Club de Monaco um. Boris Herrmann nahm mit seiner Yacht 2020/2021 als erster Deutscher – abgesehen von der Deutsch-Französin Isabelle Joschke – an der prestigeträchtigen Regatta teil, die am 8. November 2020 vor Les Sables-d’Olonne im Département Vendée in Frankreich startete.[11][12] Während der Vendée Globe war Herrmann im Südpolarmeer an der Such- und Rettungsaktion für den schiffbrüchigen französischen Teilnehmer Kevin Escoffier beteiligt, der schließlich von Jean Le Cam an Bord genommen wurde.[13] Die Beteiligung brachte ihm eine Zeitgutschrift von sechs Stunden ein.[14] Am Tag vor seiner Ankunft in Les Sables rammte seine Yacht, noch in dritter Position im Rennen, in der Bucht von Biscaya das Fischereifahrzeug Hermanos Busto[15][16] und wurde derart schwer beschädigt, dass Herrmann lediglich mit reduzierter Geschwindigkeit den Zielhafen erreichen konnte[17] und unter Berücksichtigung der Zeitgutschrift den fünften Platz belegte.

Am 8. Februar 2021 wurde er Sieger der 2018–21 IMOCA Globe Series Championship, vor Yannick Bestaven und Charlie Dalin.[18]

Sportliche Erfolge

Herrmanns Imoca-Yacht: ehemals Gitana 16, jetzt Seaexplorer - Yacht Club de Monaco
Cockpit der Gitana 16, jetzt Malizia II bzw. Seaexplorer - Yacht Club de Monaco
Bootsklasse Platz Regatta Jahr Bemerkungen
505er 1 Deutsche Meisterschaft 2007
505er 1 EuroCup 2005
505er 6 Weltmeisterschaft 2006
Classe Mini 11[19] Mini Transat 2001 einhand
Classe Mini 10 Mini Fastnet 2001 einhand
Class40 1 Portimão Global Ocean Race 2008/09 mit Felix Oehme
Class40 2 Artemis Transat 2008
Imoca 5 Barcelona World Race 2010/11 mit Ryan Breymaier
Imoca 4[20] Transat Jacques Vabre 2017 mit Thomas Ruyant
Imoca 3[21] Rolex Fastnet Race 2017 mit Pierre Casiraghi
Imoca 5[22] Route du Rhum 2018 einhand
Imoca 7[23] Rolex Fastnet Race 2019 mit Will Harris
Imoca 12[24] Transat Jacques Vabre 2019 mit Will Harris
Imoca 7[25] Vendée-Arctique - Les Sables d'Olonne[26] 2020 einhand
Imoca 5[27] Vendée Globe 2020/21 einhand

Auszeichnungen

  • 2009: Trans-Ocean-Preis[28]
  • 2010: German Offshore Award – Senatspreis der Freien und Hansestadt Hamburg[29]
  • 2021: IMOCA Globe Series Champion 2018–2021

Ausbildung und Engagement

Herrmann studierte in Bremen Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit.[30]

Zusammen mit seiner Frau Birte Lorenzen-Herrmann unterrichtet er Schüler zum Thema Klimawandel und zu den Weltmeeren.[31][32][30]

Atlantiküberquerung mit Greta Thunberg

Greta Thunberg in Montréal (2019)

Im August 2019 brachte Herrmann die Klimaaktivistin Greta Thunberg auf der Yacht Malizia II von Plymouth nach New York City, wo sie beim Klimagipfel während der Generalversammlung der Vereinten Nationen von 23. bis 29. September 2019 an Gesprächen über die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen teilnehmen wollte. Die Crew bestand außer Herrmann aus Gretas Vater Svante Thunberg, dem Filmemacher Nathan Grossman und Pierre Casiraghi, dem Gründer vom Team Malizia und Co-Skipper Herrmanns. Für die Überquerung des Nordatlantik waren 14 Tage eingeplant.[33][34] Am 14. August 2019 legte die Reisegruppe unter starker Medienbeobachtung in Plymouth zur Atlantiküberquerung ab. Die Malizia II erreichte ihr Ziel am 28. August 2019.[35]

Medienberichten zufolge verursachte die Reise allerdings einen deutlich größeren Treibhausgasausstoß, als wenn Greta Thunberg mit ihrem Vater in die USA geflogen wäre. Nach Aussage des Teams war geplant, dass mehrere Mitarbeiter die Yacht zurück nach Europa segeln und hierfür mit dem Flugzeug in die Vereinigten Staaten reisen. Auch Herrmanns Rückreise sollte mit dem Flugzeug stattfinden. Die aufwändige Medienberichterstattung über ihre Abreise aus Plymouth hat nach Schätzungen einen größeren CO2-Ausstoß verursacht als ein einfacher Flug.[36][37] Im Zusammenhang mit dieser Reise gerieten auch klimakritische Aktivitäten Casiraghis als Mehrheitsaktionär der Fluggesellschaft Monacair in den Fokus der Berichterstattung.[38] Allerdings glich das Team Malizia nach eigenen Angaben schon seit 2018 seinen gesamten CO2-Ausstoß einschließlich aller Flüge durch Kompensationszahlungen aus.[39][40]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Carsten Kemmling: Ein Wille, ein Weg. In: Yacht. Nr. 12, 2008, ISSN 0043-9932, S. 55 ff. (borisherrmannracing.com [PDF]).
  2. Zu Plattners Engagement in der 505-Klasse. Abgerufen am 6. Januar 2021 (englisch, Interview).
  3. Karsten Kemmling: „Langsam kann ich nicht“. (PDF) In: Yacht. 2005, abgerufen am 6. Januar 2021.
  4. Rasanter Ritt mit offener Rechnung - News | Team Malizia & Boris Herrmann Racing - Professional sailing team racing around the world. 8. Januar 2016, abgerufen am 6. Januar 2021 (amerikanisches Englisch).
  5. Herrmanns Weltrekordversuch abgebrochen - News | Team Malizia & Boris Herrmann Racing - Professional sailing team racing around the world. 27. November 2016, abgerufen am 7. Januar 2021 (amerikanisches Englisch).
  6. Yacht Magazin: Boris Herrmann sagt Jules-Verne-Rekordversuch ab. Abgerufen am 7. Januar 2021.
  7. Carsten Kemmling: Boris Herrmann: Boot für die Vendée Globe gekauft – Standby-Phase für Jules Verne gestartet. In: SegelReporter. Abgerufen am 6. Januar 2021.
  8. Ozeanbeobachtungen für die Klimaforschung mit der SY Malizia. In: GEOMAR-News. Abgerufen am 1. Februar 2021.
  9. Team Malizia’s mission is to further scientific ocean research, with the help of a SubCTech ocean sensor originally installed on Seaexplorer - Yacht Club de Monaco in 2018 and updated in 2020. In: Homepage Boris Herrmann. Abgerufen am 1. Februar 2021 (englisch).
  10. Norddeutscher Regatta Verein. Abgerufen am 14. Januar 2021.
  11. Start der Vendée Globe: „Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht“ In: faz.net. 7. November 2020.
  12. Olaf Kanter, Anne Armbrecht: Boris Herrmann startet bei der Vendée Globe: Die Angst vor dem Wal segelt mit. In: Der Spiegel. 28. Oktober 2020, abgerufen am 28. Oktober 2020 (Interview, eingeschränkter Zugriff).
  13. Vendée Globe: Geglückte Rettungsaktion - Herrmann beteiligt. In: ndr.de. 1. Dezember 2020, abgerufen am 7. Dezember 2020.
  14. Boris Herrmanns Segelkrimi vor der Entscheidung. In: Süddeutsche Zeitung. 27. Januar 2021, abgerufen am 27. Januar 2021.
  15. NDR: Kollision bei Vendée Globe: Kapitän weist Vorwürfe zurück. Abgerufen am 28. Januar 2021.
  16. Fischereifahrzeug 'Hermanos Busto' zur Langleinenfischerei, Treibnetzfischerei. In: vesselfinder. Abgerufen am 7. Februar 2021.
  17. Olaf Kanter: Kollision in der Biskaya: Weltumsegler Boris Herrmann berichtet auf YouTube, was passiert ist. In: DER SPIEGEL. Abgerufen am 28. Januar 2021.
  18. Boris Herrmann is the Globe Series 2018-2021 Champion. 8. Februar 2021, abgerufen am 10. Februar 2021 (englisch).
  19. Ergebnisse Mini Transat 2001 abgerufen 25. Dezember 2020 (englisch).
  20. Standings. Abgerufen am 17. Januar 2021 (englisch).
  21. Standings. Abgerufen am 17. Januar 2021 (englisch).
  22. Cartographie Tracking IMOCA tracking.routedurhum.com. Abgerufen am 19. November 2018 (englisch).
  23. Standings. Abgerufen am 17. Januar 2021 (englisch).
  24. Standings. Abgerufen am 17. Januar 2021 (englisch).
  25. Standings. Abgerufen am 17. Januar 2021 (englisch).
  26. Vendée-Arctique-Les Sables d'Olonne. Abgerufen am 17. Januar 2021 (englisch).
  27. Ranking - Vendée Globe - En. Abgerufen am 28. Januar 2021 (englisch).
  28. TO-Preis2009 trans-Ocean.org. Abgerufen am 1. August 2018
  29. German Offshore Owners Association Boris Herrmann und Felix Oehme gewinnen German Offshore Award ger-oo.de vom 15. Februar 2010
  30. a b Peter Wenig: Hamburger startet bei härtester Regatta der Welt – allein. In: Hamburger Abendblatt. 7. November 2020, abgerufen am 14. Januar 2021.
  31. Live Video-Konferenz mit Segler Boris Herrmann. In: HKW. Abgerufen am 25. Dezember 2020.
  32. Hamburger Klimawoche mit Segler Boris Herrmann. In: Yacht. 23. September 2019, abgerufen am 25. Dezember 2020.
  33. Vor Segel-Reise nach Amerika: Beste Weltumseglerin hat wichtige Botschaft für Greta Thunberg. In: Float Magazin auf Focus Online, 31. Juli 2019, abgerufen am 11. August 2019.
  34. Sophie Laufer: Das erwartet Greta Thunberg auf Boris Herrmanns Segelyacht. In: Hamburger Abendblatt. 9. August 2019, abgerufen am 11. August 2019.
  35. Greta Thunberg in New York angekommen. In: Spiegel Online, 28. August 2019.
  36. Jost Maurin: Gretas Törn schädlicher als Flug. In: TAZ, 15. August 2019, abgerufen am selben Tag.
  37. Benedikt Fuest: Jetzt ist Greta Thunbergs Segeltrip nicht mehr sauber. In: Die Welt, 15. August 2019, abgerufen am selben Tag.
  38. Segeltörn soll klimaschädlicher sein als Flugreise. In: Die Zeit, 15. August 2019, abgerufen am 16. August 2019.
  39. joe/dpa: Ist Greta Thunbergs Segelreise nach New York doch nicht klimafreundlich? In: Spiegel Online, 15. August 2019, abgerufen am 16. August 2019.
  40. Kai Müller, Julia Weiss, Oliver Bilger, Max Kuball, Matthias Jauch, Ragnar Vogt: „Wie Camping auf einer Achterbahn“. In: Der Tagesspiegel, 17. August 2019, abgerufen am 18. August 2019.

Information

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