Birgit Malsack-Winkemann (geborene Malsack; * 12. August 1964 in Darmstadt) ist eine deutsche Richterin und Politikerin der Alternative für Deutschland (AfD). Seit Dezember 2022 gilt sie als mutmaßliches Mitglied der rechtsterroristischen Patriotischen Union aus der Reichsbürgerszene.
Sie ist Mitglied des Bundesschiedsgerichts der AfD und war von 2017 bis 2021 Mitglied des 19. Deutschen Bundestags.[1] Nach ihrem Ausscheiden war sie wieder als Richterin am Landgericht Berlin tätig. Am 7. Dezember 2022 wurde sie bei einer großangelegten Razzia wegen des dringenden Verdachts der Bildung einer terroristische Vereinigung und aus Anlass des Verdachts der Staatsstreich-Planung festgenommen.
Malsack-Winkemann erlangte 1983 das Abitur am 1971 gegründeten Gymnasium Karlsbad und legte das Erste Staatsexamen der Rechtswissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1989 ab. Sie wurde 1991 mit der Arbeit „Die Stellung der Verteidigung im reformierten Strafprozess : eine rechtshistorische Studie anhand der Schriften von C. J. A. Mittermaier“ promoviert und legte 1993 in Stuttgart das Zweite Staatsexamen ab.[2] Ab 1993 war sie Richterin im Land Berlin bis zu ihrem Einzug in den Bundestag 2017.[3][4] Sie ist Mutter zweier Kinder und geschieden.
Nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag kehrte Malsack-Winkemann in den Justizdienst des Landes Berlin zurück und war als Richterin am Landgericht Berlin in einer für Baurecht zuständigen Zivilkammer tätig.[5] Justizsenatorin Lena Kreck hatte aufgrund von Zweifeln an der Verfassungstreue und der Gewährleistung von diskriminierungsfreien Verfahren den Antrag gestellt, sie in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, um eine „schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege“ abzuwenden.[6][7] Das Richterdienstgericht lehnte den Antrag am 13. Oktober 2022 ab.[8][9][10] Das Dienstgericht durfte seiner Ansicht nach bei seiner Entscheidung nicht die Äußerungen als Abgeordnete im Bundestag zu Grunde legen (vgl. Indemnität).[9] Das Land Berlin legte nach Malsack-Winkemanns Festnahme Berufung gegen die Entscheidung zum Dienstgerichtshof beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg ein.[11][12]
Am 7. Dezember 2022 wurde der Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts per Eilverfügung geändert; Malsack-Winkemann schied aus der Zivilkammer aus, stand aber weiterhin als Richterin auf einer sogenannten Bereitschaftsliste.[13] Nach ihrer Festnahme leitete das Landgericht Berlin ein Disziplinarverfahren gegen sie ein.[14] Dies könnte dazu führen, Malsack-Windemann aus dem Dienst zu entfernen und ihr das Ruhegehalt abzuerkennen.[15]
Im April 2013 trat Malsack-Winkemann in die AfD ein. Von 2015 bis 2017 war sie stellvertretende Vorsitzende des AfD-Bezirksverbandes Steglitz-Zehlendorf. Im März 2017 warb sie bei der Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahl 2017 mit der Forderung nach geschlossenen Grenzen für sich und kündigte an, „für unser Land kämpfen“ zu wollen.[16] Eines der politischen Themen ihrer Bewerbungsrede vor dem Landesparteitag war die Verteilung der Steuerlast in Deutschland.[17] Der Landesparteitag wählte sie auf Platz 4 der Berliner AfD-Landesliste.
Zu ihren weiteren politischen Positionen wollte sie sich im Wahlkampf nicht äußern, da für Richter das Mäßigungsgebot gelte. Sie könne dann etwas zu ihren Positionen sagen, wenn ihr Richteramt ruhe.[18]
Erik Peter aus dem Politik-Ressort der taz schrieb im April 2017 über Malsack-Winkemann, dass „grenzwertige Äußerungen von ihr […] bislang […] nicht bekannt“ seien.[19] Seine Kollegin Malene Gürgen, taz-Redakteurin im Berlin-Ressort, meinte jedoch im Oktober 2017, dass Malsack-Winkemann „einer größeren Öffentlichkeit bisher zwar kaum aufgefallen“ sei, auf Parteitagen jedoch bewiesen habe, dass sie sich „auf flüchtlingsfeindliche Hetzreden“ verstehe.[20]
Im 19. Deutschen Bundestag war Malsack-Winkemann stellvertretende Vorsitzende im Unterausschuss zu Fragen der Europäischen Union. Darüber hinaus gehörte sie als ordentliches Mitglied dem Haushaltsausschuss und als stellvertretendes Mitglied dem Finanzausschuss sowie dem Gemeinsamen Ausschuss an.[4]
Mehrfach schlug die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag Malsack-Winkemann für einen Sitz im Vertrauensgremium vor, das unter anderem über die vertraulichen Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste des Bundes entscheidet.[21] Der Deutsche Bundestag lehnte die Wahlvorschläge jeweils ab.
Malsack-Winkemann behauptete 2018 im Deutschen Bundestag, dem deutschen Gesundheitssystem entstünden „Milliardenkosten, weil Flüchtlinge ihre Beipackzettel nicht lesen können“. Die Deutsche Apothekerzeitung bezeichnete diese Behauptung nach eigener Recherche als „dreist konstruiert“, sie habe „keinerlei Wahrheitsgehalt“.[22] Malsack-Winkemann forderte auch eine Quarantäne für erkrankte Migranten.[23][24]
Nachdem Malsack-Winkemann im September 2020 nach dem plötzlichen und ungeklärten Tod eines Kindes in einem Schulbus die Abschaffung der Maskenpflicht „wenigstens“ für Kinder im öffentlichen Nahverkehr gefordert hatte, erhielt sie heftige Kritik, auch aus ihrer eigenen Partei.[25]
Bei der Bundestagswahl 2021 kandidierte sie erfolglos im Bundestagswahlkreis 79 (Steglitz-Zehlendorf) sowie auf Platz 5 der AfD-Landesliste.[26][27] Weil die AfD im Land Berlin nur drei Listenmandate erlangte,[28][29] steht Malsack-Winkemann auf dem zweiten Nachrückerplatz. Wenn es nach der Entscheidung des Deutschen Bundestages vom 10. November 2022 zu einer Wiederholungswahl in 30 Wahlbezirken des Wahlkreises 79 kommt,[30] steht sie 2023 wieder als Direktkandidatin auf dem Wahlzettel.
Bis zu ihrer Festnahme ermöglichte ihr der Ehemaligenausweis nach einer Sicherheitsüberprüfung den Zutritt zu Bundestagsgebäuden.[31] Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion Konstantin Kuhle forderte daraufhin, die Zugangsberechtigung zum Deutschen Bundestag für alle ehemaligen AfD-Abgeordneten zu überprüfen.[32]
Am 7. Dezember 2022 wurde Malsack-Winkemann in Berlin festgenommen und dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der die Haft aufrechterhielt.[33][34] Festgenommen wurde sie bei einer bundesweiten Razzia gegen insgesamt 52 mutmaßliche Angehörige einer als Patriotische Union bezeichneten rechtsextremen Gruppierung der Reichsbürgerbewegung. Zunächst wurden 22 mutmaßliche Mitglieder sowie drei mutmaßliche Unterstützer festgenommen. Nach Einschätzung des Generalbundesanwalts bestand im Falle von Malsack-Winkemann der dringende Verdacht der Mitgliedschaft in einer inländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Zudem bestehe nach den bisherigen Ermittlungen der Verdacht, dass einzelne Mitglieder der Vereinigung „konkrete Vorbereitungen getroffen“ hätten, mit einer kleinen bewaffneten Gruppe gewaltsam in den Deutschen Bundestag einzudringen.[35] Medien berichteten, dass Malsack-Winkemann nach dem geplanten Umsturz als Justizministerin einer Putschistenregierung unter Führung von Heinrich XIII. Prinz Reuß eingesetzt werden sollte. Die mutmaßliche Terrorgruppe habe eine Übergangsregierung bilden wollen, die die neue staatliche Ordnung in Deutschland mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkrieges verhandeln sollte; zentraler Ansprechpartner für diese Verhandlungen sei aus Sicht der Vereinigung die Russische Föderation. Laut Ermittlern drängte Malsack-Winkemann die konspirative Gruppe zur schnellen Umsetzung.[36][37]
Am 8. Dezember 2022 erteilte der Deutsche Bundestag ihr einen Hausverweis, wodurch ihr das Betreten der Gebäude verboten wurde.[38]
Personendaten | |
---|---|
NAME | Malsack-Winkemann, Birgit |
ALTERNATIVNAMEN | Malsack, Birgit (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Juristin, Richterin und Politikerin (AfD) |
GEBURTSDATUM | 12. August 1964 |
GEBURTSORT | Darmstadt |
Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2022-12-16 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=10057831