Attentat auf Wolfgang Schäuble

Wolfgang Schäuble (2007)

Beim Attentat auf Wolfgang Schäuble am 12. Oktober 1990 verletzte ein psychisch kranker Attentäter den Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (1942–2023) während einer Wahlkampfveranstaltung in Oppenau durch Revolverschüsse schwer, sowie seinen Personenschützer. Seit dem Attentat war Schäuble unterhalb des dritten Brustwirbels gelähmt und benutzte einen Rollstuhl.

Tathergang

Bei einer Wahlkampfveranstaltung in seinem Wahlkreis hielt Wolfgang Schäuble vor 250 bis 300 Zuhörern eine Rede. Als er, von zahlreichen Menschen umringt, den Saal der Gaststätte verließ, näherte sich ihm der Täter. Um 22:04 Uhr gab dieser, von hinten und aus einem halben Meter Entfernung, mit einem Revolver (Smith & Wesson, Kaliber .38) zwei Schüsse auf den Politiker ab. Schäuble wurde in Kiefer und Rückenmark getroffen und sagte bereits unmittelbar nach der Tat, dass er seine Beine nicht mehr spüren könne.[1] Der Personenschützer Klaus-Dieter Michalsky[2] (1962–2004) wurde bei seinem Versuch, dem Täter die Waffe aus der Hand zu schlagen, durch einen dritten Schuss an Hand und Bauch verletzt. Der Angreifer wurde überwältigt und festgenommen. Die Tatwaffe und die Patronen hatte der Täter aus dem Waffenschrank seines Vaters entwendet.[3]

Folgen

Noch in der Nacht wurde Schäuble in die Freiburger Uniklinik geflogen. Mehrere Tage kämpften Ärzte um sein Leben. Seit dem Attentat war Schäuble vom dritten Brustwirbel an abwärts gelähmt. Zuvor war er sportlich aktiv gewesen, unter anderem spielte er gern Tennis.[1] Den Abschied aus der Politik, zu dem ihm seine Familie riet, lehnte Schäuble ab. Nach nur sechs Wochen setzte er seine politische Karriere fort, war seither aber auf einen Rollstuhl angewiesen.

Schäuble wurde Kuratoriumsmitglied in der Deutschen Stiftung Querschnittlähmung (DSQ) und war bis zu seinem Tod Mitglied des Stiftungsrates beim Internationalen Forschungsinstitut für Paraplegiologie in Zürich.

Während des Wahlkampfes zur Bundestagswahl 1990 war bereits am 25. April ein Attentat auf den SPD-Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine verübt worden.[4]

Bei den Sicherheitsbehörden führten die Attentate des Jahres 1990 zu einem Umdenken. Bis zu diesem Zeitpunkt galt der Terrorismus, insbesondere der von der Rote Armee Fraktion (RAF) verübte, als die größte Gefahr für Politiker. Seitdem werden auch psychisch kranke Einzeltäter als Bedrohung wahrgenommen.[5]

Attentäter

Der Attentäter Dieter Kaufmann (1953–2019)[6] war der Sohn des von 1969 bis 1977 amtierenden Bürgermeisters von Appenweier. Er war lange drogenabhängig und nach mehreren Suizidversuchen bereits in psychiatrischer Behandlung. Um Schulden aus seiner Selbständigkeit als Kneipier auszugleichen, betätigte er sich als Drogenhändler, in Spanien wurde er wegen des Besitzes von 20 kg Haschisch zu einer Haftstrafe in Höhe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Wolfgang Schäuble, in dessen Wahlkreis Appenweier liegt, setzte sich dafür ein, dass er seine Strafe in der Bundesrepublik Deutschland verbüßen konnte.[7] Kaufmann blieb bis 1988 in Haft. Nach seiner Entlassung war er der Überzeugung, der bundesdeutsche Staat bedrohe seine Bürger im Allgemeinen und ihn im Besonderen. In seiner Vernehmung nach dem Attentat gab er als Motiv an, Bürger würden mittels „elektrischer Wellen“ und „Lauttechnik“ gefoltert und ihnen „elektrolytisch erhebliche Schmerzen“ zugefügt, unter anderem „im Zwölffingerdarm und im Kopf“. Schäuble sei einer der Hauptverantwortlichen, ein alternatives Ziel sei Bundeskanzler Helmut Kohl gewesen. Kaufmann wurde im Prozess aufgrund paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie für schuldunfähig erklärt und unbefristet in eine Klinik eingewiesen. Im Herbst 2004 wurde er entlassen. Er starb 2019.[8][9]

Tatort

Der Tatort, das Gasthaus „Brauerei Bruder“, wurde im Jahr 2004 abgerissen.[7] Später wurde dort der „Bruder-Park“ erbaut, ein Heim für betreutes Wohnen für Senioren und Pflegebedürftige.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Sven Felix Kellerhoff: Attentäter. Mit einer Kugel die Welt verändern. Böhlau, Köln/Berlin/Weimer 2003, ISBN 3-412-03003-1, S. 84.
  2. Leibwächter von Schäuble tot. In: n-tv. 17. September 2004, abgerufen am 1. Oktober 2020.
  3. Attentat auf Wolfgang Schäuble – Der blutige Wahlkampf. In: Der Spiegel. 12. Oktober 2009, abgerufen am 28. Oktober 2015.
  4. Sven Felix Kellerhoff: Attentäter. Mit einer Kugel die Welt verändern. Böhlau, Köln/Berlin/Weimer 2003, ISBN 3-412-03003-1, S. 82 f.
  5. Konstantin Klein: Nach dem Attentat von Altena: Anschlagsziel Politiker, Deutsche Welle am 28. November 2017, abgerufen am 1. Mai 2022
  6. Baden Online: Schäuble-Attentäter mit 65 Jahren gestorben. 21. Mai 2019, abgerufen am 2. Oktober 2020.
  7. a b Attentat vor 26 Jahren: Warum Schäuble seinen Attentäter gut kannte, bild.de, 3. Februar 2016
  8. Was den Attentäter auf Wolfgang Schäuble trieb. Die Welt, 12. Oktober 2015
  9. Schäuble-Attentäter mit 65 Jahren gestorben. Abgerufen am 13. Oktober 2022.

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Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2024-01-02 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=9032996