Robert Sesselmann

Robert Sesselmann (* 20. Januar 1973 in Sonneberg)[1][2] ist ein deutscher Politiker des rechtsextremen thüringischen Landesverbandes[3] der AfD und Mitglied des Thüringer Landtags. Am 25. Juni 2023 wurde er im Landkreis Sonneberg als erster AfD-Politiker zum Landrat eines deutschen Landkreises gewählt.[4]

Leben

Sesselmann besuchte von 1979 bis 1985 Polytechnische Oberschulen in Chemnitz und Steinach, von 1985 bis 1989 die Kinder- und Jugendsportschule Oberhof mit dem Sportschwerpunkt Skilanglauf. Nach dem Abitur an der Erweiterten Oberschule in Sonneberg studierte Sesselmann von 1991 bis 1995 Rechtswissenschaft an der Universität Leipzig. Sein Rechtsreferendariat absolvierte er von 1996 bis 1998 am Oberlandesgericht Dresden. Seitdem ist er als selbstständiger Rechtsanwalt in Sonneberg tätig. Im Jahr 2013 besuchte er den Fachanwaltslehrgang für Arbeitsrecht.[5] Weitere Rechtsgebiete sind Verkehrsrecht, Familien- und Eherecht, Strafrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht und Bußgeld.[6]

Robert Sesselmann hat drei Kinder.[5]

Politik

Sesselmann ist seit 2016 Mitglied der AfD.[7] Seit 2018 ist er Beisitzer im Vorstand[8] der vom Thüringer Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextrem“ eingestuften AfD Thüringen.[9]

Er trat am 18. April 2018 für die AfD Thüringen erstmals zur Landratswahl im Landkreis Sonneberg an. Mit 29,8 % erhielt er die drittmeisten Stimmen und nahm damit nicht an der Stichwahl teil, in der sich am 29. April 2018 Hans-Peter Schmitz (Die Linke/SPD) gegen Danny Dobmeier von der CDU durchsetzte.[10]

Bei den Kommunalwahlen in Thüringen 2019 wurde er in den Stadtrat und in den Kreistag Sonneberg gewählt.[11][12]

Bei der Landtagswahl 2019 in Thüringen landete Sesselmann im Wahlkreis Sonneberg I als Direktkandidat mit 27,4 % hinter Beate Meißner (CDU, 41,5 %), zog jedoch über die Landesliste in den Landtag ein. Sesselmann ist Mitglied des Richterwahlausschusses und des Staatsanwaltswahlausschusses.[13]

Zur Landratswahl des Landkreises Sonneberg am 11. Juni 2023 trat Sesselmann erneut für die AfD an. Bei einer Wahlbeteiligung von 49,1 % der über 48.000 Wahlberechtigten entfielen 46,7 % der abgegebenen Stimmen auf ihn. Die Stichwahl am 25. Juni 2023 gegen den kommissarisch amtierenden Landrat Jürgen Köpper (CDU; 11. Juni: 35,7 %;[14] Stichwahl am 25. Juni: 47,2 %) gewann Sesselmann mit 52,8 % der Stimmen. Die Wahlbeteiligung war auf 59,6 % gestiegen.[15]

Positionen

Laut dem Deutschlandfunk bezeichnete Sesselmann auf Montagsdemonstrationen die Bundesrepublik Deutschland als „Marionettenstaat der USA“. Während des Wahlkampfs lehnte sein Büro Interviewanfragen ab, er verwendete AfD-Wahlplakate mit Forderungen abseits der Kommunalpolitik („Euro abschaffen“, „Grenzen schließen“, „Frauen vor dem Islam schützen“, „Rundfunkbeiträge abschaffen“, „Gegen Windräder – für Diesel“, „Gegen Sanktionen – für billiges Gas aus Russland“), denn „[d]ie Themenbereiche, die jetzt konkret hier vor Ort sind, die interessieren die Leute nicht“, so Sesselmann. Sie interessierten sich vielmehr für Themen wie die gegenüber Russland im Verlauf des Ukrainekonfliktes verhängten Sanktionen.[8]

In einer Ansprache bei der Wahlparty am Landratswahl-Abend sprach er von „Systemmedien“, die ihm einen ideologischen Wahlkampf eingebrockt hätten.[16] Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist Sesselmann ein treuer Anhänger Björn Höckes und gebraucht auch dessen Vokabular; so soll er im Einzelgespräch mit Bürgern beispielsweise von „Altparteien“ gesprochen haben, mit denen „aufgeräumt“ werden müsse.[17]

Sesselmann deutete an, dass er als Landrat Bundes- und Landesgesetze, die er für falsch halte, nicht zwangsläufig durchsetzen wolle, obwohl ihn sein Amt dazu verpflichtet.[17]

Reaktionen auf die Wahl zum Landrat

Der Erfolg Sesselmanns fand in den Medien Europas, der USA und Israels Beachtung.[18]

In vom Mitteldeutschen Rundfunk gesammelten Kommentaren zeigte sich nur die AfD mit dem Ausgang der Landratswahl zufrieden; Parteien, Kirche und Verbände reagierten enttäuscht.[19]

Der Extremismusforscher Matthias Quent schreibt dem Wahlsieg Sesselmanns eine bundesweite Bedeutung zu: „Die realen Gestaltungsmöglichkeiten eines Landrats in einem Kreis mit 54 000 Einwohnern sind begrenzt, aber dieser Wahlsieg gibt der AfD eine zentrale Position für den Angriff auf die Landes- und Bundespolitik.“ Er sieht in der Wahl auch „Bestätigung für den rechtsextremen Radikalisierungskurs von Björn Höcke. Sie ist zudem ein Ausgangspunkt für eine nun höchstwahrscheinlich folgende Normalisierung und Legitimierung einer Zusammenarbeit zwischen AfD und CDU“.[20] Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gegenüber sagte Quent: „Landkreistag und andere Gremien dürfen sich nicht zum Erfüllungs­gehilfen für extrem rechte Politik machen lassen, sondern müssen einen Schutz vor demokratie- und menschen­feindlichen Bestrebungen schaffen – insbesondere für die diskriminierten Gesellschafts­gruppen, gegen die sich die Agitation der AfD besonders richtet.“[21]

Der Politikwissenschaftler Maximilian Kreter vertrat die Ansicht, der Grund für Sesselmanns Sieg sei eine „Mischung aus Protest, Ideologie und Kandidaten“. Eine „große Verantwortung“ sah Kreter auch bei der Bundes-CDU, „die sich in letzter Zeit rhetorisch immer weiter an die AfD angenähert“ habe, und auch der CDU-Landratskandidat Jürgen Köpper habe von der „Berliner Blase“ und Zuständen wie in der DDR gesprochen. Von einer derartigen Strategie profitiere aber immer das Original, hier die AfD. Kreter forderte daher „eine grundsätzliche Abgrenzung gerade von der CDU zur AfD“.[22]

Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, sprach im Blick auf die Wahl Sesselmanns von einem „Dammbruch, den die demokratischen politischen Kräfte in diesem Land nicht einfach hinnehmen dürfen.“ Die erste Wahl eines AfD-Kandidaten in ein exekutives Amt erschüttere ihn.[23]

Die SPD-Fraktion des Eifelkreises Bitburg-Prüm, des Partnerkreises des Landkreises Sonneberg, stellte die weitere Zusammenarbeit mit dem Partner infrage.[24]

Die Regionalbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friederike Spengler (Erfurt), versteht die Wahl als wichtiges Warnsignal – laut Studien hätten drei Viertel der Menschen die AfD aus Protest gewählt. „Die Menschen empfinden offenbar, dass sie nicht mehr gehört werden und nicht mehr an demokratischen Prozessen beteiligt sind. Diese Gefühle müssen wir ernstnehmen. Weitere Sonntagsreden helfen da ebenso wenig wie Schuldzuweisungen. Stattdessen brauchen wir einen öffentlichen Diskurs, der erst einmal von gegenseitiger Akzeptanz geprägt ist und bei dem wir uns ausreden lassen“.[25]

Trivia

Mit dem früheren DDR-Fußballspieler und späteren Sonneberger Landrat Reiner Sesselmann ist Robert Sesselmann nicht verwandt.[26]

Zu den Gästen der Party, mit der der Wahlsieg Sesselmanns gefeiert wurde, gehörte neben führenden Politikern der AfD Thüringen auch der wegen Volksverhetzung verurteilte Antisemit, Reichsbürger und Holocaustleugner Nikolai Nerling. Die Frage von Journalisten, wer ihn zur Feier eingeladen hatte, blieb seitens der AfD und des neu gewählten Landrats unbeantwortet.[27]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Landkreis Sonneberg - Robert Sesselmann. Abgerufen am 27. Juni 2023.
  2. Abgeordneter Robert Sesselmann. In: Robert Sesselmann auf der Seite des Thüringer Landtags. Abgerufen am 26. Juni 2023.
  3. Verfassungsschutzbericht 2021 Freistaat Thüringen S. 17-32. In: Freistaat Thüringen – Ministerium für Inneres und Kommunales. Abgerufen am 26. Juni 2023.
  4. Thüringen: Robert Sesselmann als erster AfD-Politiker zum Landrat gewählt - CDU-Kandidat nennt Wahlausgang »enttäuschend«. In: Der Spiegel. 25. Juni 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 25. Juni 2023]).
  5. a b Robert Sesselmann - beruflich und privat. In: Robert Sesselmann – Website. Abgerufen am 27. Juni 2023.
  6. Rechtsanwalt Robert Sesselmann. In: advopedia.de. Abgerufen am 27. Juni 2023.
  7. Stationen meiner politischen Laufbahn. In: Robert Sesselmann – Website. Abgerufen am 26. Juni 2023.
  8. a b Henry Bernhard, Volker Finthammer: Robert Sesselmann - Wer ist der AfD-Landrat aus Sonneberg? In: Deutschlandfunk. 27. Juni 2023, abgerufen am 28. Juni 2023.
  9. Verfassungsschutzbericht 2021 Freistaat Thüringen S. 17-32. In: Freistaat Thüringen – Ministerium für Inneres und Kommunales. Abgerufen am 26. Juni 2023.
  10. Wahl der Landräte und Oberbürgermeister der kreisfreien Städte 2018 – endgültiges Ergebnis. In: Wahlen in Thüringen. Abgerufen am 21. März 2023.
  11. Gemeinderatswahl 2019 in Thüringen – endgültiges Ergebnis Gemeinde 72018 Sonneberg, Stadt. In: wahlen.thueringen.de. Abgerufen am 8. November 2019.
  12. Kreistagswahlen und Stadtratswahlen der kreisfreien Städte 2019 in Thüringen – endgültiges Ergebnis Landkreis 072 Sonneberg. In: wahlen.thueringen.de. Abgerufen am 8. November 2019.
  13. Thüringer Landtag: Vergütete und ehrenamtliche Tätigkeiten in Unternehmen, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, Stiftungen des öffentlichen oder privaten Rechts - mit Ausnahme der Mandate der Gebietskörperschaften. Thüringer Landtag, abgerufen am 2. Juli 2023.
  14. Vorläufiges Ergebnis der Landratswahl 2023 im Landkreis Sonneberg. (PDF; 94 KB) Thüringer Landesamt für Statistik, 11. Juni 2023, abgerufen am 26. Juni 2023 (Pressemitteilung 117/2023).
  15. Landratswahl 2023 im Kreis Sonneberg – endgültiges Ergebnis. In: Wahlen in Thüringen. 25. Juni 2023, abgerufen am 25. Juni 2023.
  16. AfD stellt erstmals einen Landrat in Deutschland www.tagesschau.de, 25. Juni 2023
  17. a b Stefan Locke, Sonneberg: Wer ist der erste AfD-Landrat Deutschlands? In: FAZ.NET. 26. Juni 2023, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 3. Juli 2023]).
  18. Federica Matteoni, Katerina Alexandridi: AfD-Sieg in Sonneberg: So bewertet die Presse weltweit das Ergebnis. In: berliner-zeitung.de. 26. Juni 2023, abgerufen am 27. Juni 2023.
  19. mdr.de: KOMMUNALPOLITIK. Nur AfD ist zufrieden: Parteien, Kirche und Verbände enttäuscht von Sonneberg-Wahl (25. Juni 2023); eingesehen am 26. Juni 2023
  20. Zitiert nach sueddeutsche.de: Das ist nicht nur ein Denkzettel, sondern eine volle Breitseite (26. Juni 2023); abgerufen am 26. Juni 2023.
  21. Zitiert nach rnd.de: Präzedenzfall in Thüringen. AfD gewinnt erstmals eine Landratswahl – Erfolg bei Stichwahl in Sonneberg (25. Juni 2023); abgerufen am 26. Juni 2023.
  22. Politikwissenschaftler sieht Fehler bei CDU, www.swr.de, 26. Juni 2023
  23. jüdische-allgemeine.de: SONNEBERG. Zentralrat der Juden erschüttert über AfD-Erfolg in Thüringen (25. Juni 2023); abgerufen am 26. Juni 2023.
  24. Politiker aus Eifelkreis diskutieren Partnerschaft mit Sonneberg, SWR Aktuell, 26. Juni 2023
  25. T. Schüfer und Dr. F. Spengler: Regionalbischöfin Spengler zur Landratswahl in Sonneberg: "Menschen jetzt nicht in politische Ecke stecken". In: ekmd.de. 26. Juni 2023, abgerufen am 26. Juni 2023.
  26. MDR.de: Nachrichten (26. Juni 2023)
  27. insuedthueringen.de: Dubiose AfD-Helfer. Kannte Sesselmann seine Nazi-Fans? (29. Juni 2023); abgerufen am 3. Juli 2023

Information

Der Artikel Robert Sesselmann in der deutschen Wikipedia belegte im lokalen Ranking der Popularität folgende Plätze:

Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2023-07-03 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=11022031