Münchner Lach- und Schießgesellschaft

Namensschild
Münchner Lach- und Schieß­gesellschaft an der Ursulastraße 9
Die Münchner Lach- und Schießgesellschaft 1964 (v. l. n. r.: Ursula Noack, Jürgen Scheller, Hans Jürgen Diedrich, Dieter Hildebrandt, Klaus Havenstein)

Die Münchner Lach- und Schießgesellschaft, auch die Lach und Schieß, wurde als politisches Kabarett 1956 vom Journalisten Sammy Drechsel und Dieter Hildebrandt gegründet. Sammy Drechsel war bis zu seinem Tod 1986 Leiter und Regisseur des Kabaretts. Zusammen mit Dieter Hildebrandt und Klaus Peter Schreiner schrieb er auch rund 80 Prozent der Texte. Die musikalische Leitung hatte Walter Kabel inne, der auch komponierte.

Die „Lach und Schieß“ hat ein eigenes Theater in der Schwabinger Ursulastraße, nahe der Münchner Freiheit.

Geschichte

Dieter Hildebrandt zeigte im Februar 1952 anlässlich eines Faschingsfestes der Theaterwissenschaftler an der Universität München zusammen mit seinen Kommilitonen Gerd Potyka, Klaus Peter Schreiner und Guido Weber im Schwabinger Kellerlokal Alte Laterne ein improvisiertes Programm mit Sketchen. Der Erfolg beim Publikum hatte zur Folge, dass die Wirtin die Studenten einlud, zweimal pro Woche gegen Freibier und warmes Abendessen aufzutreten.

Eine gute Woche später, am 25. Februar 1952, fand das offizielle Debüt des Kabaretts Die Namenlosen mit dem lakonischen Titel Ihr erstes Programm statt. Auch nach dem Fest blieb die Truppe zusammen. Das zweite Programm trug den Namen Es ist so schön, privat zu sein und beschäftigte sich mit der Wiederbewaffnungsdebatte. Die Truppe gastierte damit im Juli 1955 täglich im Café Freilinger in der Leopoldstraße.

Sportreporter Sammy Drechsel vermittelte schließlich das Schwabinger Lokal Das Stachelschwein von Fred Kassen in der Ursulastraße als dauerhaften Auftrittsort. Ab dem dritten Programm Die Nullen sind unter uns, das am 3. November 1955 Premiere hatte, übernahm Drechsel die Regiearbeit. Im Spätsommer 1956 machten sich Hildebrandts Kollegen selbständig. Die Namenlosen wurden nun von Drechsel und Hildebrandt 1956 zur Münchner Lach- und Schießgesellschaft weiterentwickelt. Der Name entstand nach einer Idee von Oliver Hassencamp als Paragramm auf die 1902 gegründete Nachtwächterfirma Münchner Wach- und Schließgesellschaft.

Drechsel gelang es, zusätzlich zu Hildebrandt drei bereits profilierte Kabarettisten für das Projekt zu gewinnen. Die Erstbesetzung der Münchner Lach- und Schießgesellschaft bestand aus Ursula Herking, Klaus Havenstein (beide von der Kleinen Freiheit), Hans Jürgen Diedrich (von den Amnestierten) und Dieter Hildebrandt. Das erste dreistündige Programm Denn sie müssen nicht, was sie tun hatte am 12. Dezember 1956 in dem überfüllten Lokal Premiere und wurde von der ARD im März 1957 ausgestrahlt. Themen waren unter anderem der Betrieb in einem Managerbüro und in einer Werbeagentur. Von da an gehörte eine jährliche Ausstrahlung der aktuellen Kabarettprogramme zum Sendeschema der ARD, am Silvesterabend unter dem Titel Schimpf vor 12.

Schon 1958 kam Ursula Noack zum Ensemble, ging aber noch nicht mit auf Tournee. Im Folgejahr löste sie Ursula Herking ab. Weitere bekannte Kabarettisten der Münchner Lach- und Schießgesellschaft waren

1972 ging das Ensemble auseinander und es kam zu einem Bruch. Erst 1976 wurde die Münchner Lach- und Schießgesellschaft auf Drängen von Dieter Hildebrandt neu gegründet und führte die Aufführungen in der alten Kabaretttradition fort. Hildebrandt blieb dem Kabarett verbunden und schrieb bis 1980 mit anderen wie beispielsweise Klaus Peter Schreiner und Werner Schneyder die Texte. Nach Sammy Drechsels Tod arbeitete seine Witwe Irene Koss in den 1980er Jahren hinter den Kulissen mit, indem sie oft an der Kasse saß und das Ensemble umsorgte. Sie baute bis zu ihrem Tod im Jahre 1996 auch ein Text- und Bildarchiv der Lach- und Schießgesellschaft mit allen alten und neuen Programmen auf.

Es spielten in der neuen Münchner Lach- und Schießgesellschaft unter anderem:

2010 bestand das Ensemble aus Beatrix Doderer, Ecco Meineke und Severin Groebner. Danach wurde 2011 das feste Ensemble abgeschafft und das Haus nicht mehr nur neben den eigenen Vorstellungen, sondern durchgehend mit Gastauftritten anderer Kabarettisten und Komiker bespielt.

Ab Oktober 2015 gab es mit Caroline Ebner, Norbert Bürger, Sebastian Rüger und Frank Smilgies wieder ein festes Ensemble, das mit dem 50. Programm der Lach und Schieß Premiere feierte.[1]

Im Juni 2020 stellte sich ein neues Ensemble mit Christl Sittenauer, Sebastian Fritz und Frank Klötgen vor, das für Oktober 2020 ein erstes Programm erarbeitete.[2]

2022 wurde auf Initiative des Kabarettisten Bruno Jonas unter der Leitung des Germanisten Friedrich Vollhardt und der Schirmherrschaft der Lach und Schieß und der Ludwig-Maximilians-Universität München der Zentralrat des deutschen Humors ins Leben gerufen. Er organisiert ein Mal im Jahr in München ein Symposium, um international den allgemeinen Zustand des Humors zu untersuchen.[3][4]

Im Februar 2023 wurde bekannt, dass das Kabarett nach Konflikten unter den Gesellschaftern Bruno Jonas und Laila Nöth auf der einen Seite und Stefan Hanitzsch auf der anderen Seite[5] in eine finanzielle Schieflage geraten war und den Künstlern ihre Gagen nicht auszahlte. Mitte Februar wurde der Spielbetrieb eingestellt[6][7] und schließlich Insolvenz angemeldet.[8] Das Ensemble hatte die Insolvenz aus der Zeitung erfahren, die Geschäftsleitung hatte es darüber nicht informiert.[9]

Auszeichnungen

DVD

  • Die Lach- & Schiessgesellschaft – 3 komplette Programme 1956–1972, München 2007, 3 DVD, Film 101
  • Hinter keinen Kulissen – Ausschnitte und Filmdokumente aus sechs Jahrzehnten, München 2009, Film 101

Hörbücher

Fernsehliveproduktionen

Berlin ist einen Freiplatz wert, Die Stachelschweine und die Münchner Lach- und Schießgesellschaft gemeinsam. Jeweils als Auftaktsendung zur Fernseh-Lotterie „Ein Platz an der Sonne“ an einem Samstagabend. Eine Jochen-Richert-Produktion des Norddeutschen Rundfunks in Zusammenarbeit mit dem Sender Freies Berlin und dem Orchester Hugo Strasser für das Hilfswerk Berlin.

Sendung am 3. September 1961
Sendung am 9. September 1962
Sendung am 7. September 1963
Sendung am 5. September 1964
Sendung am 2. September 1967

Filme

  • 1960: Tour de Trance
  • 1960: Sturm im Wasserglas
  • 1960: Lampenfieber
  • 1961: Wähl den, der lügt
  • 1962: Überleben Sie mal
  • 1962: Streichquartett
  • 1963: Halt die Presse
  • 1964: Krisen-Slalom
  • 1966: Zwei Girls vom roten Stern
  • 1967: Die Spaßvögel

Videos

  • Halt die Presse, Produktion: 1963, erschienen 1999
  • Krisenslalom, Produktion: 1963, erschienen 1999
  • Schimpf vor 12, Produktion: 1962, erschienen 1999

Siehe auch

Literatur

  • Klaus Peter Schreiner: Die Zeit spielt mit. Die Geschichte der Lach- und Schießgesellschaft. Kindler, München 1976 ISBN 3-463-00676-6 (Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg 1978 ISBN 3-499-14257-0)
  • Till Hofmann (Hrsg.): Verlängert. 50 Jahre Lach- und Schießgesellschaft. Aufgeschrieben von Matthias Kuhn. Blessing, München 2006 ISBN 3-89667-319-X

Weblinks

Commons: Münchner Lach- und Schießgesellschaft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Süddeutsche Zeitung: Lach und Schieß lebt weiter. Abgerufen am 18. Februar 2023.
  2. Süddeutsche Zeitung: Die Drei von der Denkstelle. Abgerufen am 18. Februar 2023.
  3. Zentralrat des deutschen Humors | Symposion der Lach- und Schießgesellschaft. Abgerufen am 28. November 2022 (deutsch).
  4. Timo Frasch: Humor-Zentralrat in München: Sprechen Sie Spaß? In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 28. November 2022]).
  5. Münchner Lach- und Schießgesellschaft meldet Insolvenz an. Abgerufen am 22. Februar 2023.
  6. Oliver Hochkeppel: Münchner Lach- und Schießgesellschaft steht vor dem Aus. In: Süddeutsche Zeitung. 13. Februar 2023, abgerufen am 21. Februar 2023.
  7. Deutschlandfunkkultur.de: Münchner Lach- und Schießgesellschaft offenbar vor dem Aus. Abgerufen am 19. Februar 2023 (deutsch).
  8. Anna Hoben: München: Lach- und Schießgesellschaften meldet Insolvenz an. In: Süddeutsche Zeitung. 21. Februar 2023, abgerufen am 21. Februar 2023.
  9. Thomas Becker: Lach- und Schießgesellschaft insolvent: Jetzt spricht das Ensemble. In: www.abendzeitung-muenchen.de. 24. Februar 2023, abgerufen am 28. Februar 2023.
  10. Oltner Kabarett-Tage: Bisherige Preisträger (Memento vom 24. März 2014 im Internet Archive) Abgerufen am 27. August 2014.

Koordinaten: 48° 9′ 43″ N, 11° 35′ 26,8″ O

Information

Der Artikel Münchner Lach- und Schießgesellschaft in der deutschen Wikipedia belegte im lokalen Ranking der Popularität folgende Plätze:

Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2023-03-02 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=544995