Fratelli d’Italia | |
Parteivorstand | Giorgia Meloni (Presidente) Guido Crosetto (Coordinatore) |
Gründung | 21. Dezember 2012 (hervorgegangen aus: Il Popolo della Libertà) |
Ideologie | Postfaschismus Nationalismus Nationalkonservatismus[1] Souveränismus EU-Skepsis Rechtsextremismus Rechtsradikalismus Rechtspopulismus |
Europäische Partei | EKR[2] |
EP-Fraktion | EKR |
Abgeordnete | 37/630 |
Senatoren | 21/315 |
Europaabgeordnete | 8/76 |
Hauptsitz | Rom, Via di San Teodoro 20 |
Website | www.fratelli-italia.it |
Die Fratelli d’Italia (FdI; italienisch Geschwister/Brüder Italiens) sind eine seit 2012 bestehende, als „postfaschistisch“ klassifizierte,[3][4][5][6] rechtsextreme,[6] rechtsnationale,[7] rechtsradikale[8], rechtspopulistische und souveränistische[9] Partei in Italien. Parteivorsitzende ist Giorgia Meloni.
Der Namensbestandteil Fratelli d’Italia spielt auf den Titel der italienischen Nationalhymne an. Gegründet wurde die Partei unter dem Namen Fratelli d’Italia – Centrodestra Nazionale („Brüder Italiens – Nationale Mitte-Rechts[-Partei]“). Im Februar 2014 änderte sie den Namen auf Fratelli d’Italia – Alleanza Nazionale („Brüder Italiens – Nationale Allianz“). Alleanza Nazionale (AN) ist der Name einer Vorgängerpartei. Seit Dezember 2017 heißt die Partei nur Fratelli d’Italia.
Vorläuferin der Partei war die Alleanza Nazionale, die ihrerseits 1994/95 aus dem neofaschistischen Movimento Sociale Italiano (MSI) hervorgegangen war. Auf Initiative des Parteivorsitzenden Gianfranco Fini beschloss sie mehrheitlich, sich vom historischen Faschismus zu distanzieren und eine gemäßigtere Linie zu verfolgen. In den 1990er- und 2000er-Jahren war sie das Sammelbecken des rechten und nationalkonservativen Lagers in Italien, erreichte landesweit zweistellige Stimmenanteile und war an allen Mitte-rechts-Regierungen von Silvio Berlusconi beteiligt. Im März 2009 fusionierte die AN mit Berlusconis Forza Italia zur Mitte-rechts-Sammelpartei Popolo della Libertà (PdL).
Aus Unzufriedenheit über Berlusconis Führungsstil verließen einige Abgeordnete – vor allem ehemalige AN-Politiker um Ignazio La Russa und Giorgia Meloni, aber auch einzelne ehemalige FI-Vertreter wie Guido Crosetto und Giuseppe Cossiga, Sohn des ehemaligen Staatspräsidenten Francesco Cossiga, – Popolo della Libertà im Dezember 2012 wieder und gründeten die Fratelli d’Italia. Zunächst bildeten Crosetto, La Russa und Meloni eine dreiköpfige Parteispitze. Bei den Parlamentswahlen im Februar 2013 trat die Partei als Teil der Mitte-rechts-Koalition um Silvio Berlusconi an und erreichte mit 2 % der Stimmen neun Abgeordnetensitze, mit 1,9 % bei den Senatswahlen jedoch kein Mandat im Senat. Im März 2013 wurde La Russa zum alleinigen Parteivorsitzenden gewählt, während Meloni Fraktionsvorsitzende der FdI im Abgeordnetenhaus wurde.
Im Herbst 2013 gründete Meloni die Initiative Officina per l’Italia („Werkstatt für Italien“), um die Unterstützung für die Partei zu verbreitern. An dieser beteiligten sich über die bisherigen FdI-Mitglieder hinaus u. a. der ehemalige Bürgermeister von Rom Gianni Alemanno, der ehemalige Finanzminister Giulio Tremonti, der ehemalige Außenminister Giulio Terzi di Sant’Agata und der Islamkritiker Magdi Allam. Alemanno und Allam traten in der Folgezeit zur FdI über, Terzi steht ihr jedenfalls nahe, Tremonti distanzierte sich jedoch wieder.
Die Fondazione Alleanza Nazionale, die die Rechte am Namen und Logo der aufgelösten Vorgängerpartei verwaltet, beschloss im Dezember 2013, der FdI diese Rechte einzuräumen. Im Februar 2014 erweiterte die FdI ihren Namen zu Fratelli d’Italia – Alleanza Nazionale und nahm die grün-weiß-rote Flamme (fiamma tricolore), einst Symbol der MSI und AN, in ihr Logo auf. Diese züngelt über dem durch einen schwarzen Strich symbolisierten Sarg des Diktators Benito Mussolini. Als Parteichefin Giorgia Meloni 2022 aufgefordert wurde, auf die Flamme im Parteilogo zu verzichten, weigerte sie sich mit den Worten: „Wir sind stolz darauf.“[10]
Der erste Parteitag nach der Umbenennung fand im März 2014 im Kurort Fiuggi statt, wie auch der erste Parteitag der Alleanza Nazionale 1995, auf der sie sich vom Faschismus abwandte („Wende von Fiuggi“). Auf diesem Parteitag wurde Giorgia Meloni als Nachfolgerin La Russas zur Parteivorsitzenden gewählt. Bei der Europawahl im Mai 2014 scheiterte die Partei mit 3,7 % der Stimmen relativ knapp an der 4-%-Sperrklausel.
Bei den Parlamentswahlen im März 2018 war FdI erneut Teil des Mitte-rechts-Bündnisses um Berlusconi und Matteo Salvini. Mit 4,37 % konnte sie knapp in die Abgeordnetenkammer einziehen; sie erhielt 17 Mandate. In den Senat zog sie mit sieben Senatoren ein.
Seit November 2018 ist die Partei durch den Übertritt von Stefano Maullu sowie von Innocenzo Leontini (im Januar 2019) von der Forza Italia im Europaparlament vertreten.[11][12] Sie schlossen sich der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) an. Bei der Europawahl im Mai 2019 konnte die FdI ihren Stimmenanteil auf 6,5 % steigern und erhielt 5 der 73 italienischen Sitze im Europäischen Parlament.[13]
Bei der italienischen Parlamentswahl am 25. September 2022 trat die Partei mit Parteichefin Giorgia Meloni als Spitzenkandidatin an und wurde mit rund 26 % klar stärkste Kraft.[14]
Die Mitglieder der Fratelli d’Italia bezeichnen sich als konservativ oder nationalkonservativ und beziehen sich auf die Positionen der historischen italienischen und europäischen Rechten. Auf Parteiveranstaltungen der Brüder Italiens ist immer wieder der verbotene faschistische „Römische Gruß“ zu sehen.[15] Politikwissenschaftlich werden die Wurzeln im postfaschistischen, nationalistischen und souveränistischen Erbe gesehen.[3]
Die Partei vertritt eine konservative Gesellschaftspolitik. Die FdI lehnen Schwangerschaftsabbrüche und Leihmutterschaften ab. Das Recht auf Abtreibung will die Parteivorsitzende Meloni aber nicht abschaffen.[16] Meloni agitiert auch gegen Homosexuelle.[17]
Die Partei ist für eine Begrenzung der Einwanderung und will Mittelmeermigranten mit einer Seeblockade vor Afrika abwehren.[18]
Die Partei setzt sich für eine besondere finanzielle Förderung der Familien ein und will die Mindestrenten anheben. Zudem will sie Steuern senken; ein Teil der Partei um FdI-Mitgründer Guido Crosetto vertritt Positionen des Wirtschaftsliberalismus (liberismo).[17] Zugleich offenbarte Giorgia Meloni immer wieder auch ein Faible für eine stärkere Staatswirtschaft und ist eine Gegnerin der von der Regierung Draghi angestrebten Privatisierung der Fluggesellschaft ITA (Nachfolgerin von Alitalia).[19]
Die FdI treten für ein „Europa der Völker“ ein und lehnen den Vertrag von Lissabon ab, europäische Gesetze etwa sollen den nationalen wieder unterstellt werden. Entgegen früheren Positionierungen, bei denen die Partei immer wieder auch Italiens Mitgliedschaft in der Europäischen Union im Allgemeinen infrage stellte, betonte die Partei im italienischen Wahlkampf zur Parlamentswahl 2022, dass man einen Austritt Italiens aus der EU nicht anstrebe.[20][21] Ihre grundsätzlich kritische Haltung zur EU betonte Parteichefin Meloni aber immer wieder, etwa bei einem Wahlkampfauftritt am 11. September 2022 in Mailand:[22]
„Der Spaß ist vorbei! Auch Italien wird anfangen, seine nationalen Interessen zu verteidigen.“
Die Fratelli d’Italia gehören im EU-Parlament seit der Europawahl 2019 gemeinsam mit der polnischen PiS zur rechtskonservativen Fraktion „Europäische Konservative und Reformer“ (ECR) und nicht zur rechtsextremen und klar anti-europäischen Fraktion Identität und Demokratie (ID), der unter anderem die italienische Lega (ehemals Lega Nord), der französische Rassemblement National (ehemals Front National) und die deutsche AfD angehören.[23]
Die FdI stimmten im Europaparlament gegen einen Bericht, wonach Ungarn keine vollwertige Demokratie mehr ist; Parteichefin Meloni ist zudem mit Ungarns Regierungschef Viktor Orban befreundet.[24]
Die Partei lehnt den Europäischen Fiskalpakt ab, Parteichefin Giorgia Meloni kritisierte wiederholt die „internationale Finanzwelt“.[25] Gleichzeitig nahmen die Fratelli d’Italia ihre frühere Ablehnung zum europäischen Corona-Wiederaufbauprogramm, aus dem Italien 191 Milliarden Euro bekommen soll, zurück. Die FdI forderten aber Nachverhandlungen mit Brüssel.[26]
Während der Zeit der wegen der Coronakrise geschaffenen All-Parteien-Koalition des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi bezeichnete die FdI als einzige verbliebene Oppositionspartei die Regierung unter anderem als „Sklavin Europas“ und „Feindin der Italiener“.[27]
Parteichefin Giorgia Meloni betrieb in Opposition zur Regierung Draghi eine antieuropäische Wirtschaftspolitik und führte aus, dass der Euro Italien schade und an Italiens Wachstumsschwäche schuld sei. Aber es ist den FdI wichtig, dass Italiens guter internationaler Ruf, den Mario Draghi der italienischen Exportwirtschaft bescherte, erhalten bleibt. Das zeigt etwa die Aufstellung des Direktors des Aspen-Instituts und früheren Finanzministers Giulio Tremonti für die Parlamentswahl oder Melonis Wunschkandidat für den Posten des Finanzministers, Fabio Panetta, international erfahrener Zentralbanker, enger Weggefährte Mario Draghis und Direktoriumsmitglied der EZB, gemäß einem Bericht der Süddeutschen Zeitung.[28][29]
Giorgia Meloni stellte sich nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 – im Gegensatz zu den anderen Parteien der italienischen Rechten – entschieden gegen Moskau und an die Seite von Kiew. Auch stimmten die FdI im italienischen Parlament für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine.[30]
Die „atlantische“ Verbindung zu den USA will Giorgia Meloni stärken.[31]
Die FdI-Jugendorganisation Gioventù Nazionale fiel dadurch auf, dass sie des Waffen-SS-Standartenführers und Kriegsverbrechers Léon Degrelle gedachte.[32]
In Affile errichtete der FdI-Bürgermeister ein Denkmal für Rodolfo Graziani – obwohl dieser im Krieg gegen Abessinien flächendeckend Giftgas einsetzte und während des Zweiten Italienisch-Libyschen Kriegs den Genozid in der Cyrenaika zu verantworten hat.[32]
Jahr | Region | Stimmen | Anteil | Mandate | Platz |
---|---|---|---|---|---|
2019 | Abruzzen | 38.894 | 6,5 % | 2/31 |
5. |
2020 | Aostatal | 3.761 | 5,7 % | 0/35 |
7. |
2020 | Apulien | 211.693 | 12,6 % | 7/51 |
2. |
2019 | Basilikata | 17.112 | 5,9 % | 1/21 |
6. |
2020 | Emilia-Romagna | 185.796 | 8,6 % | 3/50 |
3. |
2018 | Friaul-Julisch Venetien | 23.183 | 5,5 % | 2/49 |
6. |
2021 | Kalabrien | 66.277 | 8,7 % | 4/31 |
3. |
2020 | Kampanien | 140.918 | 6,0 % | 4/51 |
4. |
2018 | Latium | 220.460 | 8,7 % | 3/51 |
5. |
2020 | Ligurien | 68.026 | 10,9 % | 3/30 |
4. |
2018 | Lombardei | 190.804 | 3,6 % | 3/80 |
9. |
2020 | Marken | 116.231 | 18,7 % | 8/31 |
3. |
2018 | Molise | 6.461 | 4,5 % | 1/21 |
5. |
2019 | Piemont | 105.410 | 5,5 % | 2/51 |
5. |
2019 | Sardinien | 33.423 | 4,7 % | 3/60 |
7. |
2017 | Sizilien | 108.713 | 5,7 % | 3/70 |
7. |
2018 | Südtirol | 4.883 | 1,7 % | 1/35 |
9. |
2020 | Toskana | 218.161 | 13,5 % | 4/41 |
3. |
2018 | Trentino | 3.686 | 1,4 % | 0/35 |
15. |
2019 | Umbrien | 43.443 | 10,4 % | 2/21 |
3. |
2020 | Venetien | 196.310 | 9,6 % | 5/49 |
4. |
Jahr | Stimmen | Anteil | Mandate | Platz |
---|---|---|---|---|
2013 | 666.035 | 2,0 % | 9/630 |
8. |
2018 | 1.429.550 | 4,4 % | 32/630 |
5. |
2022 | 7.300.628 | 26,0 % | 119/400 |
1. |
Jahr | Stimmen | Anteil | Mandate | Platz |
---|---|---|---|---|
2013 | 590.083 | 1,9 % | 0/315 |
7. |
2018 | 1.286.606 | 4,3 % | 18/315 |
5. |
2022 | 7.165.795 | 26,01 % | 65/200 |
1. |
Jahr | Stimmen | Anteil | Mandate | Platz |
---|---|---|---|---|
2014 | 1.004.037 | 3,7 % | 0/73 |
7. |
2019 | 1.726.189 | 6,4 % | 6/76 |
5. |
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