Anastasia-Bewegung

Gebäude der Anastasia-Siedlung Korenskije Rodniki im Rajon Schebekinski, Oblast Belgorod, Russland

Die Anastasia-Bewegung (auch: Anastasiabewegung) ist eine neureligiöse Bewegung, die mit Biolandbau verbundene völkische Siedlungsprojekte verfolgt. Sie entstand 1997 in Zentralrussland durch die Anastasia-Schriften von Wladimir Nikolajewitsch Megre und verbreitet sich seitdem weltweit. Ihre Ideologie, die Anastasia-Lehren oder der Anastasianismus, wird der rechten Esoterik und dem Neopaganismus zugeordnet. Sie transportiert teils verschwörungsideologische, rassistische und antisemitische Inhalte.

Ideologie

Wladimir Megre (2013)

Gründer der Bewegung ist der russische Geschäftsmann Wladimir Megre. Er verfasste von 1997 bis 2010 das zehnbändige Romanwerk Anastasia – Die klingenden Zedern Russlands. Es enthält Ideen und Ansichten zu sämtlichen Lebensbereichen, unter anderem zum Verhältnis des Menschen zur Natur, zu Gott und der Schöpfung, zum Geschlechterverhältnis und zur Kindererziehung.[1]

Der Autor stellt seine Fantasiegestalt, die blonde junge Anastasia, in Form eines Erfahrungsberichts als reale Person dar, die ihm ihr Wissen mitteilt und mit ihm eine Familie gründet. Er beschreibt sie als gottähnliche, allwissende, mit „paranormalen“ Fähigkeiten ausgestattete Botschafterin einer fiktiven Urkultur von „Wedrussen“, deren Nachkommen heute noch in der sibirischen Taiga leben würden. So stellt er der urbanen technisierten Zivilisation das Ideal eines naturnahen, angeblich spirituell hochstehenden Daseins gegenüber. Dabei verändert sich seine „Lehre“ von Band zu Band. Grundzüge sind: Die Religionen, besonders Judentum und Christentum, seien von finsteren und habsüchtigen Priestern erfundene manipulative Systeme zur Versklavung der Menschen. Ihre Zentralfiguren (Mose, Jesus, Buddha und Mohammed) seien nur Anastasias ältere Brüder, von denen keiner vollkommene irdische Liebe erlangt habe. In der idealen Urzeit des „Wedismus“ habe es ein „gefühlsmäßiges Wissen“ gegeben, das später von einem dunklen Zeitalter des Okkultismus abgelöst worden sei. Dieses sei nun zu Ende; heute sei es möglich, ein himmlisches Paradies auf Erden zu schaffen. Als göttliche Erlöserfigur habe Anastasia die Menschheit von der Dunkelheit zum Licht geführt. Asiaten, Europäer, Russen und Amerikaner stammten von den „Wedrussen“ ab. Eingestreut in das Werk sind Verschwörungsmythen: Der Zusammenbruch der Sowjetunion (1990) sei durch eine ideologische Manipulation erfolgt; „eine gewisse Organisation“ beherrsche die Russisch-Orthodoxe Kirche und diffamiere weltanschauliche und religiöse Gruppen wie die Anastasianer als „Sekten“; die Demokratie sei die „gefährlichste Illusion der Menschenmassen“, geschaffen vom ägyptischen Hohepriester „Dämon Kratie“, um die Herrschaft einer „Priesterorganisation“ über Staaten und Regenten zu festigen; die westlichen Demokratien seien dekadent und deformiert; ihre Journalisten würden unter anderem „die Brisanz der jüdischen Frage“ unterdrücken. Die Juden hielten sich für das auserwählte Volk; die Christen versuchten, den Menschen klein und sündig zu halten. Die jüdischen Priester hätten die frühchristliche Lehre umgedeutet und ihnen hörige Sklavenmenschen („Bioroboter“) geschaffen. Drahtzieher des Weltgeschehens seien ein levitischer Oberpriester mit fünf ihm helfenden Priestern. Sie seien Anastasias aktuelle Gegenspieler.[2]

Den Holocaust und das Jahrtausende alte Leid der Juden in der Geschichte erklärt Megre damit, „dass sie Verschwörungen gegen die Macht anzettelten. Sie versuchten alle zu betrügen, vom jungen bis zum alten. Von einem, der nicht sehr reich sei, versuchten sie wenigstens etwas wegzunehmen, und bei einem Reichen seien sie bestrebt, ihn ganz und gar zu ruinieren. Das bestätigt die Tatsache, dass viele Juden wohlhabend sind und sogar auf die Regierung Einfluss nehmen können.“ In der Buchreihe repräsentieren Juden immer wieder „das Böse“, „die Moderne“, „die Demokratie“ und „die Dunkelmächte“. So will der jüdische Oberpriester Anastasia töten, weil sie seine angebliche Verschwörung aufgedeckt habe.[3]

Weiter behauptet Anastasia (Megre), die Juden hätten die Presse verschiedener Länder unter ihre Kontrolle gebracht, das Fernsehen sei von Grund auf jüdisch, und Juden kontrollierten größtenteils auch den Geldfluss. Grund dafür sei: „Die Juden sind einfach zu dieser Sonderstellung verpflichtet, und wir sind verpflichtet, uns ihnen zu unterwerfen, und zwar ist dies gesetzlich abgesegnet.“ Dann fordert die Romanfigur von allen Nichtjuden, denen ihr angeblich untergeordneter Zustand missfällt: „… lassen Sie uns gemeinsam versuchen, einen Weg zu finden, um dieses Problem zu lösen.“ An dieser Suche könne sich jeder beteiligen; Kleingärtner seien die Retter des Planeten.[4]

Megre begründet sein Ideal der Einehe weißhäutiger heterosexueller Partner mit der widerlegten genetischen Theorie der Telegonie, wonach der erste männliche Sexualpartner einer Frau Gestalt und Phänotyp auch ihrer späteren, von anderen Männern gezeugten Kinder präge. Er behauptet, weißen Ehepaaren werde gelegentlich ein schwarzes Kind geboren, „weil seine Oma oder die gebärende Mutter sexuellen Kontakt zu einem schwarzen Mann hatte“.[5]

Die Erzählung von der mythischen wedrussischen Kultur ist eine ahistorische Fiktion. Dabei bediente sich Megre laut dem Theologen Vladimir Martinovitsch aus den Lehren verschiedener russischer Sekten und Kulte und setzte diese zu einer neuen Glaubenslehre zusammen.[6] Zudem bedient Megre mit dem Ideal der „Wedrussen“ die in der Neuen Rechten gängige Begeisterung für Russland und dessen als starken Herrscher gefeierten Staatspräsidenten Wladimir Putin.[2]

Kern der Ideologie sind Familienlandsitze nach Megres Vorgaben: Auf mindestens einem Hektar Land sollen jeweils ein Wohnhaus, ein Teich, Wiesen, Beete und ein Wald stehen, umgeben von einer dichten Hecke. Moderne Technik wie Strom, Internet, fließendes Wasser und moderne Medizin werden abgelehnt. Pflanzen sollen Menschen über ihren Gesundheitszustand informieren. Kontakte mit Fremden, auch anderen Anastasianern, gelten als schwierig, da man deren fremde „Schwingungen“ danach erst wieder in Ordnung bringen müsse. Die Bewohner glauben, mit Anastasias Gedankenstrahl in ständigem Kontakt zu sein. Die eigene, autarke Scholle ist ihr Ideal. Folglich streben sie auch eine eigene Schulform an, um ihren Kindern ihre Ideologie weiterzugeben: die Waldschule nach der von Megre beschriebenen Schetinin-Schule. Dort sollen sich die Kinder ohne Lehrer, nur mit anwesenden Lernbegleitern, gegenseitig unterrichten. Ihren Betreuern werden ein starker Patriotismus und paramilitärischer Drill abverlangt. Die von Anastasianern mancherorts aufgebauten LAIS-Lerngruppen wurden aus dem Schetinin-Konzept entwickelt.[6]

Die Anastasia-Ideologie kombiniert also parawissenschaftliche und neureligiöse mit antidemokratischen, antisemitischen und rassistischen Motiven. Sie ist anschlussfähig für verschiedene alternative Milieus und wird in der Esoterik, der Permakultur, in sozialutopischen Gemeinschaftsprojekten und bei neuheidnischen Gruppen rezipiert.[7] Die Bewegung ist weitgehend unorganisiert und erscheint als loses Netz von Einzel- oder Gruppeninitiativen, die Familienlandsitze gründen und für ökologische Themen werben.[8]

Verbreitung

Russland

Im Anschluss an die Publikationen von Wladimir Megre bildeten sich in Russland ab 1996 zunächst Leserkreise, die sich ab 2001 als Vereine etablierten. Diese organisierten Leserkonferenzen, auf denen die in den Büchern entfalteten Ideen diskutiert wurden. Für diese wurde durch Zeitschriften, kommerzielle Produkte wie Zedernöl, Audios und Videos ein Markt geschaffen. Megre ließ den Produktnamen „Die klingenden Zedern Russlands“ rechtlich schützen. Ab 2010 wurden zunehmend Familienlandsitze gegründet; bis 2011 sollen bereits 700 davon in Russland bestanden haben. Durch die ersten fremdsprachigen Übersetzungen der Anastasia-Bücher wurde die Bewegung dann internationalisiert.[9]

2016 erließ Putin ein Gesetz, das es Russen erlaubt, im fernen Osten des Landes gratis bis zu einem Hektar Land zu erwerben. Das gab der Anastasiabewegung erheblichen Auftrieb.[2] In einigen schwach besiedelten Regionen Russlands gaben die Lokalregierungen den Anastasia-Anhängern kostenlos Land für ihre Siedlungen. Der frühere Staatspräsident Dmitri Medwedew äußerte sich 2008 positiv über die Familienlandsitze. Im Gegenzug ruft Megre die Anastasia-Anhänger stets zur Unterstützung von Putin auf.[6]

Nach russischen Medienberichten bestanden 2016 schon 337,[10] laut Megres Eigenangabe rund 370 Anastasia-Siedlungen in Russland.[6] Bis 2021 listete ein offizielles Register mehr als 230 Anastasia-Siedlungen in Russland auf. Ihre genaue Zahl ist unbekannt, da sie keine zentrale Verwaltung haben.[11]

Die Anhänger der Bewegung versuchen gemäß Megres Ideen Familienlandsitze und Selbstversorgung aufzubauen.[2] Die Bewegung ist auch politisch aktiv und hat sich in einer Reihe lokaler oder regionaler Organisationen konstituiert, die locker zusammenarbeiten. So bestehen personelle, ideologische und strukturelle Verbindungen in rechtsradikale Szenen.[12]

Deutschland

Bis 2014 verzeichnete das Netzwerk „Familienlandsitz-Siedlungen“ vierzehn solche Siedlungen in Deutschland.[13] Bis 2021 entstanden mindestens 17 deutsche Standorte der Anastasiabewegung,[14] bis 2022 waren es etwa 20.[15] Sie hatten 2021 insgesamt etwa 50 Mitglieder, doch an Anastasiafestivals nahmen bis zu 800 Personen teil.[11] Das „Familienlandsitz & Siedlungsforum“ auf Telegram, das die Anastasiabewegung in Deutschland vernetzt, hatte im Dezember 2020 mehr als 3300 eingeladene Mitglieder.[16] Insgesamt wuchsen die deutschsprachigen „Anastasia-Kanäle“ laut einem Bericht bis März 2023 auf rund 250.000 Abonnenten. Anastasia-Anhänger nutzen sie zum Anwerben weiterer Mitglieder.[17]

Siedlungen

In Deutschland erschien 1999 der erste ins Deutsche übersetzte Band der Anastasia-Buchreihe. Dazu hatten Anhänger aus St. Petersburg mit Megres Erlaubnis in Neustadt an der Weinstraße einen Kleinverlag gegründet. Ab 2001 besuchte Megre Lesertreffen in Neustadt, Berlin, Stuttgart, Bonn, München und trat 2018 bei der Frankfurter Buchmesse auf. Dabei rief er zur Bildung von Selbstversorgerprojekten und Familienlandsitzen auf, warb für Zedernprodukte und zeigte einen Film über die Schetininschule.[9] Ab 1999 wurden sibirische Zedernprodukte in Deutschland vermarktet, die Ideologie als „wedrussisches Wissen“ über Seminare und Kurse verbreitet und Reisen zu Familienlandsitzen in Russland angeboten. Ab 2012 entstanden die ersten deutschen Familienlandsitze.[18]

Ab 2009 suchten Maik Meinhard Schulz und Aruna Palitzsch Interessenten für ihr Siedlungsprojekt Weda Elysia, das sie 2014 gründeten. Der Name wird als „Wissen um das Paradies“ gedeutet.[19] Weda, nordisch für „Weisheit“, und Elysia von griechisch Elysion für „Ort der Seligen“, steht für die Idee der Familienlandsitze in der Anastasia-Ideologie. Die Gruppe will an den „Kraftorten unserer Ahnen“ wirken. Fleischkonsum ist den Mitgliedern verboten. Der „freie Baumeister“ soll langes Haar mit einem Stirnband, seine Frau bunte Dirndl tragen. Die Anhänger verkaufen auf Märkten Naturseifen, Bienenwachskerzen, Imkerhonig und „Anastasia“-Bücher. Schulz bewarb die Webseite familienlandsitze.org, die zu „Selbstermächtigung durch Selbstversorgung“ aufrief.[20]

2018 kaufte die Gruppe den früheren Dorfgasthof in Wienrode (Sachsen-Anhalt). Dieses „Haus Lindenquell“ soll ein „Ort des Frohsinns“ werden. Schulz rief im Internet zu Spenden auf, um das Haus zu renovieren und zu einem kulturellen Zentrum umzubauen. Dazu gründete die Gruppe die Vereine Weda Elysia e.V., Weda Elysia Treuhand e.V. und Lindenquell e.V.[21] Der elfköpfige Heimatverein Lindenquell e.V. will „Brauchtum (Volkstanz und -gesang)“ und „unsere deutschen Werte und Tugenden wieder pflegen und beleben“, die kleinbäuerliche Landwirtschaft und Versorgung mit regionalen und gesunden Lebensmitteln fördern.[19] 2019 bot eine Weda-Elysia-Akademie ein viertägiges Seminar für „Landsitzgestalter“ an, die einen „Stammlandsitz“ in einer Anastasia-Siedlung aufbauen wollten. Das Seminar behandelte, „wie Brauchtum und kulturelles Leben die Gemeinschaft fördern“, und die „Partnerschaft von Mann und Weib als Grundlagen der Stammesgründung“.[20] Im Januar 2020 veröffentlichte die Gruppe ein Video Herzkraft, das ihre völkische, anti-moderne Ideologie und eine strikte Rollenverteilung von Männern und Frauen zeigte, Brauchtumspflege politisiert und der neurechten Idee des Ethnopluralismus folgt.[22]

Das Ehepaar Markus und Iris Krause gründete 2014 in Grabow bei Blumenthal die Anastasia-Siedlung „Goldenes Grabow – Familienlandsitz Landolfwiese“. Markus Krause besuchte 2006 und 2010 Aufmärsche der rechtsextremen Jungen Landsmannschaft Ostpreußen (JLO) in Dresden und 2007 ein Treffen des antisemitischen Ludendorffer-Bundes in Dorfmark.[19] Der Bundesvorsitzende der JLO, Stefan R., gab Krauses Wohnadresse als Standort seines Sicherheitsdienstes an.[23] Als vom Land Brandenburg öffentlich bestellter Landvermesser mit einem Büro und rund zwölf Mitarbeitern erhielt Krause frühzeitig Kenntnis von zum Verkauf stehenden Flächen und Gebäuden. 2020 besaß sein Familienlandsitz schon mehr als 80 Hektar Land.[24] Das Ehepaar und mindestens sechs weitere Familien erwarben die Grundstücke durch „Landfreikauf“. Hinzu kamen Tiny Houses, Wohnwagen und Zelte auf einem Waldgelände. Die Landesregierung und der Europäische Landwirtschaftsfonds bezuschussten eine Scheune der Siedlung mit erheblichen Mitteln. – Krause war zeitweise Ortsvorsteher Grabows. 2015 organisierte das Ehepaar einen Informationsabend in Grabow, bei dem es vor dem „Zufluss“ junger Männer aus Afrika, Asien und dem Balkan warnte.[23][25] Dort forderten sie eine „Dorfwehr“, falls „unsere Politiker, Beamte, Soldaten, nicht mehr dienen wollen“.[24] Im selben Jahr errichtete der rechtsextreme Sturmvogel – deutscher Jugendbund ein Lager auf ihrem Gelände. 2017 traten Mitglieder des „Bundes für Gotteserkenntnis“ (Ludendorffer) bei einem Anastasia-Festival in Grabow auf. 2018 lud Iris Krause zum „Frühlingsfest Goldenes Grabow“ auch Politiker der NPD ein. Auch zu Weda Elysia bestehen enge Kontakte.[23] Die Anastasiasiedler in Grabow planten eine eigene Schule. Im Frühjahr 2020 weigerten sich einige Familien, ihre Kinder in die staatliche Schule zu schicken.[24] Im November 2021 erklärte ein Anwalt von Markus Krause schriftlich, das Projekt habe sich aufgelöst und bestehe nicht mehr. Doch es war weiterhin im Handelsregister eingetragen und hatte rund 20 Mitglieder vor Ort, die andere Dorfbewohner mit Hausbesuchen bedrängten.[26]

Der Architekt Konstantin Kirsch, der mit Naturbauten und einem Buch dazu bekannt wurde, gründete 2006 im nordhessischen Ort Bauhaus (Nentershausen) ein „Waldgartendorf“, das er von seinem „WaldGärtnerHaus“ aus zu einem Anastasiazentrum ausbauen will. 2013 richtete Kirsch ein Anastasiafestival auf seinem Anwesen aus, zu dem er gezielt auch „Reichsbürger“ einlud. 2014 publizierten Kirsch und Lutz Rosemann einen Anastasia-Index als Nachschlagewerk der deutschsprachigen Anastasiaszene. 2018 ließ sich Kirsch auf dem Anastasia-Stand der Frankfurter Buchmesse vor 200 Anhängern von Nina Megre, Wladimir Megres Enkelin, interviewen. Daher gilt Kirsch als zentrale Figur der Bewegung in Deutschland. Auf seinem Blog kommentiert er Zeitereignisse und klagte etwa über „gleichgeschaltete Medien“; schlug vor, kinderlosen Eltern das Wahlrecht zu entziehen; behauptete mit dem Wahlverlierer Donald Trump einen „Wahlbetrug“ des gewählten US-Präsidenten Joe Biden; begrüßte Trumps Ausstieg aus dem Pariser Weltklimaabkommen; verstand die Coronaproteste als Protest gegen einen angeblichen „Weg in eine faschistische Diktatur“; teilte QAnon-Thesen gegen das „Trinken von Kinderblut“, „Chippen der Menschheit“ und andere.[11]

Der Landwirt Robert Briechle gründete in Unterthingau (Allgäu) einen „Mutterhof“ für ökologische „Familiengärten“ und Permakultur. Briechle führt die Ideen dazu auf die Anastasiabücher zurück.[27]

Zum Anastasiaprojekt „LebensRaum e.V.“ bei Dresden (Sachsen) gehörten 2018 insgesamt 17 Familien. Einer der beiden Vereinsgründer, Robert Köhn, war bis 2016 „Vertreter der administrativen Regierung des Bundesstaats Sachsen“, also „Reichsbürger“.[28] Die Mitglieder wollen mit den Anastasiabüchern als Basis die ganze Region mit einem „Ring aus Naturgartendörfern“ umgeben, sie mit biologischen Lebensmitteln versorgen und „ausgeräumte und vergiftete Agrarwüsten in blühende Lebensräume“ verwandeln. Dazu bewarb sich der Verein 2018 beim Dresdner Projekt „Zukunftstadt“ um Bundesfördergelder. Bis dahin besaß er eine Streuobstwiese als Pilotprojekt, suchte aber weitere Flächen am Stadtrand Dresdens zur Selbstversorgung, da man einen weltweiten Handelskrieg und Unterversorgung erwarte. Nach Kritik verschwanden die Anastasiabücher von der Vereinswebseite. Von rechter Esoterik wollte sich der Vorstand jedoch nicht abgrenzen, sondern sich „grundsätzlich aus Bewertungen heraushalten“.[29]

Die „LebensOase“ in Altusried-Schmidberg (Bayern)[30] wurde 2022 vorerst ausgesetzt, weil sich Bürgermeister und Eigentümer der Flächen, die die Bewegung kaufen wollte, distanzierten.[31]

Im Bundesland Brandenburg gibt es die Anastasiaprojekte „Oase Goldammer“ in Werder (Havel), das „Traumland Lychen[32] sowie Siedlungsprojekte in Steinreich und Liepe (Barnim).[33] Das „Traumland Lychen“ im Ortsteil Rutenberg wurde 2019 durch eine Fernsehsendung bekannt. Der Sprecher André Proetel zeigte sich als harmloser Biogärtner, soll aber laut einer Aussteigerin intern Ideologie der „Reichsbürger“ (Deutschland sei eine Firma, Behördendokumente seien zu ersetzen) vertreten haben. Anfang 2023 wollten Anhänger von Peter Fitzek („Königreich Deutschland“) mit Hilfe der schon ansässigen Anastasiasiedler in Rutenberg 44 Hektar Land und mehrere Häuser kaufen. Verfassungsschützer warnten die rund 180 Dorfbewohner vor einer „Landnahme“ von Rechten mit verwandter Denkart.[34]

Netzwerk

Ab 2014 fanden jährliche „Anastasiafestspiele Deutschland“ statt, erstmals auf Burg Ludwigstein, dann 2015 in Grabow bei Blumenthal, 2016 in der Rhön und 2017 beim Verein „Am Windberg“ in Thüringen. Ab 2018 kamen kleinere regionale Festivals an vier Orten in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern hinzu. Dies förderte die interne und externe Vernetzung, etwa mit Gruppen des Veganismus, aber auch mit Rechtsesoterikern und der „Reichsbürger“- und Selbstverwalterszene.[18] Zum Netzwerk der 2019 eingestellten Website Familienlandsitze.de gehörte 2014 das Projekt „Nordlicht“ bei Ferdinandshof, dessen Mitglieder schon Land besaßen. Iris Wetzig plante zudem das Projekt „Goldbach“ in Mecklenburg. Sie veranstaltete im Schloss Daschow, später am Plauer See Yoga-Festivals und beteiligte sich am Aufbau des Familienlandsitzes Landolfswiese in Grabow.[13]

Der rechtsextreme Esoteriker Frank Willy Ludwig gibt an, er habe die Anastasiabücher im Jahr 2000 gelesen und dann sein Leben danach ausgerichtet. Er bewohnt die Anastasiasiedlung in Liepe. Seit 2011 verbreitet er die Anastasialehren im ganzen deutschsprachigen Raum, um die Bewegung zu vernetzen und neue Siedlungen anzuregen.[35] Dazu betreibt er mehrere Webseiten. Als seinen „Auftrag“ nennt er dort: „Arisches Wissen in den Stämmen erwecken, Reinigung von Mensch und Raum“.[36] In Vorträgen über die „Gesetze der Reinheit des Blutes“ behauptet er, „Rassenmischung“ verhindere den Kontakt zu den Ahnen. Versuche, „den Schwarzen ein Gewissen einzupflanzen“, seien gescheitert. Arier seien Außerirdische vom Sternbild des Kleinen Wagens. Die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck sei ein „Herzensmensch“. Der Hitlergruß, den er nach Vorträgen öfter zeigt, sei ein Sonnengruß der Ahnen.[37] 2016 veröffentlichte Ludwig das Buch Stammeslandsitze, Siedlung & Schule, das er als „das Buch–SSS“ abkürzt. Darin forderte er wie Megre, jede Familie solle auf einem Hektar Land vegetarisch und autark leben. Auf seiner Webseite „Urahnenerbe Germania“, geziert von einer leicht veränderten Swastika und Sig-Rune, fordert er den „Aufbau natürlicher Stammeslandsitze mit Wirtschaft (Mutterhof) und Schulen, durch das Erforschen und Praktizieren der Lebensweisen unserer Urahnen, der wedischen Hochkultur von Slawen und Ariern“. Als Quelle gibt er das „SS-Ahnenerbe“ an und verweist explizit auf Heinrich Himmlers und Herman Wirths Projekt „Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe“, das die NS-Rassenideologie pseudowissenschaftlich untermauern sollte. Er organisierte unter anderem Stammtische im Landkreis Märkisch-Oderland und Gruppenreisen nach Rügen. Beim Anastasiafestival von 2017 forderte er, Adolf Hitler und der NS-Ideologie zu folgen: „Kümmert euch um eure Frau. Zeugt Kinder. Schafft euch einen Garten an, fertig. Das ist es doch, was der Führer auch gesagt hat. Blut und Boden. Kraft durch Freude.“ Nach Recherchen des Fernsehmagazins Kontraste sagte er 2019, man werde „die jüdische Rasse an der grauen Hautfarbe und den dunklen, finsteren Augen der Nacht erkennen“.[35] Auch Homosexualität sei „rassisch bedingt“: Homosexuelle Kinder zeigten angeblich, dass „im (Familien-) Stamm etwas nicht stimme“. Er fordert die Anastasia-Anhänger zum Tarnen ihrer Gesinnung auf: Sie sollten „etwas Schönes“ gründen, die Menschen durch Gesang, Kleidung und Tanz „bezaubern“ und sich im Volk beliebt machen; dann könne „kein Politiker, keine dunkle Macht mehr sagen: Ey, das sind Böse.“[38]

Ludwig hat enge Kontakte zu Holocaustleugnern, „Reichsbürgern“, Identitären und Anastasiagruppen in Österreich und der Schweiz.[39] Er trat gemeinsam mit dem Neonazi Meinolf Schönborn, mit dem Schweizer Antisemiten Heinz-Christian Tobler,[40] beim Holocaustleugnernetzwerk „Recht und Wahrheit“, bei den „Honigmanntreffen“ von Ernst Köwing und mit dem Holocaustleugner Gerhard Ittner bei Aufmärschen von Neonazis zum Jahrestag der alliierten Luftangriffe auf Dresden auf. Er übersetzte die Schriften der neopaganen russischen Ynglismus-Sekte von Alexander Hinevich ins Deutsche und erläuterte im Vorwort: Der Ausdruck „Große Rasa“ meine weißhäutige Menschen. Diese seien „vor ca. 600’000 Jahren auf die Mitgard-Erde“ gekommen; Menschen mit schwarzer, roter und gelber Hautfarbe dagegen stammten „von ganz anderen Sonnensystemen“. Auch in seinem Vortrag „Die slawisch arischen Weden – Urahnenerbe der weißen Rasa“ benutzt er das in der Rechtsesoterik übliche Codewort für „Rasse“.[41]

Der „Reichsbürger“ Thomas Patock, der sich „König von Wedenland“ nannte, war in mehreren Anastasiagruppen auf Facebook aktiv und leugnete dort mehrfach den Holocaust. Über seine Webseiten vertrieb er „Anastasia‐Produkte“ wie Zedernöl und pseudowissenschaftliche, teils stark gesundheitsgefährdende Präparate. Er vertrat besonders Megres Thesen zur Telegonie als Mittel gegen „Rassenschande“ und rechtfertigte dies mit Zitaten aus den Nürnberger Gesetzen des NS-Regimes.[42] 2016 wurde er rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilt.[6]

Auch der Anastasia-Aktivist Wjatscheslaw Seewald vertritt die Telegoniethese.[42] Er lebt in Bayern, propagierte 2011 auf YouTube mit dem Sektengründer Aleksandr Khinevich die „Slawisch-Arische Rasse“, verteidigte 2013 die Swastika als uraltes Symbol, das nichts mit Nazismus zu tun habe, und fotografierte sich 2017 mit dem rechtsextremen AfD-Politiker Björn Höcke. Das Bundesamt für Verfassungsschutz führte Seewald 2021 als demokratiegefährdenden Verbreiter antisemitischer Verschwörungsideologien auf. Am 27. Februar 2022, drei Tage nach Beginn des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine, postete Seewald, der Reichstag müsse mal wieder erobert werden. Reuters-Recherchen enttarnten ihn als Administrator des Telegramkanals „Putin Fanclub“, der für rund 36.000 Abonnenten Reden Putins ins Deutsche übersetzt und russische Staatspropaganda verbreitet.[43]

Der Verein Weda Elysia bot rund 430 Abonnenten (2019) seines YouTube-Kanals unter anderem Filmclips zu Martin Sellner, Chef der Identitären Österreichs, zur Anti-Gender-Aktivistin Birgit Kelle und zur QAnon-Ideologin Eva Herman an.[20] Auch der Telegramkanal von „Haus Lindenquell“ verlinkte zeitweise auf die Identitäre Bewegung sowie auf einen von Ursula Haverbeck gegründeten Verein. Weda Elysia hat enge Kontakte zu Personen der Reichsbürgerszene und zum Holocaustleugner Nikolai Nerling, wie der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt 2022 bestätigte.[15] Nerling veranstaltet öfter Volkstänze mit Anastasia-Anhängern vor dem Berliner Reichstagsgebäude.[37] Am 29. September 2020 versuchten Anastasia-Anhänger um Weda Elysia und Nerling in Quedlinburg eine Vorstellung des Buchs „Völkische Landnahme“ zu stören.[44] Als dies misslang, inszenierte Nerling draußen eine Verbrennung des Buchs und filmte diese.[25]

2013 wurde bei Veranstaltungen auf Robert Briechles Mutterhof laut Teilnehmern auch Reichsbürgerideologie vermittelt. Seit 2018 beobachtete der Verfassungsschutz den Hof. Briechle bestritt, dass er Anastasia-Anhänger sei, bezweifelte aber zugleich, dass Megres Buchreihe rassistische und antisemitische Ideen enthält. Im Juli 2020 traf er sich mit Frank Willy Ludwig zu einem Gespräch, in dem Ludwig über seine „Aufgabe für den Stamm, für das Volk, für das Heil der Erde und das Heil der Wesen auf der Erde“, zuletzt auch von einer „Verantwortung der weißen Rasse“ sprach. Trotz kritischer Berichte darüber hielt Briechle weiter Vorträge und Kurse über Permakultur und Familienlandsitze, auch für Schüler und Studierende. Die Regionale Wirtschaftsgemeinschaft Allgäu lud ihn regelmäßig zu Seminaren ein, wollte aber laut seiner Webseite wegen der „Anfeindungen“ gegen ihn „keine Verantwortung für die Weltanschauung unserer Mitglieder und Besucher“ übernehmen. Das Magazin Nachhaltiges Allgäu warb weiter für den Mutterhof. Sein Herausgeber Jochen Koller beschrieb die Ideen der Anastasia-Buchreihe als maßgeblich für seine „Vision“. Ein benachbarter Ökobauer befand nach Lektüre der Anastasia-Bücher deren Inhalt für unproblematisch: „Nur weil da mal irgendwas mit Rassen steht, heißt das ja nichts.“ Dagegen beschloss die Genossenschaft Kulturland aus Niedersachsen, nicht mit Siedlern der Anastasiabewegung und Initiativen zusammenzuarbeiten, die sich nicht ausdrücklich von deren ideologischen Hintergründen abgrenzen.[45]

Der Musiker „Schwerti von der Thing Au“ (Künstlername) warb für Briechles Mutterhof mit dem Lied „Die Wahrheit“. Die „Anastasia-Bewegung Deutschland“ veröffentlichte das Lied und Luftbilder von Briechles Hof in einem Video, das auch zahlreiche verschwörungsideologische Bezüge herstellt. Es zeigt unter anderem Symbole der Freimaurer, den Milliardär Bill Gates mit einer Spritze in der Hand, gibt Hinweise auf Gehirnwäsche und auf QAnon. In der „Hymne des Erwachens“ sang derselbe Musiker die Zeile „Aus Dämmerschlafdelirium das alte Volk erweckt!“ Dazu zeigt das Video Bilder von Anastasia. Frank Willy Ludwig bewirbt die Videos von „Schwerti von der ThingAu“ auf seinem YouTube-Kanal „Urahnenerbe Germania“.[27] Der Musiker lebt auf dem Mutterhof und verknüpft seine Liedtexte mit QAnon-Symbolik und politischen Umsturzplänen.[46] Der Journalist Sebastian Lipp („Allgäu rechtsaußen“) verwies auf „Reichsbürger“, „Querdenker“ und Anhänger der Freiwirtschaft Silvio Gesells im Umfeld von Allgäuer Anastasiagruppen. Er beschrieb ihre scheinbar rein ökologischen Projekte als Mittel, um sich vor Ort beliebt zu machen und dann allmählich rechtsradikales Gedankengut zu verbreiten.[27]

Ralf Otterpohl, Professor für Gewässerschutz in Hamburg, bewarb die Anastasiabewegung in seinem Buch Das neue Dorf (2017) und führte deren rechtsextreme Tendenzen auf äußere Kritiker zurück. Auf Nachfragen erklärte er 2018, beim Lesen der Anastasia-Bücher seien ihm keine kritikwürdigen Passagen aufgefallen. 2021 erklärte er, er habe sich nicht mit den ideologischen Hintergründen der Bewegung befasst und nur mit einzelnen Mitgliedern Kontakt gehabt. Er werde die Passage in der nächsten Buchauflage entfernen lassen. Zugleich verteidigte er den Allgäuer Landwirt und dessen Mutterhofprojekt.[44]

Der Esoteriker Erich Hambach dankte Anastasia in seinem Werk „Bargeld ade! Scheiden tut weh …“ (2016) neben dem Verschwörungsideologen David Icke und zitiert auch aus Büchern des rechtsesoterischen Autors Jan Udo Holey. Hambach begründete ab 2017 einen „Friedensweg“ und trat öfter im „Klagemauer TV“ der „Organischen Christus Generation“ (OCG) und bei der „Anti-Zensur-Koalition“ des Sektengründers Ivo Sasek auf.[2] OCG-Anhänger aus Bautzen planten 2018 die Gründung einer Schetinin-Schule in Görlitz. Derartige Vorstöße zeigen laut Beobachtern ein Zusammenwachsen der Anastasiabewegung mit anderen verschwörungsideologischen Gruppen.[40]

2020 versuchte die Bewegung verstärkt in Brandenburg Fuß zu fassen. Dazu fanden im Großraum Berlin mehrere nichtöffentliche Vernetzungstreffen statt, so am 29. November 2020 in der Waldschule Teufelssee beim Müggelsee[37] und am 21. Dezember 2020 zur Feier der Wintersonnenwende in Putlitz (Landkreis Prignitz). Die Gründer des Telegramkanals „Familienlandsitz & Siedlungsforum“ organisierten das Treffen.[16]

Anastasia-Anhänger feierten im April 2021 in Pansfelde ein privates „Fest der guten Früchte“. Das „Bündnis Bunter Harz“ protestierte mit der Kundgebung „Völkische Landnahme stoppen“ dagegen.[47]

Der Propagandist Martin Laker vernetzt die Anastasiabewegung über seinen Telegramkanal mit rund 50.000 Abonnenten (Januar 2023) mit der QAnon- und der Reichsbürgerszene. Er verbreitet deutschsprachige QAnon-Beiträge, leugnet den Holocaust und fordert, das jetzige „satanische Konstrukt“ der Bundesrepublik durch eine mehrjährige Militärdiktatur abzulösen und danach das Deutsche Reich wiederzuerrichten. Er gab ein Gesprächsvideo mit Traugott Ickeroth heraus, einem Unterstützer der mutmaßlich rechtsterroristischenPatriotischen Union“.[48] Laker sprach seinerseits von einem „geistigen Plan“ Anastasias, „um die Welt vor den Dunkelmächten zu befreien“. Diese Befreiung sei gegenwärtig im Gang; doch weil „Recht und Ordnung“ dabei nötig seien, seien „wir im deutschen Reich am besten aufgehoben“. Er befürworte im Anschluss an Donald Trumps Parole America first das Motto „Deutschland zuerst“. Ab Mai 2021 plante er eine „Akademie Engelsburg“ und rief gleichgesinnte Anastasianer dazu auf, dafür Regionalgruppen zu gründen. Angeblich entstanden daraufhin mehrere hundert Regionalgruppen auf Telegram. Der Biogärtner Markus Mägel und seine Frau Elvira Mägel planten einen Familienlandsitz, die „Arche Achental“ (Bayern), und suchten dafür Mitstreiter. Ihre Webseite führte auf, wen sie von dem Projekt ausschließen: Personen, „die mit dem experimentellen RNA-Impfstoff infiziert“ oder impfbereit seien; die „an den menschengemachten Klimawandel glauben“; „Anhänger von Gender-Mainstream“; „Sympathisanten von Fluchthelfern und Schleusern illegaler Migranten, mit dem Ziel der Vermischung der Völker und Zerstörung Deutschlands“. Im Juni 2021 eröffnete Elvira Mägel eine eigene Telegramgruppe für „echte, beseelte Menschen“, „die Martin Laker und seine Engelsburger Neuigkeiten kennen und eine neue, wedische Erde und das neue, starke Deutschland aufbauen wollen“. Im Willkommenstext zitierte sie Texte des Ynglism-Gründers Alexander Hinevitsch.[49]

Österreich

Im Jahr 2003 gründete die Rechtsanwältin Vera Weld in Wien nach Eigenangaben Österreichs ersten Anastasialesekreis. Seitdem engagiert sie sich für die Verbreitung der Anastasialehre im Land. Sie besucht oft völkische Landsitze in Russland, hält Vorträge und Seminare und wollte 2017 im niederösterreichischen Waldviertel einen eigenen Anastasialandsitz namens „Hoffen“ gründen.[50]

Um 2010 entstand das „Anastasialand“ auf einem Bauernhof bei St. Radegund (Oberösterreich).[51] Das Betreiberehepaar Ursula Schmidbauer und Rupert Peterlechner gründete auf ihrem Gelände eine private Montessori-Naturschule als „Anastasialand-Frühförderung und Bildungswerkstatt“ und erhielt 2010 die behördliche Erlaubnis für staatlich anerkannten Schulunterricht dort.[52]

Ab 2012 wollte eine Anastasiagruppe in Poppendorf im Burgenland ein 54 Hektar großes Gelände rund um einen Bauernhof kaufen, um dort eine „Akademie Elysion“ und eine Familiensiedlung mit Zelten und Hütten zu errichten. Dort sollten eine naturnahe Lebensweise und Seminare zum „wahren Inhalt von Anastasia“ vermittelt werden. Bis 2022 lebten dort einige Anastasia-Anhänger ohne Kontakt zur lokalen Bevölkerung. Obwohl die Gruppe zuletzt durch die Coronaproteste Zulauf erhielt, konnte sie den vereinbarten Kaufpreis von 2,5 Millionen Euro nicht aufbringen und gab das Gelände 2022 dem Vorbesitzer zurück. Die Gruppe erwog, ihre Akademiepläne anderswo in der Region fortzusetzen.[53]

Zuvor hatte die Dokumentationsstelle Politischer Islam antisemitische und völkische Anastasialehren und Posts von Anastasiasiedlern in Österreich bekannt gemacht. So hatte der Gründer der „Akademie Elysion“ ein YouTube-Video „Das geheime Netzwerk der Rockefellers“ mit antisemitischen Inhalten geteilt.[54] Er erklärte auf Nachfrage des ORF, er empfinde die Inhalte als wahr, bestritt aber, dass er Antisemit sei.[55]

Ein Verein in Tirol will Familien vernetzen, die sich für eine Lebensweise nach Anastasia-Art interessieren, schreibt aber das Konzept eines Familienlandsitzes nicht vor. 2021 hatte der Verein laut dem Gründer Bruno W. 20 Mitglieder und einen „Partnerplatz“ am Wörthersee. Bis dahin gab es geschätzt sechs Anastasialandsitze in Österreich und Pläne für einige weitere.[56]

Die Gruppen sind dezentral organisiert und vernetzen sich vor allem über Telegram. Dort hatte der Kanal „Anastasia Hörbücher“ im November 2022 mehr als 20.000 Abonnenten.[57] Der ehemalige Reisemanager Norman Kosin etwa wollte über Telegram „hunderte Familien“ an seinen „Ort der Liebe“ bringen, den von ihm gegründeten Familienlandsitz im Südburgenland.[17]

Seit 2014 gründet die Anastasiabewegung in Österreich häusliche Lerngruppen oder Lernkurse nach dem LAIS-Konzept, zuerst in Klagenfurt, dann in Salzburg, im Waldviertel, in der Steiermark und Oberösterreich. Sie werden als Alternative zur Regelschule und deren Leistungsdruck beworben. Man verspricht interessierten Eltern kurzfristige riesige Lernerfolge durch „natürlichen“, angstfreien, gegenseitigen Unterricht der Kinder. Die Herkunft des Konzepts aus der russischen Rechtsesoterik wird verschwiegen oder verdeckt. Die Gründerin der Klagenfurter Laisgruppe Alexandra Liehmann bestritt ihre Bezüge zur Anastasiabewegung, gehörte nach Medienrecherchen jedoch zum Lesekreis der Wiener Anwältin Vera Weld. Mit ihr besuchte Liehmann völkische Landsitze in Russland, las die Anastasiabücher, lernte das Schetininkonzept kennen und wollte es daraufhin in Österreich verbreiten. Bis mindestens 2012 leitete sie eine „Anastasia Gruppe Kärnten“ und organisierte „Mutter-Kind Anastasia Treffen“ zu den Themen „Siedlungsprojekt, Tauschkreis, Anastasia-Ideen im Alltag umsetzen (…) Stand Familienlandsitze in Russland, Reiseinformationen für Russlandreise in Siedlungen, Dolmen & Schetinin-Schule von Gast Vera Weld“. Die Klagenfurter Lais-Gruppe bildet Lernbegleiter anderer Lerngruppen aus, darunter Anastasia-Anhänger. Der esoterische Verein „Gaia“, der angeblich 4.000 Mitglieder hat und für Ryke Geerd Hamers rechtsradikale „Germanische Neue Medizin“ wirbt, unterstützte die Gründung in Klagenfurt. Der Manager Eduard Kaan startete 2015 ein Laisprojekt in Hof bei Salzburg mit der deutschen Dietlinde B. vom Bundesvorstand des rechtsextremen Jugendbunds „Sturmvogel“, einer Abspaltung der verbotenen Wiking-Jugend. Auf Nachfragen behauptete Kaan, er habe nichts von B.s rechtsextremen Aktivitäten gewusst und nicht überprüft, woher die Interessenten an seinem Projekt kamen. Er selbst erhielt von dem Verein „Golden Earth Vision“ Räume und trat bei „Krypto-TV“ auf, dessen Gründer offen den Holocaust leugnete und Impfgegner, Verschwörungsideologen und Esoterikautoren interviewte.[50]

Christian Kreil (Der Standard) führt die Verehrung Putins in Österreichs Esoterik- und Coronaleugnerszene maßgeblich auf den Einfluss der Anastasiabewegung zurück: Megres Schriften „strotzen vor verklärter Landleben-Romantik und vor Antisemitismus“, machten Russland zur „Metapher für Weisheit und erdverbundene Spiritualität“ und zur Projektionsfläche für autoritäre, rückwärtsgewandte Sehnsüchte.[58]

Schweiz

Im November 2015 gründeten Anastasia-Anhänger den Verein „Familienlandsitze Schweiz“. Als dessen Pressesprecher warb der ehemalige Franziskanermönch Beno Kehl 2019 für die Gründung von Familienlandsitzen und die Anastasia-Ideologie. Er behauptete auf Nachfragen, er habe antisemitische und rassistische Passagen der Anastasiabücher „schlicht überlesen“. Nach einem Bericht darüber nahm er die Bücher von seiner Homepage.[59]

Thomas-Heinz Wegmüller gründete in Bern die Anastasiagruppe „Wedia Helvetia“. Wegmüller propagiert Selbstversorgung von Familien auf dem Land, um die Gesellschaft zu retten und das „Paradies im Garten Eden“ wiederherzustellen. Er lud 2017 den deutschen rechtsextremen Esoteriker Frank Willy Ludwig zu einem Vortrag auf den Allerheiligenberg im Kanton Solothurn ein.[60]

Die Anastasiagruppe Cine12 in Thun ging aus der verwandten Gruppe We are Change Thun hervor. Der Gründer Heino Fankhauser lud den deutschen Rechtsextremisten Frank Willy Ludwig 2017 zu Vorträgen in Thun und Solothurn ein. Nach Bekanntwerden sagten die Eigner der gemieteten Veranstaltungsräume jedoch ab.[39] Ein weiterer Ableger der Bewegung in Winterthur wurde 2018 durch einen Sorgerechtsstreit bekannt.[61]

Um 2017 gründeten Schweizer Anastasia-Anhänger ein „Lais-Institut“ für Schulprojekte nach dieser Methode. Das Institut legt nicht offen, dass die Anastasiabewegung dahinter steht. Laisprojekte entstanden in Grosswangen, Lenzburg, Luzern und Zürich. Die Betreiber stellten Anträge auf Privatschulen bei Behörden und erhielten in manchen Orten Bewilligungen, Kindergruppen zuhause zu unterrichten. Sie propagieren laut der Beratungsstelle Infosekta ein „natürliches Lernen“, das Kindern wieder Zugang zu ihrem „kosmischen Urwissen“ verschaffen soll, mit dem sie sich angeblich den Stoff der gesamten Schulzeit in nur einem Jahr aneignen könnten.[62]

Im Juli 2022 bewilligte der Kanton St. Gallen in Uznach eine Privatschule, die sich auf das Vorbild einer russischen Schetininschule bezog. Der Werbeflyer versprach, „durch den Kontakt des bioenergetischen Feldes“ könne man „elf Jahre Mathematik in zehn Tagen“ erfassen. Auf Nachfragen erklärte die Schulaufsichtsbehörde, das Konzept der Antragsteller zeige keine Verbindung zur Anastasiabewegung; sie hätten einen religiös-ideologischen Hintergrund verneint. Der Projektgründer Thomas Kochanek, ein Investmentmanager, behauptete, er habe nie von der Bewegung gehört. Schetininprojekte fanden besonders in der Coronaleugnerszene Anklang, die sich während der Pandemie vernetzten und Homeschooling vorantrieben. So gründete der Zauberkünstler und Gedächtnistrainer Ricardo Leppe den Verein „Wissen schafft Freiheit“, der die pseudowissenschaftliche „Germanische Neue Medizin“, die Anastasialehren und sogenannte freie Schulen nach der Schetininmethode propagiert. Dafür warb auch eine „Graswurzel Schule“ der Maskengegnerin Prisca Würgler. Das „Lehrernetzwerk Schweiz“ wiederum warb für Ricardo Leppe.[63] Dieser durfte am „Modelhof“ des Unternehmers Daniel Model auftreten. Zum für die Erlaubnis von Privatschulen zuständigen Bildungsrat in St. Gallen gehörte ein Politiker der SVP und Vertreter der coronaskeptischen Bewegung „Freunde der Verfassung“.

Im Sommer 2022 gründete der rechtsesoterische Verein Campus Vivere in Rikon eine Privatschule für die Primar- und Sekundarstufe, laut den Betreibern ein „Erster Internationaler Freier Lernort nach humanitärem Völkerrecht“. Der Verein beabsichtigte weitere Privatschulgründungen.[64] Er hatte in den Monaten zuvor Vorträge zu „Reichsbürger“-Themen veranstaltet und die Schulerlaubnis im Kanton Zürich beantragt, nachdem der Kanton Thurgau Homeschooling verboten hatte. Die Schulwebseite verwies auf Zusatzausbildungen der Lernbegleiter „im Bereich Erfahrungslernen, Montessori, Steiner, Schetinin etc.“. An der Schultür hing ein „Schutzbrief“ des in Deutschland gegründeten „Instituts Trivium United“, das seinen Mitgliedern eigene Pässe ausstellt, um sie vor angeblichen staatlichen Übergriffen zu schützen. Das Institut hat Kontakte zum Lokal Siga Siga in Ternitz (Österreich), einem bekannten Treffpunkt für Rechtsextreme. Dennoch bewilligte die Züricher Schulbehörde die Privatschule für zunächst zwei Jahre. Sie gab an, erst durch Presseanfragen von den Reichsbürgerbezügen des Vereins erfahren zu haben, hielt aber an der Erlaubnis fest und wollte allenfalls konkreten Hinweisen auf Regelverstöße im Privatunterricht nachgehen.[65]

Politiker verschiedener Parteien verlangten daraufhin bessere Kontrollmechanismen für Privatschulen und betonten die Unvereinbarkeit der Anastasia- und Reichsbürgerideologie mit dem Schweizer Volksschulgesetz. Drei Kantonsräte in Zürich stellten dazu im August 2022 eine parlamentarische Anfrage.[66] Im November 2022 antwortete der Regierungsrat des Kantons Zürich, die Privatschule in Rikon sei nach den gesetzlichen Vorgaben erlaubt worden, und kündigte stichprobenartige Kontrollen an.[67]

Weitere Staaten

In Litauen entstand 2002 als erster Ableger der Bewegung in Kaunas der Club Skambantys kedrai, dann in Vilnius die Gruppe Gyvieji namai sowie etliche Familienheimstätten auf dem Land. In Riga (Lettland) und Tallinn (Estland) gibt es Anhängergruppen.[68] Als „Kraftort“ und altertümliches Heiligtum gilt Anastasiapilgern das litauische Dorf Tverai.[69] Landkommunen der Bewegung bestehen ferner in Belarus, der Ukraine, Ungarn und Tschechien.[11]

Weitere Anastasialandsitze entstanden in Australien, Nordamerika, Skandinavien und Südafrika,[70] nach Eigenangaben auch in Italien und Peru.[3]

Einordnungen und Kritik

Der Religionswissenschaftler Matthias Pöhlmann und die Schweizer Fachstelle InfoSekta stellen rechtsesoterische, verschwörungsideologische, antisemitische, nationalistische und rassistische Bestandteile in der Anastasia-Ideologie und in Aussagen vieler ihrer Vertreter fest. Sie stufen den Anastasianismus daher als völkische, rechtsextreme Blut-und-Boden-Ideologie ein.[12]

Laut dem Rechtsextremismusforscher Matthias Quent transportiert die Anastasia-Ideologie „kulturellen Rassismus und Antisemitismus“, jedoch „eher beiläufig“, etwa „um zu erklären, was an der modernen Welt alles schiefläuft.“ Dieses Muster sei auch vom Nationalsozialismus bekannt: Die moderne Gesellschaft sei dem Untergang geweiht und man müsse sich daraus auf die heimatliche Scholle oder Familienlandsitze zurückziehen. „Durch die Hintertür wird dann argumentiert, wer für diese angeblichen Zerstörungen verantwortlich sei und wie das richtige, angeblich natürliche Leben - nämlich auf eine Ordnung der Ungleichheit zwischen 'Rassen' - auszusehen habe.“[71]

Der Experte für die völkische Siedlerbewegung Marius Hellwig (Amadeu Antonio Stiftung) beurteilt Megres Aussagen über Juden als Relativierung des Holocaust: Mit klassischen antisemitischen Stereotypen mache er sie selbst für ihre Verfolgung verantwortlich.[3]

Die Historikerin Laura Schenderlein kritisiert Megres Geschichte, „dass wir alle manipuliert sind und uns in einer Art Schlaf befinden, aus dem wir erweckt werden müssen, um zur Glückseligkeit zurückzukommen.“ Die Demokratie erscheine bei ihm als „Manipulationstechnik, der wir unterworfen sind, wo die Politiker die Marionetten darstellen, die uns nach ihren Vorstellungen tanzen lassen. Und im Hintergrund steht eine Elite, die die Fäden in der Hand hält.“ Er behaupte im „Nazi-Duktus“, dass die Juden den weltweiten Geldfluss kontrollieren und ein jüdischer Priesterkreis im Hintergrund uns alle manipuliere.[24]

Bis Februar 2019 besaß die deutsche Bundesregierung keine Erkenntnisse zu rechtsextremen Hintergründen der Bewegung.[72] Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt ordnete den Verein Weda Elysia 2022 den „völkisch Siedelnden“ zu, „die durch nationalistische, antisemitische, rassistische und homophobe Ansichten geprägt“ seien. Dem Amt für Verfassungsschutz Thüringen zufolge benutzen die Mitglieder die Themen Naturschutz, Biolandbau und Brauchtum, um ihre Ideologie von „Volk und Heimat“ zu tarnen und in siedlungsschwachen Regionen umzusetzen.[15] Dabei stufen Experten die Anastasiabewegung im deutschsprachigen Raum als Teil einer völkisch-rassistischen Landnahmebewegung ein, jedoch bisher nicht als gewaltbereite Gruppe.[73] 2023 stufte der Verfassungsschutz Brandenburg die Bewegung als rechtsextremen Verdachtsfall ein.[74] Seit Juni 2023 wird sie auch bundesweit als Verdachtsfall beobachtet.

Österreichs Bundesstelle für Sektenfragen behandelte die Anastasiabewegung, ihre Ideologie, ihre Schetinin- und Laisprojekte 2017 ausführlich und stellte die Haltung von beteiligten Eltern und Schülern an Fallbeispielen dar. Auffällig sei „Megres stark dichotomes Weltbild – hier die schädlich, negativ geschilderte „moderne“ Welt mit Technik und Fortschritt, dort das „natürlich“ bodenständig-traditionelle Leben auf der eigenen Scholle, der Mensch in einer idealisierten Verbindung mit der Natur, „das Natürliche“ schlechthin. Es finden sich an mehreren Stellen auch antisemitische Passagen.“ Eine kritische Auseinandersetzung mit derartigen Aussagen sei in der Bewegung selbst nicht erkennbar.[75] Die Esoterikexpertin Ulrike Schiesser von der Sektenstelle bestätigte 2023, mehrere Passagen in Megres Büchern seien „eindeutig antisemitisch“, und häufig tauchten bei ihm Verschwörungstheorien auf.[76] Seit 2019 beobachtete Österreichs Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT),[56] seit 2021 beobachtet die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst die Bewegung.[17]

Infolge kritischer Medienberichte gingen Anastasia-Anhänger dazu über, keine Informationen mehr zu veröffentlichen. Akteure der neurechten Szene versuchten 2019 erfolglos, kritische Publikationen wie das Werk Völkische Landnahme mit massenweisen Abmahnungen zu verhindern. Organisationen der Permakultur grenzten sich öffentlich gegen die Anastasiabewegung ab. Experten deuten deren Interesse an der Permakultur als Mittel, um die Permakulturszene zu unterwandern.[77]

Nach Kritik an der Anastasiabewegung veröffentlichte das Schweizer Permakultur Magazin 2018 den Artikel «Permakultur und die ökologische Rechte». Dieser zeichnete den historischen Zusammenhang von Ökologie und Rechtsextremismus sowie die internen Debatten nach, die das Magazin zur Abgrenzung von Rechten führten.[78] Der beteiligte Verein Permakultur Schweiz hatte 2017 ein rechtsextremes Vorstandsmitglied abgewählt, worauf weitere Mitglieder ausgetreten waren.[79]

Teile der Bewegung werden zur Szene der Prepper und des „Survivalismus“ gezählt, die Katastrophenszenarien erwarten und sich mit Selbstversorgung und Rückzug in strukturschwache Gebiete darauf einzustellen versuchen. Dabei sollen die bei Anastasia-Anhängern bevorzugten Familien, „Sippen“ oder „Stämme“ einer zunehmend entsolidarisierten Gesellschaft begegnen, aber zugleich trotz des gepflegten völkischen Nationalismus weitgehend getrennt voneinander leben.[80] In ihren trotz Ablehnung der Moderne genutzten Internetmedien finden Beiträge von Anastasiasiedlern über Selbstversorgung und Heimatliebe in der Survivalszene große Resonanz.[81]

Durch die Proteste gegen Schutzmaßnahmen zur COVID-19-Pandemie in Deutschland wuchs die Anastasiabewegung noch stärker mit „Querdenkern“, „Reichsbürgern“ und weiteren alternativen bis rechtsextremen Milieus zusammen, vermehrte ihre Anhängerschaft und ihren Einfluss weit über die Themen Familienlandsitze und Selbstversorgung hinaus. Andreas Speit sieht sie daher seit 2021 als Teil einer antimodernen, sozialdarwinistischen „neuen Lebensreformbewegung“.[82] Die Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) bestätigte 2022 nach der empirischen Auswertung digitaler Kanäle: „Die Anastasia-Bewegung befindet sich mitten drin im Netzwerk von völkischen Rechtsextremen und Anhänger*innen der Reichsideologie. Die Inhalte der Anastasia-Bewegung und von WSF [‚Wissen schafft Freiheit‘] haben zudem nachweislich den größten Einfluss auf die Gruppen, die den Protest gegen die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung organisieren (Eltern stehen auf und Freiheitsboten)“. FARN forderte daher eine stärkere sichtbare Abgrenzung von Aktiven im Nachhaltigkeitsbereich und Ökolandbau von rechtsesoterischen Ideologien.[83]

Literatur

  • Silvio Duwe: Anastasia – ein völkisch-esoterischer Siedlungskult. In: Matthias Pöhlmann (Hrsg.): Verborgene Wahrheit? Verschwörungsdenken und Weltanschauungsextremismus. Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Berlin 2020, ISSN 0085-0357, S. 52–61 (online).
  • Matthias Pöhlmann: Rechte Esoterik: Wenn sich alternatives Denken und Extremismus gefährlich vermischen. Herder, Freiburg 2021, ISBN 3-451-82532-5, S. 196–203
  • Matthias Pöhlmann, Johannes Goldenstein (Hrsg.): Handbuch Weltanschauungen, Religiöse Gemeinschaften, Freikirchen: Ergänzungsheft. VELKD, Gütersloh 2021, ISBN 3-943201-29-5, S. 18–40 (Anastasia-Bewegung / Anastasianismus)
  • Andreas Speit: Verqueres Denken: Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus. Christoph Links, Berlin 2021, ISBN 3-96289-110-2, S. 173–189
  • Andrea Röpke, Andreas Speit: Völkische Landnahme: Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos. Christoph Links, Berlin 2019, ISBN 3-86153-986-1, S. 142–148.

Weblinks

Analysen

Fernsehberichte

Einzelnachweise

  1. Rasa Pranskevičiūtė: The “Back to Nature” Worldview in Nature-based Spirituality Movements: The Case of the Anastasians. In: James R. Lewis, Inga Bårdsen Tøllefsen (Hrsg.): Handbook of Nordic New Religions. Brill, Leiden 2015, ISBN 90-04-29246-2, S. 441–456, hier S. 442
  2. a b c d e Matthias Pöhlmann: Die Anastasia-Bewegung verbreitet antisemitisches Gedankengut: Ahnenwissen und Zedernprodukte. Herder-Korrespondenz, Juli 2018
  3. a b c Kira Ayyadi: Die esoterische Anastasia-Bewegung: Der Traum der arischen Öko-Gemeinschaft. Belltower.News, 9. Februar 2019
  4. Silvio Duwe: Anastasia – ein völkisch-esoterischer Siedlungskult. In: Matthias Pöhlmann (Hrsg.): Verborgene Wahrheit? Berlin 2020, S. 52–61, hier S. 53.
  5. Matthias Pöhlmann: Rechte Esoterik, Freiburg 2021, S. 181
  6. a b c d e Franz Moor: Was ist die Anastasia-Bewegung? 990 000 Jahre mit Gott im Paradies. WOZ, 27. Oktober 2016
  7. Matthias Pöhlmann: Rechte Esoterik, Freiburg 2021, S. 206
  8. Matthias Pöhlmann, Johannes Goldenstein: Handbuch Weltanschauungen, Religiöse Gemeinschaften, Freikirchen, Gütersloh 2021, S. 18.
  9. a b Matthias Pöhlmann, Johannes Goldenstein: Handbuch Weltanschauungen, Religiöse Gemeinschaften, Freikirchen, Gütersloh 2021, S. 20
  10. Nikita Afanasjew: Quer durch Russland – 11: Russlands grüner Exodus. Tagesspiegel, 15. August 2016
  11. a b c d Stephan Trüby: Extreme völkische Rechte: „Ewiger Wald und ewiges Volk“. Frankfurter Rundschau (FR), 17. März 2021
  12. a b Einordnung der Anastasia-Bewegung im rechtsesoterischen Spektrum. infoSekta.ch, 10. November 2016 (PDF, 424 kB)
  13. a b Klaus Hock: Ökologie / Spiritualität – Öko-Spiritualität. In: Hagen Fischer, Klaus Hock, Thomas Klie (Hrsg.): Öko-Spiritualität: Ganzheitliche Lebensweisen auf den »Märkten des Besonderen«. transcript, Bielefeld 2020, ISBN 3-8394-5043-8, S. 15–50, hier S. 38
  14. Andreas Speit: Verqueres Denken, Berlin 2021, S. 182
  15. a b c Maximilian Brose: Völkische Siedlungen: Die extreme Rechte und ihr Ökologie-Verständnis. DLF, 8. März 2022
  16. a b Sebastian Leber: Wo die Anhänger der Rassenlehre am Lagerfeuer feiern. Tagesspiegel, 20. Dezember 2020
  17. a b c Momir Takac: Russische Sekte macht sich in Deutschland und Österreich breit – „hunderte Familien“ sollen folgen. Merkur.de, 29. März 2023
  18. a b Pöhlmann / Goldenstein, Handbuch Weltanschauungen, Religiöse Gemeinschaften, Freikirchen, Gütersloh 2021, S. 21 und Fn. 9
  19. a b c Karin B. Schnebel: Antisemitismus - uralt und doch gefährlich! wbv Media, 2022, ISBN 3-7639-7101-7, S. 142f.
  20. a b c Andrea Röpke, Andreas Speit: Völkische Landnahme, Berlin 2019, S. 144.
  21. Tim Schulz, Jana Merkel: Völkische Siedler: Blankenburgs Bürgermeister fordert, ein Verbot zu prüfen. MDR, 14. November 2022
  22. Andreas Speit: Verqueres Denken, Berlin 2021, S. 176–178.
  23. a b c Andreas Speit: Verqueres Denken, Berlin 2021, S. 182–184.
  24. a b c d Christoph Richter: Völkische Siedler in Brandenburg – Wie eine Sekte ein Dorf übernimmt. Deutschlandfunk (DLF), 2. Dezember 2020.
  25. a b Andrea Röpke, Andreas Speit: Rechtsesoterische Anastasia-Bewegung: Steuergeld für rechte Siedlung. taz, 29. Oktober 2020.
  26. Christoph D. Richter: „Anastasia“-Sekte in der Ostprignitz: Völkische Siedler bedrängen Anwohner. DLF, 22. November 2021.
  27. a b c Sie sehen alternativ aus, teilen aber die Ideen von Nazis. Kreisbote.de, 12. Februar 2021; aktualisiert am 26. März 2021.
  28. Pia Lamberty, Katharina Nocun: Fake Facts: Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen. Quadriga, Köln 2021, ISBN 3-7325-8651-0, S. 222
  29. Gärtnern gegen Krisen. In: Sächsische Zeitung, 18. Juni 2018.
  30. Sebastian Lipp: Esoterik und Rechtsextremismus: Rechte Oase in Bayern. Die Zeit, 22. Oktober 2021 (kostenpflichtig)
  31. Daniel Sawert: Anastasia-Bewegung: Grüne Wiesen, braune Gedanken. Moskauer Deutsche Zeitung, 8. April 2022
  32. Ameli Uhlig: Anastasia-Bewegung: Rechts-esoterische Siedler*innen im ländlichen Raum. 20. Juli 2020
  33. Manfred Rey: Unterschätzte Gefahr? Anhänger der Anastasia-Bewegung siedeln sich in Brandenburg an. Potsdamer Neueste Nachrichten, 15. November 2020
  34. „Königreich Deutschland“: Auf Expansions-Kurs. Rbb-online / Kontraste, 26. Januar 2023
  35. a b Andreas Speit: Verqueres Denken, Berlin 2021, S. 185f.
  36. Lara Mallien, Anja Humburg, Andrea Vetter: Anastasia – die Macht eines Phantoms. OYA 45/2017
  37. a b c Sebastian Leber:Außen öko, innen Hass: Wie sich die Anastasia-Bewegung in Deutschland ausbreitet. Tagesspiegel, 2. Dezember 2020
  38. Silvio Duwe, Lisa Wandt: Anastasia-Bewegung in Brandenburg: Rechte Siedler hinter Hippie-Fassade. RBB, 11. April 2019
  39. a b Hugo Stamm: Im Berner Oberland treffen sich braune Esoteriker – das steckt dahinter. Watson.ch, 8. April 2019
  40. a b Tim Schulz: Rechte Esoteriker: Anastasia in Ostsachsen. Endstation Rechts, 16. Juni 2019
  41. Mattias Greuter: Arier sind die besseren Aliens – undercover bei den Eso-Nazis. Schaffhauser AZ, 25. März 2020
  42. a b Einordnung der Anastasia‐Bewegung im rechtsesoterischen Spektrum. Infosekta.ch, PDF S. 8
  43. Polina Nikolskaya, Mari Saito, Maria Tsvetkova, Anton Zverev: Pro-Putin operatives in Germany work to turn Berlin against Ukraine. Reuters, 3. Januar 2023
  44. a b Andreas Speit: Verqueres Denken, Berlin 2021, S. 188f.
  45. Sebastian Lipp: Rassenlehre auf dem Bauernhof. Zeit, 16. November 2020 (Zitate aus einem Audiomitschnitt)
  46. Matthias Pohlmann: Rechte Esoterik, Freiburg 2021, S. 195
  47. Petra Korn, Ingo Kugenbuch: Protest: Nur ein Früchte-Fest? Mitteldeutsche Zeitung, 7. September 2020
  48. Sebastian Lipp: Reichsbürgerbewegung: Die Macht der Verschwörungsideologen. Zeit / Störungsmelder, 8. Januar 2023
  49. Anna Rosga: Anastasia und das Deutsche Reich. Endstation Rechts, 6. August 2021
  50. a b Werner Reisinger: Lais-Lerngruppen – Grüne Schule, brauner Anstrich. Wiener Zeitung, 17. Juni 2017
  51. Andreas Tröscher: Anastasia-Bewegung: Antisemitische Aussteiger werden in Österreich heimisch. Salzburger Nachrichten, 24. November 2022 (kostenpflichtig)
  52. Gerd Rabe: St. Radegund: Montessori-Schule am Bauernhof startet im Herbst. Nachrichten Oberösterreich, 15. Juli 2010
  53. Anastasia: Das steckt hinter dem Esoterik-Projekt im Südburgenland. Burgenländische Volkszeitung (BVZ), 10. November 2022
  54. Anastasia-Bewegung. Österreichischer Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischem Extremismus (Dokumentationsstelle Politischer Islam), November 2022, PDF S. 7
  55. Aufschwung von umstrittener Anastasia-Bewegung. ORF, 8. November 2022
  56. a b Vanessa Gaigg: „Anastasia“-Siedlungen: Vermeintliche Ökoparadiese mit rechtem Einschlag. Standard.at, 12. September 2019
  57. Dokumentationsstelle: Veröffentlichungen zu Anastasia-Bewegung und Antisemitismus. OTS.at, 7. November 2022
  58. Christian Kreil: Stiftung Gurutest: Warum Putin Rechte und Esoteriker so sehr betört. Standard.at, 18. März 2022
  59. Hugo Stamm, Raimond Lüppken: Bruder Beno: Der ehemalige Franziskaner-Mönch Beno Kehl und seine Mitstreiter vom rechten Rand. Watson.ch, 18. März 2019
  60. Lucien Fluri: Krudes Weltbild – Spricht bald ein brauner Esoteriker auf dem Allerheiligenberg? Solothurner Zeitung, 20. Juni 2017
  61. Kurt Pelda: Anastasia-Bewegung: Russische Sekte drängt in die Schweiz. Berner Zeitung, 13. Dezember 2018 (kostenpflichtig)
  62. Sarah Schmalz: Anastasia-Sekte: Wer heilt die Welt und den Menschen? Die Wochenzeitung (WOZ), 27. Oktober 2016
  63. Sarah Schmalz: Kanton St. Gallen: Amtlich bewilligte Sektenschule. WOZ, 14. Juli 2022
  64. Monira Djurdjevic, Daniel Graf: Reichsbürger bauen in der Schweiz eigene Schulen auf. 20min.ch, 31. August 2022
  65. Sarah Schmalz: Privatschulen: Die Staatsfeinde und ihre Kinder. WOZ, 25. August 2022
  66. Nicolas Meister, Daniel Graf: «Kantone müssen problematische Privatschulen genauer kontrollieren». 20min.ch, 31. August 2022
  67. Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich. Sitzung vom 2. November 2022: Anfrage (Reichsbürgerinnen erhalten Bewilligung für Privatschule im Kanton Zürich). ZH.ch, KR-Nr. 301/2022
  68. Rasa Pranskevičiūtė: The “Back to Nature” Worldview in Nature-based Spirituality Movements, in: James R. Lewis, Inga Bårdsen Tøllefsen (Hrsg.): Handbook of Nordic New Religions. Leiden 2015, S. 441–456, hier S. 446
  69. Rasa Pranskevičiūtė: The “Back to Nature” Worldview in Nature-based Spirituality Movements, in: James R. Lewis, Inga Bårdsen Tøllefsen (Hrsg.): Handbook of Nordic New Religions. Leiden 2015, S. 441–456, hier S. 450
  70. Rasa Pranskevičiūtė: The “Back to Nature” Worldview in Nature-based Spirituality Movements, in: James R. Lewis, Inga Bårdsen Tøllefsen (Hrsg.): Handbook of Nordic New Religions. Leiden 2015, S. 441–456, hier S. 444
  71. Matthias Quent, Oliver Noffke: Fragen und Antworten zur Anastasia-Bewegung. Tagesschau.de, 29. Oktober 2020
  72. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Die „Anastasia“-Szene in Deutschland und ihre extrem rechten Hintergründe Bundestagsdrucksache 19/7142, 5. Februar 2019 (PDF)
  73. Stefanie Schuldt: Völkische Landnahme: Grüße von der Sturmvogeloma. Katapult-Magazin, 28. Dezember 2021
  74. Anastasia-Bewegung als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft. In: tagesschau.de. 7. Juni 2023, abgerufen am 7. Juni 2023.
  75. Bundesstelle für Sektenfragen: Tätigkeitsbericht 2017, Medienschwerpunkt 2: „Anastasia“-Bewegung, „Schetinin“-Schule und „Lais“-Lernmethode. PDF S. 97–120, Zitat S. 99
  76. Maria Jelenko-Benedikt: Österreich: Sekten-Expertin zu neuer Bewegung: „Anastasia Bücher eindeutig antisemitisch“. Meinbezirk.at, 29. Januar 2023
  77. Klaus Hock: Ökologie / Spiritualität – Öko-Spiritualität. In: Hagen Fischer, Klaus Hock, Thomas Klie (Hrsg.): Öko-Spiritualität, Bielefeld 2020, S. 15–50, hier S. 39 und Fn. 99; Judit Bartel, Joel Campe, Birte Friebel, Clara Hencke: Anastasia und Familienlandsitzbewegung: Wie stehen Permakultur Institut und Akademie dazu? Permakultur-Akademie, Rösrath-Hoffnungsthal, 7. März 2018
  78. Joel Campe, Judit Bartel: Permakultur und die ökologische Rechte: Wie wir dazu stehen und warum. Permakultur.de, 1. Februar 2018 (Nachdruck 11. Februar 2021)
  79. Pablo Rohner: Permakultur: Mehr Humus und Vielfalt braucht die Erde. WOZ, 31. Januar 2019
  80. Lucius Teidelbaum: Überleben ist alles. Der rechte Rand, September 2017
  81. Pirkko Bell: Männer allein im Wald. jungle world, 26. November 2020
  82. Andreas Speit: Verqueres Denken, Berlin 2021, S. 16
  83. Anna Weers: Rechtsesoterische Online-Netzwerke der Anastasia-Bewegung. Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN), Berlin 2022

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