Klassifikation nach ICD-10 | |
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B04 | Affenpocken |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Affenpockenvirus | ||||||||
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Affenpockenvirus unter dem Elektronenmikroskop | ||||||||
Systematik | ||||||||
Taxonomische Merkmale | ||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||
Monkeypox virus | ||||||||
Kurzbezeichnung | ||||||||
MPXV | ||||||||
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Die Affenpocken (auch: Affenpockenkrankheit) sind eine Erkrankung, die durch das Affenpockenvirus (offiziell Monkeypox virus, MPXV, veraltet Orthopoxvirus simiae) verursacht wird. Natürliche Wirte dieses Virus sind verschiedene Nagetiere, als Fehlwirt namensgebend auch Affen.
Die Erkrankung ist auch auf den Menschen übertragbar (Zoonose) und löst dort meist eine milde fieberhafte, pockenähnliche Erkrankung aus. Schwerere Krankheitsverläufe sind ebenfalls dokumentiert. Eine Schutzimpfung gegen (echte) Pocken reduziert das Risiko eines Krankheitsausbruchs bzw. mildert den Krankheitsverlauf ab.
Der Erreger der Affenpocken, das Monkeypox virus (auch mit MPXV abgekürzt)[2] ist ein Virus aus der Gattung Orthopoxvirus, in der Unterfamilie Chordopoxvirinae der Pockenviren. Wie alle Pockenviren zählt das Affenpockenvirus zu den DNA-Viren, die DNA liegt als Doppelstrang mit einer Länge von 197 kb vor.[3] Das Virion hat eine ei- oder backsteinförmige Gestalt mit einer Größe von 200 bis 250 nm.[3]
Eine infizierte Zelle stellt MPXV im Cytoplasma her, das Genom enthält hierfür alle nötigen Enzyme zur DNA-Replikation, Transkription, Zusammenbau des Virions und für die Freisetzung aus der Zelle. Die hierfür nötigen Gene sind hochkonserviert, während die Gene für die Virus-Wirt-Interaktion weniger stark konserviert sind.[3] Das Virus kann einzelne Gene vervielfachen, um die Immunmechanismen zu drosseln,[4] und zeigt Anzeichen einer Anpassung an Menschen.[5]
Die von den Viren verursachte Erkrankung wurde erstmals 1958 bei Laboraffen (Javaneraffen) mit pockenähnlichen Symptomen beobachtet, daher bezeichnete man sie als „Affenpocken“.[6][7] Der dänische Virologe Preben von Magnus isolierte im selben Jahr das Virus. Seit der Ausrottung der Echten Pocken (Variola major) in den 1970ern beobachtet man in West- und Zentralafrika sporadische Epidemien dieser Zoonose.
Die Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich, wenngleich selten.[2] Hierbei ist ein enger Kontakt nötig. Darüber hinaus kann eine Übertragung bei Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder Schorf der Affenpocken-Infizierten stattfinden (wahrscheinlich auch im Rahmen von sexuellen Handlungen).[2]
Humanpathogene Viren kommen vor allem in tropischen Regenwaldgebieten Zentralafrikas und Westafrikas vor, man unterscheidet zwischen zwei genetisch unterschiedlichen Kladen: die Kongobecken- (auch Zentralafrika-) und die Westafrikaklade.[8] Virenvarianten aus der Kongobeckenklade sind virulenter: Die Fatalitätsrate beträgt dort etwa 10,6 %, bei Viren der Westafrikaklade etwa 3,6 %.[9]
Affen sind Fehlwirte des Virus.[10] Das natürliche Erregerreservoir bilden Nagetiere in West- und Zentralafrika,[2] möglicherweise Hörnchen (Thomas-Rotschenkelhörnchen)[11]. Einige Ausbrüche gab es auch in Gefangenschaftshaltungen von Rhesusaffen und Javaneraffen.
Die Infektion des Menschen wird durch Bisse von diesen Tieren oder von Affen ausgelöst, durch Kontakt mit Sekreten, als Tröpfcheninfektion oder Verzehr von Affenfleisch, die Ansteckungsgefahr ist allerdings nur gering.[12]
Die Erkrankung kommt vor allem in Afrika vor. Dort ist nach Schätzungen seit Beendigung der Pockenschutzimpfung 1980 die Anzahl der Erkrankungen um das Zwanzigfache gestiegen.[13] In den frühen Jahren von 1970 bis 1989 waren vor allem Kinder im Alter von 4 bis 5 Jahren betroffen.[9] Zwischen 2000 und 2009 erkrankten vor allem 10-Jährige. Nach 2009 steckten sich in der Regel junge Erwachsene im Alter von 21 Jahren an.
Die Übertragung vom Tier auf den Menschen kann durch Kontakt mit Hautveränderungen, Körpersekreten oder durch den Umgang mit Fleisch infizierter Tiere geschehen. Die Übertragung von Mensch zu Mensch kann erfolgen durch Körpersekrete, unter anderem auch durch beim Atmen und Sprechen ausgestoßene Partikel, Kontakt mit Hautveränderungen oder auch mit Gegenständen mit abgelagertem Virus. Die Übertragung durch Tröpfcheninfektion erfolgt typischerweise bei längerem, engerem Kontakt. Sexuelle Übertragungswege werden vermutet, jedoch ist hierzu die Datenlage bisher unzureichend. Die beobachteten Infektionsketten umfassten bis zu neun Übertragungen.[14]
Nach aktueller Datenlage sind die Patienten während der Inkubationszeit nicht infektiös. Besonders ansteckend sind die Patienten im Stadium der Hautveränderungen, deren Sekrete hohe Mengen an Affenpockenvirus aufweisen. Übertragungen durch beschwerdefreie Personen sind bis dato nicht beschrieben.[15][16] Das RKI weist darauf hin, dass Ansteckungen auch durch Patienten im Stadium der unspezifischen Allgemeinsymptome vor Auftreten der Hautveränderungen möglich sind. Hierbei ist ein engerer Face-to-Face-Kontakt notwendig um eine Ansteckung über Tröpfchen von Atemwegssekreten zu verursachen.[17]
Die Inkubationszeit beträgt 5 bis 21 Tage. Die ersten Symptome sind Fieber, Schmerzen und geschwollene Lymphknoten. Die dann auftretenden Hautveränderungen konzentrieren sich auf Gesicht, Handflächen und Fußsohlen. Die Symptome halten zwei bis vier Wochen an und können ohne Behandlung häufig von selbst verschwinden. In einigen Fällen wurden Hautveränderungen im Urogenital- und Analbereich berichtet. In den Endemiegebieten (Afrika) wurde als Komplikation über eine Hirnhautentzündung berichtet. Es gibt nur wenige Daten über den Verlauf bei immungeschwächten Patienten.[2]
Die Hautveränderungen können ähnlich wie andere Erkrankungen erscheinen. Das Exanthem kann Ähnlichkeiten mit Windpocken besitzen. Auch können die Hautveränderungen mit Geschlechtskrankheiten wie Herpes, eine fortgeschrittene Syphilis oder ein Ulcus molle verwechselt werden.[18]
Zur Verhütung der Übertragung trägt die Vermeidung von engen Kontakten zu potenziell infizierten Tieren (verschiedene Nagetiere, Affen) in Endemiegebieten bei. Beim Umgang mit Erkrankten sind Hygienemaßnahmen, unter anderem Händedesinfektion, Schutzhandschuhe, Schutzbrille, Atemschutzmaske, zu gewährleisten.[19]
Die Abdeckung der Hautveränderungen mindert das Ansteckungsrisiko für Kontaktpersonen. Erkrankte mit schweren und nicht abdeckbaren Hautveränderungen und Erkrankte mit Symptomen einer Atemwegserkrankung sollten sich nach Möglichkeit in einem separatem Raum aufhalten. Nach Möglichkeit sollte eine Maske getragen werden. Erkrankte sollten auch den Umgang mit als Haustieren gehaltenen Säugetieren meiden. Mit den Erkrankten sollte kein Geschirr geteilt werden und dieses sollte separat abgespült werden. Kontaminierte Wäsche kann mit warmem Wasser in einer handelsüblichen Waschmaschine gereinigt werden. Aufschütteln kontaminierter Wäsche sollte vermieden werden, da es infektiöse Partikel verbreiten kann.[20]
Laut Aussage des österreichischen Sozialministeriums bestehe völlige Kreuzimmunität mit Pocken, exponierte Personen können daher mit einem Pockenimpfstoff geimpft werden.[2] Laut Aussage der WHO sei durch mehrere Studien erwiesen, dass eine Impfung gegen Pocken in 85 % den Ausbruch der Affenpocken verhindere. Bei den Patienten mit Impfdurchbruch sei mit einem leichteren Verlauf zu rechnen.[21]
In Großbritannien hat man im Mai 2022 betroffenen Mitarbeitern im Gesundheitswesen als Postexpositionsprophylaxe den aktuell zugelassenen Pockenimpfstoff (nicht-vermehrungsfähiger Vaccinia-Virenstamm) angeboten,[22] denn bei Gabe innerhalb von 4 Tagen nach der Exposition kann der Impfstoff noch die Häufigkeit des Krankheitsausbruchs verringern und bei Gabe im Zeitraum 4 bis 14 Tagen nach Exposition zumindest noch die Krankheitsschwere vermindern.[23]
Das einzige in der EU zugelassene Arzneimittel zur Behandlung von Affenpocken ist Tecovirimat. Ansonsten kann nur symptomatisch und supportiv therapiert werden, wichtig ist hierbei das Verhindern bakterieller Superinfektionen.[2]
In Deutschland besteht für Affenpocken Anzeigepflicht nach dem Tiergesundheitsgesetz (TierGesG).[24]
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind Krankheitsverdacht, Erkrankung oder Tod meldepflichtig.[25] Darüber hinaus besteht gemäß § 7 Absatz 2 IfSG eine Labor-Meldepflicht.
Im Jahr 1970 wurde der erste menschliche Fall im Kongo bei einem 9 Monate alten Kleinkind beschrieben.[9] Seitdem gab es immer wieder sporadische Fallberichte aus West- und Zentralafrika. Bis zum Jahr 2022 waren der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Fälle aus 11 afrikanischen Ländern bekannt (Benin, Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik, der Demokratischen Republik Kongo, Gabun, der Elfenbeinküste, Liberia, Nigeria, der Republik Kongo, Sierra Leone und dem Südsudan). Die zentralafrikanischen Virusvarianten verursachten im Allgemeinen einen schwereren Krankheitsverlauf als die westafrikanischen. Auch außerhalb Afrikas traten Fälle auf. Dabei handelte es sich anfänglich ausschließlich um importierte Fälle.[26] Die meisten Erkrankten gab es in der Demokratischen Republik Kongo, wo Affenpocken endemisch auftreten.[9]
Im Jahr 2003 wurde der erste nicht direkt importierte Fall von Affenpocken außerhalb Afrikas in den USA bekannt.[9] Weitere, durch Reisende aus Nigeria eingeschleppte Fälle gab es im September 2018 in Israel, im September 2018,[27] im September 2018 sowie 2019 und 2021[28][29] im Vereinigten Königreich, im Mai 2019 in Singapur und im Juli[30] und November 2021 in den Vereinigten Staaten.[26]
2003 gab es über 70 Fälle von Affenpocken in den Vereinigten Staaten, die überwiegend nach direktem oder indirektem Kontakt mit Präriehunden auftraten, allerdings ohne Todesfälle abliefen. Das Virus wurde von einem Importeur für exotische Tiere aus Texas mit dem Transport hunderter Kleinsäuger aus Ghana eingeschleppt, darunter auch Gambia-Riesenhamsterratten, die nach Illinois gebracht wurden.[31] Präriehunde hatten sich bei den Tieren aus Ghana infiziert und wiederum Menschen infiziert.[32][9] Das Virus zählte zu der Westafrika-Klade.[8]
In Nigeria werden seit 2017 vermehrt Infektionen mit dem Affenpockenvirus nachgewiesen.[33] Bisher wurden etwa 500 Verdachtsfälle und 200 bestätigte Fälle bekannt. Der Fall-Verstorbenen-Anteil lag bei etwa 3 Prozent. Der Ausbruch hält bis heute (2022) an.[26]
Im Mai 2022 kam es zu einem größeren Ausbruch von Affenpocken außerhalb der Endemiegebiete in Afrika: Es wurden Fälle (hauptsächlich in städtischen Gegenden) im Vereinigten Königreich,[34] in Spanien und Portugal,[35] in den USA, Kanada, Belgien und Schweden[36], Deutschland[33][37], Österreich[38] und der Schweiz[39] dokumentiert. Bemerkenswert an diesen Fällen war, dass es sich bei den Erkrankten um Personen ohne direkte Reiseanamnese handelte.[40] Anders als in Afrika, wo es oft zu lokalen Ausbrüchen kommt, treten die Fälle im Mai 2022 in kleinen Ausbruchsherden an verschiedenen Orten auf.[41] Immer mehr Länder melden seitdem Infektionen.
Die WHO geht in den westlichen Ländern von 92 bestätigten Infektionen und 28 Verdachtsfällen aus. (Stand: 21. Mai 2022) Nach bisherigen Untersuchungen handelt es sich dabei auch ausschließlich um die westafrikanische Klade des Virus.[42] Beim Affenpockenvirus wird ähnlich wie beim (Menschen-)Pockenvirus eine Rate von 1 bis 2 Mutationen pro Jahr angenommen; das Genom des Virus des Ausbruchs von 2022 unterscheide sich nach bisherigen Untersuchungen (Stand Ende Mai 2022) vom Genom des Ausbruchs von 2017 in Singapur, Israel, Nigeria und Großbritannien an 47 Stellen, was – wenn es von diesem abstammt – also eine deutlich höhere Rate wäre.[43][44]
Die belgischen Gesundheitsbehörden ordneten am 22. Mai 2022 eine verpflichtende Isolierung für mit Affenpocken infizierte Personen an, mit einer Dauer von 21 Tagen. Das Vereinigte Königreich empfiehlt für Kontaktpersonen drei Wochen Quarantäne.[45]
Das Friedrich-Loeffler-Institut teilte mit, dass die außerhalb Afrikas aufgetretenen Fälle ungewöhnlich seien und genau untersucht werden müssten. Eine etwaige weitere Verbreitung müsse genau beobachtet werden. Laut Forschern gewinnen Affenpocken an globaler Bedeutung. Ein nachlassender Immunschutz in der Bevölkerung aufgrund der aufgehobenen routinemäßigen Pockenimpfung (die Pocken gelten seit 1980 als ausgerottet) könne der Grund dafür sein.[46] Als möglicher Verstärker könnte die Beseitigung von Waldflächen fungieren.[9][47]
Ende Mai 2022 hat die WHO das Risikobewertung auf die Stufe „moderat“ erhöht und erklärte, dass das Virus vermutlich bereits seit Wochen unerkannt zirkulierte.[48] Die britische Human Animal Infections and Risk Surveillance (HAIRS)-Gruppe[49] warnte davor,[50] dass das Virus zu den Wildtieren gelangen könnte und dadurch endemisch werden könne:
“The panel warned that hedgehogs, rats, mice, squirrels, rabbits and hares could all harbour the virus if monkeypox was to spill into Britain's wildlife populations.”
„Das Gremium warnte, dass Igel, Ratten, Mäuse, Eichhörnchen, Kaninchen und Hasen das Virus in sich tragen könnten, falls die Affenpocken auf die britischen Wildtierpopulationen übergreifen sollten.“
und empfiehlt deshalb:
“[…] that rodent pets are removed from households where there are infected patients and put in 'secure accommodation', where they will be PCR tested and isolated for 21 days.”
„[…] dass Nagetier-Haustiere aus Haushalten mit infizierten Patienten entfernt und in 'sichere Unterkünfte' gebracht werden, wo sie PCR-getestet und 21 Tage lang isoliert werden.“
Das europäische ECDC forderte, dass Infizierte sich in Isolation begeben sollen bis der Hautausschlag komplett verheilt ist und dabei den Kontakt mit immunsupprimierten Menschen und mit Haustieren vermeiden.[51]
Ein Gremium der WHO befasst sich seit dem 20. Mai 2022 mit Leitlinien bezüglich der Ausbreitung des Affenpockenvirus.[52]
Der Artikel Affenpocken in der deutschen Wikipedia belegte im lokalen Ranking der Popularität folgende Plätze:
Der präsentierte Inhalt des Wikipedia-Artikels wurde im 2022-06-07 basierend auf extrahiert https://de.wikipedia.org/?curid=1621967